Hilfe mein Chef will einen Alkoholiker retten

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08.10.10
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Hallo
Ich bin ein wenig verzweifelt und hoffe sehr hier Rat zu finden... Ich arbeite in der Diakoni und mein Chef ( Kirchenherde) will nun einen Mann in unser Altersheim aufnehmen der Alkoholprobleme hat. Er wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen , lebt auf der Strasse da wir Wohnungsnot haben. Er war mehrere Male im Gefängnis da er in Verindung mit Alkohol unberechenbar , gewalttätig wird. Nun haben wir ihn gerade draussen aufs Land mehr oder weniger alleine plaziert in unserem Seminarhaus. Keine Möglichkeit an Alkohol ranzukommen. Aber was weiter? ich sehe ein grosses Problem mit seinem Selbstwertgefühl, irgendwie scheint er auch nicht der klügsten einer zu sein, nicht bewusst zu sein in welcher Misere er steckt, unfähig den Blick auf sich zu richten. So trocken ist er ruhig, schaut einem kaum in die Augen sucht aber schon die gesellschaft, will mitdiskutieren und so...es tut einem echt in der Seele weh, es geht ihm einfach überhaupt nicht gut, weder seelisch noch körperlich. Er wil arbeiten aber in meinen Augen hat er kaum Vermögen dazu...Ich fühle mich schnell von ihm richtig ausgelaugt , er nimmt viel Energi von mir weg nur durch seine Anwesenheit obwohl er, wie schon gesagt trocken nett und eher schüchtern ist. Ich fühle mich überfordert ihm ein neues Leben aufzubauen da ich glaube das er eigentlich immer jemand um sich rum braucht, um aus seinem Teufelskreis rauszukommen. In meinen Augen braucht es wirklich proffessionelle Hilfe und nicht der blosse Wunsch zu helfen...ich habe Angst das wenn wir ihm eine wohnung geben, ihn unterstützen mit dem was wir können ( finanziell, leichte freiwillge Arbeit in der Gemeinde, und was es sonst noch vielleicht braucht) das es doch nicht reicht, er zurückfällt, Schaden anrichtet( gewalttätig gegen andere im Heim wird und letztendlich noch mehr sein Selbstwertgefühl belastete da er es mal wieder nicht geschafft hat....was würdet Ihr dazu sagen??
 
Hallo aland,
deine Verzweiflung und deine Bedenken kann ich sehr gut nachvollziehen und doch finde ich es wieder sehr gut,dass man einem Menschen der im Leben gestrauchelt ist, Hilfe anbietet.
Ob aber ein Mensch mit einem Alkoholproblem ohne Entzug( professionelle)
in einem Altersheim gut aufgehoben ist ,da habe ich meine Bedenken,denn wie du schreibst, braucht er auch die Zuwendung und etwas Kontrolle.Wie ich es verstanden habe soll er ja bei euch wohnen und arbeiten.
Bei uns in der Familie gibt es jemanden mit einem Alkoholproblem und ich kenne dieses Wechselspiel der Gefühle auf beiden Seiten.
Es wird erst die Zeit zeigen ob es gut geht ,was ich ihm und euch wünsche.

Viel Kraft und alles Gute für das Neue Jahr wünscht dir Wildaster.
 
Erst mal Dich retten

Spiegelt er Dir nicht herrlich all Deine eigenen Schwächen und Bedürfnisse?
Er nimmt Dir und Deinen Kräften Energie und zeigt Dir, dass Du Dich nicht um Deine Kräfte kümmerst, sie nicht stärkst, aufrichtest, wachsen machst.
Du REagierst nur und wirst dadurch zum Opfer der Gegebenheiten.
Lerne AGIEREN und Dir selbst geben, was Du und Deine Kräfte brauchen!
Coués Autosuggestion ist eine hoch wirksame, einfache Hiulfe dafür.
Coué zeigte vor hundert Jahren mit Welterfolg, dass es unsere Aufgabe ist, nicht nur dem Körper sondern auch Geist & Seele regelmäßig Stärkung und Pflöege zu geben, und dass wir dadurch unsere Lebensprobleme bewältigen.
Wenn Du erst mal DICH rettest, weißt Du aus der Erfahrung auch, wie man andere rettet.
Ich freue mich auf Deinen Erfolg.
Franz Josef Neffe
 
Hallo Aland,

der Umgang mit Alkoholikern braucht ziemlich viel Know-how: feste Regeln, deren Einhaltung überwacht wird; Chancen für den Alkoholiker, sinnvolle Dinge zu tun und dafür Anerkennung zu finden; Möglichkeiten zum Lernen der Rücksichtnahme auf andere und zur eigenen Weiterentwicklung. Vor allem die Zugehörigkeit zu einer Gruppe.

