Forscher bezweifeln die Wirkung vieler Antidepressiva
Prozac oder Seroxat sind laut einer britischen Studie so gut wie wirkungslos
Antidepressiva wie Prozac oder Seroxat sind laut einer Studie so gut wie wirkungslos. Die neue Generation von Medikamenten gegen Depressionen sei kaum besser als Placebos, ergibt die Studie eines Forscherteams unter Leitung des Briten Irving Kirsch. Die Autoren empfehlen, Antidepressiva nur zur Behandlung von Patienten mit schwersten Depressionen einzusetzen. Bei leichten bis schweren Depressionen sollten Ärzte auf andere Behandlungsmethoden zurückgreifen.
n ihrer Studie untersuchten Irving Kirsch von der englischen Hull-Universität und sein Team die Wirkung der neuen Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die Antidepressiva der jüngsten Generation. Dafür werteten sie unveröffentlichte Daten aus den klinischen Versuchen zur Zulassung der Wirkstoffe Fluoxetin (Prozac), Venlafaxin (Efexor) und Paroxetin (Seroxat) bei der US-Gesundheitsbehörde "Food and Drug Administration" (FDA) aus.
Alison Cobb von Mind von der britischen Hilfsorganisation für psychische Erkrankungen begrüßte die Studie. Sie stelle die bisherige "Vorherrschaft der medikamentösen Behandlung von Depressionen ernsthaft in Frage". "Antidepressiva helfen vielen Menschen, aber bei weitem nicht allen - und bei einigen lösen sie schwere Nebeneffekte aus", sagte Cobb. Neun von zehn Hausärzten seien unglücklich darüber, "dass sie Medikamente verschreiben müssen, weil sie keinen Zugang zu anderen Methoden wie etwa spezielle Verhaltenstherapien haben". Marjorie Wallace von der Organisation Sane bezeichnete die Studie als "sehr beunruhigend". Sollten sich ihre Ergebnisse bestätigen, wäre eine "große Hoffnung" für die künftige Behandlung von Depressionen zerstört. Sie riet allen Patienten ab, ihre Therapie nun einfach ohne ärztlichen Rat abzubrechen.
Nach Angaben von Mind wurden 2006 allein in Großbritannien 31 Millionen Antidepressiva verschrieben, davon 16,2 Millionen der neuen Generation. Gesundheitsminister Alan Johnson will insgesamt 225 Millionen Euro für die Ausbildung von 3600 Therapeuten für die nicht-medikamentöse Behandlung von Depressionen zur Verfügung stellen.
Der Seroxat-Hersteller "GlaxoSmithKline" bemängelte, die Studie ignoriere die "sehr guten Ergebnisse" einer medikamentösen Behandlung. Sie stehe in "Widerspruch zu den Erfahrungen aus dem Klinikalltag", sagte ein Sprecher und warnte davor, bei den Patienten nun "unnötig Alarm und Sorge" auszulösen. Ein Sprecher von Eli Lilly, dem Hersteller von Prozac, sagte zu der Studie, "sorgfältige wissenschaftliche und medizinische Experimente" hätten gezeigt, dass Fluoxetin ein "wirksames Antidepressivum" sei.