Niedersachsen gründet MRSA-Netzwerk

Bakterien, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken, werden in Kliniken und Arztpraxen zunehmend ein Problem. Besonders schwer zu bekämpfen, ist ein hartnäckiger, anitbiotikaresistenter Ableger eines alltäglichen Hautkeims, der so genannte Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, kurz: MRSA. Bei Krankheit, Verletzung und körperlicher Abwehrschwäche kann der Keim sogar tödlich werden.
Um die Verbreitung des Keims einzudämmen, hat sich am 19.03.09 das niedersachsenweit erste regionale MRSA-Netzwerk gegründet. Zehn Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Bereiche des Gesundheitswesens haben im Haus der Region eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Ziel ist, durch Kooperation und Koordination einen Austausch von MRSA zwischen den Einrichtungen zu verhindern und die MRSA-Infektionen insgesamt zu verringern.
Am Netzwerk beteiligt sind der Fachbereich Gesundheit der Region Hannover, die Apothekerkammer Niedersachsen, die Ärztekammer Niedersachsen - Bezirksstelle Hannover -, das Clementinenhaus, die Diakonischen Dienste Hannover, die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen - Bezirksstelle Hannover -, das Klinikum Region Hannover, die Medizinische Hochschule Hannover, die Techniker Krankenkasse - Landesvertretung Niedersachsen - und das Vinzenzkrankenhaus.

Weitere Infos: www.presseecho.de/firmenintern/PB249111.htm
 
Deutscher Bundestag Drucksache 16/11660 16. Wahlperiode 21. 01.2009

Antrag
der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Katja Kipping, Kersten Naumann, Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.
Krankenhausinfektionen vermeiden – Multiresistente Problemkeime wirksam bekämpfen

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Es gibt in Deutschland sehr viele vermeidbare Infektionen, die aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes ausgelöst werden. Die Bundesregierung trägt eine Mitverantwortung, unhygienische Zustände in den Krankenhäusern zu beenden.
In Deutschland erleidet etwa jeder 20. bis 30. Patient in einem Krankenhaus eine Krankenhausinfektion (nosokomiale Infektion). Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes geht bei 16,9 Millionen (2006) Patienten von 500 000 bis 800 000 Infektionen jährlich (1) aus und etwa 20 000 bis 40 000 (2,3) Patienten sterben daran. Damit ist die im Krankenhaus erworbene Infektion die mit Abstand häufigste Form ernsthafter Infektionskrankheiten in Deutschland. Es müssen daher nachhaltige Anstrengungen unternommen werden, um diese Zahlen zu senken.
30 bis 50 Prozent3 dieser Infektionen sind durch das Einhalten einfacher und bekannter Regeln der Hygiene vermeidbar. Empirische Beispiele aus angrenzen- den Staaten zeigen, dass auch noch deutlich geringere Infektionszahlen erreich- bar sind.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
a) zu prüfen, auf welchem Weg sie folgende Ziele am besten erreichen kann und die notwendigen Schritte zu einer erfolgreichen Eindämmung der Krankenhauskeime zu unternehmen:
1. Wirkungsvolle verbindliche Regelungen, um mit den bekannten, geeigneten Maßnahmen Infektionen nicht nur zu einem zu späten Zeitpunkt zu erfassen und zu heilen, sondern sie durch Präventionsmaßnahmen bereits in ihrer Entstehung zu verhindern,
2. die Einsetzung von Ärztinnen und Ärzten für Hygiene und Hygienefachkräften in Krankenhäusern in allen Bundesländern gemäß dem Vorbild von Berlin, Sachsen und Bremen,
3. die Befähigung des Fachpersonals der Gesundheitsämter durch personelle Aufstockung und Qualifizierung, um deren Aufsichtspflicht besser zu gewährleisten,
4. die konsequente Umsetzung der bestehenden Richtlinie des Robert Koch- Instituts zur Prävention von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus);
b) dafür Sorge zu tragen, dass die Einführung und Etablierung von wirksamen Präventionsstrategien und -maßnahmen gegen Krankenhausinfektionen für die Krankenhäuser auch betriebswirtschaftlich sinnvoll sind, damit es nicht zum Verzicht auf derartige Investitionen kommt;
c) eine Meldepflicht für MRSA und ggf. andere gefährliche Krankenhauskeime einzuführen;
d) bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen auch die Beispiele erfolgreicher europäischer Nachbarländer heranzuziehen.

