Wie werdet ihr damit fertig?

Themenstarter
Beitritt
04.03.09
Beiträge
416
Ich hab gestern einen wichtigen Gerichtstermin versäumt, bei dem es um meine Erbschaftsansprüche und somit doch um einiges an Geld geht. Ich nehm das mal als Anlass, hier über die psychische Belastung meiner Krankheit zu reden.

Also seit dem Frühjahr 2000 leid ich unter CFS, wohl verursacht durch einen nachgewiesenen primären Immundefekt. Seit über 10 Jahren kämpfe ich gegen die Krankheit, die mich schon mehrmals dem Tod zu nahe gebracht hat.

Dem steht eine völlig kafkaesque Realität gegenüber. Medizinische Versorgung wird konsequent verweigert, wodurch die Sache ja erst so schlimm werden konnte. Als es mir vor über drei Jahren dann mal wieder körperlich ganz dreckig ging, wurde mir dann zwar Morphium angeboten um den Abschied zu erleichtern, obwohl ja alles "nur psychosomatisch" sei. Eine sinnvolle Medikation wurde aber wenigen (ohnehin vernachlässigbarer) möglicher Nebenwirkung verweigert.

Auf den letzten Punkt bekam ich dann doch noch Antimykotika, nach jahrelengem Betteln. Die haben mir damals wohl das Leben gerettet. Seit dem gehts mir zumindest vergleichsweise gut. Ich kann seit dem wenigestens wieder ein wenig nach vorne arbeiten.

Was mich aber wohl nachhaltig traumatisiert hat, ist was ich in sozialer Hinsicht alles durchmachen musste und muss. Hochbegabt, mit guter Ausbildung, mit gut bezahltem Job und besten Karriereaussichten wurd ich zum Sozialfall. Einem unverdienten Sozialfall allerdings. Da mir ja angeblich gar nichts fehlt, wurden meine sozialen Ansprüche demenstprechend gehandhabt. Beim Sozialamt darf ich betteln, gnädiger Weise gibts vielleicht ein wenig Geld. Aber natürlich wird man, selbst wenn man schon abkratzen ist, als arbeitsfähig beurteilt und wird so ständig auf Trab gehalten.

Für alles was man nicht leisten kann, soll man sich ständig entschuldigen und um Verständnis bitten, wo zugleich die Wut über den Betrug dem an sich selbst erlebt alle Grenzen sprengt. Oben drein bleiben Rechnungen unbezahlt, man beginnt die Mahnschreiben zu ignorieren, es hätte sowieso keinen Sinn. Folgedessen wird man schießlich auch noch vom Exekutor möglichst einmal die Woche terrorisiert und man gewöhnt sich an gar nicht erst an die Tür zu gehen. Das geht über Jahre so dahin. Und egal wohin man sich wendet, man wird stets nur abgewimmelt.

Vielleicht fehlt mir da die dicke Haut, aber ich kann gar nicht anders damit umgehen als all das zu verdrängen. Würde ich mir diese meine Situation ständig vor Augen führen, ich wär längst völlig durchgedreht. Ich verhalt mich jedenfalls wie ein geprügelter Hund.

Stattdessen habe ich etwas anderes gemacht. Ich hab meine geistigen Fähigkeiten eingesetzt um einer wissenschaftlichen Sache nachzugehen, zunächst mal nur so aus Spass. Inzwischen ist daraus aber eine Bombenstory bzw. ein Buch geworden, und ich habe darüber einen Autorenvertrag. Es werden aber noch ein paar Monate vergehen, bis die Sache publiziert wird.

Aber damit wird die Lebenssituation irgendwie auch nur absurder. Ich hab mir über die Jahre antrainiert jede Form der Fremdbestimmung konsequent zu verdrängen und zu ignorieren, was meines Erachtens lebensnotwendig für meine Psyche war. Jeden Tag in der Scheisse zu baden war und ist einfach keine Option.

Auf mich werden bald aber viele Verpflichtungen zukommen, die ja auch gar nicht unangenehm sein werden. Aber ich muss mich dem wieder öffnen können.

Wie geht ihr mit solchem täglichem Mist um? Habt ihr einen Plan damit irgendwann zurecht zu kommen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann Dir leider nicht beantworten wie ich damit umgehe, da ich nicht in solcher Situation stecke außer vielleicht auch einer Phase, wo man die Briefe nicht einmal mehr aufmachte oder aktuell das Gefühl der hilflosigkeit, Ohnmacht da man mit dem Problem kaum wahrgenommen bzw. ernstgenommen wIrd!

Aber eines möchte ich trotzdem sagen: deine Geschichte hat mich unglaublich berührt!
Und auch wenn Du es Dir selbst aberkennst, Du strahlst eine unglaubliche Stärke heraus!
 
Oben