Achtung Meinungssteuerung
von Jan Erik Sigdell, Slowenien
Hugo Stamm hat ein Buch Achtung Esoterik geschrieben (Pendo Verlag, Zürich, 2000), in dem er an der Esoterik kein gutes Haar lässt. Es wird nach und nach alles abgewertet, bis am Schluss nur die Schulwissenschaft mit ihrem materialistischen Vorurteil übrig bleibt. Hier befasse ich mich mit dem Kapitel 8: «Im Bann von Rückführungen und Karmaglaube», das derart viele Behauptungen, Fehler und Unterstellungen enthält, dass die Bloßlegung davon ziemlich leicht fällt. Andere mögen sich mit den anderen Kapiteln befassen. Seine Behauptungen werden fett (oft in meinen Worten zusammengefasst) wiedergeben; meine Kommentare dazu in Normalschrift.
Im Hinduismus sei Karma ein Fatalismus, der nicht mit «Bestrafung» für böse oder «Belohnung» für gute Taten zu tun habe. Karma bedeute die Vorstellung vom Nicht-Handeln. Aktivität gelte es unter allen Umständen zu vermeiden. (S. 78-79)
Entweder versteht Stamm die indische Lehre von Karma und Reinkarnation nicht, oder er verdreht sie als bewusste Taktik. Ein Widerspruch steht z.B. in Bhagavad-Gita II.47: Wer auf die Früchte des Tuns schielt, wird sie nicht bekommen, sondern nur derjenige, der nicht mit ihnen rechnet. D.h., wer mit Berechnung gut ist, erntet das gute Karma nicht, sondern nur wer ohne Berechnung gut ist, weil er auf sein Herz hört und nicht nur auf seinen Verstand..
Man sagt in Indien auch, dass das Nicht-Handeln unmöglich ist. Wenn man in einer Ecke sitzt und gar nichts tut, ist das auch ein Handeln. Unterlassenheitstaten verursachen ebenfalls Karma. Was zählt, ist die Qualität des Handelns und die damit verbundene Absicht.
Zum richtigeren Verständnis von Reinkarnation und Karma im Hinduismus, siehe:
Herman W. Tull: The Vedic Origins of Karma, Sri Satguru, Delhi, 1989.
William A. Borman: The Other Side of Death: Upanisadic Eschatology, Sri Satguru, Delhi,1990.
Wendy Doniger O'Flaherty: Karma and Rebirth in Classical Indian Traditions, Motilal Banarsidass, Delhi, 1983.
Die ursprüngliche Karmatheorie bewirke eine fatalistische Lebenseinstellung und sei ein wirksames Herrschaftsinstrument. Sie stelle sicher, dass die unterdrückten Massen ihr Schicksal widerspruchslos ertragen und nicht gegen Ungerechtigkeiten und Unterdrückung rebellieren. (S. 79)
Das ist es doch gerade, was das Dogma von der ewigen Verdammnis und die Angstmacherei mit dem unverstandenen Tod im Kirchentum bewirkt! In früheren Zeiten sollte man ja auch noch in der Gemeinde schweigen und nichts in Frage stellen... Die Lehre Jesu wurde damit eher zum Machtinstrument entfremdet, als die Reinkarnationslehre in Indien…
Die Theosophen hätten am Ende des 19. Jahrhunderst die fernöstliche Reinkarnationslehre uminterpretiert und die Idee von karmischer Belastung hinzugefügt. (S. 79)
Die letztere Idee ist viel älter als die Theosophie und trat u.a. schon in frühchristlichen gnostischen Kreisen auf. Die Theosophie als Ursprung der Lehre von Reinkarnation und Karma im Westen hinzustellen, ist eine Irreführung. Sie spielt natürlich ihre Rolle, aber es gab schon lange vorher diese Lehre auch bei uns.
Stamm schreibt von einer «Verfälschung der fernöstlichen Karmalehre» wenn es um westliche Reinkarnationsvorstellungen geht. (S. 80)
In Wirklichkeit handelt es sich um eine alternative und von fernöstlichen Lehren teilweise unabhängige Karmalehre. Die Reinkarnationsidee stammt - trotz allen Bemühungen, die Welt es anders glauben zu lassen - nicht ursprünglich aus Indien, sondern entwickelte sich dort auch, parallel zu verwandten Vorstellungen in verschiedenen anderen Völkern.
Es sei zwar richtig, dass die Reinkarnation auch im frühesten Christentum ein bekanntes Phänomen war, allerdings in anderer Form. Damals sei es um eine religiöse Wiedergeburt im Sinne einer Übertragung des Geistes und der Kraft Jesu Christi auf die einzelnen Christen gegangen und nicht darum, mehrere Leben zu führen, erklärte der Heidelberger Theologe Klaus Berger. (S. 81)
Eine Gedankenakrobatik und Erfindung als Versuch, Tatsachen nach dem Dogma «zurecht zu drehen.» Außerdem könnte die Bezeichnung «Reinkarnation» auf eine solche Vorstellung gar nicht zutreffen, da sie wörtlich «Wiederverkörperung» bedeutet. Einzig «Wiedergeburt» im geistigen (und nicht die im körperlichen) Sinne könnte hier zutreffen!
Viele hätten sich in Rückführungen als Kleopatra erlebt. (S. 81 und 84)
Ganz und gar nicht! Dieser Versuch, die Rückführung lächerlich zu machen ist so falsch wie alt. In seriösen Rückführungen ist noch kein(e) Klient(in) selbst Kleopatra gewesen! Hingegen gibt es mehrere Aussagen von sogenannten Hellsichtigen oder Medien, die solches behaupten. Diese haben gar nichts mit Rückführungen zu tun.
Ian Stevenson widmet sich einer seriösen Forschung auf dem Gebiet der Reinkarnation. Eine für viele unerwünschte Forschung. Was nicht wahr sein darf, soll nicht erforscht werden. Deshalb bemüht sich Stamm darum, seine Arbeiten abzuwerten und seine Ergebnisse für nichtig zu erklären. Die gleiche Haltung wird anderen Ergebnissen gezeigt, sobald sie allzu konkrete Indizien für die Reinkarnation offenbaren, die Stamm unter keinen Umständen gelten lassen will. Irgendwelche Behauptungen müssen für diesen vorgefassten Zweck hinhalten. (S. 81-83)
Ebenfalls wird die Reinkarnationstherapie so dargestellt, als ob sie sinn- und nutzlos wäre. Klienten «glauben» physische und psychische Beschwerden auflösen zu können. Offensichtlich hat er sich gar keine Mühe gemacht, nachzuprüfen, inwiefern die Reinkarnationstherapie wirklich hilfreich ist, denn das darf sie für ihn nicht sein… (S. 83)...