Ratlos

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06.04.10
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Hallo!

Ich bin 25 Jahre alt, studiere jetzt Psychologie (hab im Sommer meine Diplomprüfungen) und war schon öfter in der Psychiatrie (vor dem Studium). Weil mir der Thread hier ein bisschen das Vertrauen gibt, dass ihr mich nicht gleich für ganz verrückt haltet, möchte ich mal davon berichten... sorry, wenn das jetzt im falschen Thread ist oder hier nicht passt, dann bitte verschrieben.

Also, ich bin mit 19 Jahren, direkt nach dem Abitur in die Psychiatrie gekommen. D.h. zunächst ins Krankenhaus, denn ich hatte sehr starkes Untergewicht. Ich wog nur noch 25kg und war entsprechend natürlich auch ziemlich fertig. Ich hatte aber keine Angst vor dem zunehmen, ich habe es mir gewünscht! Zu dick habe ich mich noch nie gefunden. Angst vor Lebensmitteln hatte ich dagegen irgendwie schon, weil mir immer sehr schlecht war (übergeben musste ich mich nicht) und ich so ein schwindeliges Rauschen im Kopf hatte. Das habe ich nicht ausgehalten und wollte ich einfach nicht mehr. Deshalb habe ich nicht mehr gegessen. Die Monate, bevor ich auf 25kg abgenommen hatte, habe ich mich nur noch von Milch und (wenig) Grießbreien ernährt. Ich hatte die ganze Zeit über starke, wässrige Durchfälle (war aber zu blöd nen Zusammenhang zu der Milch herzustellen, außerdem war ich nach der Milch irgendwie süchtig). Und Vitamintabletten hab ich noch genommen, aber sonst eben nichts...
Ich hatte auch sehr viel Angst vor dem Leben und war hoffnungslos und so. Also ich hab halt dabei zugeschaut wie das alles so vor sich ging und ich immer weiter abgenommen hab (am Anfang hatte ich auch nur 40kg) ohne einzugreifen... Klar, nen normaler Mensch wär wohl nen bisschen früher mal ins Krankenhaus. Ich war sogar 2 Mal beim Arzt in der Zeit (mit ca. 27kg oder so) und die haben mich beide wieder gehen lassen...

Naja, jedenfalls direkt nach dem Abitur bin ich dann ja ins Krankenhaus gegangen und wurde dort sofort mit Zyprexa und Tavor (5mg glaub ich, sehr viel auf jeden Fall) versorgt. Leider ist mir das Zyprexa gar nicht bekommen. Eine von den Nebenwirkungen ist, dass die Leukozyten abfallen können. Also hatte ich kaum mehr weiße Blutkörperchen und musste auf die Intensivstation (weiß nicht ob nur deswegen). Dort wird einem mehr Blut (pro Tag) abgezapft als auf der Normalen Station, was dann zur Folge hatte, das ich bald zu wenig davon hatte... Das haben sie dann aber gemerkt ;). Sonst waren die Krankenschwestern und Pfleger dort alle nett. Erst hatte ich ne Magensonde, aber die Nahrung nicht gut vertragen, deshalb einen Zentralen-Venen-Katheder, also direkt über die Blutbahn, das ging gut.

Ich weiß jetzt nicht mehr genau wie lange ich im Krankenhaus war, ich glaube 6 Wochen. Auf jeden Fall haben sie mir ziemlich schnell das Märchen von der total netten Psychiatrie in der es Menschen gibt die sich total toll um einen kümmern und einem dabei helfen wieder richtig zu essen erzählt. So auf Dauer ist es ja auch nicht so schön, die ganze Zeit im Bett rumzuliegen, und so hab ich zugestimmt. (Ich durfte aber im Krankenhaus wenigstens ab und zu mal rumlaufen, dazu wurde ich halt von dem Infusionsgerät abgemacht). Für die Psychiatrie hab ich dann wieder eine Magensonde bekommen, weil die dieses Infusionsdings nicht bedienen können.

In der Psychiatrie wars von anfang an äzent. Den ersten Tag hab ich überhaupt nichts zu essen bekommen. (Es ist ja auch nicht so dass ich mir irgendwo was hätte holen können, ich wurde die ganze Zeit im Rollstuhl irgendwo zum warten deponiert und Geld hatte ich ja auch nicht. Ok, auf die Idee wär ich wohl eh nicht gekommen, ich mein nur theoretisch.) Nach ewigem, unendlichen warten hat mir der Chefarzt dann erzählt, dass er mich wieder gehen lässt wenn ich 65kg wiege. Ich war begeistert!! Nicht, dass ich finde, das 65kg (grundsätzlich) zu viel wären (wenn man es erzwingt dann allerdings schon!), aber bei 500g pro Woche (was mit ZVK klappt, aber mit Magensonde schon schwieriger ist) wären das ja noch gefühlte Jahrhunderte in der Klapse gewesen.

