Hallo alle
Langsam erhole ich mich etwas von meiner Gehirnerschütterung und wage es nun, hier wieder ein wenig mitzumischen.
Mal grundsätzlich zu der Frage, wie verschieden Mann und Frau sind:
Es gibt Unterschiede. Aber diese sind nicht so gravierend, wie es meistens angenommen wird. Dass wir anatomisch verschieden sind, ist ja klar. Und dass aus dieser Anatomie und unserer etwas verschiedenen Biologie einige Verhaltensweisen resultieren ist ja auch klar. Jedoch viele Dinge, die hier angesprochen wurden in den vorigen Postings, sind davon nicht oder nur minimal berührt. Vielmehr spielt die Prägung durch die Gesellschaft und die Kultur, in der wir leben, eine viel größere Rolle.
Wenn man also meint, die Frauen seien sexuell empfindsamer, dann ist das zwar sicherlich in unsere Gesellschaft so, aber in anderen Kulturen nicht. Wenn gar das Beispiel von zehn zu eins im Verhältnis von Frau und Mann von Windpferd genannt wird, dann ist das absolut falsch. Es mag in der hellenistischen Zeit so gewesen sein oder der Schreiber dieser Geschichte war ein Mann, der selbst wenig Zugang zu seiner Sexualität hatte und nun bei Frauen sah, dass sie intensiver das alles erleben können und kam deshalb zu dem Schluss, dass Frauen mehr empfinden würden. Dass dies auf alle Frauen zutrifft, ist deshalb falsch. Nicht einmal auf den Durchschnitt trifft es zu.
Master/Johnson haben schon vor langer Zeit in Bezug auf die sexuelle Reaktion der Geschlechter bahnbrechende Forschung betrieben. Demnach sind die Unterschiede von Mann und Frau gering. Die Höhe oder Intensität der Erregung ist sogar fasts gleich. Nur der Mann ist schneller erregt als die Frau und die Erregung fällt auch schneller wieder ab. Dafür sind Männer öfters sexuell aktiv. Aber das sind natürlich Durchschnittswerte und bei Individuen kann dies ganz anders sein.
Ich stelle immer wieder fest, dass sehr viele Frauen heute geradezu getrieben sind von der Idee, Frauen seien "besser" als Männer. Das mag darin liegen, dass Frauen in der Vergangenheit als das "schwache Geschlecht" betrachtet wurden und man ihnen viele Dinge nicht zutraute. Trotzdem sollte man auf dem Boden der Tatsachen bleiben und die Vergangenheit ruhen lassen und lieber in der Jetztzeit leben. Da gibt es freilich noch einiges zu verbessern (z.B. gleiche Löhne), aber Vieles wurde auch schon erreicht und darauf können wir alle stolz sein.
Leider ist unsere Gesellschaft dualistisch (christlich) geprägt und in dieser philosophischen Richtung geht es um Kampf von Gegensätzen. Wenn wir jedoch den gesamten Kosmos betrachten, dann ist der vermeintliche Kampf nur ein ständiges Angleichen und ein sich Ergänzen. Das trifft auch auf Frauen und Männer voll zu. Wenn wir aufhören würden, immerzu besser oder wichtiger oder sonstwas "mehr" zu sein, dann wären wir viel glücklicher. Unsere Gesellschaft ist jedoch auf Konkurrenzdenken und auf Dominanzstreben ausgerichtet. Das wirkt sich überall aus, im privaten und im Gesellschaftsleben, im Geschäftsleben, in allen Berufen, und leider auch in den Beziehungen. Hier sogar oft extrem stark ausgeprägt, auch wenn es manchmal nur unterschwellig oder versteckt ist.
Wenn wir uns statt der dualistischen Prägung auf die Polarität besinnen würden, dann wäre die Welt ein besserer Ort. Bei der Polarität geht es um Ergänzungen von Verschiedenheiten und nicht um Kampf von sogenannten "Gegen"sätzen. Das Wort "gegen" sagt es ja, dass es um Kampf geht, um das Streben, der Bessere oder Wichtigere zu sein. Wenn wir jedoch lernen könnten, unsere Verschiedenheiten nicht nur anzuerkennen, sondern sogar als die Quelle des Glücks und auch als die Quelle des
gemeinsamen Erfolgs verstehen würden, dann wären wir tatsächlich in einem Paradies. Aber das haben wir uns durch unser dualistisches Denken verbaut. Makaber dabei ist, dass ausgerechnet die christliche dualistische Lehre, die vom Kampf von Gut und Böse ausgeht, uns von dem in der alttestamentarischen Geschichte der Genesis über den Sündenfall den Grund gibt für das dualistische Denken und dieses Denken und die Vorstellung von dem ständigen Kampf uns in Wahrheit vom Paradies vertrieben hat. Das wäre der wahre Sündenfall und nicht die dumme Geschichte von der Eva, den den Adam verführt hat.
