Ab wann kann man den Notarzt rufen ?

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Binnie

Hallo zusammen,

eine nahe Angehörige von mir ist seit Jahren Alkohol-süchtig. In den letzten 2 Jahren hat sich dieser Zustand jedoch erheblich verschärft, seit ihr der Führerschein wegen alkoholisierten Fahrens entzogen wurde (mit 1,9 promille). Seitdem ist sie hochgradig deppressiv, geht nur noch selten außer Haus, liegt zuhause im Bett und schließt sich ein. Seit ein paar Tagen isst sie auch nichts mehr, wegen Appetitlosigkeit und weil sie es am "Magen hat". Ach ja, Schlafen kann sie nachts seit einer ganzen Weile auch meist nicht. Sagt sie jedenfalls. Aber sie ist tagsüber halt auch kaum noch aktiv...

Im Gesicht ist sie seit ca einem halben Jahr auffallend aufgedunsen, seit ein paar Tagen ist das noch ein Stück schlimmer geworden. Ich gehe davon aus, dass (u.a.) ihre Bauchspeicheldrüse mittlerweile massiv Schaden genommen hat und u.a. auch ihre Blutzuckerregelung völlig durcheinander ist, also dass ihr Zustand langsam durchaus lebensbedrohlich ist. Da sie freiwillig keinesfalls zum Arzt geht oder einen Entzug machen möchte, sind uns die Hände jedoch leider weitgehend gebunden. Einen Arzt "ihres Vertrauens" hat sie auch nicht. Es ist einfach unendlich kompliziert! :rolleyes:

Rechtfertigt der obige Zustand dennoch, dass man einen Notarzt ruft, oder was kann man tun, dass sie endlich einsichtig wird und vielleicht einem Entzug zustimmt ? Man kann doch schließlich nicht tatenlos zusehen wie sich jemand peu à peu umbringt ? Das ist ja schließlich Selbstmord in Zeitlupe, oder wie seht Ihr das ?

Vielen Dank schon mal für Eure Hilfe!
Binnie
 
Nun, sicher kannst du einen Notarzt anrufen und hinschicken.
Was die dann da ausrichten können ist die andere Frage.
Müßen ja erstmal reinkommen dürfen. Müßen ja auch erstmal behandeln dürfen.

Was jemand aus seinem Leben macht, bleibt immer ihm selbst überlassen.
Auch wenn es weh tut, sich das anzusehen.

Hilfe geht nur, wenn sie sich helfen lassen will.

Vielleicht gibt es da irgendein Amt, was einschreiten könnte, oder eine Art psychosozialer Notdienst.


LGB
 
Hallo Binnie,

aufgrund ihres derzeitigen Verhaltens, d.h. weil sie nichts mehr isst stellt sie möglicherweise für sich selbst eine Gefahr dar und könnte in die Psychiatrie eingewiesen werden. Bzw. den Notarzt holen wäre eben eine Möglichkeit.

Man kann doch schließlich nicht tatenlos zusehen wie sich jemand peu à peu umbringt ? Das ist ja schließlich Selbstmord in Zeitlupe,
Ich verstehe Dich gut, das ist echt furchtbar, aber tatsächlich kannst Du niemanden zwingen sich helfen zu lassen. So lange es in ihrem Kopf nicht "Klick" macht und sie aufhören "will" sind Dir diesbezüglich die Hände gebunden.

Wenn Du den Notarzt holst und sie ins KH eingeliefert wird stabilisiert man sie dort und schickt sie wieder nach hause, die haben dort keine Recht sie festzuhalten. Wird jedoch entschieden sie ist aufgrund ihres Verhaltens eine Gefahr für sich selbst wird sie vermutlich in die Psychiatrie eingewiesen. Dort wird sie entgiftet und auch wieder heim geschickt.

Aber trotzdem, es gilt für beides, wenn wie nicht aufhören möchte kann man ihr nicht helfen. Das ist schrecklich, ich weiß.


Liebe Grüße :wave:.

Heather
 
Hallo Binnie,

deine Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.

Wenn es ein akuter Notfall ist, bsw. Sturz, Delirium..etc. dann auf jeden Fall ganz klar sofot den Notarzt rufen.
Oftmals kommt es zu einem Umdenken nach dem Entzug, aber oftmals wird der vorherige Weg fortgesetzt, falls die nötige Krankheitseinsicht fehlt.

Es ist immer schwierig, wie man sich in der Situation verhalten soll.
Einerseits will man den Betroffenen vor "Schlimmeren" bewahren, aber andererseits möchte man auch nicht über dessen Kopf entscheiden.

Es ist natürlich sehr schwer und belastet die nahen Aussenstehenden das "Mitanschauen" zu müssen ohne wirklich helfen zu können.

Ich glaube man kann nur versuchen ein Stück weit präsent zu sein und trotzdem für sich selbst gut zu sorgen.

Vielleicht wäre es sinnvoll, dem Lebensgefährten, Möglichkeiten aufzuzeigen in Form von Gruppen wie Coabhängige, AA...etc. und auch Adressen von Selbsthilfegruppen vorzulegen.