Es gab dann noch Streit, weil die die blöde Magensonde so schnell eingestellt haben, dass ich se denen wieder ausgekotzt hab. Im Krankenhaus (und da wars schon schwierig) lief sie 24-Stunden durch. Ich weiß, dass der Magen auch Pausen braucht, zum Verdauen, aber wenn man zu viel Magensondenflüssigkeit auf einmal reinkippt, dann kommt die wirklich wieder raus, ganz automatisch (bei mir jedenfalls; auf den Packungen von Trinknahrung steht ja auch langsam trinken drauf).

Naja, irgendwann haben dies dann auch geschafft, die Magensonde langsamer zu stellen. Leider musste ich immer auf einem bestimmten Stuhl sitzen, während sie lief. Das sollte wohl meiner Motivation dienen, sie möglichst schnell durchlaufen zu lassen.

Der Stuhl stand im Gruppenraum. Und während ich dort den ganzen Tag saß, habe ich natürlich einiges mitbekommen von der Psychiatrie.

Z.B. war dort eine Patientin, die eigentlich ganz nett war, nur nicht so intelligent. Sie war 32 und wollte immer wie 16 sein. Welche Krankheit sie hatte, weiß ich nicht, warum sie dauernd am Bett fixiert wurde auch nicht, nur dass sie dauernd am Bett fixiert war. Sie hat dann immer nach mir gerufen, aber ich konnte ihr ja nicht helfen. Die Schwestern haben immer zu ihr gesagt, wenn sie 2 Stunden nicht schreit, dann wird sie losgemacht. Dabei wussten sie genau, dass sie es niemals schaffen wird, 2 Stunden nicht zu schreien.

Dann war da eine andere Patientin, die nichts gesagt hat. Sie saß ganz ruhig im Gruppenraum und plötzlich sind eine Menge von Pfelgern gekommen und haben ihr Haldol gespritzt und sie kann fixiert. Dabei war sie ganz ruhig... Also das war mehrmals, bei der gleichen Frau...

Manche fixierte Patienten haben sie ins Bett machen lassen, aber so genau habe ich das nicht mitbekommen.

Dann war noch eine Lehrerin in der Psychiatrie. Sie sollte angeblich eine Manie haben. Ich bin mir sicher, dass sie nicht manisch war. Sie war vielleicht unbequem für ihre Vorgesetzten, weil sie sich eingesetzt hat, aber nicht manisch. Ihr Exmann wollte, dass sie in der Psychiatrie bleibt.

Medikamente gab es immer sehr viele. Die meisten wollten sie nicht nehmen, aber es wurde bei vielen auch im Mund kontrolliert. Bei mir nicht, nur dass ich auch Schlucke. Deshalb habe ich das Tavor manchmal in der Wange versteckt und so selber abgesetzt, zum Schluss.

Ich durfte dann irgendwann die Flüssigkeit aus der Magensonde auch selber trinken. Das ist angenehmer, als so einen Schlauch im Hals zu haben. Ich habe so immer 2000 Kalorien pro Tag bekommen. Mit 35kg ist mein Gewicht dann allerdings nicht mehr weiter gestiegen. Mir wurde vorgeworfen, meine Psyche würde das so einfädeln, weil ich so schrecklich gerne noch länger bleiben möchte. Entlassen wurde ich dann glücklicherweise trotzdem.

Ich kam in eine Klinik und bekam wieder eine Magensonde. Dort war man anscheinend der Ansicht, dass es nicht möglich ist, den Inhalt der Magensonde ganz selbstständig zu trinken... Naja, wie auch immer. Ich hab brav neben her gegessen und brav zugenommen und so brav die Anforderungen erfüllt. (Ich hatte schleckliche Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall aber das interessiert ja keinen.)

Dann war da in der Klinik noch eine Sache: Im Krankenhaus hat irgendein Depp in den Untersuchungsbericht reingeschrieben, ich hätte Verletzungen im Genitalbereich. Habe und hatte ich damals nicht. Weiß nicht, wie das da reinkommt. Zumal die nie meinen Genitalbereich gesehen haben. Jetzt wollte die in der Klinik dem mal nachgehen und mich zum Frauenarzt überreden. Ich hab davor ziemlich Angst, weil ich in dem Bereich negative Erfahrungen hab (aber keine Verletzungen im Genitalbereich, andere negative Erfahrungen). Ich hab dann mit denen ausgehandelt, dass ich zu ner Frauenärztin (in der gleichen Klinik) gehe, wenn ich nicht auf diesen Stuhl muss. Also sind wir los. Dort angekommen hat die Frauenärztin aber drauf bestanden, dass ich auf den Stuhl sollte, das wollte ich nicht, also hab ich drauf bestanden, dass ich mich nicht auf den Stuhl setze. Also ohne Ergebnis wieder zurück. Ich hab gesagt, ich weiß eh, dass ich da keine Verletzung hab und die aus dem Krankenhaus können das gar nicht wissen, vielleicht meinten sie meinen unteren Bauch, der schaut ein bisschen komisch aus, weil ich so Bauchkrämpfe hab, den kann sich wegen mir auch jeder Mal anschauen. Oder eben auch alles von außen, wenn ich nicht auf den Stuhl muss. Das galt nicht, und die Herren Freud-Anhänger haben daraus ein "Also hast du was zu verstecken, sonst hättest dus ja gezeigt" gemacht. Fand ich total fieß und gemein.