Berlin, den 21. Januar 2009
Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung
Hunderttausende der im Krankenhaus erworbenen Infektionen sind vermeidbar. Bei diesen Patienten wird der Krankenhausaufenthalt um 5,7 bis 23,7 Tage verlängert (4).
Geht man in einer Beispielrechnung davon aus, dass 400 000 Patienten 10 Tage zusätzlich im Krankenhaus verbleiben, ergibt dies 4 Millionen vermeidbare Pflegetage. Das Robert Koch-Institut geht von ca. 2 Millionen Pflegetagen aus. Bei mittleren Kosten von 750 Euro pro Tag bedeutet dies also vermeidbare Kosten von 1,5 bis 3 Mrd. Euro.
Hinter diesen Zahlen verbergen sich zum Teil katastrophale Einzelschicksale. Vor allem Patienten mit einem relativ schwachen Immunsystem sind betroffen, also oft Neugeborene und ältere Menschen. In zahlreichen Bundesländern wurden trotz wiederholter Appelle, immer noch keine Krankenhaushygiene- Verordnungen verabschiedet, die dringend notwendig wären.
Die Einsetzung von Ärzten für Hygiene und von Hygienefachkräften in Krankenhäusern ist erforderlich, um die geeigneten und fortlaufend an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassenden Maßnahmen in den Krankenhäusern zu etablieren, zu überwachen und um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Maßnahmen herzustellen. Ansonsten werden leicht vermeidbare Infektionen weiterhin schwerste Schäden anrichten.
Staphylococcus aureus (S. aureus) ist der wichtigste im Krankenhaus erworbene Krankheitserreger, der lange Zeit durch Antibiotika zu therapieren war. 1990 betrug der Anteil von MRSA gegenüber den Methicillin-sensiblen S. aureus (MSSA) an allen Staphylococcus-aureus-Isolaten in Deutschland etwa 1,7 Prozent, 10 Jahre später regional bis 15 Prozent und gegenwärtig durchschnittlich bei 22 Prozent (5).
Der Anteil von S. aureus an allen Krankenhausinfektionen beträgt 40 Prozent, also bis zu 320 000 Fälle pro Jahr. Ein Ende des Anstiegs der MRSA-Keime ist bei den derzeit tatsächlich getätigten Maßnahmen nicht absehbar.
MRSA-Infektionen sind mit
– verlängertem Krankenhausaufenthalt und hierdurch bedingten erheblichen Mehrkosten,
– einem höheren Krankheits- und Sterberisiko und
– höheren Kosten für die Antibiotikatherapie verbunden.
Mit dem Auftreten von MRSA ergeben sich neben schweren Krankheitsbildern erhebliche ökonomische Belastungen. Bei einem mit MRSA kolonisierten/oder infizierten Patienten ergeben sich etwa 3 000 bis 10 000 Euro an zusätzlichen Kosten.
Derzeit ist es leider so, dass sich eine wirkungsvolle Strategie der Krankenhäuser gegen Krankenhauskeime betriebswirtschaftlich nicht lohnt und daher nicht erfolgt. Ist z. B. eine MRSA-Infektion eines Patienten erst einmal erkannt, wird es teuer für das Krankenhaus. Daher wird oft erst gar nicht auf MRSA untersucht.
Es handelt sich hierbei um eines der gravierendsten Probleme des öffentlichen Gesundheitsschutzes.
Das Vorbild Dänemarks zeigt jedoch eindrucksvoll, dass eine national einheitlich durchgesetzte Präventionsstrategie die Ausbreitung von MRSA drastisch zu reduzieren vermag.
Aufgrund der praktisch zeitgleichen Durchsetzung einer ähnlichen Strategie seit Anfang der 70er Jahre in den Niederlanden konnte dort das Vorkommen von MRSA bis zum jetzigen Zeitpunkt auf unter 1 Prozent begrenzt werden.
In Deutschland hingegen ist weiterhin ein europaweit überdurchschnittlicher Anstieg von MRSA zu verzeichnen.
Hinzu kommt, dass die verbleibenden noch wirksamen Antibiotika (z. B. Vancomycin) z. T. für die Patienten höhere Belastungen bringen als die nicht mehr wirksamen.

1 Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 8, Nosokomiale Infektionen.
2 Die nosokomiale Infektion als Todesursache. Gesundheitswesen 56 (1994) 122–125 Inst., Zastrow KD, Schöneberg I.
3 Delveloping quality of care through information system (Worning, Anne Maruie, Mertens, Ralf (WHO/ Europe) Journal of healthcare materiel management Jan/Feb 1991.
5 European Antimicrobial Resistance Surveillance Study.Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Telefax (02 21) 97 66 83 44 ISSN 0722-8333

Quelle: Deutscher Bundestag 21.01.2009
 
Nach dem Vorstoß der Bundestagsfraktion der Linken reagierte der G-BA mit folgender Mitteilung:

Qualitätssicherung G-BA plädiert für nationale Strategie gegen Krankenhausinfektionen „Bestehende Qualitätssicherungs-Maßnahmen kontinuierlich verbessern“

Siegburg/Berlin, 25. März 2009 – Anlässlich der heutigen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages zum Antrag der Fraktion Die Linke zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen hat sich das Unparteiische Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Dr. Josef Siebig, für eine umfassende nationale Strategie im Kampf gegen Krankenhausinfektionen ausgesprochen. „Zum Regelungsbereich des G-BA zählen hier zwar nicht Primärmaßnahmen wie etwa Screenings, systematischer Antibiotika-Einsatz oder die Ausgestaltung der Behandlung von nosokomialen Infektionen. Allerdings wird der G-BA im Bereich der mittelbaren Maßnahmen seinen Beitrag leisten, das Problem der multiresistenten Krankenhauskeime mittel- und langfristig besser in den Griff zu bekommen. Die bereits bestehende Qualitätssicherung sollte kontinuierlich verbessert werden“, sagte Siebig, der auch Vorsitzender des zuständigen G-BA-Unterausschusses ist, am Rande der Anhörung in Berlin. „Derzeit erarbeitet der G-BA ein sektorenübergreifendes Konzept, das sich mit der Erfassung und Bewertung von nosokomialen Infektionen beschäftigt, die bestehenden rechtlichen Vorgaben berücksichtigt und eine Doppelerfassung vermeidet. In dieses Verfahren soll neben der Prävention und Erfassung der Infektionen auch die Erreger und Resistenzen gemäß Infekti-onsschutzgesetz sowie die Antibiotika-Strategie des BMG (DART) einbezogen werden.“ Im stationären Bereich sei zudem die Nutzung und Integration des Verfahrens in das bestehende BQS-Verfahren aber auch in andere Verfahren wie etwa OP-KISS oder AMBU-KISS vorgesehen. Die durch den G-BA definierte externe stationäre Qualitätssicherung ermöglicht derzeit insbesondere die Erhebung von postoperativen Infektionen in insgesamt 25 Leistungsbereichen. Dabei wird nicht nur der Bereich von Wundinfektionen sondern zum Teil auch die allgemeine Krankenhausinfektion etwa bei Harnwegsinfekten betrachtet. Bei überdurchschnittlichen Häu-fungen von Infektionen besteht die Möglichkeit des strukturierten Dialogs, der zu einer individuellen Verbesserung der Qualität der einzelnen Krankenhäuser beiträgt. In einigen Leistungsbereichen muss die Zahl der postoperativen Wundinfektionen in den Qualitätsberichten veröffentlicht werden, um für die Allgemeinheit Transparenz hinsichtlich der Infektionsraten zu schaffen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV übernommen werden. Rechts-grundlage für die Arbeit des G-BA ist das fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetzte vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend. Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.

