Sekten - Begriffbestimmungen

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Zum Sektenbegriff: ich habe früher einmal gelernt, "Sekte" leite sich von "secare" ab, was lateinisch ist und für schneiden, abschneiden, abtrennen steht. Der Begriff mag seine Wurzeln auch im lateinischen "sequi" haben, dessen Bedeutung man mit (jemandem, etwas) "folgen" übersetzen könnte. In der zweiten Bedeutung wurden in der Antike wohl schon Gruppen, die einem Philosophen "folgten", als "secta" bezeichnet.
In der zweiten Bedeutungsvariante tritt der Aspekt der "Abtrennung" oder auch "Unterscheidung" zutage. Eine Sekte steht also - unter diesem Aspekt - in einem deutlichen Unterschied zu anderen (etablierten, "großen", althergebrachten ?) Glaubensrichtungen. Hier wird deutlich, wer zunächst auf die Idee kommt, eine Gemeinschaft als Sekte zu bezeichnen: nämlich die tradierten Religionsgemeinschaften oder mit anderen Worten, wenn wir es auf die christlichen beziehen, eben die Kirchen. In unseren eher säkular orientierten westlichen Gesellschaften wird der Sektenbegriff, mit seiner überwiegend negativen Belegung, auch von staatlichen Organen (Behörden u. ä.) und gesellschaftlichen Funktionsträgern, wie zum Beispiel den Wohlfahrtsverbänden, philosophisch oder soziologisch orientierten Institutionen etc., verwendet.
Und zwar, nach meiner Wahrnehmung dann, wenn es um eine Art Gefährdungssituation geht. Dass heißt, wenn eine Gefahr wahrgenommen und beschrieben wird, die aus solch einer Gruppe hervorgeht.
Das sollte es vorerst mal gewesen sein!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Zuletzt bearbeitet:
Scientology

Hallo Zusammen

Also Leons erstes Zitat ist perfekt, Wortstamm inkl geschichtliche Bedeutung/Herleitung ist richtig. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Wie so oft gibt es aber auch noch einen Wandel in dem was gemeint ist. Bsp Fundamentalismus, bedeutet eigentlich das die Ansichten auf einem festen Fundament aufbauen. Heute ist aber mit dem Begriff "Gewalt" verbunden, was je nach Fundament eigentlich nicht sein muss.
So gesehen bezeichnet man heute (eigentlich sprachlich unrichtigerweise) Sekten wenn:
- die Leute von der welt abgetrennt werden, dh ihnen der (engere) Umgang mit andersdenkenden mehr oder weniger konsequent untersagt wird.
- irgend einem menschlichen Guru gefolgt wird, der die Inkarnation der göttliochen wahrheit oder so ist
- Viel Geld im Spiel ist, welches der oder die Leiter zu einem grossen teil für sich einsetzen, dies aber nicht transparent dargelegt wird.
- Gehirnwäsche in einem abgeschottenen camp betrieben wird.
- Jegliche Kritik, speziell öffentliche scharf verurteilt wird
- ein Austritt aus so einer Gruppe nur schwer möglich ist
- der Ausgetretene quasi gebannt wird wie der Teufel persönlich.
- Die Lehre dass das Heil ausschliesslich denen ihrer Gruppe vorbehalten ist.
- Als Glaubensgrundlage Verfälschungen (oder auch widersprechender Zusätze) religiöser oder auch wissenschaftlicher Schriften genommen wird.

Aus deiser (unvollständigen?) Liste sieht man, das es gemeinschaften gibt, auf die nur einige wenige Punkte etwas zutreffen. Das sind dann Gruppen mit sektierischen Tendenzen
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke Beat! :)

Die Schweizer Seiten reliinfo.ch, Relinfo die ich sehr informativ finde, geben folgende Kurzdefinition an:

Was ist eine Sekte?

