Psychische Widerstandskraft - Resilienz

@ullika
Die Lage ist nicht ähnlich, da sie erstens vorübergehend ist und du zweitens einen Partner hast.

Die von mir beschriebene Person hat überdies nie auf Hilfe "gewartet", sondern auf ihr wurde von allen Seiten von klein auf heftigst rumgetrampelt, sie war unzählige Male dem Tode näher als dem Leben. Hast du denn überhaupt alles gelesen und verstanden? Das kann ich mir nämlich eher nicht vorstellen.
 
Ich finde es immer recht schwierig zu sagen "Ich habe es besser gemacht/mache es besser als du. Mach es doch wie ich, es ist so einfach!". Können wir nicht beurteilen, denn jeder steckt nur in seiner eigenen Haut, jeder läuft in seinen Schuhen. Welche Anlagen (Resilienz?) es uns schwerer oder leichter gemacht haben, wissen wir im Endeffekt nicht.
 
Ich finde es immer recht schwierig zu sagen "Ich habe es besser gemacht/mache es besser als du. Mach es doch wie ich, es ist so einfach!". Können wir nicht beurteilen, denn jeder steckt nur in seiner eigenen Haut, jeder läuft in seinen Schuhen. Welche Anlagen (Resilienz?) es uns schwerer oder leichter gemacht haben, wissen wir im Endeffekt nicht.

Genau so isses, Piratin.
Und da ich merke, dass die letzten Beiträge eher in eine gar nicht beabsichtigte Richtung abgedriftet sind und die Tatsache, dass auch beim Fehlen nahezu sämtlicher "Voraussetzungen" zur Erlangung von Resilienz diese dennoch erlangt worden ist - allerdings dank einer ausgesprochen machtvoll und langanhaltend positiv wirkenden Quelle, die im sozialen Umfeld der Person, von wenigen Stunden anderswo einmal abgesehen, extrem bekämpft und angefeindet wurde, möchte ich das von mir hier geschilderte Beispiel beenden. Und die Quelle wirkt nach wie vor und ist nachhaltiger als alles, was Menschen schaffen können. Anders ausgedrückt: Glaube, Liebe, Hoffnung (zum Beispiel)
 
Hier wird zusammen gefaßt, was "Resilienz" bedeuten kann und welche Eigenschaften und Voraussetzungen hilfreich sein können, um "resilient" zu agieren und zu sein.

..."Resilienz 
über die Lebensspanne – 
 
an Widerständen 
 wachsen statt zerbrechen
 "

von
Pasqualina Perrig-Chiello[/B]
...
Wann ist Resilienz gefragt?
Die Herausforderungen des Lebens
 "
Wann sind wir am verletzlichsten?
> In frühen Jahren sowie im hohen Alter, während biographischen Übergangsphasen, bei stillen (unerwarteten) biographischen Transitionen, kritischen Lebensereignissen sowie bei Dauerstress.
> Biographische Übergänge unterbrechen den Lebensverlauf, lösen Individuen/Systeme aus Zusammenhängen und erfordern eine Reorganisation des Lebens.
> Biographische Übergänge verändern Rollen, Beziehungen und Identitäten; sie führen zu einer veränderten Selbst- und Umweltwahrnehmung sowie zu einem emotionalen Ungleichgewicht.
> Jedoch: grosse Unterschiede im Umgang mit diesen Herausforderungen.
---
Wege zur Resilienz"
Die American Psychological Association (APA) definiert 10 Wege, die zu individueller Resilienz führen:"

1. Netzwerke bilden und gegenseitige Unterstützung fördern" 2. Krisen nicht als unüberwindbare Probleme einstufen"
3. Veränderungen als Teil des Lebens akzeptieren"
4. Zielstrebig eigene (realistische) Ziele verfolgen"
5. Proaktiv sein und klare Entscheidungen treffen"
6. Möglichkeiten zur Selbstreflexion nutzen"
7. Die positive Selbstwahrnehmung fördern"
8. Probleme richtig einordnen"
9. Optimistisch bleiben"
10. "Auf sich Acht geben – für sich gut sorgen!"
...
https://www.seniorenuni.unibe.ch/un...0201/pane220211/e244405/1Resilienz_Perrig.pdf