Weitere Informationen finden Sie unter Gemeinsamer Bundesausschuss
 
Kampf gegen Infektionen: Bessere Ausstattung der Kliniken gefordert

Berlin – Um Infektionsrisiken im Krankenhaus einzudämmen, fordert die Bundesärztekammer (BÄK) eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Kliniken. „Untersuchungen belegen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Personalbesetzung in den Krankenhäusern und Krankenhausinfektionen besteht“, erklärte BÄK-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe heute anlässlich einer Anhörung zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die hohe Arbeitsbelastung, der damit verbundene Zeitmangel und die zunehmenden Dokumentationspflichten führen laut den Untersuchungen dazu, dass viele Klinik-Beschäftigten Widerstände gegen Maßnahmen zur Infektionsprävention aufbauten. Dies zeige der Empfehlungsentwurf der Krankenhaushygiene-Kommission des Robert-Koch-Instituts.
Auch eine Erweiterung der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz sei laut BÄK nur sinnvoll, wenn die Möglichkeiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes finanziell gestärkt würden, um Krankenhausinfektionen zu verhüten und zu bekämpfen. „Mit den derzeitigen Personalressourcen sind diese Aufgaben nicht zu erfüllen“, so Hoppe.
Quelle: aerzteblatt.de, 25.März 2009-03-26
 
MRSA-resistente Patientenarmbändern zur Patientensicherheit und Patienten-Identifikation

MAKRO IDENT - In deutschen Kliniken werden pro Woche ungefähr 1220 fehlerhafte Operationen durchgeführt. Bis zu 16.000 Patienten sterben jährlich durch falsche Medikation. Patientenarmbänder dienen der Sicherheit jedes Patienten und der positiven Kontrolle für das Krankenhauspersonal und des behandelnden Arztes. Es sollen hierbei Fehlmedikationen und Fehlbehandlungen auf ein Minimum reduziert werden.

Das Risiko, an Kunst- und Behandlungsfehlern im Krankenhaus zu sterben zählt mittlerweile zu den zehn häufigsten Todesarten - noch vor Aids und Brustkrebs. Die meisten Behandlungsfehler in den Kliniken sind keine spektakulären Fälle, wie falsch amputierte Beine oder Lungenflügel, sondern die "kleinen Unzulänglichkeiten im Alltag". Dazu zählen Verwechslungen von Namen, Medikamenten oder der richtigen Dosis.
Mögliche Verwechslungen entstehen bei Operationen, Transfusionen, bei der Medikamentenvergabe, Verlegung auf andere Stationen, Durchführung von Reha-Maßnahmen oder bei sonstigen medizinischen Maßnahmen. Die Folgen der Fehler und Verwechslungen können schlimmstenfalls zum Tod eines Patienten führen, wobei das Personal oder der Arzt mittlerweile zur Rechenschaft gezogen werden kann. Mit Patientenarmbändern wird eine eindeutige Identifizierung des Patienten hergestellt, so daß Behandlungsschritte und Medikation genau verfolgt und verabreicht werden.

Die Patientenarmbänder, die bei MAKRO IDENT erhältlich sind, wurden zusätzlich mit einer antimikrobiellen Oberfläche hergestellt. Diese schützen wirksam vor MRSA-Erregern (Methicillin-resistenter Staphylococcus-Aureus) vom Typ II, Typ III und Typ IV. Die Beschichtung der Patientenarmbänder außerdem resistent gegen S. aureus, P. aeruginosa und E. coli-Bakterien, drei der Hauptverursacher von Krankenhausinfektionen.

Quelle: News4Press.com, 26.03.2009
 
Resistente Erreger am besten mit "Search and Destroy" bekämpfen

Gesundheitsausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/DLE) Die Stoßrichtung sei gut, aber vieles wurde schon geregelt: Das sagten die Experten bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses zu einem Antrag der Fraktion Die Linke (16/11660) am 25. März 2009. Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung darin auf, verstärkt Präventionsmaßnahmen gegen Krankenhausinfektionen zu ergreifen. Den Schwerpunkt sieht die Fraktion dabei im Kampf gegen den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), der besonders häufig auftritt und nicht mit üblichen Antibiotika heilbar ist.
Nach Auskunft mehrerer Experten gibt es pro Jahr etwa 400.000 bis 600.000 Krankenhausinfektionen in Deutschland; 20 bis 30 Prozent davon seien vermeidbar. Als besonders vorbildlich in der Vermeidung von Krankenhausinfektionen gelten die Niederlande, wo nach Auskunft von Hajo Grundmann MRSA nur ein Prozent aller Infektionen mit Typen von Staphyloccucus ausmache (im Gegensatz zu 22 Prozent in Deutschland nach Angaben der Fraktion Die Linke.) Die so genannte "search and destroy policy" dort verhindere erfolgreich die Wiederansteckung von Patienten im Krankenhaus. Auch Alexander W. Friedrich, der das niederländische Konzept in abgewandelter Form in Krankenhäusern im Münsterland anwendet, empfahl diese Praxis für die Prävention von Krankenhausinfektionen mit MRSA.
Grundsätzlich waren die Experten nicht der Ansicht, dass Ärzte in den Krankenhäusern zu wenig Wissen über Hygiene hätten. Dennoch forderte Klaus-Dieter Zastrow, genauso wie die Vertreter des Berufsverbandes Deutscher Hygieniker e.V., mehr Fachärzte für Hygiene in den Krankenhäusern, um das Bewusstsein für das MRSA-Problem zu steigern. Herbert Weisbrod-Frey von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di machte außerdem darauf aufmerksam, dass das Personal in den Krankenhäusern durch Outsourcing und Stellenabbau immer öfter unzureichend qualifiziert und daher mit einer ordnungsgemäßen Hygiene überfordert sei.
Norbert Suttorp von der Bundesärztekammer sah jedoch keinen Bedarf für neue Gesetze, stattdessen forderte er, zuerst die bestehenden Regelungen umzusetzen. Es fehle, so sagte Bernhard Ruf für die Bundesvereinigung Kommunaler Spitzenverbände, an finanzieller Unterstützung für die Netzwerkstruktur zwischen Krankenhäusern, Hausärzten und Gesundheitsämtern, die für eine "search and destroy policy" und damit für eine wirksame Bekämpfung von Krankenhausinfektionen mit MRSA notwendig sei.

