Focusing - über Körperempfindungen Probleme lösen

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23.04.06
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Entwickelt wurde Focusing von Eugene T. Gendlin an der Universität Chicago. Er entdeckte, daß in Therapien diejenigen Klienten erfolgreicher sind, die während der Therapiesitzungen Focusing durchführten.
Ich habe vor längerer Zeit von der Methode gelesen und habe mir daraufhin zwei kleine Büchlein gekauft. :)
Die Arbeit mit sich selbst kann spannend sein und vor allem man bekommt den nötigen Abstand zu den eigenen Problemen. Sehr zeitaufwendig ist es auch nicht. Nun, ich denke ich werde es mal anfangen und vielleicht haben auch einige von euch Interesse?:D

Hier der Link zum Thema:

German homepage (DE)

Grüsse von Juliette


Focusing ist eine Art innerer, körperlicher Aufmerksamkeit, die einige wenige Menschen natürlicherweise kennen, die den meisten jedoch noch unbekannt ist. Es bedeutet nicht einfach, mit Emotionen oder Gefühlen in Kontakt zu sein, und es bedeutet auch nicht, sich über sich selbst "im Kopf" Gedanken zu machen und Vermutungen anzustellen. Es ist vielmehr ein Weg, eine körperliche Empfindung - wir nennen sie einen FELT SENSE - dazu zu bekommen, wie es einem in einer bestimmten Lebenssituation geht. Dieser felt sense ist zunächst unklar und vage. Wenn wir ihm jedoch Aufmerksamkeit schenken, wird er sich in Worten oder Bildern ausdrücken, was oft zu kleinen Veränderungs- und Handlungsschritten und neuen Gedanken führt. Um diesen Vorgang zu erlernen, braucht man gewöhnlich einige Tage mit entsprechender Anleitung. Allgemeine Beschreibungen können Focusing nicht angemessen vermitteln.

Hier eine genaue Anleitung, sozusagen das Grundprinzip:

Betrachten Sie dieses Kapitel lediglich als Einführung. Später werden wir diese Grundkenntnisse erweitern, vertiefen und aus anderen Blickwinkeln betrachten. Schließlich – vielleicht nicht beim ersten Versuch, aber am Ende – werden Sie die bereichernde neue Erfahrung einer inneren Bewegung erleben können. Zu Beginn gebe ich Ihnen die Anleitung zum Focusing in kurzer Form, im nächsten Kapitel beschreibe ich die sechs Schritte ausführlicher, erkläre und vertiefe sie.

Einen Raum schaffen
Erst bitte ich Sie, einmal ganz ruhig zu sein. Entspannen Sie sich einen Moment. Nun achten Sie auf Ihr Inneres, auf Ihren Körper, vielleicht auf Ihren Magen oder Ihre Brust. Achten Sie darauf, was dort vor sich geht, wenn Sie fragen: "Wie steht es mit meinem Leben? Was ist im Moment für mich das Wichtigste?" Horchen Sie auf Ihren Körper und lassen Sie die Antworten langsam von dort kommen. Wenn etwas auftaucht, dringen Sie nicht hinein. Treten Sie einen Schritt zurück, sagen Sie: "Ja, das ist da. Ich kann es hier fühlen." Lassen Sie einen kleinen Raum offen zwischen ihm und Ihnen. Dann fragen Sie, was Sie sonst noch fühlen. Warten Sie erneut auf die Antwort. Normalerweise sind es mehrere Dinge.

Felt Sense
Wählen Sie eines unter den soeben aufgetauchten Problemen aus. Dringen Sie aber nicht hinein. Treten Sie einen Schritt zurück. Natürlich hat das Problem, mit dem Sie sich beschäftigen, viele Aspekte – zu viele, um an jeden davon einzeln zu denken. Sie können aber alle diese Aspekte gleichzeitig fühlen. Achten Sie auf die Stelle, an der Sie gewöhnlich Gefühle empfinden und sehen Sie, welches Gefühl das Problem in seiner Gesamtheit in Ihnen auslöst. Lassen Sie dieses komplexe Gefühl auf sich wirken.

Finden eines "Griffs"
Welcher Art ist dieser unklare "felt sense?" Lassen Sie ein Wort, einen Satz, ein Bild aus dem "felt sense" entstehen. Es kann ein Eigenschaftswort sein wie "eng, schmutzig, angsteinflößend, blockiert, schwer, nervös," ein Satz oder ein Bild. Bleiben Sie in Berührung mit dem "felt sense", bis Worte oder Bilder kommen, die genau dazu passen.