Coue hatte wohl eine Art "Welterfolg". Aber "Welterfolge" gibt's viele; das ist gewiß kein Beweis von Wert oder Wahrheit. Autosuggestion überhaupt . . . mir selber einzureden, das, was ich mir wünsche (weil es eben nicht der Fall ist), sei in Wirklichkeit doch der Fall . . . Ich glaube schon, daß viele von uns sehr leichtgläubig sind. Aber Heilung sollte - und kann tatsächlich - eintreten als Folge unserer Stärken, nicht unserer Torheit. Meine ich halt. (Und Leichtgläubigkeit muß nicht unbedingt noch gefördert werden.)

Bestimmte Arten von "Psychologie" - "Deuten", unaufgefordert "In-der-Seele-Rumstochern" - haben möglicherweise etwas Herabsetzendes, Herabwürdigendes. Sie etablieren möglicherweise eine Hierarchie.

Viel Erfolg bei der Gestaltung Eurer Situation
und alles Liebe,
Windpferd
 
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Autosuggestion - ein Präzisionswerkzeug

Dass Heilung (meist) nicht durch Torheit sondern durch einen intelligenten Umgang mitr unseren Stärken - auch und besonders mit den noch zu entwickelndem schwachen oder geschwächten Stärken .- erfolgen kann, ist eine aufschlussreiche Erkenntnis - wenn man sie dazu nutzt, damit nicht aus- sondern aufzuschließen.
Wenn wir unsere Kenntnisse zum Ausschließen benutzen, offenbaren wir damit nur, dass es für uns selbst noch einiges aufzuschließen gibt.

Gerade etwas auf einen Menschen anzuwenden trifft doch voll auf seine Oberfläche.
Wer möchte schon dadurch glücklich werden, dass er das Objekt von Anwendungen sein muss?
Ich befasse mich seit fast 40 Jahren PRAKTISCH mit Coué und empfehle sehr begründet die genaue Prüfung seines Vorbildes und nicht der gedankenlos übernommenen Klischees von ihm und der Autosuggestion.
Autosuggestion ist ein Präzisionswerkzeug, mit dem man Schnitzer machen aber auch schnitzen lernen kann.
Außer man weiß schon alles darüber ehe man etwas weiß.
Letztlich reguliert es sich sowieso selbst. Coué hat ja täglich deutlich vorgemacht, dass Autosuggestion eine permanent Kraft ist, mit der wir - je nach unserem Umgang damit - sehr gute aber auch sehr schlechte Wirkungen hervorbringen. Niemand kommt da aus. Man kann zwar auch durch Versuch und Irrtum Autosuggestion lernen - muss aber nicht.
Ich grüße freundlich.
Franz Josef Neffe
 
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Hallo aland,

hast Du denn schon mit Deinem Chef gesprochen und versucht, ihm klar zu machen, daß Du/Ihr diese Mehrarbeit nicht schafft und er eigentlich erst die Voraussetzungen schaffen müßte, um dem Alkoholiker zu helfen?

Grüsse,
Oregano
 
Hallo an Alle!!
Vielen vielen Dank für eure doch hilfreichen und denkenswerten Antworten. Das Problem ob wir uns um ihn kümmern hat sich Gestern Nacht erledigt. Er hatAlkohol getrunken obwohl er sich in einer Entzugsklinik befand . seine Motivation dazu war das er nicht bleiben konnte , weil er sich in mich verliebt hat, die ganze Zeit an mich denken muss und mit Alkohol konnte er mich besser vergessen. Toll...Nun ist er auf dem weg hier nach Åland von Vasa, Finnland und kommt heute Nacht hier an. Nun habe ich allen meinen Kollegen gesagt und Cheffen auch das wir ihm so nicht weiterhelfen können, er keine Wohnung, Beschäftigung und andere Hilfen bekommt. Einfach auch an unsere Sicherheit denken da er sehr gewalttätig werden kann wenn er Alkohol trinkt. In den 6 Jahren die ich hier lebe habe ich nie die Tür abgeschlossen....ab heute werde ich es tun. es ist sehr schade da er ohne Alkohol ein sehr liebenswürdiger Mensch ist, mit einfachen aber doch tiefen Gedankenzügen. habe ihn aber gestern am Telefon nun auch ganz anders erlebt, da er nicht das bekam was er wollte, da kann er auch ganz schön streiten So das ich das Gespräch abbrechen musste. Schade. Nun diese Erfahrung war nicht schön aber doch wichtig. Nochmals vielen dank an Euch!
 
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Hallo aland,

jetzt habe ich nicht ganz verstanden, ob er in Euer Heim kommt oder nicht?