Deweiteren wäre auch ein Hausbesuch vom Hausarzt eine Möglichkeit, um den gesamten körperlichen Status zu beurteilen und/oder evtl. einen Sozialarbeiter einzuschalten.

Viel Kraft und alles Gute

Angie:wave:
 
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Hallo Binnie,

wenn das Verhalten wirklich selbstgefährdend ist, kannst Du dem Amtsgericht genau das schriftlich mitteilen.
Das Gericht wird dann diese Person auffordern, sich bei einem Psychiater vorzustellen. Geht sie dort nicht hin, kommt meines Wissens noch eine solche Aufforderung und dann kommt die Polizei, um sie dorthin zu bringen.
Ein schlimmes Vorgehen, finde ich. Aber wahrscheinlich letztlich die einzige Möglichkeit, etwas zu erreichen.
Es kann auch der Antrag auf Betreuung gestellt werden mit der gleichen Begründung.

Aber man muß sich wirklich gut überlegen, ob man das will. Denn es ist relativ einfach, in eine Betreuung zu geraten und eher schwierig, da wieder herauszukommen.

Grüsse,
Oregano
 
Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure Überlegungen! :) Das hilft mir wirklich sehr, die ganze Lage besser sortieren zu können!

Mir wäre halt wichtig, dass sie wenigstens noch einmal die Chance bekommt, ihre Situation aus einer anderen gesundheitlichen Perspektive zu beurteilen. Im Moment ist ihr gesundheitlicher Zustand halt dermaßen desaströs und wenn man Serotoninmangel und tausend andere Neurotransmittermängel hat, die Organe nicht mehr richtig arbeiten, der Darm fehlbesiedelt usw. usf., dann ist es doch klar, dass man irgendwann keinen Lebenswillen mehr aufbringen kann und nicht mehr klar denken kann!
Allerdings möchte ich sie zu ihrem "Glück" nicht zwingen, d.h. die Sache mit dem Amtsgericht ist wohl überhaupt keine Alternative... Da setze ich sie ja noch mehr unter Stress, dann trinkt sie womöglich noch mehr, so wie auch nach der Rechts-Sache mit dem Führerscheinentzug...

Die Fragen, die sich mir jetzt noch stellen sind, wieviel bringt so eine "Entgiftung" überhaupt, wie sieht sowas im Detail aus und ist da überhaupt kurzfristig noch so viel zu ändern, denn sie trinkt ja schon seid Jahren... würde mal sagen seit mind. fast 20 Jahren mittlerweile... Allerdings erhöht sie wohl die Dosis, speziell im Verhältnis zum dem, was sie noch an fester Nahrung auf sich nimmt, stetig in letzter Zeit... Und das wird sich von alleine wohl auch kaum ändern, denn jetzt im Herbst kommen ja erst noch viel finstere Tage und damit auch deppressive Zeiten...

Die Suchtberatungen jedenfalls tun regelmäßig so, als müsste ein Umdenken beim Süchtigen von alleine stattfinden, da ist keine Rede von Verhinderung eines Suizids (wenn auch eher mittelfristig). :mad: Wie soll das denn bitte bei den o.g. gesundheitlichen Voraussetzungen noch funktionieren :confused: Dem kann man doch entgegensetzen, dass wenn man nichts unternimmt, einem quasi eine massive Mitschuld durch Unterlassen nachgesagt werden kann...

Ratlose Grüße und nochmals vielen Dank für Eure Hilfe!
Binnie
 
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Hallo Binnie,

Allerdings möchte ich sie zu ihrem "Glück" nicht zwingen, d.h. die Sache mit dem Amtsgericht ist wohl überhaupt keine Alternative... Da setze ich sie ja noch mehr unter Stress, dann trinkt sie womöglich noch mehr, so wie auch nach der Rechts-Sache mit dem Führerscheinentzug...
Das verstehe ich sehr gut. Nur: solange sie trinkt, wird sie es nicht schaffen, die Entscheidung zum Aufhören zu treffen und vor allem alleine durchzuführen. Wenn sie es also nicht selbst schafft, zu entziehen und dann eine Langzeittherapie zu machen, sehe ich sehr schwarz mit dem freien Willen. Der ist durch den Alkohol nicht mehr frei.

Gruss,
Oregano
 
Hallo Oregano,

das ist ja eben auch genau eine meiner Fragen: wieviel bringt so eine akute Behandlung bzw. Entgiftung, wie sie im Falle eines Notarzteinsatzes anschließend erfolgen würde, ist danach evt. eher ein Umdenken von ihr zu erwarten, also ist der gesundheitliche Zustand danach i.d. R. so viel besser, dass es sich überhaupt lohnt darüber nachzudenken...

Ich weiß, das abzuschätzen ist sehr schwierig, aber vielleicht hat hier ja jemand speziell mit sowas schon mehr Erfahrungen... :wave:

Vielen Dank und viele Grüße
Binnie
 
Hallo Heather,

danke für Deine Links! :) Die werde ich mir wohl doch mal in Ruhe zu Gemüte führen müssen... Das Problem ist, ich bin selber nicht gesund, bin also ständig dabei mich um meine eigenen Probleme kümmern zu müssen, und dachte bisher immer, bzw. hatte es wohl vielmehr gehofft, dass sich doch bitte "andere" im Detail in dieses Alkoholproblem einarbeiten sollen...

