Wenn die eigenen Eltern alt werden

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Guten Morgen.
Leòn hat dem Themenkreis Pubertät den Titel " Wenn Eltern schwierig werden " gegeben, was ja eher ironisch aufzufassen ist.
Nun kommen wir als Kinder vielleicht im Leben an einen Punkt, wo die eigenen Eltern tatsächlich schwierig werden.
Sie sind körperlich und vielleicht auch geistig nicht mehr so leistungsfähig, der eine Elternteil ist mit der Pflege des Partners überfordert.
Vielleicht nimmt ein gewisser Eigensinn Gestalt an und die Angst vor dem Sterben kann Menschen zu sonderbaren Verhaltensweisen führen.
Wie geht man als Kind damit um, dass die Eltern nicht mehr stark und führend sind wie früher, dass sie auch nicht mehr ein partnerschaftliches Verhältnis zum Kind pflegen können, sondern dass sie plötzlich in die Rolle des Hilfsbedürftigen gelangen?
Wo sind die Möglichkeiten und wo sind die Grenzen für " Kinder " mit alten Eltern?
Ich denke, einige von uns sind von dieser Konstellation betroffen und können davon erzählen oder Ratschläge geben.
Liebe Grüsse, Sine
 
Hallo Sine,

habe ganz vielen Dank für dieses Thema! Ich habe ja immer mal wieder den Eindruck, dass sich die Angehörigen aller Altersgruppen, gerne darum herum "drücken" ;). Seltsam eigentlich, bei der, gerne zitierten "demographischen Entwicklung"!

Sine, der Titel "Wenn die eltern schwierig werden" war gar nicht mal sooo sehr ironisch gemeint, sondern er sollte einfach einen Perspektivwechsel darstellen und die Sicht der "Kinder" ausdrücken.

Diese Perspektive behalte ich jetzt mal bei ;)!

Für mich selbst war es nicht leicht, sondern vor allem am Anfang ausgesprochen schwierig, mitzuerleben wie meine Mutter alt wurde. Der körperliche Abbau trat spät ein, aber ein sukzessiver "Abbau" der geistigen und sozialen Fähigkeiten, der krankheitsbedingt deutlich vorher eintrat, war für mich nicht immer leicht zu akzeptieren. Es bildete sich langsam ein "Rollenwechsel" heraus. Es war ja schon schwer genug gewesen, überhaupt in der Rolle des Erwachsenen akzeptiert zu werden ;) da wird es mir nicht viel anders gegangen sein, als anderen und dann kam die wachsende Bedürftigkeit meiner Mutter dazu. Eine besondere Schwierigkeit war für mich die Gratwanderung, zwischen mehr Verantwortungsübernahme und "Entmündigung". Letzteres wollte ich natürlich auf keinen Fall und da waren "Beratungen" mit Pflegepersonal, dem behandelnden Arzt, vor allem aber auch mit Verwandten, für mich ganz, ganz hilfreich!

Wie gesagt, Sine - nochmals danke für dieses wichtige - und wie ich finde - nicht ganz einfache Thema!

Herzliche Grüße von
Leòn

P.S.: In dieser Subrubrik gibt es zwei Threads, die sich auch mit dem Thema "Alter" beschäftigen:

