Giftgase - Lebensgefahr durch Importware

Themenstarter
Beitritt
28.03.05
Beiträge
4.226
Gestern Abend kam in der ARD diese interessante Sendung.........unsere Verantwortlichen in der Regierung unternehmen einmal wieder nichts........


Jeder fünfte Container, der aus aller Welt in Deutschland ankommt, ist mit gesundheitsschädlichen Gasen belastet, die etwa der Schädlingsbekämpfung dienen. Wer beim Öffnen der Container die Gase einatmet, riskiert sein Leben. Zwar gibt es gesetzliche Vorschriften für den Umgang mit begasten Containern, doch viele Unternehmen scheuen die dadurch anfallenden Kosten. Die Bundesregierung schiebt die Verantwortung für diese Missstände den Ländern zu. Doch dort gibt es in der Regel keine Kontrollen. Susanne Opalka und Steffen Meyer waren den Gift-Containern auf der Spur.
Egal ob Schuhe, T-Shirt oder Matratze – die meisten Dinge, mit denen wir uns umgeben, kommen von weit her. Oft aus Fernost, und dort mehrheitlich aus China. Per Container werden die Waren nach Deutschland gebracht. Zehntausende dieser großen Metallkisten kommen jeden Tag in den deutschen Seehäfen wie Hamburg oder Bremerhaven an. Doch was kaum jemand weiß: Häufig sind die Container und die Waren belastet – mit giftigen Gasen. Eine Gefahr für jeden, der damit in Berührung kommt. Das haben Susanne Opalka und Steffen Mayer herausgefunden.

Der Hamburger Hafen. Hier werden jedes Jahr zehn Millionen Container umgeschlagen - Tendenz steigend. Die meisten stammen aus Fernost, insbesondere aus China. Sie werden verladen auf Schiene, Schiff oder LKW. Was kaum einer weiß: Die Luft in vielen Containern ist mit gefährlichen Gasen belastet. Giftige Stoffe, die die Lagerarbeiter in den Containern nicht wahrnehmen können.

Der Chemiker Torsten Ollesch nutzt deshalb hochsensible Messgeräte.

Torsten Ollesch, Institut für Messtechnik, TU-Hamburg-Harburg
„Sie können die Chemikalien in dem Konzentrationsbereich weder riechen noch schmecken. Das heißt, die Vergiftung passiert oft unbemerkt. Verdachtsmomente sind in dem Fall nicht gegeben, Sie merken es erst dann, wenn die Arbeitnehmer tatsächlich geschädigt sind, dann merken Sie es.“

Die Gase stammen aus den Waren selbst. Die gefährlichen chemischen Stoffe aus der Produktion dünsten wieder aus. Oder die Frachtbehälter wurden mit Schädlingsbekämpfungsmitteln versetzt. Zum Schutz der Ware und um zu verhindern, dass Schädlinge nach Europa eingeschleppt werden.

Rainer Speck hat jahrelang ahnungslos Container aus Fernost entladen. Er ist fünfundfünfzig Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Heute ist er schwer krank. Sein Verdacht: in den Containern waren giftige Gase. Einmal fand er diesen Warnhinweis. an der Tür eines Containers.

Rainer Speck
„Es ging los mit starken, wirklich starken Kopfschmerzen, dann hatte ich Bluten in die Augen, was behandelt werden musste, das musste gelasert werden, der Blutdruck war ins Unendliche hoch gestiegen, Schwindelgefühl, Gleichgewichtsstörungen und, ja das entwickelte sich dann eben immer weiter.“

Er ist heute schwer behindert, hat Sehstörungen und ist wegen Arbeitsunfähigkeit in Frührente. Immer wieder muss er Spezialisten aufsuchen, selber fahren darf er nicht mehr. Seine ehemalige Firma streitet ab, dass Rainer Speck überhaupt in Container hinein gegangen sei. Wir fragen seinen früheren Vorgesetzten.

Hubert Karwatzki, ehem. Vorgesetzter von Rainer Speck
„Es gab keine andere Möglichkeit, sprich: dass man vorne angefangen hat und irgendwann mal in so einem 20 Fuß Container irgendwo hinten die letzte Palette aus der letzten Ecke mit der Ameise oder mit dem Stapler rausholen muss. Und das war unter anderem auch der Herr Speck, der da mit beteiligt war.“

Rainer Speck kämpft heute um die Anerkennung seiner Erkrankung als Berufskrankheit. Doch er kann nur schwer beweisen, dass es Gase waren, die ihn langsam krank gemacht haben. Wir fragen bei seiner ehemaligen Firma nach – doch es gibt keine Antwort. Aber auch andere Mitarbeiter hätten Gesundheitsprobleme, schildert Rainer Speck.

