Karl Kraus, die Schilddrüse und Schreiberlinge

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Karl Kraus - Literatur: Die Staackmänner - Verlag Staackmann, Leipzig

Es ist jene von mir schon manchmal berufene Literatur, die einen einzigen blondbärtigen Herrn zum Verfasser haben könnte, den ich Hans Heinz Hinz Greinz Kunz Kienzl nenne oder so ähnlich und den ich mir als ein Individuum vorstelle, das dem Moment der Stammesbrüderschaft durch einen Smoking mit Lederhosen nebst an einer Schnur befestigtem Kneifer auf geheimnisvolle Weise Rechnung trägt, mit einem Wort als einen Dichter, der sich noch die Ideale bewahrt hat und den Humor und sonstigen Mottenfraß. Eine gründliche anatomische Untersuchung würde ergeben, daß die meisten in diese Kategorie fallenden Patienten infolge Schwindens der Schilddrüse Romanschriftsteller geworden sind, weil's zu Tramwaykondukteuren nicht mehr gelangt hätte. Bei den intelligenteren versteht man wiederum nicht, warum sie das Schreiben, dessen dunkler Schändlichkeit sie sich doch bewußt werden, nicht aufgeben, und kann als Grund hiefür höchstens die Erfahrung gelten lassen, daß es Geld einbringt. In Deutschland gibt es nämlich notorischer Weise unter den unzähligen Leuten, die gelegentlich oder ständig Reisende sind, sogenannte »Bücherfreunde«.

Dies nur so als Nebenfund.

Gruss,
Uta
 
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