Herausgeber: Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
 
Das möchte ich doch mal sagen, MRSA:
ich finde es toll, was Du so an Informationen hier zusammenträgst
daumen.gif


Gruss,
Uta
 
Europaweite MRSA-Initiativen

Das Thema der Antibiotika-resistenten Erreger, dazu zählen auch Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) oder Extended-spectrum-Betalactamase bildende gramnegative Erreger (ESBL), steht europaweit ganz oben auf der Agenda der Gesundheitsexperten. Es ist sogar ein Schwerpunktthema der aktuellen EU-Ratspräsidentschaften. Am 18. November 2008 wurde auf Initiative der Europäischen Infektionsschutzbehörde (ECDC, Stockholm) zum ersten Mal der »Europäische Antibiotikatag« begangen, der jährlich stattfinden und auf die Bedeutung des Erhalts der Antibiotikawirksamkeit durch Prävention von Resistenzen hinweisen soll. In Deutschland hat die Gesundheitsministerkonferenz 2006 die Bildung regionaler Netzwerke empfohlen. Federführend bei der Weiterentwicklung ist das RKI.

Pünktlich zum 1. Europäischen Antibiotikatag hat die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss vom 12. November 2008 präsentiert: die Deutsche Antibiotikaresistenz-Strategie (DART). Hier hat das Bundesministerium für Gesundheit nach Diskussion mit der Fachwelt die wichtigsten Handlungsfelder zur Prävention von Resistenzen detailliert erarbeitet. Vor allem der Antibiotikaeinsatz in Tier- und Humanmedizin, neue Forschungsansätze und Hygienemaßnahmen wurden strukturiert erfasst und präventive Ansätze in einem strikten Zeitplan festgelegt. Auch diese nationale Agenda empfiehlt die Bildung regionaler Netzwerke. Die Gesundheitsämter sollen dabei die Funktion des Moderators übernehmen und die lokalen Akteure im Gesundheitswesen, unter anderen Apotheker und Ärzte, einbinden.

Letztlich soll hierdurch auch der vorbeugende Infektionsschutz verbessert werden, weil lokale Strukturen zur Vermeidung von MRSA natürlich ebenso für andere Infektionen, zum Beispiel mit Noroviren oder H5N1, nutzbar sind. Vorrangiges Ziel ist immer, die Sicherheit der Patienten und natürlich auch des Personals im Gesundheitswesen zu stärken.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung online: Problemkeime: Vernetzter Kampf gegen MRSA
 
MRSA-Sanierung

Dem MRSA zu Leibe rücken

Ein weltweites, immer häufigeres Problem in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen und zunehmend auch im häuslichen ambulanten Bereich sind Infektionen durch multiresistente Erreger wie MRSA (Methicillin-resistente Staphylokokken) und VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken). Die Keime werden von kolonisierten oder infizierten Personen in Krankenhäuser und andere Einrichtungen gebracht oder durch Antibiotikatherapien selektiert. Kontamination und/oder Infektion mit diesen Keimen erfordern im Krankenhaus spezielle Hygienemaßnahmen und eine Isolierung der Patienten, was einen hohen medizinischen und pflegerischen Aufwand bedeutet. Auch bei der Behandlung von Patienten mit MRSA-Kontamination in ambulanten Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen spezielle Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen getroffen werden.

MRSA siedeln vorwiegend auf Schleimhäuten, zum Beispiel im Nasen- und Rachenraum oder in der Leistengegend. Die Keime sind sehr widerstandsfähig, sodass sie auch auf Oberflächen und Instrumenten sowie am Bett überleben und durch Händekontakt weitergegeben werden können. Deshalb ist die Händedesinfektion die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung. Ferner müssen Ärzte und Pfleger spezielle Schutzvorkehrungen treffen. Zum Eigenschutz und zum Schutz anderer Patienten müssen sie Isolierkittel, Mundschutz und Schutzhandschuhe tragen, sobald sie das Patientenzimmer betreten. Eine gründliche Händedesinfektion bei Verlassen des Zimmers ist trotz Handschuhen unerlässlich. Ein spezielles Händedesinfektionsmittel ist aber nicht notwendig.

Um zum Beispiel eine MRSA-Besiedlung zu eradizieren, müssen neben einer eventuell indizierten antibiotischen Therapie die befallenen Stellen lokal mit geeigneten Antiseptika behandelt werden. Vorab ist eine mikrobielle Untersuchung durch Abstriche nötig; diese erfolgen aus Nase, Rachen, allen Wunden und Hautdefekten, Urin sowie Bronchialsekret bei beatmeten Patienten

Zur Lokaltherapie bei MRSA-Besiedelung sind Polyhexanid und Octenidin geeignet. In den aktuellen RKI-Richtlinien wird immer noch Mupirocin beschrieben. Jedoch existieren bereits diverse Resistenzen gegen Mupirocin, da es sich hierbei um einen antibiotischen Wirkstoff handelt (6). Für die Dekontamination lautet die Empfehlung: bei nasaler Besiedlung drei- bis fünfmal täglich Polyhexanid- oder Octenidin-haltige Nasensalbe oder -gel (nach RKI dreimal täglich Mupirocin-haltige Nasensalbe) in beide Nasenvorhöfe einbringen und unter kreisenden Bewegungen verteilen. Wenn eine Kontamination im Rachenraum vorliegt, erfolgt zwei- bis dreimal täglich eine Rachenspülung mit einer antiseptischen Lösung. Bei einer Besiedlung der Haut sollte ein- bis zweimal täglich eine Ganzkörperwaschung mit einer antimikrobiell wirksamen Waschlotion erfolgen. Wichtig ist wiederum, dass die Einwirkzeit beachtet wird. Bettwäsche, Kleidung und Utensilien der Körperpflege sollten täglich gewechselt, gewaschen oder desinfiziert werden.