Rainer Speck
„Ich war nicht der einzige, es gab eben viele, die öfters krank waren. Ein Kollege von mir, der ein paar Jahre jünger ist, der ist ja jetzt auch zu Hause. Der ist so deprimiert, der zittert am ganzen Körper, der geht auch kaum noch aus dem Haus. Ich habe ja noch ein bisschen Kontakt mir ihm – und dem geht es eigentlich noch schlechter als mir.“

Eine Untersuchung im Hamburger Hafen ergab, dass fast jeder fünfte Container belastet ist, äußerliche Warnhinweise gibt es so gut wie nie. Besonders erschreckend ist ein weiteres Ergebnis der Studie des Hamburger Zentralinstitutes für Arbeitsmedizin:

Prof. Xaver Baur, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin
„Wir haben in etwa jedem 20. Container festgestellt, dass die Konzentrationen dieser Gifte so hoch sind, dass sie akut bedrohlich für die Gesundheit, oft auch für das Leben sogar sind, so man sich da eine Stunde oder so was in so einem Container aufhält.“

Jeden Tag verlassen den Hafen Hamburg bis zu 6000 gefährliche Container ohne jeglichen Warnhinweis. Sie werden noch bis in den letzten Winkel der Republik transportiert und dort zumeist arglos geöffnet und entladen. Das Risiko ist vielen nicht bewusst.

Prof. Xaver Baur, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin
„Die Gesundheitsstörungen, die wir gesehen haben, betreffen vor allem das Nervensystem. Es gibt Lähmungen an den Extremitäten, Armen, Beinen beispielsweise oder im Gesichtsbereich. Es gibt aber auch Schädigungen, bleibende Schädigungen im Gehirn. Eine Auffälligkeit, die wir wiederholt gesehen haben, waren depressive Verstimmungen oder auch Gedächtnisstörungen.“

Dieser Unfall vor einem dreiviertel Jahr ging vermutlich auf gasbelastete Container zurück Mehrere Lagerarbeiter zeigten nach dem Entladen Vergiftungserscheinungen. Doch im Nachhinein lässt sich nur schwer ermitteln, ob und welches Gas im Container war.

Prof. Xaver Baur, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin
„In der üblichen Blutuntersuchung finden sich bei solchen vergifteten Fällen keine Auffälligkeiten, sondern man muss mit Spezialmethoden ganz gezielt diese Gifte, Begasungsmittel, toxischen Industriechemikalien, suchen im Blut bzw. im Urin, um sie zu entdecken.“

Bei der Hamburger Spedition von Pein hat man seit Jahren Erfahrung mit gefährlichen Containern. Hier hat man Respekt vor jeder der bis zu dreißig Tonnen schweren Metallkisten, denn Gase finden sich fast überall.

Lars Wagener, von Pein Transport und Logistik
„Die Bandbreite der Waren, die begast sind, ist quasi unendlich. Es fängt an bei allen Formen von Textilien über Schuhe, Tonartikel, Lebensmittel, aber grundsätzlich ist es so, dass in der Regel alle Waren auf Paletten oder sonstigen Holzverschlägen sind und diese Holzverschläge und Holzpaletten grundsätzlich begast sein müssen, um die Schädlinge zu bekämpfen.“

Dabei kann ein belasteter Container leicht gereinigt werden: erst wird gelüftet, dann zwischen der Ware gemessen. Mit Gebläsen werden die Schadstoffe immer wieder rausgespült, Lage für Lage wird so herausgeholt.

Kosten und Zeitaufwand für sicheres Entladen sind eigentlich überschaubar. Der Chef der Spedition von Pein investiert das Geld. Er achtet auf korrekte Lüftung und Messung der Container. Seine Arbeiter werden informiert, auf gefährliche Container hingewiesen. Doch er weiß, dass viele Unternehmen hier sparen, das Gas in Kauf nehmen.

Lars Wagener, von Pein Transport und Logistik
„Es wird ignoriert, also das heißt, dass in anderen Firmen durchaus Mitarbeiter mehr oder weniger wissentlich in die Container hinein geschickt werden, um halt möglichst schnell möglichst viele Container umzuladen, das ist schon ein Problem.“

Für den Umgang mit gashaltigen Containern gelten zum Schutz der Arbeiter in Deutschland klare Regeln, die der Arbeitgeber beachten muss. Nur mit einer Atemschutzmaske darf ein solcher Container vom Empfänger geöffnet werden. Dann muss man lüften und messen.

