Herbst-Gedichte

Herbst

@ Anne: Der meteorologische Herbstanfang ist der 1. September...


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Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

Christian Friedrich Hebbel
 
Der "metereologische" Herbst

beginnt - im Gegensatz zum kalendarischen - schon am 1. September.

Eins meiner liebsten (und ich schließe mich den Grüßen für Leòn an):

Ich sah des Sommers letzte Rose steh'n,
Sie war, als ob sie bluten könne, rot;
Da sprach ich schauernd im Vorübergehn:
So weit im Leben ist zu nah am Tod!

Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
Nur leise strich ein weißer Schmetterling;
Doch ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
Bewegte, sie empfand es und verging.

Friedrich Hebbel
 
Herbst

Wir haben mal wieder den gleichen Geschmack, uma
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Bertolt Brecht (1898-1956)

Alljährlich im September, wenn die Schulzeit beginnt
Stehen in den Vorstädten die Weiber in den Papiergeschäften
Und kaufen die Schulbücher und Schreibhefte für ihre Kinder.
Verzweifelt fischen sie ihre letzten Pfennige
Aus den abgegriffenen Beutelchen, jammernd
Daß das Wissen so teuer ist. Dabei ahnen sie nicht
Wie schlecht das Wissen ist, das für ihre
Kinder bestimmt wird.
 
Herbst

Verklärter Herbst

Gewaltig endet so das Jahr
Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
Rund schweigen Wälder wunderbar
Und sind des Einsamen Gefährten.

Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
Gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.

Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Kahn den blauen Fluß hinunter
Wie schön sich Bild an Bildchen reiht -
Das geht in Ruh und Schweigen unter.

Georg Trakl
 
Zuletzt bearbeitet:
Herbst

Herbstgefühl

Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,
Reichstes Leben ohne Grenzen,
Alles steigernd, nirgends stockend.
Selbst die kühnsten Wünsche lockend:
Ja, da kann ich wohl zerfließen,
Aber nimmermehr genießen;
Solche Flügel tragen weiter
Als zur nächsten Kirschbaum-Leiter.
Doch, wenn rot die Blätter fallen,
Kühl die Nebelhauche wallen,
Leis durchschauernd, nicht erfrischend,
In den warmen Wind sich mischend:
Dann vom Endlos-Ungeheuren
Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren,
Und in einer ersten Traube
Sieht die Frucht der Welt mein Glaube.

Christian Friedrich Hebbel

www.nationalpark-hainich.de/media/bilder/Landschaft/Wald_Herbst_1.jpg
 
Herbst

Oskar Wilde

Als ich das Dies Irae in der Sixtinischen Kapelle hörte

Nein, Gott, nicht so! Lenzfrohes Knospenspringen,
Olivenhain, der Taube Silberbrust
Zeigt klarer deiner Liebe Sein und Macht
Als Flammenschreck und Donnerkeulenschwingen.

Die roten Reben dein Gedenken bringen;
Ein Vogel, der des Abends westwärts fliegt,
Sagt mir von Ihm, den niemals Rast gewiegt;
Von dir, ich weiß es, alle Vögel singen.

Nein, komm nicht so! Komm in des Herbsttags Stille,
Wenn rot und braun entflammt die Blätter sind
Und über Wäldern echot Schnittersang.

Komm, wenn des runden Mondes Glanz und Fülle
Auf goldne Ährenbündel nieder rinnt,
Und ernte deine Frucht: wir harrten lang.

Oscar Wilde
 
Herbst

Knarren eines geknickten Astes

von Hermann Hesse

Splittrig geknickter Ast,
Hangend schon Jahr um Jahr,
Trocken knarrt er im Wind sein Lied,
Ohne Laub, ohne Rinde,
Kahl, fahl, zu langen Lebens,
Zu langen Sterbens müd.
Hart klingt und zäh sein Gesang,
Klingt trotzig, klingt heimlich bang
Noch einen Sommer,
Noch einen Winter lang.
 
Herbst

Herbst

Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.

Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!

Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.

Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.

Und es leuchten Wald und Heide,
Daß man sicher glauben mag,
Hinter allem Winterleide
Lieg' ein ferner Frühlingstag.


Theodor Storm
 
Herbst

Indian Summer.
Again the leaves come fluttering down,
Slowly, silently, one by one__
Scarlet, and crimson, and gold, and brown,__
Willing to fall, for their work is done.

And once again comes the dreamy haze,
Draping the hills with its filmy blue,
And veiling the sun, whose tender rays
With mellowed light come shimmering
through.

Softly it rests on the sleeping lake
This filmy veil__and the distant shore,
Fringed with tangles of bush and brake,
Shows a dim blue line and nothing more.

The winds are asleep, save now and then
Some wandering breeze comes stealing by,
Softly rises, then sinks again,
And dies away like an infant's sigh.

You feel the spell of these dreamy days
I know__for your heart is in tune with
mine.
You love the stillness, the tender haze;
I know for your thoughts with my own
entwine.