Allgemein wird eine Sanierung über fünf bis sieben Tage empfohlen, bevor eine Pause eingelegt wird. Anschließend wird durch Abstriche kontrolliert, ob die Maßnahme erfolgreich war oder ob ein zweiter Zyklus angeschlossen werden muss.

Quelle:Pharmazeutische Zeitung online: Desinfektion: Das A und O der Hygienemaßnahmen
 
Krankenhaus-Infektionen kosten 5,5 Milliarden pro Jahr[en]

Infektionen die auf das Gesundheitssystem zurückzuführen sind führen zu 110.000 Todesfällen und kosten geschätzte 5,5 Milliarden Euro pro Jahr, könnten aber, so wurde behauptet, drastisch reduziert werden, wenn man einen „best-practice“ Ansatz in der EU verfolgen würde und das Wissen teile.

Quelle: EurActiv-Netzwerk, erschienen: Dienstag 24. März 2009
EurActiv.com - Krankenhaus-Infektionen kosten 5,5 Milliarden pro Jahr | EU - European Information on Gesundheit & Lebensstil
 
Todesfalle Krankenhaus
Der mühsame Kampf gegen Krankenhauskeime

Manche kommen wegen einer harmlosen Knieoperation ins Krankenhaus, andere werden gegen Krebs behandelt bis sie plötzlich einen viel bedrohlicheren Feind im Körper haben. Jedes Jahr stecken sich rund 600.000 Patienten in deutschen Krankenhäusern mit gefährlichen Keimen an. Viele sterben daran.
37 Jahre lang hat Werner Meyer als Chefreporter der Münchner Abendzeitung von den Krisenherden der Welt berichtet. Vor drei Jahren hatte er einen Unfall – nicht im Irak oder in Israel, sondern in Deutschland. Er stürzte die Treppe hinunter und quetschte sich die Nervenbahn der Wirbelsäule.
Im Krankenhaus machten die Ärzte der Familie Hoffnung: Mit Krankengymnastik könne Meyer seine Beine vielleicht bald wieder bewegen. Doch es kam anders: Schon wenige Tage nachdem der Reporter in die Klinik eingeliefert worden war, durfte ihn seine Familie nur noch in Schutzkleidung besuchen. Meyer hatte sich mit einem gefährlichen Krankenhauskeim infiziert, dem Methicilin-resistenten Staphylococcus aureus, MRSA. Er litt zwei Jahre lang an Infektionen, halluzinierte, bis er schließlich im Februar 2008 daran starb.
Quelle: BR-online, 16.04.2009 Todesfalle Krankenhaus: Der mühsame Kampf gegen Krankenhauskeime | IQ - Wissenschaft und Forschung | Bayern 2 | BR
 
Sehr gute Recherche der Mainpost.de

150 Jahre nach Semmelweis' Entdeckung erkranken allein in Deutschland noch immer mehrere hunderttausend Menschen jährlich im Krankenhaus an einer Infektion. Verlässliche Zahlen zu den sogenannten nosokomialen Infektionen gibt es nicht, das Robert-Koch-Institut in Berlin geht nach seinen Hochrechnungen von deutlich über einer halben Million Fälle aus. Harnweginfekte und Lungenentzündungen sind am häufigsten, gefolgt von Wundinfektionen nach Operationen und Blutvergiftungen. Von den 64 000 Patienten, bei denen der Erreger ins Blut gelangt, sterben laut der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene 40 Prozent. Das sind geschätzt 25 600 Menschen – weit mehr als im Straßenverkehr oder an Aids sterben.

Waren 1990 in deutschen Kliniken nur zwei bis drei Prozent der Staphylokokken-Stämme gegen alle gängigen Antibiotika resistent, sind es heute schon 22 Prozent. In US-amerikanischen Hospitälern ist jeder zweite Erreger resistent. Die scheinbar allmächtige Wunderwaffe ist zur wirkungslosen Arznei geworden. Bei manchen Erregern müssen die Ärzte hilflos zusehen, wie die Patienten chronische und lebensgefährliche Infektionen entwickeln. „Das ist dann wie vor 150 Jahren“, sagt Oberarzt Dr. Alexander Friedrich, der früher an der Uni Würzburg, jetzt in Münster die Klinikkeime erforscht. Auch Professor Jörg Hacker, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, wird nicht müde zu warnen: „Antibiotikaresistenzen stellen in Deutschland ein infektionsmedizinisches Problem ersten Ranges dar.“

Staphylococcus aureus ist ein Alleskönner – „leider in negativem Sinne“, sagt der Arzt für Mikrobiologie Bhanu Sinha. Der Problemkeim Nummer eins kann Wunden befallen – und Lungen, Knochen oder Herzklappen. Und weil die Bakterien vermutlich tückisch in die Körperzellen eindringen können und dort vor der Immunabwehr – und vor vielen Antibiotika – geschützt sind, wird die Bekämpfung besonders schwierig.

Auszug aus einem sehr detaillierten und lesenswerten Artikel. Link: Angesteckt im Klinikbett | Nachrichten für Franken, Bayern und die Welt - mainpost.de
 
Hallo,
ich war gerade fast 3 Wochen im Krankenhaus wg. einer Weichteilinfektion am Oberschenken/Hüfte. Nach intravenösem AB hat sich die Entzündung gebessert. Jetzt, 10 Tage später, bekomme ich neue entzündete Knubbel unterhalb des Ellbogens.
Was kann ich bloß machen? Die Haut ist geschlossen. Dringt Silberwasser durch die Haut?
Erschwerend kommt hinzu. dass ich durch meine Krebserkrankung und die jetzt erforderlich Chemotherapie immunsupprimiert bin.