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Aland,
Ich bin ein wenig verzweifelt und hoffe sehr hier Rat zu finden... Ich arbeite in der Diakoni und mein Chef ( Kirchenherde) will nun einen Mann in unser Altersheim aufnehmen der Alkoholprobleme hat.

Wie viele Leute seid Ihr denn, die in der Kirchenherde mitarbeiten. Gibt es da fest Angestellte, oder ist alles auf freiwilliger Basis angelegt?

Er wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen , lebt auf der Strasse da wir Wohnungsnot haben. Er war mehrere Male im Gefängnis da er in Verindung mit Alkohol unberechenbar , gewalttätig wird.

Bist Du denn mit den Bedenken allein, oder denken andere Mitarbeiter ähnlich?

Nun haben wir ihn gerade draussen aufs Land mehr oder weniger alleine plaziert in unserem Seminarhaus. Keine Möglichkeit an Alkohol ranzukommen. Aber was weiter?

Man muß daran denken, daß dieser Mann aus einem Gefängnis entlassen, eine mit Sicherheit furchtbare Zeit hinter sich hat. Das ist Grund genug, wieder mit Alkohol anzufangen. Wenn er dann noch alleine gelassen wird verschlimmert das die Situation. Wenn er dann erst genug Alkohol in sich hat, kann er auch gar nicht mehr lenken, was er tun will, kann, oder soll.

ich sehe ein grosses Problem mit seinem Selbstwertgefühl, irgendwie scheint er auch nicht der klügsten einer zu sein, nicht bewusst zu sein in welcher Misere er steckt, unfähig den Blick auf sich zu richten.

Ich denke, bevor dieser Mann nicht einen Entzug gemacht hat, kann er kein zuverlässiger Mitarbeiter sein. Um die Sache zu prüfen, ob er kooperativ ist, könnte man ihm ja mal eine Probezeit geben, so von 2-3 Monaten, da wird sich zeigen, wie sich das weiter entwickeln könnte.

Die Frage ist ja nicht nur, ob er eine Wohnung bekommt. Wenn er sich z.B.selber verletzt, wer kommt für die Kosten auf, ist er Krankenversichert usw. usw.

So trocken ist er ruhig, schaut einem kaum in die Augen sucht aber schon die gesellschaft, will mitdiskutieren und so...es tut einem echt in der Seele weh, es geht ihm einfach überhaupt nicht gut, weder seelisch noch körperlich
.

Ich denke, wenn er erst eine Wohnung bezogen hat, kann er nicht mehr so leicht gekündigt werden. Die Probezeit sollte er auf jeden Fall in einem möblierten Zimmer verbringen, das als Untermieteverhältnis gilt. Sollte er sich dann nicht bewähren, kann man leichter reagieren.

Er will arbeiten aber in meinen Augen hat er kaum Vermögen dazu...Ich fühle mich schnell von ihm richtig ausgelaugt , er nimmt viel Energi von mir weg nur durch seine Anwesenheit obwohl er, wie schon gesagt trocken nett und eher schüchtern ist.

Welches Verhältnis hättest Du denn ihm gegenüber im Fall der Aufnahme in Euere Diakonie? So wie Du das schilderst, bist Du momentan das Opfer für seine Bedürfnisse. Du solltest unbedingt eine abgesteckte zeit einführen, die dann auch pünktlich endet. So kannst Du selber verwalten, wie viel Kraft Du für ihn aufbringen willst und kannst.

Ich fühle mich überfordert ihm ein neues Leben aufzubauen da ich glaube das er eigentlich immer jemand um sich rum braucht, um aus seinem Teufelskreis rauszukommen. In meinen Augen braucht es wirklich proffessionelle Hilfe und nicht der blosse Wunsch zu helfen...

Es muß eben geklärt werden, wer die Kosten übernimmt für eine Therapie, dann aber so schnell wie möglich einen Antrag stellen, weil die Plätze rar sind. So kannst Du ihm wirklich helfen.

Liebe Grüße
Rota
 
Hallo,

Euere Diskussion ist ja viel weiter gekommen, während ich mir meinem nachfolgenden Beitrag beschäftigt war.

Ich hoffe, daß nun eine gewisse Lösung erreicht und stabil ist.

Anmerken will ich, daß mich die Darstellungen der Thread-Starterin - ihre Aufrichtigkeit, Direktheit, Präzision und ihr Mut - beeindruckt und berührt haben. (Auch ein leiser Humor im Hintergrund?) "Psychotherapie" braucht sie gewiß nicht.

Nun ein paar zuvor geschriebene Überlegungen - aus gegebenem Anlaß:

Autosuggestion nach Coue ist eine der vielen Formen des sog. "Positiven Denkens", das übrigens aus den Traditionen christlicher Sekten stammt.