But this dreamy calm, this solemn hush,
The sleeping winds, and the mellow glow,
Only foretell the tempest's rush,
The icy blast, and the whirling snow.

We__you and I must bow to the frost,
When our locks are white with its hoary
kiss;
Our last rose scattered, its petals lost;
May our Indian Summer be calm__like this.
__Ellen P. Allerton

https://skyways.lib.ks.us/poetry/walls/index.html
 
Herbst

Durchblick ins Seetal

Zwischen grau behaarten Fichtenzweigen,
Zwischen roten rauhen Kiefernästen,
Blauen Zedern, die sich würdig neigen,
Zwischen Lindenstämmen mit den Resten
Gelben Laubes sinkt der Blick hinunter,
Berghinab durch klamme Perspektiven
In des Seetals freundlich-ferne Tiefen.
Sanft scheint alles dort und dennoch bunter,
Glasig schwebt der See, der licht umsäumte,
Dörfer lächeln hell mit sonnigen Dächern,
Felder wie von Malergeist geträumte
Farbenfolgen breiten sich in Fächern.
Selig scheint dies Tal und ohne Schatten,
Fest zugleich und luftig gleich Kristallen,
Festlich ordnen Dörfer, Haine, Matten
Sich ins Bild, es scheint um Wohlgefallen,
Scheint um Schönheit einzig hier zu gehen,
Um den Reigen bunt getönter Lichter:
Spielzeug einem Maler oder Dichter,
Scheint die Welt aus Licht nur zu bestehen,
Das sich selbst erlebt, sich selbst gestaltet.
Uns bezaubern Bühne und Kulissen,
Und wir weigern uns vom Leid zu wissen,
Das auch diese holde Welt durchwaltet.

Hermann Hesse

www.ludorff.com/pics/hesse/baumgruppes.jpg
 
Herbst

Johann Gaudenz Frhr. v. Salis-Seewis "Herbstlied" 1782,
zuerst gedruckt im Vossischen Musenalmanach für 1786

1. Bunt sind schon die Wälder,

Gelb die Stoppelfelder,
Und der Herbst beginnt.
Rote Blätter fallen,
Graue Nebel wallen,
Kühler weht der Wind.
2. Wie die volle Traube
Aus dem Rebenlaube
Purpurfarbig strahlt!
Am Geländer reifen
Pfirsiche, mit Streifen
Rot und weiß bemalt.
3. Flinke Träger springen,
Und die Mädchen singen,
Alles jubelt froh!
Bunte Bänder schweben
Zwischen hohen Reben
Auf dem Hut von Stroh.
4. Geige tönt und Flöte
Bei der Abendröte
Und im Mondesglanz;
Junge Winzerinnen
Winken und beginnen
Frohen Erntetanz.




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religiöse Zusatzstrophen: Herbst, Erntedank, Schöpfung
© Gerhard Fleischer 4. Wer ließ alles sprießen
Auf den Äckern, den Wiesen,
Wer gab Wachstum und Saft ?
Er schuf alles Leben
In dem Korn, in den Reben;
Leben ist seine Kraft.

5. Du willst alles hegen,
Schützen, bewahren und pflegen,
Alles hast Du bedacht.
Du läßt keimen, sich regen,
Du schenkst Sonne und Regen,
Du Herr, des Lebens Pracht.
6. Aus den reifen Feldern,
Aus den tiefsten Wäldern
Klingt ein voller Klang:
Du gabst Licht und Wärme,
Du schenkst reiche Ernte;
Dir Herr, sei Lobgesang !

7. Und an jedem Morgen
Scheuchst du unsere Sorgen
In den Himmel hinaus.
Himmelblau und Helle,
Berge, Meereswelle,
Alles ist Dein Haus !


8. Geige tönt und Flöte
In der Abendröte.
Herr wir bringen Dir Dank.
Eh' wir es begreifen
Läßt Du alles reifen;
Dir, Herr sei unser Dank !


https://ingeb.org/Lieder/buntsind.html
 
Herbst

Abend im Frühherbst
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von Marie - Luise Weißmann


Weit ausgegossen liegt das breite Land.
Der Himmel taucht den Scheitel noch ins Licht,
Doch seitlich hebt gelassen eine Hand
Die dunkle Maske Nacht ihm ins Gesicht.
images.google.de/images?q=tbn:NiudKMZFoaHP5M:http:
Viel fette Lämmer weiden auf der Flur,
In Gärten steht das Kraut in seiner Fülle,
Herbstwälder ziehn als eine goldne Spur,
Am Baum die Frucht glänzt prall in ihrer Hülle.
www.nfv.de/news/newsbild/waage.jpg
Es ist der letzte dieser kurzen Tage:
All Ding steht reif und rund und unbewegt
Schwebend in sich gebannt wie eine Waage,
Die Tod und Leben gleichgewichtig trägt.


https://www.wortblume.de/dichterinnen/weiss56.htm
 
Herbst

Wunderschön ... - Was ist das für ein Gewässer, Leòn? Da würde ich jetzt auch gerne auf einer Bank sitzen und ins Wasser schauen....