Liebe Grüße
capricorn
 
Die Aktion "Saubere Hände" , die in Deutschland die MRSA-Gefahr mildern soll, wird von immer mehr Kliniken unterstützt. Jetzt kann man im Internet anrufen, welche medizinischen Einrichtungen daran teilnehmen.
Hier der Link: www.praxis-page.de/ash/kliniken.htm
 
Hallo,

mich wundert nicht mehr :-(

Letztes Jahr war ich über 12 Wochen im Krankenhaus, als ich eingeliefert wurde, war ich auf einer Station mit MRSA, allerdings wußte ich nicht über diesen Keim und das ich auf einer Isulierstation lag.

Erst als ich verlegt wurde auf eine andere Station und ich aufstehen konnte, erfuhr ich allmählich was ein MRSA Bakterium bedeutet.

Schließlich erkranken auch 3 Leute auf einer MRSA freien Station und mir wurde eine Frau auf das Zimmer gelegt, wo um das Bett/Boden Pfaster geklebt wurden und von da an - nur noch vermumte - sie außerhalb der abgeklebten Bereichs besuchen dürften. Nachts wachte ich zufällig auf und sah, wie eine Schwester ohne Maske und Handschuhe der Dame das Gebiß aus dem Mund nahm und rausging ohne sich die Hände zu desinfizieren!

Da ich offene Wunden hatte, verlange ich ein klärendes Gespräch mit der Stationsärztin und wollte aus dem Zimmer verlegt werden, sie aber meinte das ja noch nicht sicher sei, ob sie MRSA habe und ich doch abwarten sollte, das wäre nur eine Vorsichtsmaßnahme, da sie aus einem anderen Krankenhaus komme. Ich ließ mich beruhigen.

Als aber dann ein Mitpatient erkrankte, mit dem ich öfters zusammen war und er mit einem anderen MRSA Patienten auf ein anderes Zimmer verlegt wurde, verlangte ich einen MRSA Test. Dieser wurde mir abgelehnt, da ich ja nicht mit ihm auf einen Zimmer gelegen hatte. Diesmal ließ ich mich nicht abwimmeln und auch nichts erzählen und bestand auf den Test. Was sie mir alles erkärte, ich mache mich zu verrück, bla, bla. Gott sei dank war alles in Ordnung. Aber ich bekam den Test in Rechnung gestellt.

Dann sah ich eine Patient im Restaurant mit heruntergezogener Maske, ohne Handschuh, der sich innerhalb der Klinik bewegte, normalerweise darf man nur den schnellstmögichen weg nach draußen, lach und da er gebehindert war, nahm er den Aufzug.

Auch mit Schwestern mußte ich mich anlegen, weil sie beim verbinden keine Handschuhe anzogen!!

Kein Wunder, das wir überall in den Kliniken MRSA haben.

Ich habe dann Schwestern den link gegeben

www.mrsa-net.nl/de/selectie.php

wie in Holland damit verfahren wird. Aber so wirklich hat es nichts gebracht.

Nicht mal Ärzte haben sich bei der Visite die Hände desinfiziert.

LG
Shanaja
 
Bericht: Workshop „Multiresistente Erreger im Krankenhaus“

Am Do., dem 07.05.09 fand eine weitere Veranstaltung unter Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) in Partnerschaft des Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) zum Thema multiresistente Erreger statt. Die Leitung lag in den bewährten Händen von Herrn Prof. Dr. Axel Kramer, Präsident der DGKH und Leiter des Institutes für Hygiene und Umweltmedizin an der Uni Greifswald.

Obwohl die Veranstaltung als Fortbildung für medizinisches Personal gedacht war, wurde ich als Patientenvertreter hierzu eingeladen. Mein Dank gilt deshalb dem Veranstalter und es zeigt deutlich, dass damit eine neue Qualität erreicht wurde.

Im epidemiologischen Bericht Bericht der EU über Infektionskrankheiten wird die Zunahme nosokomialer Infektionen noch vor der pandemischen Influenza und HIV genannt! Man schätzt pro Jahr ca. 3 Millionen krankenhauserworbene Infektionen mit bis zu 100.000 Todesfällen. Die Sterblichkeit nach MRSA-Infektionen liegt bei 30%. Nach Kalkulation durch die DAK ist mit einer Mehrbelastung von ca. 19.000€/Betroffenen nur für die akute Behandlung zu rechnen. Die Folgekosten wie Rehabilisation, Weiterbehandlung, Arbeitsausfall, Verrentung, Schwerbehinderung usw. sind hierbei ebenso wenig betrachtet wie das unbezahlbare Leid und den vermeidbaren Tod Betroffener. Die MRE-Pandemie erfordert ein generelles Umdenken. Vorbild könnten die Niederlande und Dänemark mit einer MRSA-Rate unter 1% sein.

Neben MRSA gewinnt VRE und ESBL (zunehmend in Süddeutschland) mit hohem Ausbruchspotential in Krankenhäusern an Bedeutung. Um eine Eindämmung zu erreichen, muss neben einer einheitlichen Prävention mit klaren Regelungen eine Antibiotikastrategie entwickelt werden, um entbehrliche Medikation zu verhindern.