Grüsse,
Oregano
 
Hier ein aktueller, kritischer Beitrag zum Thema Resilienz:

Psychotherapie-Kongress in Berlin: Die unbedingte Selbstoptimierung - taz.de
Einen Schwerpunkt bildete hierbei die neoliberale Instrumentalisierung von Psychologie und Psychotherapie: So beschäftigte sich die israelische Soziologin Eva Illouz in ihrem Eingangsvortrag mit dem Begriff der „Resilienz“, der schnell Aufnahme in die Populärkultur gefunden hat.

Auch wenn es nicht die ursprüngliche Intention derjenigen war, die diesen Begriff erfanden, um die psychische Widerstandskraft gegenüber negativen Lebensereignissen zu beschreiben, wird das Konzept nun vorzugsweise als Sozialtechnologie beim Militär und in großen Unternehmen verwandt. Das Antrainieren einer psychischen Hornhaut soll dort die Leidens- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhöhen. So hat die U.S. Army ein milliardenschweres Resilienzprogramm aufgelegt, und auch Coca-Cola gibt große Summen für solche Zwecke aus.

In den USA, wo der Resilienzbegriff stark mit der Positiven Psychologie verknüpft ist, gilt inzwischen jeder, der negative Lebensereignisse nicht als Chance zu emotionalem Wachstum begreift, als psychisch unreif. „Sei resilient!“ wird so zur Aufforderung, die eigene Sensibilität zu verlernen und sich gegen die Zumutungen unzumutbarer Lebensbedingungen zu immunisieren.

Das Ergebnis solcher Konditionierungen sind dann „Psytizens“, wie sie der spanische Psychologe Edgar Cabanas Diaz beschreibt: Individuen, die den Zwang zur Selbstoptimierung so verinnerlicht haben, dass er ihnen zur zweiten Natur geworden ist. Sie sind überzeugt, dass ihre Psyche eine zentrale Rolle für ein gelungenes Leben spielt, und tun alles dafür, sie mittels Psychotherapie, Coaching und anderer Selbstverbesserungsmethoden zu modifizieren.

Die Idee, dass es auch gesellschaftliche Einflussfaktoren gibt und dass man diese verändern könnte, ist ihnen fremd. Freilich wäre die Produktion von „Psytizens“ nicht so erfolgreich, wenn sich die Psychologie nicht innerhalb kürzester Zeit zur Leitwissenschaft der westlichen Kultur entwickelt hätte, von der die Lösung aller individuellen und gesellschaftlichen Probleme erwartet wird. Wie konnte aus einer ursprünglich emanzipatorischen Wissenschaft eine tragende Säule neoliberaler Ideologien werden?

Ich finde hier wird die Zweischneidigkeit des Resilienzbegriffes sehr gut beschrieben.

Resilient sein wurde schnell in "Sei resilient!" transformiert und ist derzeit hauptsächlich eine weitere Anforderung, die nötig ist.

Ich verstehe @philia sehr gut und ich finde ihre Anmerkungen zum Thema Resilienz wichtig.

Es gibt einfach auch äußere Umstände, bei denen Resilienz auch nicht viel nutzt.

Mal ganz zu schweigen, dass manch ein Sozialarbeiter auch zu traumatisierten Kindern "gratuliert", die dann ja resilient würden.

Ich persönlich finde diese Entwicklung sehr bedenklich und teile das auch nicht zum ersten Mal mit :)

Viele Grüße
hitti
 
Man könnte sich fragen, ob es wirklich eine "Allgemeine" oder auch eine andauernde psychische Widerstandskraft gibt, Modewort: Resilienz, oder ob ein Einbruch in bestimmten Bereichen nicht einfach auch mal als normal menschlich gesehen werden kann.