Dazu - z.T. umformuliert und gekürzt - eine m.E. ausgezeichnete Kritik (Wikipedia):

"Eine ... umfassende Kritik des Positiven Denkens auf wissenschaftlicher Grundlage wurde von dem ... Psychotherapeuten Günter Scheich vorgenommen. Sein Buch »Positives Denken macht krank. Vom Schwindel mit gefährlichen Erfolgsversprechen« (1997) ist Standardwerk."

"Die Methoden können labile und depressive Patienten weiter schädigen. Bei unkritischen Menschen können sie zu Realitätsverlust führen - durch Vermeiden kritischer Fragen und Leugnung vorhandener Schwächen. Vernachlässigt werden zudem ... die Wechselwirkung zwischen Individuum und sozialer Umgebung."

"Ein Experiment von Joanne Wood ... zeigte, dass Teilnehmer mit geringem ... Selbstbewusstsein ... durch das Aufsagen ... positiver ... Sätze Stimmung, Optimismus und Bereitschaft, an Aktivitäten teilzunehmen, messbar abnahmen. ... -- Oswald Neuberger ... sieht in der Methode des Positiven Denkens eine zirkuläre Falle: „Wenn du keinen Erfolg hast, dann bist du eben selber schuld, weil du es offensichtlich nicht richtig probiert hast. Der Trainer aber bleibt unfehlbar.“ Zudem werde das Problem des Versagens individualisiert, Misserfolge personalisiert, das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aber von Schuld freigesprochen. -- Colin Goldner ... diagnostiziert zunehmende "Denk- und Wahrnehmungsdefizite“ bei Personen, die den „trivialisierten Hypnosuggestionen“ und Heilsversprechen ... auf den Leim gingen, und kritisiert den „sozialdarwinistischen Machbarkeitswahn“ der Motivationstrainer."

„Zwanghaft aufgesetztes positives Denken“ basiert nach Scheich ... nicht auf psychologischer Wissenschaft. Es handele sich um ein esoterisches Ratgebergebilde. Aufgrund unreifer Ziele und mangelnder Fähigkeiten kann ... es nicht nur nutzlos sein, sondern auch erheblichen Schaden anrichten. ... -- Das „Positive Denken“ widerspricht gerade den besondere Errungenschaft der aufkommenden Seelenheilkunde Ende des 19. Jahrhunderts. Hier wurde u.a. von Freud die besondere seelische und evolutionäre Bedeutung negativer Gefühle und Gedanken erkannt. Wahrnehmung und Ausdruck negativer Gefühle und Gedanken wird bis in die Gegenwart als Hilfe, Befreiung und Problemlösestrategie ... von den unterschiedlichsten psychotherapeutischen Schulen genutzt."

"Kritisch zu sehen ist ... ebenfalls das dem „Positiven Denken“ immanente Menschenbild einer ungehemmt-grenzenlosen, moralfreien Selbst- und Fremdmanipulation. Der Mensch wird so zur Marionette von Wunschdenken und Egotrips. Er verliert dabei Wertvorstellungen und ... Ansprüche im gegenseitigen Umgang."

Soweit Wikipedia.

Man könnte darauf hinweisen, daß Coue seine Methode in der Blütezeit des Imperialismus (in Deutschland "Wilhelminismus") entwickelt hat: Das aufgeblähte, technik-gläubige Ego (politisch: die verblendeten, hochgerüsteten Herrscher) arbeitet nicht mehr - demütig wie ein Handwerker - an den Gegebenheiten der Realität sondern treibt sein Machstreben soweit, daß die Realität durch Fantasien ersetzt wird. Unter völliger Überschätzung der eigenen Möglichkeiten. Dieser Wahn führte vor ca. 100 Jahren in die Katastrophe.)

Nebenbei: Daß ich mich jahrzehntelang mit einer Sache beschäftige, sagt nichts darüber aus, ob es sich um eine gute Sache handelt. Dazu braucht es mehr als Zeit. Ich kann mich lebenslang irren. Menschen sind fehlbar. Alle. Auch dagegen hilft Autosuggestion nicht. Es helfen m.E. Demut, Realismus und Wahrhaftigkeit.

Und man kann oft durch kluge Vorkehrungen - etwa im Umgang mit einem Alkoholiker - das Leid der Beteiligten mindern. Ganz praktisch

Schönen Abend wünscht
Windpferd
 
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Ja also er sollte einen Platz bei uns im Altersheim auf Åland bekommen wenn er trocken ist , das heisst nach dem Entzug. dafür habe ich ihn persönlich nach Vasa gefahren zu einem Entzug aber nun hat er nach nur einer Woche alles geschmissen und somit ist er nicht mehr tragbar für uns.
 
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