Im Ergebnis des Workshops kann man zusammenfassend positiv feststellen:

*seit dem letzten Jahr hat sich die Wahrnehmung der Problematik in Politik und Öffentlichkeit stark erhöht
*immer mehr Kliniken entwickeln Strategien gegen die ungebremste Weiterverbreitung multiresistenter Erreger
*Das „Greifswalder Modell“, ein Maßnahmenbündel der Primärprävention sich immer stärker durchsetzt
*es bilden sich fachübergreifende Netzwerke
*Kosten/Nutzen-basierte Entscheidungen zugunsten der Infektionsprävention zunehmend getroffen werden

Trotzdem kann keine Entwarnung gegen die Folgen von Antibiotikaresistenzen gegeben werden.
Obwohl sich die Kurve der Neuansteckungen leicht abgeflacht hat, ist das Problem nach wie vor kaum überschaubar und immer noch hoch brisant. Damit eine wirksame Eindämmung erzielt werden kann, reichen Einzelmaßnahmen nicht aus. Notwendig erscheint:

*Etablierung von schlüssigen Hygienestandards in allen Einrichtungen, die im weitesten Sinne Brennpunkte multiresistenter Erreger darstellen.
*Gezieltes, vorbeugendes Screening von Patienten mit Risikofaktor nach Problemkeimen um eine Sanierung vor einer Einweisung in eine andere Einrichtung zu erreichen
*Nachfolgescreenings bei kolonisierten und infizierten Patienten.
*Screening von Mitarbeitern in Problembereichen und ab 2 Fällen mit dem gleichen Erregerstamm in der Einrichtung.
*Meldepflicht (nicht namentlich) für alle multiresistenten Keime zur statistischen Erfassung der Prävalenz

Nur durch konzertierte Maßnahmen ist das Hauptanliegen „Erreger erkennen, Infektionen vermeiden, Verbreitung bekämpfen“ zu erreichen. Das schwächste Glied der Kette bestimmt dabei den erreichbaren Fortschritt.
Erfreulich empfand ich, dass ein Umdenken auch aus der Kosten/Nutzen Betrachtung in den Verwaltungen stattfindet. Es ist viel sinnvoller präventiv zu agieren, als im Ernstfall „nachzubessern“. Dies liegt auch im vollen Interesse der Patienten (und Beitragszahler der Krankenkassen, Rententrägern, Arbeitgebern...), da nur so vermeidbares Leid und sehr hohe Kosten abgewendet werden können.

Für symptome.ch
MRSA

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Herrn Prof. Dr. A. Kramer und Herrn Kai Weller (ipse) sei herzlich gedankt.
 
Vancomycin-resistente Enterokokken [VRE]

Erreger: Enterokokken sind fakultativ anaerobe, grampositive Bakterien und eine anteilsmäßig bedeutende Spezies der normalen Dickdarmflora. Bislang wurden vor allem E. faecium und E. faecalis als Krankheitserreger beschrieben. Enterokokken verdienen aufgrund ihrer Resistenzeigenschaften zunehmende Beachtung (17). Die 1988 erstbeschriebenen Vancomycin-resistenten Enterokokken wurden als "die nosokomialen Krankheitserreger der 90ger Jahre bezeichnet" (28)

Vorkommen, Pathogenität: E. faecium und E. faecalis sind fakultativ pathogene Bakterien. Isoliert wurden sie bei katheterassoziierten Harnwegsinfektionen, Infektionen von Dialyseshunts (6), Wundinfektionen, seltener auch bei Kathetersepsis, Endokarditis, Meningitis oder bei polymikrobiellen nosokomialen Infektionen (16,17,32). Zunehmend häufiger werden Enterokokken bei länger als 4 Wochen hospitalisierten Frühgeborenen mit Sepsis beschrieben (15,16). Enterokokken verursachen keine primären Infektionen des Respirationstraktes, breiten sich nicht invasiv im Gewebe aus und produzieren keine relevanten Exotoxine (17).

Bei 85-95% aller Enterokokkeninfektionen wird E. faecalis isoliert. Infektionen mit E. faecalis können meist mit Ampicillin und Gentamicin oder Mezlocillin und Gentamicin behandelt werden. E. faecium (5-15% aller Isolate) gilt als virulenter und macht aufgrund seiner intrinsischen Resistenz gegen b-Lactamantibiotika eine primäre Behandlung mit Vancomycin oder Teicoplanin erforderlich (32). Auch wenn Enterokokken im allgemeinen nur eine geringe Virulenz aufweisen, ist die Mortalität der Enterokokkensepsis mit 28 - 58% hoch; wahrscheinlich spielt der schlechte Allgemeinzustand und der Schwere anderer Grunderkrankungen der betroffenen Patienten hier eine entscheidende Rolle (32). Henning et al. fanden bei 23 von 73 pädiatrisch-onkologischen Kindern eine VRE-Besiedlung (32%), die innerhalb eines Jahres bei 6 von 73 (8.3%) zu einer VRE-Infektionen führte (12).

Nachweismethode:
Die Methode der Wahl zum Nachweis einer Besiedlung mit VRE ist die Untersuchung von Stuhlproben oder besser: Analabstrichen (23,31).

Übertragungswege: VRE können über die nicht desinfizierten Hände des Pflegepersonals oder der behandelnden Ärzte, über Textilien und Gegenstände (Stethoskope, Thermometer, Infusionspumpen, Monitortastaturen, den Toilettensitz, Windeln, die zum Abwiegen aus dem Zimmer gebracht werden usw.) von Patient zu Patient übertragen (6,13,14,17,21,22,26). Rhinehart et al. beschrieben eine Enterokokkenepidemie auf einer chirurgischen Säuglingsstation, die über 60 Patienten umfaßte und durch eine Krankenschwester aufrechterhalten wurde, deren Darm und Hände mit multiresistenten Enterokokken besiedelt bzw. kontaminiert waren (22). Auf trockenen Oberflächen in der Umgebung des Patienten kann E. faecium eine Woche bis maximal 4 Monate überleben (33); VRE tolerieren kurzzeitig Temperaturen bis zu 60oC (32). Andererseits sind VRE durch eine sorgfältig durchgeführte Desinfektion mit einem gegen S.aureus wirksamen Desinfektionsmittel (siehe Desinfektionsmittelliste der MEB) sicher abzutöten (26).
!199VRE
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extended-spectrum-beta-lactamase (ESBL)bildenden gramnegativen Stäbchenbakterien (ESBL-Bildner) ESBL steht als Abkürzung für eine bestimmte Form der erweiterten Resistenz gegenüberAntibiotika bei Bakterien.
Im Unterschied zu den bisher bei uns häufiger anzutreffendengrampositiven MRSA und VRE handelt es sich bei den ESBL-bildenden Bakterien umgramnegative Keime, sogenannte Enterobakterien, die originär im menschlichen Darm als Normalflora angesiedelt sind. Sie sind, wie auch MRSA und VRE, keine obligaten Infektionserreger. Verschiedene Untersuchungen zur Übertragungswahrscheinlichkeit der ESBL-Bildner haben gezeigt, dass sie sehr viel schwieriger auf andere Personen übertragen werden als MRSA oder VRE. Entsprechend ihrer ursprünglichen Herkunft, dem menschlichen Darm, sind Kontaminationen beim Umgang mit Fäkalien am wahrscheinlichsten. Dennoch können sich die Keime, insbesondere bei bettlägerigen Patienten, auch passager an anderen (Körper-) Stellen aufhalten.