Wie also werden die einzelnen Unternehmen in der Republik überprüft, ob sie die Arbeitsschutzvorschriften einhalten?

Wir wollen von den zuständigen Behörden erfahren, ob und wie sie kontrollieren. Wir fragen bei über 120 Gewerbeaufsichtsämtern und Ämtern für Arbeitsschutz in ganz Deutschland nach. Einige reagieren erst gar nicht. Das Ergebnis ist erschreckend. Die Antworten gleichen sich auf fatale Weise:
Zitate:
„Es liegen keine Erfahrungen über begaste Container aus Fernost vor …“
„Das Landesamt für Arbeitsschutz führt keine regelmäßigen Kontrollen von Containern durch“
„Alle Fragen können nur mir ‚Fehlanzeige’ beantwortet werden …“
„Bei der Vielzahl von Containern finden kaum Kontrollen statt …“

Und immer wieder, Zitate:
„Keine Messmöglichkeiten …“
„Unsere Behörde besitzt keine Messtechnik …“
„… mobile Messtechnik steht nicht zur Verfügung …“

Das gilt auch für die wenigen Ämter, bei denen überhaupt ein Problembewusstsein existiert.

Kritik kommt vom FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Döring. Er wirft der Bundesregierung Untätigkeit vor.

Patrick Döring (FDP), Bundestagsabgeordneter
„Ich denke schon, die Bundesregierung hat die Aufgabe, die Länder auf die Problematik hinzuweisen, auch klare Forderungen aufzustellen, auch abzufragen, wie die Länder mit den Problemen umgehen.“

Doch die Gefahr ist noch größer. Diese niederländische Studie hat gezeigt, dass sogar bei den Konsumenten zu Hause Giftstoffe landen. Diese ziehen im Container in die Waren ein und dünsten dann langsam wieder aus: Lebensmittel waren betroffen, Trinkflaschen, Arzneimittel wurden in ihrer chemischen Zusammensetzung verändert. Schuhe und Matratzen gasten sogar über Monate Chemikalien aus.

Prof. Xaver Baur, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin
„Natürlich geht so eine mehr oder weniger anhaltende Exposition auch mit einer Gesundheitsgefährdung einher. Das betrifft insbesondere anfällige Menschen, kleine Kinder, alte, gebrechliche, kranke Menschen, die haben sicher ein wesentlich höheres Risiko.“

In Deutschland fehlt es bei den gashaltigen Containern an Kontrollen, an Messgeräten, an Gefahrenbewusstsein, an allem.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Das stimmt in diesem Fall leider gar nicht. Man kann nur hoffen, dass dieses Thema von den Verantwortlichen endlich ernst genommen wird.

www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_7777512.html

Liebe Grüße
Anne S.
 
oh ja, ein brisantes Thema, das ja nicht nur die bedauernswerten Arbeiter betrifft, die direkt mit den Containern zu tun haben, sondern das sich weiterzieht (wie auch zitiert) über die Menschen, die die Waren weitertransportieren in LKWs, sie also umladen, in den Geschäften wird die Ware dann ausgepackt, und der Konsument hat sie letztlich zuhause um sich herum oder sogar wie im Falle von Kleidung direkt am Körper.

als wir die Haut durchnahmen erzählte der Lehrer von Mitarbeiterinnen bei KIK, einer Kette für Billig-Kleidung, deren Arme von Ekzemen übersät waren von den Pestiziden, mit denen die Ware eingesprüht wird für ihre lange Reise aus Fernost. die Frauen müssen die Kisten dann auspacken, und so kommt ihre Haut (und nicht nur die, sie atmen die Ausdünstungen ja auch ein) mit den Giften in Kontakt.

seit Jahren wird´s mir in manchen Geschäften nach kurzer Zeit so unangenehm wegen der Gerüche und der drückenden Luft, daß ich entweder gar nicht mehr hingehe bzw nur noch möglichst selten. das sind vor allem Möbelgeschäfte, Billig-Kleidung-Läden, Parfümerien und Geschenkeshops. da wabert ein Mief durch die Räume, der kann ja nur ungesund sein!

man kann wohl nur dazu raten, auf manchen "tollen" Konsum und Einkaufsbummel zu verzichten, Erstandenes gut zu lüften und wenn möglich gleich zu waschen.

Gina
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben