Sucht, Geister und die Überwindung.
Hallo weissnicht,
Du schreibst es sehr schön und ich kann jetzt, so glaube ich zumindest, besser verstehen, was Du meinst.
Gier zu verstehen ist wichtig um die Liebe zu verstehen,so wie auch der Wechsel von Licht/Dunkelheit notwendig ist um Klarheit über das Licht zu erfahren.
Also ziehe nichts vor.
Meinst Du damit, nichts zu bewerten? Dass auch die Gier vorkommt und dazu da ist, um (immer wieder) zu erkennen, um daraus zu lernen, was die Liebe bedeutet?
Was klassische Liebe ist, das weiss ich nicht.
Ich wußte nicht, wie ich es besser ausdrücken sollte. Ich meine das, was als Liebe zwischen den Geschlechtern bezeichnet wird, oder als die Liebe zwischen Mann und Frau. Aber das ist nicht passend, weil es ebenso gleichgeschlechtliche Liebe, zwischen Mann und Mann und zwischen Frau und Frau gibt.
Auch die Bezeichnung Liebe eines Paares passt nicht, weil es auch andere Konstellationen gibt, zu dritt oder mehr (Das war z.B. bei den Inuit früher durchaus üblich, in anderen Kulturen sicher auch). Auch die Bezeichnung Liebe zwischen Partnern passt für mich nicht, weil das Wort Partnerschaft an Geschäftsbeziehung denken lässt. Liebe ist für mich keine Geschäftsbeziehung. Ich suchte nie einen "Partner". (Was ich aber anerkenne ist, das das Wort Partner zumindest das Objektsein verneint.)
Wenn mich die Liebe traf, dann suchte ich die/den Geliebte/n.
Die Liebe zwischen Liebenden wäre vielleicht der passendste Ausdruck, aber dennoch ungenau, denn Liebende sind wir auch in Beziehung zu Freunden, Kindern, Familie, Gruppe, Natur, Kunst, Musik.....zu allem möglichen, zu dem wir uns in Beziehung hinwenden.
In der Antike wurde unterschieden zwischen
Eros, welche der Seele Flügel wachsen läßt ("...Indem aber nun Nahrung zuströmt, schwillt und strebt aus der Wurzel hervorzukeimen des Gefieders Kiel um die ganze Gestalt der Seele...Es pocht und juckt und kitzelt sie, indem ihr das Gefieder keimt ... Wenn sie, ... diesen Liebreiz in sich aufnehmend, von jenem lösenden Wärmezug durchströmt wird, so erholt sie sich vom Schmerz und fühlt sich wohl. ...Unbekümmert aber um Bewahrung von Sitte und Anstand, womit sie sonst sich zierte, ist die Seele deswegen bereit ... so nahe als möglich bei dem Gegenstand ihrer Sehnsucht zu ruhen ... Diesen leidenschaftlichen Zustand ... heißen die Menschen Eros. (Platon, Phaidros)),
Philia ("gegenseitige Freundesliebe")und
Agape (als "eine bedingungslose, einseitige, befreiende, auf andere zentrierte Liebe", auch als Gottelliebe bezeichnet). Die Begrifflichkeit war vielleicht dadurch etwas klarer, wobei mit Eros bei Platon nicht nur die Erotik gemeint war, sondern das Schöpferische.., als “Metapher für Erneuerungs- und umfassende Schöpferkraft”.
Wie kann Liebe nicht in Ordnung sein?
Vielleicht, wenn sie nicht ausreicht, wenn sie bewertet wird, wenn sie für das Gegenüber anders sein soll, anders erwartet wird. Dann zweifelt sie an sich selbst, ist beschämt.
Liebe und Freiheit gehören zusammen, sie bedingen einander.
Wenn die Liebenden nicht besitzen wollen, nicht einmal die Liebe,
sich einander keine Vorschriften geben, wenn sie einander so akzeptieren können,
so wie sie sind, mit allen "Problemen" die mit jedem Partner kommen, dann kann die Beziehung von sex, verliebtsein, liebe, in Vertrauen und Furchtlosigkeit wachsen.
Erst dann ist in einer Beziehung Ewigkeit und Zeitlosigkeit eingetreten
und das ist das wonach wir wirklich suchen.
Es ist ganz sicher ein Wunder. Ich weiß, dass es Menschen gibt, denen so eine Gnade bestimmt ist. Es ist nicht allen bestimmt. Es gibt solche Beziehung, und sie sind ein Geschenk, dass nicht “erarbeitet” werden kann. Man kann sich wahrscheinlich nur bemühen, wenn man es erfährt, es zu würdigen und nicht zu mißachten und in der Achtlosigkeit zu verlieren.
Wenn sich das Vertrauen eingestellt hat, welches aus dem Akzetieren erwächst,
kann das tiefe Vertrauen auch nicht durch einen "Verrat" des Vertrauens gestört werden.
Gestört kann es werden, aber nicht zerstört, so sehe ich es. Liebe ist größer als alles, auch als Verrat.
Du magst vielleicht jetzt erkennen, das Liebe eine Evolution des Bewußtseins
bedeutet.
Wir können in der Liebe verschwinden und aufgehen, wer kann dann noch sterben?
In der universellen Liebe ist Verschmelzen oder auch das ozeanische Bewusstsein, ich habe davon gehört und kenne es auch. Ich habe es immer auch als Todessehnsucht erfahren.
Es ist auch eine Menschheitssehnsucht, hier auf Erden ist sie zum Teil sehr verführerisch, aber auch gefährliches. Sie drückt sich hier auch in Massenhysterie aus (siehe auch jüngste Vergangenheit), die leider auch aus dieser Sehnsucht geboren wird.
Im Eros liegt auch die Verschmelzung, aber auch wieder die Loslösung, Eros ist die Bedingung für alles Lebendige, Schöpferische. Das Erschaffen selber aber, geschieht nur in der Individualiät, im individuellen Wachstum, im Nicht-Vereint-sein, so sehe ich es. Es ist wie Ebbe und Flut, wie Geburt und Tod, wie die Jahreszeiten, wie säen und ernten, wie Atem. Verschmelzung und Loslösung gehören zusammen, es gibt keine Trennung, es gibt nicht nur das eine. Das eine ist ohne das andere nicht möglich.
Erst im nicht-vereint-sein kann ich den anderen als DU begreifen.
Ich mag die Sichtweise Martin Bubers: "Ich wähle Dich". Die Entscheidung ist dabei das Entscheidende. “Ich suche in dir mein Du - nicht mein Ich - und du suchst - dies ist aber keine Bedingung für meine Suche nach dir - in mir dein Du.” Das Wohlbefinden in der Liebe ergibt sich aus der Anerkennung, der bedingungslosen Akzeptanz.
Laß Deinen Kummer vollkommen zu, dafür gibt es Ursachen.
....
Sei aber nicht damit zufrieden nur das Gras abzuschneiden, die Wurzel muß auch raus.
Ich erkenne meinen Kummer an, ich schäme mich nicht dafür, also nehme ich ihn, wie er ist. Wenn ich aber die Wurzel des Kummers nicht erkenne, wie kann ich sie rausreißen? Ich versuche es ja schon mein Leben lang. Immer wieder.
Liebe Grüße
aurinko