https://www.symptome.ch/threads/mehr-zeit-zu-leben.20764/

https://www.symptome.ch/threads/tabuthema-alter.20765/
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Leòn.
Du hast ganz recht, eigentlich wurde dieses Thema schon angesprochen :eek:)
Du kannst gerne meinen Thread in einen der Bestehenden integrieren, wenn du möchtest!
Mit meinen eigenen Eltern gibt es gewisse Schwierigkeiten, die ich momentan ungerne hier näher beschreiben möchte.
Trotzdem wurde mir gestern einmal mehr bewusst, dass unsere Familie nicht alleine betroffen ist.
Ich habe mich mit einem Herrn unterhalten, der mir von seinen Eltern erzählt hat.
Die Beiden sind mittlerweile verstorben.
Der Mann wurde pflegebedürftig und die Frau hat sich natürlich um ihn gekümmert.
Mit fortschreitender Krankheit wurde der Mann immer unleidiger. Er hat seine Frau, die ja auch nicht mehr die Jüngste war, mit Drohungen und Trotzreaktionen völlig auf Trab gehalten.
Dieses Verhalten entsprang vermutlich zu einem grossen Teil einer nicht eingestandenen Angst vor dem Sterben.
Der Sohn hat dann an Wochenenden versucht, die Mutter zu entlasten.
Was kann man als Kind darüber hinaus tun?
Man kann darauf hinweisen, dass es Organisationen gibt, die in solchen Situationen Hilfe anbieten.
Man kann versuchen, Gespräche mit den Eltern zu führen.
Oft sind jedoch die Strukturen schon so sehr eingefahren, dass die Eltern, trotz aller Unzufriedenheit, nichts mehr ändern können oder wollen.
Das ist für ein Kind nicht einfach, mitzuerleben.
Solche Beispiel sind nicht so selten und ich würde mich freuen, wenn andere Mitglieder von ihren Erfahrungen dazu berichten.
Wie schafft man es als Kind, sich hier abzugrenzen und den Eltern dennoch zu vermitteln, man sei für sie da?
UND... können wir für uns gewisse Lehren daraus ziehen, damit wir unsere Kinder später nicht mit ähnlichen Problemen belasten?
Liebe Grüsse, Sine
 
Hallo Sine,
das ist ein sehr wichtiges Thema. Selber bin ich noch nicht betroffen, habe aber einige Beobachtungen angestellt, als die Oma alt wurde.

Eine wichtige Erkenntnis war für mich, dass man nicht unbedingt den Anspruch haben sollte, unbedingt jegliche Betreuungs- und Pflegemaßnahmen selbst zu machen. Dann passiert es schnell, dass das liebevolle Verhältnis aufgrund des Stresses den Bach runter geht.
Eine sehr gute Lösung war es in dem Fall, dass die Oma ins "Betreute Wohnen" umzog und somit eine gewisse Grundversorgung sicher gestellt war. Endlich hatten Tochter und Sohn mal wieder die Zeit, sich einfach nur zu ihr zu einer Tasse Kaffee zu setzen und sich zu unterhalten, alte Fotos anzuschauen und auch etwas Freude miteinander zu teilen. Sind Kinder mit der Grundversorgung überlastet, bleibt dafür dann fast keine Zeit mehr, weil man nur noch angehetzt kommt, um das Wichtige vom Wichtigen zu machen.
Wenn die Möglichkeit besteht würde ich also unbedingt zuraten, solche Hilfsangebote zu integrieren. Nebenbei gesagt schwärmte meine fast hundertjährige Oma dann immer mit leuchtenden Augen von den netten Zivis, die sie jeden Morgen wecken :D .

Zu deinen weitergehenden Überlegungen (Tausch der Rollen) kann ich aber nichts sagen.
 
"Betreutes Wohnen" ist leider nicht immer tatsächlich "Betreutes Wohnen". Da sollte man sich vorher sehr gut erkundigen, was das genau bedeutet.
Leider gibt es diese Bezeichnung auch bei Häusern, wo überhaupt nichts betreut wird vom Haus aus. Wenn dann keine Angehörigen kommen, leben die Menschen in einer zwar behindertengerechten Wohnung, aber das war es dann auch schon.

Wichtig ist, wenn jemand im Altersheim oder Pflegeheim lebt, daß man ihn regelmäßig besucht, andere Menschen zu Besuch dorthin schickt oder sich jemand sucht, der regelmäßig kommt. Solche netten und hilfsbereiten Menschen findet man oft über Organisationen am Ort (manchmal wird das vom Heim aus nicht einmal gerne gesehen). Das ist aber wichtig, weil so klar ist, daß es eine gewisse Kontrolle gibt, daß der Mensch im Altersheim nicht allein dasteht.
Besonders gut ist es, immer mal zu den Zeiten zu erscheinen, in denen die Schwestern und Pfleger gerade Kaffeepause machen.