Versuch einer Definition. Von einer Sekte ist dann zu sprechen, wenn eine Gruppierung alle drei folgenden Kriterien erfüllt (wobei ein Kriterium dann als erfüllt gelten kann, wenn alle jeweiligen Unterkriterien gegeben sind).
1. FührerIn
- Die Gemeinschaft verfügt über eine klar definierte Führung, sei es eine Einzelperson oder ein Gremium.
- Die Führung ist jedem Mitglied bekannt.
- Den Verlautbarungen der Führung wird hohe Aufmerksamkeit zuteil.
- Die Führung ist absolut, d.h. keiner übergeordneten Behörde o.ä. verantwortlich.
- Die Führung ist im Prinzip für jede anstehende Frage zuständig und kompetent.
- Kritik an der Führung kommt nicht vor, es findet sich kein Mitglied, das bereit wäre, auch nur eine Aussage der Führung zu kritisieren oder in Frage zu stellen.
2. Abschottung
- Die Gemeinschaft reduziert die Kontakte ihrer Mitglieder zu Nichtmitgliedern auf ein Minimum.
- Die Gruppe und das soziale Umfeld eines Mitglieds werden deckungsgleich.
- Die Abschottung beinhaltet den Verzicht auf gruppenfremde Lehren. Gruppenfremde Literatur ist damit zumindest höchst problematisch.
- Geheiratet wird ausschliesslich unter Gruppenmitgliedern.
- Freundschaften zu Nichtmigliedern werden keine geschlossen.
- Gruppenregeln dienen dazu, diese Abschottung zu fördern.
3. Gruppendruck
- Die Sekte kennt eine rigorose Kontrolle der Einhaltung der Gruppenregeln.
- Die Mitglieder überwachen sich gegenseitig.
- Sich dem Gruppendruck entziehende, "liberale" Mitglieder kommen kaum vor.
Georg Otto Schmid
Relinfo: Sekten-Kriterien
 
Hallo Leon

Ja, das ist zimlich genau das was heute als Sekte gilt. Vielleicht fehlt noch der Bann, der derjenige bekomt, der sich (meist nach Schwierigkeiten) von so einer Gruppe lösen konnte. Wenn alle Punkte vorkommen, bzw die wesentlichen Unterpunkte bei allen 3 Punkten vorkommen ist es eine Sekte.

Sobald die wesentlichen Punkten eines oberpunktes vorkommen ist es eine Gruppe mit sektierischen Tendenzen, ebenso wenn viele Unterpunkte vorkommen
 
Hallo Beat,

danke, für Deine Antwort! :) Wärst Du so nett, mal zu beschreiben, wie solch ein "Bann" aussieht, bzw., welche Konsequenzen er für die Betroffenen hat?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo Leon

Kurz gesagt ist es ein Ausgestossen sein, dh keiner gibt sich mit ihm ab, keiner beachtet ihn, im gegenteil man geht ihm aus dem Wegh, als hätte er eine ansteckende Krankheit. Man redet nur schlecht von ihm etc.
Die Auswirkungen für den Beteroffenen sind meist nicht so schlimm, oder nur anfangs so sxchlimm, bis er neue soziale Kontakte aufgebaut/reaktiviert hat, da er sich ja oft auch nicht mehr mit diesden Gruppemnmitgliedern abgeben möchte: Ausnahme: Oft bestanden natürlich sehr enge freundschaftliche Kontakte und der Ausgetretene möchte eigentlich diesen auch helfen, die Wahrheit zu erkennen, dh aus der Gruppe auszutreten.
 
Hallo Beat,

habe ganz vielen Dank für die Erklärung! :)

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Beat kennt sich aus mit Sekten, keine Frage !
Ansonsten empfehle ich Hugo Stamm vom Tagesanzeiger als erstklassigen Sektenkenner !
Im TAZ gibts auch ne Rubrik dafür...
LG
Eule
 
Hallo Eule

Ja der hugo Stamm gilt als Experte und schriebt auch einige gute sachen wie zb auch schon leon erwähnt hat. Leider hat er auch nicht den ganzen Überblick, weil er auch an einem bestimmten Weltbild anhänngt. Er ist deshalb betreffend Sekten-Bestimmung schon zu weit gegangen und widerspricht sich manchmal schon. Teilweise wirft er Freikirchen in die gleiche Schublade wie Zeugen Jehovas, ohne dies aufgrund der aufgelisteten Kriterien allgemein belegen zu können. Deshalb ist es wichtig, dass man klare Kritrien hat und diese auch einhält, wenn man nicht die gleiche Ansicht über glaubensfragen hat wie eine religiöse Organisation.
Im Weiteren ist eiej Gruppe mit kleinen sektierischen Tendenzen noch lanmge nicht eine Sekte. Mna sieht das anhand der Amalgandiskussion. Wir sind uns fast alle einig, dass hg giftig ist und ausgeleitet werden muss und das es bessere wie schlechtere Methoden gibt. Wenn jetz einer auf einer Methode alleine schwört, ist er auf der guten Seite, auch wenn er schon eine sektierische Tendenz hat.
 
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