Und wenn es denen darum geht alles was in dem Bericht vom Krankenhaus steht so genau zu untersuchen, warum haben sie dann meinen Magen und meinen Darm nicht untersucht? Denn ich hab zwar den Bericht selber nicht, aber ich nehm mal an, dass da irgendwas von Ernährungsschwierigkeiten drinnen steht.....

Dort, also in dieser Klink hab ich auch Atosil bekommen.... Davon hab ich jetzt noch Zukungen in den Beinen.... Aber ich hör jetzt besser mal auf zu schreiben, sonst wird das viel zu viel.... insgesamt war ich nämlich in 9 Kliniken/Psychiatrien/Krankenhäusern....

Sorry für den langen Text... Tut mir Leid, nur sowas kann man ja sonst nie irgendwo erzählen...
 
Bundesverband für Psychiatrie Erfahrene und Opfer

Es wird sehr schwer sein einen Rechtsanwalt für solche Fälle zu bewegen.

Ich hatte diese Situation in einem anderen Fall selbst erfahren dürfen.
Der RA sagte mir glatt ins Gesicht, weil sie das so meinen.

Eine Rechtsanwältin in einer anderen Stadt nahm sich zwar um die Angelegenheit an und überprüfte die Sache. Dann klärte sie mich auf,
das Ganze wäre eine heikle Angelegenheit und ziemlich verzwickt.
Ohne weitere Beweise würde die Sache vor Gericht, sehr schwer
durchführbar sein.

Es liegt daran, dass man nach wie vor bei solchen Fällen immer in der Beweispflicht steht.


Recht haben und bekommen, sind zwei Paar Schuhe.


Wo kein Kläger, da kein Richter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bundesverband für Psychiatrie Erfahrene und Opfer

Hallo whoever,

Angst vor Lebensmitteln hatte ich dagegen irgendwie schon, weil mir immer sehr schlecht war (übergeben musste ich mich nicht) und ich so ein schwindeliges Rauschen im Kopf hatte.

Auch wenn es jetzt für diesen thread off topic ist, möchte ich kurz sagen, dass ich denke, dass du eine Stoffwechselstörung mit Intolernzen haben könntest ("...sehr schlecht...") und das "schwindelige Rauschen im Kopf" könnte daher kommen, dass dein Körper statt vernünftig zu verdauen, Alkohol hergestellt hat. Psychomedis sind dann natürlich ganz toll:mad:.
Naja, bei mir war auch alles psychisch:rolleyes:, weil die Ärzte nicht in der Lage waren eine Laktoseintoleranz und Kuheiweißallergie festzustellen.
Hast du deine Ernährung heute im Griff? Ansonsten gibt es hier viele Infos, die dir weiter helfen könnten.

LG
 
Bundesverband für Psychiatrie Erfahrene und Opfer

Hallo whoever,



Auch wenn es jetzt für diesen thread off topic ist, möchte ich kurz sagen, dass ich denke, dass du eine Stoffwechselstörung mit Intolernzen haben könntest ("...sehr schlecht...") und das "schwindelige Rauschen im Kopf" könnte daher kommen, dass dein Körper statt vernünftig zu verdauen, Alkohol hergestellt hat. Psychomedis sind dann natürlich ganz toll:mad:.
Naja, bei mir war auch alles psychisch:rolleyes:, weil die Ärzte nicht in der Lage waren eine Laktoseintoleranz und Kuheiweißallergie festzustellen.
Hast du deine Ernährung heute im Griff? Ansonsten gibt es hier viele Infos, die dir weiter helfen könnten.

LG

Ich finde das aber eine interessante These, eine Stoffwechselerkrankung mit Intoleranzen und Alkoholherstellung durch den eigenen Körper.

Im Prinzip werden grundsätzlich solche Menschen, nämlich als Alkoholiker abgestempelt. Selbst die, wo ihr Leben lang gar keinen Tropfen getrunken haben.

Von der Behandlung selbst, ganz zu schweigen.
 
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