Gruss,
Uta
 
Ich kann leider auch nicht soviel zu dem Thema beitragen. Meine Eltern sind beide noch recht rüstig.
Ich habe hingegen erlebt wie meine Mutter meine Oma gepflegt hat und das obwohl sie vier Kinder hatte. Wir hatten eine große Wohnung.
Aber die Arbeit die meine Mutter damals geleistet hat, da hätte ich nicht tauschen wollen. Meine Oma wurde im Alter etwas sonderbar, wollte nicht am Familienleben teilhaben und lieber für sich alleine sein. Sie konnte nicht gut hören und nicht gut sehen und war ein Pflegefall. Meine Mutter pflegte sie Tag und Nacht. Sie war zum Schluss bettlegerig und klingelte meine Mutter bis zu neunmal nachts aus dem Bett. Nur tagsüber kam eine Krankenschwester zum Kathederwechseln und um die wundgelegenen Stellen zu versorgen.
Schlimm fand ich damals, das man absolut keine Kenntnisse hatte, was warum bei meiner Oma nicht mehr funktionierte.

Ich weiß bis heute nicht wie meine Mutter das geschafft hat, ohne selbst daran zu erkranken. Das ganze ging über ein paar Jahre.

Grüsse von Juliette
 
Hallo, ihr Lieben!

Bei uns in der Familie ist es immer so gewesen, dass wir zusammengehalten haben und alle bis zum Schluss irgendwie mit durchgezogen haben. Außer wenn Krankenhaus angesagt war.

Da ich alleinstehend bin, mache ich mir natürlich Sorgen, wie ich das mal mit meiner Mutter machen soll, wenn sie nicht mehr kann. Denn ich muss doch arbeiten, damit Geld in die Bude kommt.

Ich denke aber auch, dass man vieles auf sich zukommen lassen muss. Sonst macht man sich verrückt und es kommt dann ganz anders. Manchmal ist wohl einfach Vertrauen angesagt.

Mir fällt es zz. oft schwer, meiner Mutter nicht zu sagen, dass wir dies und das doch schon so oft durchgekaut haben. Sie weiß es einfach nicht mehr und fängt das gleiche Thema immer wieder an. Aber sie kann ja nichts dazu, daher muss man glaube ich gleich von Anfang an selber trainieren, geduldig zu sein und sich klarzumachen, dass die Eltern sich verändern und nicht mehr das geistige und körperliche Vermögen haben, das sie immer hatten.

Das ist manchmal sehr schwer. Aber Liebe hilft wie überall auch hier!

Viele liebe Grüße :wave:
Sonora
 
Humor hilft da auch sehr.
Ich habe es bei einer Nachbarin erlebt, daß sie immer verwirrter wurde und dann mehr und mehr die eigene Tochter mit der längst gestorbenen Mutter verwechselte. Wenn man auf dieses Verwechsel-Spiel einging, war es trotzdem oft hochinteressant,weil man so viel aus ihrer Jugend erfuhr.
Manchmal kann es auch helfen, FreundInnen dazu zu nehmen, weil die längst nicht so betroffen sind wie man selbst. Das erleichtert das ganze auch.

Gruss,
Uta
 
Guten Morgen!

Zu diesem Thema kann ich sowohl aus beruflicher Sicht, als auch persönlich vieles schreiben; tatsächlich beschränke ich mich allerdings darauf, daß es wirklich wichtig ist DARÜBER ZU SPRECHEN!

Im Fall des Falles ist man sehr allein, wenn man nicht spricht, sich keine Hilfe holt. Es gibt viele Tabus, die es notwendigerweise zu brechen gilt

Beispiel: Mutter näßt plötzlich ein... darüber würde man doch normalerweise NIE mit Außenstehenden sprechen, denn könnte Mutter noch mitreden, wäre sie stocksauer, daß Tochter es ausplaudert.... aber wie die Haut schützen vor Liegegeschwüren, wie noch das Haus verlassen, wenn ich mir nicht bei Vertrauenspersonen Rat und Zuspruch suche?