Da aber von nirgendwo Hilfe zu erwarten ist, muss ich mir jetzt wohl auch noch dieses Problem ans Bein binden... :rolleyes: Deswegen bin ich an dieser Stelle ja auch weiterhin so dankbar für alle möglichen Hilfestellungen und Erfahrungen, da ich im Grunde genommen nicht wirklich die Zeit habe, mich in das ganze Thema "Alkoholismus" in der wohl nötigen Tiefe, einzuarbeiten und ich auch keine Geschwister oder sonst jemanden hab, der sich damit auseinandersetzen könnte und wollte...

Welche "Medikamente" kommen denn da bspw. bei so einer Entgiftung zum Einsatz ?

Viele Grüße
Binnie
 
Hallo Binnie,

ich selbst bin da nicht bewandert, weiß aber von diesem Thread über Antabus:
https://www.symptome.ch/threads/antabus-ja-oder-nein-und-warum.35857/

Hier auch nur wieder ein Link... :eek:):
::: ALKOHOLISMUS-HILFE ::: Medikamente wie Campral, Antabus, Distraneurin, Haldol, Tegretal und Tiapridex.

Ein früherer Arbeitskollege der vor langer Zeit alkoholabhängig war erzählte mir damals als er in der Entgiftung war bekam er auch Medikamente, aber nur soviel, dass er die Entgiftung ganz bewusst zu spüren bekam damit er die Chance hatte zu begreifen was die Alkoholsucht dem Körper angetan hat.
Als wir zusammen arbeiteten war er bereits seit ca. 10 Jahren, oder sogar noch etwas länger, trocken :)!

Liebe Grüße 👋.
Heather
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
das ist ja eben auch genau eine meiner Fragen: wieviel bringt so eine akute Behandlung bzw. Entgiftung, wie sie im Falle eines Notarzteinsatzes anschließend erfolgen würde, ist danach evt. eher ein Umdenken von ihr zu erwarten, also ist der gesundheitliche Zustand danach i.d. R. so viel besser, dass es sich überhaupt lohnt darüber nachzudenken
...

Guten Morgen Binnie,

Wieviel so eine Behandlung im Falle eines Notarzteinsatzes bringt, kann man m.M. voraussichtlich schlecht vorhersehen.

Doch manchmal bringt so eine Art Schock, die Betroffenen wieder auf den Boden der Realität, da die Sucht ja meistens verheimlicht und bagatellisiert wird.
Vielleicht kommt es dadurch zum Umdenken, da auch fremde Leute, die ja eher tunlichst vermieden werden, in die Thematik miteinbezogen werden.

Viele Grüsse, Angie:wave:
 
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Hallo Angie,

das erste Mal, nachdem das Ganze wirklich "öffentlich" wurde, und nachdem es nun eigentlich nicht mehr zu verheimlichen ist, war ja gerade die Geschichte mit dem Führerschein. Und dieses ganze Erlebnis hat den Zustand nur massiv beschleunigt verschlechtert... :rolleyes:

Früher, als sie es noch halbwegs gut verheimlichen konnte und sie mit dem Auto fahren konnte (und so auch eine potentielle Gefährdung für die Allgemeinheit dargestellt hat :eek:)), da war es noch nicht so dramatisch und man hat ihr die Alkoholsucht auch gar nicht angesehen, im Gegensatz zu jetzt!

Deswegen setze ich eben die ganze Hoffnung primär alleinig nur auf die Entgiftung, bzw. die Therapien, die dann hinterher hoffentlich erfolgen, und wäre sehr dankbar, hierzu auch noch konkretere Erfahrungswerte zu bekommen! :wave:

Viele Grüße
Binnie
 
Hallo du

Hallo ich habe deinen Text gelesen und finde es super das du dir solche Sorgen machst.Allerdings dürfen Ärzte nichts unternehmen wenn der (Patient) das nicht will.Erst wenn eine akkut lebensbedrohliche Situation vorliegt sie zb kollabiert also zusammenbricht und es nicht mehr ablehnen kann darf ein Arzt Hand anlegen.Wichtig und sogar das wichtigste überhaupt ist das die betroffene Person erkennt das sie ein Problem hat und Hilfe annehmen will.Ist das nicht der Fall wird es sehr schwierig.Ich hoffe für dich und deine Bekannte das es klick bei ihr macht ganz liebe grüsse Mike 30
 
Hallo,
hab die Geschichte durchgelesen und mich macht das sehr betroffen :traurig: Warscheinlich weil ich es selber weiss wie es sich anfühlt wenn man in dem Teufelskreis des Alkohols ist/war.
Mich würde es sehr interressieren wie sich die Sache weiterentwickelt hat,da es ja schon länger her ist.
Ich hoffe das deine Freundin es geschafft hat sich helfen zu lassen und auf dem Weg der Besserung ist.
Glg.
 
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