Gruss,
Uta
 
Herbst

Herbst
Astern blühen schon im Garten;
Schwächer trifft der Sonnenpfeil
Blumen, die den Tod erwarten
Durch des Frostes Henkerbeil.

Brauner dunkelt längst die Heide,
Blätter zittern durch die Luft.
Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt im blauen Duft.

Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.

Detlev von Liliencron
 
Herbst

Im Herbst bei kaltem Wetter
fallen vom Baum die Blätter
Donnerwetter,
im Frühjahr dann,
sind sie wieder dran -
sieh mal an.

Heinz Erhardt

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Herbst

www.ard.de/-/id=336610

Pflaumenregen
www.kbs.uni-hannover.de/~kristina/Eigene%20Bilder/Homepage/pflaumen.jpg
(Friedrich Güll)


Es steht ein Baum im Garten
von Pflaumen voll und schwer.
Die Kinder drunten warten
und lauschen ringsumher:
Ob nicht der Wind ihn rüttelt
und all die Pflaumen schüttelt,
daß alle purzeln kreuz und quer.

Da horcht, wie's rauscht und rappelt!
Im Wald wacht auf der Wind.
Schon zischelt er und rappelt
und trappelt her geschwind,
und wiegt und biegt die Äste,
dass fast in ihrem Neste
die Finken nimmer sicher sind.
Nun fällt ein Pflaumenregen,
der aber macht nicht nass.
Im Gras herumzufegen,
ist da der größte Spaß.
O Wind, o Wind, o rüttle,
o Wind, o Wind, o schüttle,
wir krapsen ohne Unterlass.
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Herbst

Der Herbst beginnt...


(Maria Muschka)

Der Herbst beginnt,
schon saust der Wind
und treibt die Vöglein fort.
Wohin, wohin?
Sie alle ziehn an einen
wärmern Ort.
Der Herbst beginnt,
schon bläst der Wind
die Blätter von dem Baum.
Die Blümelein,
sie schlafen ein
und nicken noch im Traum.
 
Herbst

Mmhhh - León - leckere Pflaumen
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...


Frühherbst

Die Stirn bekränzt mit roten Berberitzen
steht nun der Herbst am Stoppelfeld,
in klarer Luft die weißen Fäden blitzen,
in Gold und Purpur glüht die Welt.
Ich seh hinaus und hör den Herbstwind sausen,
vor meinem Fenster nickt der wilde Wein,
von fernen Ostseewellen kommt ein Brausen
und singt die letzten Rosen ein.
Ein reifer roter Apfel fällt zur Erde,
ein später Falter sich darüber wiegt -
ich fühle, wie ich still und ruhig werde,
und dieses Jahres Gram verfliegt.

Agnes Miegel (1879-1964)


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Herbst

Köstliche Früchte...
Und hier ein ganz anderes Herbst-Lied:

Stephanie von Goßlar
Das erste weiße Haar
Was sehe ich? Ein silberweißes Fädchen
Sich heimlich in das Scheitelhaar mir flicht!
Ich bin ja noch kein alterswelkes Mädchen,
Du kleiner Störenfried, ich brauch´ dich nicht.
Ich fühle noch die Lebenslust des Falters,
Der frohbeschwingt um duft´ge Blüten schwirrt;
Du stummer Bote leise nah´nden Alters,
Hinweg mit dir, du hast dich wohl geirrt!

Und doch, und doch - wie ich im Sinnen stehe
Und blicke auf mein erstes weißes Haar,
Da fühl´ ich mit geheimem Abschiedswehe:
Mein Frühling ging und auch der Sommer - war.
So weht im farbenbunten Gartenreiche
Vom Baume leis das erste gelbe Blatt;
So sagt die Flocke uns, die schwanengleiche,
Daß nun der Winter Kron´ und Zepter hat.

Mein Lebensschifflein wurde bis zur Stunde
So sanft gelenkt, so gnadenreich bewahrt;
Nun gibt das erste weiße Haar mir Kunde,
Daß hinter mir schon eine lange Fahrt.
Vor meinem Geiste tauchen auf die Ufer,
Die mich begrüßt, beglänzt vom Morgenrot -
Die Stürme hör´ ich noch, die wilden Rufer,
Die Klippen seh ich, die mir einst gedroht.

Vorbei, vorbei! Die Welle scheucht die Welle
Und durch ihr Rauschen tönt´s: "Vergänglichkeit©¯.
Doch drüben steht in ewigtreuer Helle
Der Stern der göttlichen Barmherzigkeit.
Das schönste Erdenglück für flüchtig achten
Und nach den Gütern, die unwandelbar,
Mit freud´gem Mut, von ganzem Herzen trachten,
Das lehre mich mein erstes weißes Haar!
 
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