Man braucht auch tatkräftige Hilfe: Sohn/Tochter muß auch mal allein weggehen dürfen, schon allein, um nicht an den Rand der eigenen Kräfte zu kommen. Da kommt dann ein weiteres Tabuthema: Gewalt gegenüber Pflegebedürftigen.

Man steht immer parat, für Demenzkranke zB, die oft mit extrem wenig Schlaf auskommen (manchmal nur zwei bis vier Stunden und die nicht mal am Stück!!!), nachts geistern sie im Stundentakt durchs Haus, stellen den Herd an, öffnen die Haustür, laufen weg...

Man kann seinen Leuten nur helfen und zur Seite stehen, wenn man selbst an Leib UND SEELE gesund ist und das ist verdammt schwer, denn neben der ganzen Arbeit leidet man doch an erster Stelle unendlich unter dem Verlust der Person, die einem Jahrzehnte lang ein Fels in der Brandung war.... (das war jetzt doch persönlich....)

Daher oberstes Gebot: für sich selber Sorgen, Ausgleich suchen, Gesprächspartner finden.

Liebe Grüße,
alachim
 
PS die Frage, ob wir etwas tun können, um unseren Kindern später zu helfen "uns zu helfen".

Da gibts einiges.

zB eine Patientenverfügung und zwar eine Vernünftige!!! Bitte vergeßt das teure Ding vom Notar. BITTE! Ich kann Euch nicht sagen, wie oft wir es auf Station (Intensiv) mit einem Achselzucken abgeheftet haben, weil das Papier nur geholfen hat dem Notar seinen Z3 abzuzahlen...
"Wenn ich ohne Hoffnung auf wiedererlangen, das Bewußtsein verloren habe, verfüge ich..."
Welcher Arzt kann denn unter welchen Umständen DAS ernsthaft annehmen??? Also ist die Verfügung unbrauchbar und das Schicksal nimmt seinen Lauf: Omma (92) wird selbstverständlich reanimiert, beatmet, erholt sich wider Erwarten sogar und landet als Pflegefall im Schlafzimmer der Tochter...
Und hat sie das gewollt? Natürlich nicht! Sie hatte nur keine Verfügung, die auch bindend war.

Was ist einen bindende Verfügung?
Sie ist am Besten selbst in eigenen Worten verfaßt, mit klar definierten Therapiezielen. Die sind sehr unterschiedlich. Meine Verfügung sieht noch die volle Apparatemedizin vor: ich habe kleine Kinder und das Risiko, als Pflegefall zu enden, gehe ich bewußt ein, weil die Möglichkeit doch wieder für meine Kinder sorgen zu können, falls ich eine Unfall habe oder erkranke, ist definitiv gegeben!

Meine Oma lehnt in ihrer Verfügung jede maschinelle Intervention ohne jede Einschränkung ab: ihr Herz ist seit über 60 Jahren schwer geschädigt, sie ist mit viel Glück trotzdem steinalt geworden und will auf keinen Fall von der Pflege Dritter abhängig sein.

Auch diese Begründung gehört in eine Verfügung! Warum will ich diese Maßnahme und jene nicht? Was soll das Ziel sein.

Auch sollte man seinen Hausarzt über die Verfügung informieren und dieses Gespräch mit seiner Unterschrift unter Beweis stellen.

Bleibt noch zu sagen, daß jemand die Verfügung durchsetzen muß. Nur weil sie vorhanden ist, hat sie noch kein Arzt gelesen. Also ist es zwingend notwendig, jemand als Bevollmächtigten einzusetzen, der
- damit einverstanden ist
- im Bedarfsfall auch tut, was Du wolltest (ein Therapieabbruch verlangt vom Bevollmächtigten mehr, als Angehörige leisten können!!! Den Tod der eigenen Mutter wissentlich herbeizuführen... starker Toaback!). Es kann sinnvoll sein, NICHT den eigenen Ehepartner oder die eigenen Kinder einzusetzen.