Vergleich
Gehen Sie hin und her zwischen dem felt sense und dem Wort (oder Satz oder Bild). Prüfen Sie, wie gut beide zusammenpassen. Achten Sie darauf, ob ein kleines körperliches Signal Ihnen bestätigt, daß Sie das richtige Wort gefunden haben.

Um das herauszufinden, müssen Sie sich sowohl den "felt sense" als auch das Wort vergegenwärtigen.

Wenn sich der "felt sense" verändert, muß sich auch das Wort oder das Bild verändern, bis es genau die Eigenschaft des "felt sense" trifft.

Fragen
Nun fragen Sie: "Woran liegt es, daß dieses Problem in mir dieses bestimmte Gefühl hervorruft?"(das Sie soeben benannt oder mit einem Bild umschrieben haben).

Achten Sie dabei darauf, daß Sie den "felt sense" wieder spüren, frisch und lebendig (und nicht nur in der Erinnerung). Wenn er da ist, berühren Sie ihn, fühlen Sie ihn, fragen Sie: "Was ist in diesem Gefühl?" Sollten Sie darauf eine schnelle Antwort erhalten, ohne daß ein "shift" im "felt sense" eintrifft, lassen Sie diese Antwort an sich vorübergehen. Wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder Ihrem Körper zu und suchen Sie den "felt sense" erneut. Dann fragen Sie wieder. Bleiben Sie in Kontakt mit dem "felt sense", bis die Antwort mit einem "shift", einer körperlichen Erleichterung und Entspannung, eintrifft.

Aufnahme
Empfangen Sie alles, was mit einem "shift" kommt, in einer entgegenkommenden Haltung. Lassen Sie es eine Weile auf sich wirken, selbst dann, wenn es nur eine leichte Entspannung war. Was auch immer kommt, es handelt sich nur em einen einzelnen "shift" unter mehreren, die noch eintreffen werden. Nach einer kleinen Weile werden Sie weiterfahren wollen, doch vorerst halten Sie einen Moment ein.

Wenn Sie beim Lesen dieser Instruktionen irgendwo eine kleine Weile damit verbracht haben, auf ein unklares, umfassendes körperliches Empfinden eines Problems zu horchen, dann war das Focusing. Es spielt dabei keine Rolle, ob ein "body shift" eintrat oder nicht. Er kommt ohne unser Dazutun. Wir haben keine Kontrolle darüber.
 
Zuletzt bearbeitet:
.....funktioniert tatsächlich:

Ich war mal zu Besuch bei einer Person, die das beruflich macht - Menschen begleitet bei ihrem 'Focusing'. Durch das Gespräch kamen immer stärker Nackenschmerzen auf. Als ich darüber sprach, meinte der Gastgeber, ich solle die Augen schliessen und mich auf diese Schmerzen einlassen. Relativ rasch landete ich in Gedanken und Empfindungen bei meiner Leistenbruchoperation, die ich mit 18 Monaten erleiden musste. Was da alles zum Vorschein kam - erstaunlich! Die Einsamkeit (meine Eltern hatten keine Zeit und es wäre auch besser so, hiess es im Spital), eine liebe Schwester und eine ganz Rabiate, die Operation: ich erinnerte mich an die Nackenschmerzen, die ich vom nach Hintendrücken des Kopfes für das Lachgas erlitt. Ich war vor diesem Trauma ein zufriedenes und ruhiges Kind, doch hiess es im Spital, ich wäre ein 'Zwängibueb' und ein 'Brüeli'. Wieder daheim oder schon im Spital(?) verweigerte ich den Schnuller.
Nach diesem 'Focusing' oder 'Rückführung' ging es meinem Nacken für lange Zeit viel besser!:)

Pegasus
 
Danke Uta für den Link. Habe ihn mir angeschaut und werde mir dementsprechend mal einige Träume vorknöpfen.;)

Dank dir Pegasus für den schönen Bericht. :)
Das zeigt deutlich was man alles mit sich herumschleppen kann, auch wenn es schon so lange zurückliegt. Als Kind hat man ja keine Möglichkeiten sich zu wehren, oder die Sache zu verarbeiten, wie als Erwachsener. Obwohl man in manchen Situationen auch als Erwachsener so seine Schwierigkeiten hat.:eek:)

Manchmal möchte man Symptome ja lieber vermeiden oder bekämpfen, gerade wenn es einem nicht in den Kram passt. Deshalb denke ich das Focusing eine feine Sache sein kann, weil man durch das hinschauen und hineinfühlen Antworten bekommt, auf die man sonst nicht gekommen wäre.

Grüsse von Juliette
 
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