Wer verlangt eigentlich, daß der gläubige Christ das 'Vater Unser' genau so immer wiederholt, wie es von der Kirche vermittelt wird. Wer hat denn schon mal die Urschrift gelesen? Gibt es die überhaupt?
Weil ich mich jahrelang mit dem Thema geplagt habe, bin ich eines Tages auf den Gedanken gekommen, daß ich mir mein Vaterunser etwas modifiziere
Das, was Du oben fragst, habe ich für mich so zurechtgedacht:
"und Führe uns in der Versuchung".
Liebe Rota,
eine gute Anregung von Dir, diese ganz anders interpretierte Satz.
Doch, liebe SchreiberInnen und LeserInnen in diesem Thread, ich frage mich immer wieder:
was ist denn eigentlich die Versuchung?
Nun hatte ich das ganze schon so passend mir selbst erklärt und dachte, ich hätte es verstanden, hatte mich sogar schon mit der Wissenschaft versöhnt, fand sie doch gar nicht so ganz unnütz, gewann den Eindruck Spiritualität (was auch immer es genau bedeutet...) und Wissenschaft seien zu verbinden, könnten sich gar ergänzen - und dann diese offene Frage:
wie kommt das Böse in die Welt? Da ist von "kalten Psychopaten" die Rede, Menschen, die kein Mitgefühl empfinden, die kaltlächelnd ihre Opfer quälen, die keinerlei Schuld empfinden, die zu keiner Einsicht fähig sind. Ich kann es fast nicht glauben, dass das möglich ist.
Ich weiß, die Frage tauchte schon einmal auf in dem Thread von Chiron auf und ich wollte eigentlich etwas hier herüberkopieren, aber ich mache es doch nicht. Es war jedoch sehr interessant, noch einmal etwas in diesem spannenden Thread zu lesen.
Gut und Böse, Schuld und Unschuld, Täter und Opfer, Verursacher und Betroffene, Sünde und Sühne, Tat und Buße....irgendwie haben wir es ja auch in dem Thread nicht geschafft, das aufzulösen. Einfach nur Verstehen und Vergeben scheint nicht auszureichen. Lüge fehlte noch. Die kam zu kurz.
Auch der Spruch von Osho hilft mir nicht wirklich weiter. Wer braucht schon Sünder mit Zukunft? Und wer hat was von Heiligen mit Vergangenheit, die nicht zu ihr stehen - sie eben verleugnen? Vielleicht haben "Sünder" keine Zukunft als Sünder, wenn sie sich ihren "Taten" stellen, mutig genug ist, ihnen selbst ins Auge zu schauen und das auszuhalten? Vielleicht wäre ein Heiliger mit einer anerkannten und nicht geleugneten Vergangenheit weniger heilig in den Augen vieler, in den Augen anderer wäre er auch menschlicher, aber um so wahrhaftiger. Eher ein Vorbild einfach.
Irgendwo habe ich letztens gelesen, "Ihr sollt die Meister an ihren Früchten erkennen..." Das soll schon
so in der Bibel stehen Da scheint es eine Lücke zu geben, die nicht recht gefüllt wird. Sorry, das mag ja auch schon wieder ein Kränkung darstellen, aber ich will trotzdem meine Zweifel schreiben. Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht so für Gurus zu haben bin, habe ich trotzdem den Eindruck, Vorbilder fehlen ja schon zur Zeit.
Noch eine Aussage, die mir vor einiger Zeit über den Weg lief: das Gute bereichert den Kosmos und auch das Schlechte geht hinaus, es wird aber zurückgewiesen und ist das, was wir als Karma wieder gutzumachen haben.
Ist es denn als Menschen unsere einzige Aufgabe im Leben, das schlechte Karma wieder durch Gutes, Wahres und Schönes in Taten, Gedachtem und Gefühltem zu bereinigen? Und doch passiert in jedem Leben trotz bestem Willens doch wieder soviel Schlechtes? Ist Unterlassen die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen?
Freude und Leid stehen Seite an Seite. Mit einem Auge sehe ich die erlebte Freude und das Glück, mit dem anderen Stress, Belastung, Krisen und Traurigkeit. Und es ist unglaublich, aber es ist möglich, beides zugleich zu erleben und wahrzunehmen.
Und in der Mitte stehe ich und versuche immer wieder, mich an diese Mitte zu halten, wieder und wieder da anzukommen, darin so stabil zu stehen, dass ich die Ausschläge in die eine und in die andere Richtung bestehe (manchmal auch er-trage) und selbst, wenn es mich manchmal schier zu zerreißen droht, auch das ist nur ein Moment, der vorübergeht.
Lieber Gruß
LieberTee