So hoch angebunden würde ich die Diskussion eigentlich gar nicht unbedingt sehen.
Hier mal ein paar Gedanken von mir.
Mir geht es eigentlich mehr darum, dass offensichtlich durchaus etliche Eltern (meist Mütter) geradezu ihren Kindern im Weg stehen selbstständig zu sein. Manchmal habe ich das Gefühl, sie haben Angst davor, dann keine Aufgabe mehr zu haben.
Natürlich muss man immer überlegen, wozu ein Kind bereits in der Lage ist und wozu nicht. Selbstständigkeit aber unbedingt zu fördern, halte ich für extrem sinnvoll.
Folgende Situation: Das Kind mault, dass das Essen in der Schulspeisung nicht besonders schmeckt. Was wird nun passieren? Wird die Mutter nun alle Aktivitäten darauf ausrichten, nachmittags zum Zeitpunkt X ein dampfendes Essen auf dem Tisch stehen zu haben? Oder ist es nicht sehr viel sinnvoller, gemeinsam mit dem Kind zu überlegen, was es sich selbst kochen könnte, wenn es nach Hause kommt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Sohn sogar sehr willig selber kocht, vorher sich zum Teil sogar die benötigten Zutaten noch einkauft, die er dazu braucht. Er empfindet das eigentlich durchaus als Freiheit, selber entscheiden zu können, ob er sich nun heute Kartoffeln und Quark kocht oder morgen Nudeln oder umgekehrt. Dass immer was Vernünftiges gemacht wird, ist klar. In der Hälfte der Fälle isst er ohnehin in der Schule, weil es da gerade was gibt was schmeckt. Und wenn vom Wochenende was übrig ist, kann er sich das natürlich auch selber machen. Ich glaube, es würde ihn sogar nerven, wenn er schnurstracks nach Hause kommen müsste zum essen und nicht die Freiheit hätte, erst noch in der Schule in Ruhe seine Hausaufgaben zu machen.
Andere Situation: Zeitweilig ging es mir gesundheitlich gar nicht gut. Ich wollte aber meinem Kind alles ermöglichen, was es an Angeboten hier in der Stadt für ihn gibt, und was interessenmäßig in Frage kommt und nicht riskieren, dass das vielleicht mal nicht geht, weil ich ihn irgendwo nicht hinbringen kann. Ein Auto haben wir ohnehin nicht. Also brachte ich ihm frühzeitig bei, sich zunächst gemeinsam aber dann auch allein mit Bus und Straßenbahn in der Stadt zu bewegen. Inzwischen kennt er schon lange das Liniennetz in und auswendig. Wenn ich ihn jetzt mal frage, ob ich ihn irgendwohin bringen soll zu einem Treffpunkt, lehnt er meist dankend ab, es sei denn, es ist das erste Mal, dass er irgendwo hin muss. Er findet es gut, nicht auf Muttitaxis angewiesen zu sein. Ich kann nur den Kopf schütteln, wie manche Eltern sich mit Fahrdiensten bei den Kindern geradezu aufdrängen, bei Entfernungen, die ebensogut zu Fuß oder mit der Straßenbahn zu machen wären.
Ich glaube, man sollte den Kindern viel mehr zutrauen und sich viel weniger aufdrängen und sie damit unselbständig halten. Wenn mein Sohn jetzt mal sagen würde : "Mutti, kannst du mich vielleicht zu demTreffpunkt xy bringen" würde ich das natürlich machen, wenn ich gerade Zeit habe. Das ist dann aber eher eine Geste, dass wir zusammensein wollen, und nicht dass es sein muss, weil er es nicht allein kann. Und das ist mir sehr viel lieber als das künstliche Unselbständighalten zur Absicherung einer Lebensaufgabe von mancher Mutter.
Das soll keineswegs heißen, dass es uns an Nähe fehlen würde. Eher im Gegenteil. Wenn wir etwas zusammen tun, dann tun wir es freiwillig und mit wirklich großer Freude und das ist uns sehr viel wert. Das Gefühl zu haben, dass er aber auch ohne mich in vielen Dingen zurecht kommt, empfinde ich aber nur als erfreulich. Ich brauche nicht ständig das Gefühl, unbedingt dringend von ihm gebraucht zu werden, weil er anders nicht zurecht kommt.
Wie gesagt finde ich es viel sinnvoller, dem Kind kochen zu lernen als es täglich zu bekochen. Dass man natürlich auch mal selber kocht, wenn es sich gerade ergibt oder um dem Kind mit etwas besonderen eine Freude zu machen, ist da natürlich selbstverständlich.
So, jetzt könnt ihr auf mich als Rabenmutter loswettern
PS. Natürlich ist mir klar, dass im ländlichen Bereich es manchmal nicht ohne Auto geht, ich denke, dass aber trotzdem erkennbar ist, in welche Richtung meine Beispiele gehen sollen.