Und selbstverständlich ersetzt eine solche Verfügung nie das Gespräch!
Unsere Kinder müssen wissen, was wir wollen, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen.
Im Idealfall haben wir konkrete Pläne (zB eine altengerechte Wohnung zu beziehen, wenn wir in Rente gehen, damit unsere Kinder uns nicht Zwangsumsiedeln müssen, weil wir mit 86 in dem Haus nicht mehr klarkommen)

o-oh, da habt Ihr mit dem Thema aber einen aktiven Punkt bei mir getroffen, sorry fürs Schwafeln, aber ich dachte vielleicht interessierts?!

alachim
 
Ja, das Altern der eigenen Eltern ist ein wichtiges Thema, das im Leben der Söhne und Töchter, bewusst und unbewusst, ganz viel aufwühlt und verändert - ob diese es wollen und zulassen oder nicht! Dabei scheinen mir heute, ein paar Jahre nach dem Tod meiner Eltern, folgende Punkte bedeutsam:
Das Aussöhnen mit dem älter/alt gewordenen Menschen. Liebevoll hinschauen, wahrnehmen, seine Veränderung annehmen. Ihn so akzeptieren, wie er j e t z t ist. Das Vergangene vergangen sein lassen. (Meine Mutter pflegte zu sagen:“Was vorbei ist, ist vorbei!“) Würde und Freiheit wahren und Wünsche zugestehen.

Ganz klar forder das Altwerden der eigenen Eltern alle beteiligten Parteien existenziell heraus:
Wenn Vater und Mutter sich nicht mehr an die jüngste und jüngere Vergangenheit erinnern; wenn sie sich an Details vor zig Jahren klammern; wenn ihre eigene Kindheit so präsent ist, als wär es gestern gewesen; wenn sie sich nach ihren eigenen Eltern sehnen; wenn sie dort ihre Unterstützung suchen, weil sie ihrer eigenen immer stärker werdende Bedürftigkeit gewahr werden, diese aber ignorieren, da sie sonst damit nicht umgehen können ... wenn sie um ungelebtes Leben trauern, wenn sie eigene und fremde Fehler und Schuldigkeiten oder auch ihnen angetanes Unrecht nicht loslassen wollen, können oder dürfen ... wenn Furcht und Angst überhand nimmt ... dann sind wir Kinder gefordert.
Nehmen wir diese Entwicklung nicht ernst, verpassen wir eine grosse Gelegenheit zu erfahren, zu wachsen, zu reifen und letztendlich zu verstehen: das Leben, die Menschen, das Sterben, das Auferstehen, das Göttliche.

Ab und an schlage ich mich mit meinen Erinnerungen rum und frage mich:
Ob in diesem Prozess Angst das vorherrschende Gefühl ist? Die Angst vor dem Sterben allgemein, unsere eigenen Ängste im Besonderen? Unsere Ohnmacht und Hilflosigkeit? Wie gross ist der Anteil der „alten“, verdrängten oder verarbeitet und verarbeitet geglaubten Verletzungen, Kränkungen, Enttäuschungen? Aus welchen Gründen sind wir für sie da/nicht da? Respekt, Schuld, Pietät, …? Wie/wie stark können/dürfen wir uns abgrenzen? ...
 
Hallo contesse,

ich möchte Dich an an dieser Stelle des Forums herzlich Wiullkommen heißen und Dir für Deinen sehr inspirierenden Beitrag danken!

ja, ich habe auch erfahren, dass das, was man sich als Jugendlicher, junger Erwachsener, "mühsam" ;) erarbeitet hat, die Abgrenzung und Unabhängigkeit von den Eltern, sich wieder wandelt und eine ganz neue Nähe entstehen kann.

herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo zusammen,

in letzter Zeit kommen mir auch immer wieder Gedanken wie:"Was ist wenn Mama oder Papa mal nicht mehr da ist." Besonders Gedanken, wie es dem anderen Elternteil gehen wird. Ich darf gar nicht daran denken, denn meine Eltern sind seit über 40 Jahren verheiratet, waren noch nie (außer als Vater im Krankenhaus lag) eine Nacht voneinander getrennt. Aber auch Gedanken wie es sein wird, wenn dann dieser eine Elternteil plötzlich ein Pflegefall wird. Meine Mutter hat ihren Vater 10 Jahre gepflegt. Welche Erwartungen haben die eigenen Eltern an sein Kind? Ist man ein schlechtes Kind, wenn man sich nicht 24.Std. kümmern kann, weil man selbst ja auch noch Familie hat? Meine mom schüttelt immer den Kopf wenn jemand einen Familienangehörigen ins Altenheim bringt, weil sie selbst ihren Vater gepflegt hat bis zum Tod. Aber ich denke halt auch daran, dass ich ja selbst auch Kinder habe, für die ich, bis sie eigene Wege gehen, da sein möchte. Für die Rente muss ich auch noch was tun usw.

Ein komisches Gefühl darüber nachzudenken :traurigwink:

Liebe Grüße Manuela
 
Ich glaube, es ist gut, wenn man über das Thema "Heim" oder nicht rechtzeitig spricht. Es ist meiner Meinung nach auch wichtig,daß man den eigenen Standpunkt klarlegt, und sich die Wohn- bzw. die Situation genau ansieht.
Denn meistens ist es doch heute kaum möglich, noch eine zusätzliche Person in der Wohnung unterzubringen.
Schwierig kann werden, daß man durch eine Pflege ganz aus dem Beruf herausfällt und auch nie wieder reinkommt.
Es kann auch gut sein, daß der eigene PartnerIn gar nicht mit Vater/Mutter/Schwiegervater/Schwiegermutter/Tante im eigenen Heim einverstanden ist.
Man sollte sich der eigenen und familiären Möglichkeiten in Bezug auf Zuwendung, Kraft, eigene Bedürfnisse usw. sehr klar sein.
Auch die finanzielle Seite kann wichtig werden.
Diese Gespräche sollten stattfinden, solange die älteren Verwandten geistig noch beweglich sind.

Ich habe es gerade wieder bei Bekannten erlebt: Der Vater wollte in seiner Umgebung bleiben, nachdem die Frau vor ein paar Jahren gestorben ist und er nicht mehr alleine im Haus leben konnte. Die einzige Tochter lebte ca. 700 km weit weg mit ihrer Familie. Nach vielen Gesprächen haben sie die beiden bzw. die Familie und der Vater geeinigt, daß er in die Nähe der Tochter ziehen würde.
Es war nur eine kurze Zeit der Umgewöhnung, und dann zeigte sich, daß diese Entscheidung goldrichtig war: er bekam oft Besuch, er konnte am Wochenende immer mal mit nach Hause, er fühlte sich wohl...

Gruss,
Uta
 
Zuletzt bearbeitet:
Habe kürzlich in der Bibliothek folgendes Buch gefunden:
Gertrud Teusen: Höchste Zeit, darüber zu sprechen!
30 heikle Fragen, die Sie Ihren alten Eltern schon lange mal stellen wollten.
Kreuz Verlag, 2008; ISBN 978-3-7831-3168-0
Über folgende Themen wird gesprochen:
1 Nachlassende Sinneskräfte
2 Hygiene und Sauberkeit
3 Liebe, Sexualität und Einsamkeit
4 Veränderter Charakter
5 Krankheit und Pflege
6 Sterben, Erbe und Tod
Denjenigen, die noch das Glück haben, mit den Eltern die Themen zu besprechen, die besprochen werden müssen, wünsche ich Mut, Kraft, Geduld und Feingefühl, sowie Glück, den richtigen Zeitpunkt zu finden.
 
