Da der Multiplen Sklerose (MS) vermutlich eine Autoimmunreaktion zu Grunde liegt, bei der bestimmte Bestandteile der Nerven fälschlicherweise als fremd interpretiert und bekämpft werden, suchen Ärzte bei der Diagnose unter anderem nach Hinweisen auf diese Abwehrreaktion. Ein Nachweis dieser Entzündung das Zentralnervensystems (ZNS) ist heute zwar im Blut noch nicht möglich, doch häufig lassen sich Auffälligkeiten in der Flüssigkeit finden, die Gehirn und Rückenmark umfließt.
So sind in dem normalerweise durchsichtigen, auch Liquor genannten Nervenwasser bei Vorliegen einer MS oft die Immunzellen leicht bis mäßig vermehrt. Zudem kommt es zu einer gesteigerten Produktion bestimmter Antikörper (Immunglobulin G), die aussagekräftiger ist. Die „Waffen" der Immunzellen stellen sich als spezifische Banden dar, wenn die Eiweiße des Nervenwassers im Labor aufgetrennt und sichtbar gemacht werden. Diese oligoklonalen Banden lassen sich bei MS-Patienten häufig nachweisen. Nur selten findet man sie ohne erkennbare Beziehung zu einem Krankheitsprozess.
Doch die Veränderungen des Nervenwassers können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und auch völlig fehlen. Denn die entzündlichen Reaktionen laufen vor allem während der MS-Schübe sowie dem Fortschreiten der Erkrankung ab und bilden sich in den stabilen Phasen oft wieder zurück. Ist ein Schub bereits mit Kortison anbehandelt, sinkt die Trefferquote dieser Untersuchung. Zudem weisen die oligoklonalen Banden nur allgemein eine Entzündung im ZNS nach – die Ursache muss keine MS, sondern könnte beispielsweise auch eine Infektion sein. Daher stellt auch die Liquor-Untersuchung nur einen weiteren Baustein bei der Diagnose der MS dar, die unter Berücksichtigung anderer Untersuchungsergebnisse interpretiert werden muss.