Zum Beispiel
man kommt mit einer äußeren Bedrohung, wie Corona, gut zurecht
man kommt auch mit einer aufkommenden Geldknappheit gut zurecht
man kommt mit dem Tod eines Angehörigen nach einer gewissen Zeit zurecht
man kommt mit Arbeitslosigkeit zurecht
aber z.B. mit seiner eigenen Erkrankung, wie immer diese auch aussehen kann, lässt einen dann vielleicht an Suizid denken.

Kann man dann wirklich noch differenziert von einem Einheitsbegriff der Resilienz sprechen oder ist das nicht doch etwas ganz anderes, menschliches.
 
Kann man dann wirklich noch differenziert von einem Oberbegriff der Resilienz sprechen

kann man eigentlich auch dann noch, wenn es nur rel. kurz ist und man es dann überwindet.

resilienz ist doch nichts, das permanent ohne pause immer 1000 %ig vorhanden ist, sondern sich quasi wie ein roter faden durch`s leben zieht und einem hilft, mit versch. belastungen und auch mit unvermeidlichen schicksalsschlägen fertig zu werden ohne dauerhaft oder extrem depressiv oder suizidal zu werden.


lg
sunny
 
sunny, ich hatte noch vor Deiner Antwort das Wort Oberbegriff in Einheitsbegriff Resilienz abgewandelt.
Und nein, es muss sich nicht wie ein roter Faden durchs Leben ziehen, wenn man mit vielen Krisen gut zurecht kommt und es den Anschein hat, man wäre resilient und es aber wiederum 1 Krise oder auch "Unterkrisen" gibt, da kommt man nicht so zurecht, dann ist man auf einmal nicht mehr resilient? ist doch seltsam oder?

1000% gibt es sowieso nicht, vielleicht könntest Du aufmerksamer lesen und Deine Antwort relativieren; also ohne Übertreibung, sondern mal ganz sachlich, differenziert antworten.
 

Boris Cyrulnik – Trauma und Resilienz

Das Leben des französischen Neurologen und Psychiaters Boris Cyrulnik begann mit einem Trauma: Seine Eltern wurden von den Nazis getötet. Er selbst entkam mit sechs Jahren nur knapp dem Tod. Heute ist der 85-Jährige ein international gefragter Experte, wenn es um Traumata und Resilienz geht.

Boris Cyrulnik hat eine bewegende Biografie. Als er fünf Jahre alt ist, werden seine Eltern deportiert und in den Konzentrationslagern von Auschwitz umgebracht. Er selbst kann sich verstecken, entkommt nur knapp dem Tod und wächst als Waisenkind bei Pflegefamilien und in diversen Pflegeheimen auf. Dieses frühe Trauma prägt sein gesamtes Leben und auch seine wissenschaftliche Forschung als Neuropsychiater und Professor in Toulon. Boris Cyrulnik ist heute 85 Jahre alt, seine Bücher sind Bestseller, und er gilt als einer der wichtigsten Experten, wenn es um Resilienz geht, um die Fähigkeit, besonders belastende, traumatische Erfahrungen zu überstehen – und manchmal sogar an ihnen zu wachsen. Yves Bossart spricht mit ihm über seine Biografie, über den Umgang mit Traumata, über das Rätsel der Resilienz und die Wurzeln des Fanatismus.

Ein sehr eindrucksvolles Interview im SRF, 21.5.23

Grüsse,
Oregano
 
Ich habe ein Buch über Vagusnerv und Traumataheilung von Klein angefangen zu lesen. Der schreibt einiges von Traumata. Vorallem dass wir in einer Traumata-Gesellschaft leben, denn wir bekommen immer unser unerwünschtes ( Trauer, Zorn, Weinen....) Verhalten vorgeworfen ( verboten). Seit Kindesbeinen. Naturvoölker machen das in der Regel nicht. Die möchtegern Zivilisierten schon.
 
Oben