Nun noch zu einer Aussage von Windpferd:
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Und nebenbei: Es herrscht immer noch die Vorstellung, Frau und Mann seien Gegensätze, lägen sozusagen auf den Enden einer Geraden, einer Achse, also einer (1) Dimension. In Wirklichkeit ist der Sachverhalt mindestens zweidimensional: Weiblichkeit und Männlichkeit sind unabhängig von einander: jeder Mensch hat Weiblichkeit und Männlichkeit in je bestimmtem Maß. Menschen, die beides in hohem Maß haben, nennt man androgyn.
Dem ersten Teil dieser Aussage stimme ich natürlich voll und ganz zu. Jedoch stimme ich nicht überein mit der Aussage, Weiblichkeit und Männlichkeit seien unabhängig voneinander. Denn nichts auf dieser Welt und im Universum ist unabhängig von allem was es sonst noch gibt. Professor H.P. Dürr und andere Quantenphysiker betonen das immer wieder, nämlich dass ALLES immer ALLES beeinflusst.
Ich weiss nicht, ob du, Windpferd, den androgynen Menschen als Endziel oder als erstrebenswert ansiehst. Es klingt jedoch aus deiner Aussage heraus.
Zwar gibt es androgyne Menschen (wenngleich verschwindend wenige), aber das ist eher ein Versehen der Natur. Denn alles im Universum unterliegt der Polarität, also der Verschiedenheit. Und die Verschiedenheit ist es, was die Grundlage jeder Existenz ist. Allerding, wie ich oben sagte, geht es um das richtige Verstehen dieser Verschiedenheit und wie wir damit umgehen. Wir haben zwei Wahlmöglichkeiten: Entweder wir bekämpfen die Verschiedenheiten, was immer zur Aggression und Kampf führt und somit zum Unglück --- oder wir lernen, die Verschiedenheit nicht nur anzuerkennen, sondern zu nutzen, damit sie eine Hilfel zu einem positiven Leben führt und somit zum Glück, zum echten Erfolg (nicht zu dem heute so intensiv verfolgten Erfolg des Individuums !!!) und was letztendlich die Erde zu einem Paradies machen würde.
Noch ein Zitat von Wildpferd:
Interessanterweise gibt es in allen großen Weisheitstraditionen Übungsformen, durch die, mit erheblicher Mühe, Männer ein wenig aufschließen können.
Ich bin kein Freund von "Übungsformen". Und auch nicht unbedingt von "Weisheitstraditionen". Manche können zwar wirklich weise sein, aber viele sogenannte "Weisheitstraditionen" sind an Glaubenssätze gebunden und somit ein Lehre. Jede Lehre ist menschengemacht und somit ein gedankliches Konstrukt. Deshalb ist es dann oft gar keine "Weisheit", sondern ein gedankliches Machwerk. Trifft sicher nicht auf alle zu, aber doch auf sehr viele.
"Übung" klingt nach harter Arbeit, nach langem Training. Gut, ich gebe zu, dass man u.U. auch damit --- wenn man Glück hat --- zu einem Ergebnis kommen kann. Aber ich zweifle es eher an. Viel mehr Erfolg verspricht die Einsicht, das Verstehen. Und dazu braucht man die Gabe der Beobachtung. Die Gabe des genauen Hinhörens und Hinsehens. Und noch wichtiger: Das Zurücknehmen der eigenen Wünsche, des übertriebenen Egoismus und ganz besonders der Erkenntnis, dass wir selbt (also unser unbedeutendes ICH) gar nicht so wichtig sind. Jedenfalls nicht wichtiger als jeder andere Mensch. Ja, nicht einmal wichtiger als ein Baum, ein Tiere, ein Felsen. Wenn wir zu dieser Erkenntnis kommen, dann haben wir schon gewonnen. Dann brauchen wir keine "Übung" mehr. Besser wäre, Lernen durch das Leben. Aber ein wenig Einsicht gehört dazu, sonst lernt man nichts.
Was ich hier schreibe, ist nur ein Anregung. Ich nehme für mich nicht in Anspruch, dass ich alles richtig mache. Aber mein Leben und meine Beziehung und auch mein Glück, das ich täglilch erleben kann, lehren mich, dass ich richtig liege. Ob meine Philosophie auch für andere richtig ist, würde ich wünschen und hoffen und ich
glaube auch, dass sie richtig ist, aber ich weiss es nicht.
Schöne Grüße
Werner