♦Erreger: Enterobakteriaceae ( z.B. Klebsiella spp ., Proteus spp., E. coli, E. cloacae ) mitResistenzentwicklung gegen ß-Laktam-Antibiotika einschließlich Breitband-Cephalosporineund Monobactame.
♦Infektionsquelle: Infizierter Patient, Keimträger (meist im Stuhl bzw. anogenitalen Bereich, Urin; seltenAtemwege)
♦Übertragung: Schmier- und Kontaktinfektion: Übertragung erfolgt überwiegend über kontaminierte Hände, in Einzelfällen ausgehend von Flächen in der Umgebung des Patienten. Aerosole können nicht ausgeschlossen werden (z.B. bei Absaugung besiedelter Atemwege). Direkter und indirekter Kontakt mit Stuhl, infizierten Wunden, erregerhaltigen Sekreten (Hände,kontaminierte Gegenstände wie z.B. Steckbecken, Wäsche, Stethoskop, Pflegeutensilien), Patientenbezogene Maßnahmen (bei Patienten mit Infektionen / Besiedelung)
♦Einzelzimmer - Isolierung nur notwendig bei unkooperativen Patienten / Kindern *)Der Patient sollte jedoch eine eigene Toilette benutzen.Es müssen eine patientenbezogene Kittelpflege(brombeerfarben) und Einmalhandschuhe (bei direktem Patientenkontakt und Kontakt mit infektiösem Material) eingesetzt werden.Bei Besiedelung oder Infektion des Respirationstraktes einen Mund- Nasenschutz tragen.
♦Täglicher Wechsel von Handtüchern, Waschlappen, Unterwäsche, Flügelhemd nachder Körperwaschung.
♦Die Untersuchungsstelle ist vorab zu informieren.
♦Patient, Angehörige, medizinisches Personal und Reinigungspersonal sind überentsprechende Maßnahmen aufzuklären und auf eine vermehrte Händehygienehinzuweisen.
♦bei Entlassung ist eine normale Routine-Wischdesinfektion für das Zimmer ausreichend. Personalbezogene Maßnahmen
♦Eine hygienische Händedesinfektion ist vor Betreten und beim Verlassen des Zimmerssowie nach jeder Manipulation am Patienten durchzuführen.
♦Bei direktem Patientenkontakt ist ein brombeerfarbener Schutzkittel zu tragen (Schutzkittel verbleiben im Zimmer und werden pro Schicht gewechselt).
♦Bei direktem Patientenkontakt sind zusätzlich Handschuhe zu verwenden, nach dem Ausziehen ist ebenfalls eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen.
♦Krankenhausakte und Verlegungsbericht kennzeichnen (ESBL Vermerk).
♦Die Flächendesinfektion ist wie üblich durchzuführen (s. Hygieneplan). Auf dieNotwendigkeit der Verwendung frischer Reinigungstücher pro Patientenzimmer wirdverwiesen.
♦ Routine Entsorgung der Abfälle (gemäß dem Abfallentsorgungskonzept).
♦ Routine Entsorgung von Wäsche und Geschirr.
♦ bei Verlegung: nachfolgende Station / Klinik informieren.
♦Dauer der durchzuführenden Maßnahmen: Über die Dauer des gesamten Aufenthaltes des Patienten, da eine Sanierung im Darm nichtmöglich ist.Gegebenenfalls Rücksprache mit der Hygienefachkraft oder den ärztlichen Mitarbeitern derKrankenhaushygiene (Tel. 39999) halten.
♦Entlassung: Die Entlassung von Patienten mit ESBL ist jederzeit möglich. ♦Ambulanzbesuche: Bei direktem Patientenkontakt ist ein brombeerfarbener Schutzkittel zu tragen. Zusätzlichsind Handschuhe zu verwenden und nach dem Ausziehen ist ebenfalls eine hygienischeHändedesinfektion durchzuführen. *) Unkooperative Patienten / Kinder sind solche, die nicht in der Lage sind angemessene Hygienemaßnahmen (z.B.Händehygiene, Zurückhaltung bei Körperkontakten) durchzuführen
Ihre Krankenhaushygiene informiert

Vielen Dank für Deinen Bericht MRSA. Es ist gut zu hören, daß die Aufmerksamkeit anscheinend steigt in Bezug auf diese Erreger.
Wenn ich mir allerdings die vorgeschriebenen und anscheinend bekannten Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Keime in Kliniken durchlesen, kommen mir schon Zweifel , ob die alle wirklich beachtet werden. Erst recht in Alten- und Pflegeheimen.

Gruss,
Uta
 
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Hallo Uta,

eben um dies zu ändern und allgemein gültige Regeln (vorerst für Berlin-Brandenburg) aufzustellen diente diese Veranstaltung. Wir hoffen, daß sich bald was ändert denn die extrem hohe Zahl der Neuinfektionen und Toten (über 10 x mehr als durch den Straßenverkehr!) kann keinesfalls akzeptabel sein.

Herzliche Grüße,
MRSA
 
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