Hallo,

genau dieses Thema steht seit kurzem im Mittelpunkt meiner Schwestern und mir. Wir mussten vor ein paar Wochen erkennen, dass mein Vater geistig sehr abgebaut hat. Gerade er, der uns bei unseren Hausaufgaben geholfen hat, gerade er der immer geistig fit war, alles im Haus erledigt hat. Meine Mama war einfach nur fürs Kochen und die Kinder da.
Wir sind gerade dabei einen Plan für uns zu entwickeln, meinen Eltern unter die Arme zu greifen. Es ist schwierig, denn sie begreifen nicht, dass wir jetzt am Zug sind. Wir sind alle 3 berufstätig, haben wirklich einen sehr langen Arbeitstag, aber mit Planung wird es gehen. Sie nehmen nur ungern Hilfe an und besonders mein Vater will sich nicht eingestehen, dass er das alles nicht mehr schafft. Er vergisst Buchstaben, Wege und verläuft sich schnell. Wir haben große Angst das es sehr schnell geht. Eine Patientenverfügung haben sie schon lange mit ihren Hausarzt und uns besprochen. Dieses Schreiben haben wir schriftlich erhalten. Diesen Umschlag habe ich noch nie geöffnet. Meine Mama ist ein ganz leichter Fall, den sie selbst hat ihre Mutter viele Jahre gepflegt und möchte in ein Heim. Bei meinem Vater wird es sehr schwierig. Ganz ehrlich " Ich habe große Angst ".
LG Gine
 
Hallo Gine,

ich hoffe ihr werdet eine gute Lösung für alle Beteiligten finden. Ich denke, dass ist ein großer Einschnitt im Leben, den kann man nicht so einfach wie einen Spaziergang erledigen. Deine Angst kann ich verstehen.

Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft :kraft:

Liebe Grüße Manuela
 
Es ist auch eine schwierige Umbruchphase, wenn die früher so starken Eltern auf einmal schwach werden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man im Zweifelsfall auf bestimmten Entscheidungen bestehen muß, auch wenn der Vater oder die Mutter sich dagegen wehren. Neues macht oft Angst, und im Alter ist das wohl noch viel stärker. Trotzdem: wenn man davon überzeugt ist, daß es zu ihrem Besten ist, sollte man es durchziehen. Meistens lohnt es dann, daß man stur geblieben ist.
Früher haben Eltern gewußt, was gut für die Kinder ist (hoffentlich), und dann ist es eben so, daß Kinder wissen, was für Eltern gut ist, wenn diese selbst das nicht mehr sehen können.

Gruss,
Uta
 
Hallo,

ich habe mal eine Frage: Bei meinem Vater geht es mir einfach zu schnell, kann es sein das er Allzheimer bekommt ? Habe schon eine Menge gelesen, bin mir wirklich ganz unschlüssig. Klar gehören viele Dinge mit zum Alt werden, aber bei meinem Vater geht es mir einfach zu schnell. Ein Beispiel; er kauft eine Karte und schreibt aber den Vers nicht in die Karte, sondern auf den Briefumschlag oder er sucht nachts die Toilette und weis nicht mehr genau wo er ist. Könnt ihr mir helfen das zu deuten ?

LG Gine
 
Das Verhalten Deines Vaters zeigt auf jeden Fall, daß sein Gehirn nicht mehr so funktioniert wie früher.
Ich weiß gar nicht so recht, ob ich es sinnvoll finde, nun zum Neurologen zu gehen, um untersuchen zu lassen - soweit möglich - ob das nun Alzheimer, "normale" Demenz oder sonst etwas ist. Die Folgen sind im Prinzip ähnlich.

Allerdings finde ich, daß ein Blutbild nicht schaden kann, denn oft entwickeln sich auch im Alter Mängel, die man beheben könnte, die aber mit der Begründung "das ist eben das Alter" nicht behandelt werden. Oft ist ein Mangel schlicht und einfach Wasser.

Was ich wichtig finde: wenn klar ist, daß eine Demenz da ist, die rasch fortschreitet, sollte man sich überlegen, was man tut, wenn es schlimm wird. Vorsichtshalber sollte man den Vater/die Mutter/Tante - finde ich - in einem Seniorenheim/Pflegeheim anmelden. Verschieben kann man eigentlich immer noch; aber auf die Schnell einen Platz zu finden, ist schwierig.

Grüsse,
Uta
 
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