Genetische Disposition?

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Was ist das?

Nachweisbar?
Ausrede? (für Diabetes, psychische Probleme, Sucht, Adipositas... usw.)
Hilfreiche Erklärung?

Oder wie Toks es hier https://www.symptome.ch/threads/die-genetische-ausrede.3628/ sagte
Aber leider ist die Aussage "genetische Ursache" genauso zu einen totschlagargument geworden, wie die Aussage "psychsomatisch".

Unter dem Begriff Disposition (lat.: disponere = verteilen, aufteilen) wird allgemein eine psychische, genetische oder erworbene Anfälligkeit für die Ausbildung von Krankheiten verstanden. Eine Disposition zur Erkrankung bestimmter Organe oder Organsysteme nennt man Diathese.

Eine genetische Disposition meint die aus der Struktur oder Zusammensetzung von Erbgut bestimmte außergewöhnliche Veranlagung eines Individuums oder der Mitglieder einer Familie (= familiäre Disposition), bestimmte Besonderheiten und Erkrankungen zu vererben bzw. die anlagebedingte Anfälligkeit, bestimmte Erkrankungen zu entwickeln.
Disposition (Medizin - Wikipedia)

Beispiel:
Wenn ich wollte ;), könnte man bei mir mittels Gentest eine Mutation für Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) feststellen.

Wäre das Ergebnis homozygot (2 mutierte Gene), hätte ich eine Erbkrankheit, welche unbehandelt schwerwiegende Folgen hat.
Wäre das Ergebnis heterozygot (1 mutiertes Gen), würde ich dies "genetische Disposition" nennen.

Diese Mutation, die zur Zeit der Kelten entstanden ist, hat sich bis heute erfolgreich gehalten.
Damals war sie ein Vorteil: Sie schützte vor Blutarmut durch Verletzungen, Parasiten, Geburten, Menstruation, wenig eisenreiche Nahrung.


Mein momentanes Fazit:
Das Wissen um eine bestimmte "Veranlagung" kann hilfreich sein, wenn man damit verantwortungsbewusst umgeht.

Wie sind eure Meinungen, Erfahrungen dazu?

Liebe Grüsse
pita
 
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Moin Pita,

mir ist da etwas aufgefallen:
Ausrede? (für Diabetes, psychische Probleme, Sucht, Adipositas... usw.)
Komisch finde ich was du in Klammern als "möglichkeiten für die Ausreden erforderlich scheinen" verwendet hast, für die "Bluterkrankheit" braucht man also keine? Für körperliche Missbildungen durch genstörungen auch nicht?
Aber für das was bisher als "bist du ja selber Schuld dran" benutzt wurde - dafür braucht man "Ausreden"?
-Nur als Denkanstoß gedacht. ;)

Diabetes halte ich für eine gute Theorie die man mal überprüfen kann:
Diabetes kommt bei familiärer Vorbelastung gehäuft vor, es werden jedoch auch andere Faktoren derzeitig nachgeprüft (infektionen) die eine Diabetes auslösen können (gerade auch Typ II Diabetes!, bei Typ I ist es schon lange bekannt).
Wer weiß (und nachweißt!) das eine hohe "erbliche Belastung vorliegt" hat Anspruch darauf das Regelmäßig entsprechende Blutwerte kontrolliert werden - was wiederum dazu führt das Diabetes früher erkannt wird, es zu weniger Folgeschäden kommt und bei "optimaler individueller Behandlung" auch keine Folgeschäden auftreten.

Dies halte ich für das aktuelle "Paradebeispiel" dafür wo und wie das Wissen um "genetische Dispositionen" wirklich Gut und Sinnvoll genutzt werden.

Bei dem Wissen um die genetische Disposition in Bezug auf psychische und sucht Erkrankungen - wäre z.B. ein frühförderungsprogramm für Betroffene, in dem z.B. der Umgang mit Streß, Enttäuschungen, usw. eingeübt werden sicherlich besser, wie das Abwarten bis Betroffene erste (oder auch extreme) Symptome aufweisen.

Was Adipositas betrifft, wird es schwieriger.
Geht es nur um eine Körperbauentsprechendes "Grundübergewicht"
- als Beispiel zum Vergleich: glaubst du das ein Bernhadiner das gleiche Idealgewicht haben kann, wie ein Windhund? -
dann sollte dies einfach "Akzeptiert werden" - ansonsten würd ich persönlich den Betreffenden nur ein striktes "Diätverbot" mitgeben, da "Diäten" der Hauptfaktor sind um Übergewicht in Adipositas zu verwandeln.

Geht es um Erkrankungen - z.B. Schilddrüsenstörungen, Hypercortisolismus, usw. - sollten eben bei bekannter Disposition die entsprechenden Werte regelmäßig überprüft werden. Damit eine notwendige Behandlung frühzeitig beginnen kann.

Das sind meine Gedanken und Überlegungen zu diesem Thema.

Liebe Grüße,
Cailly
 
Meine Kinder werden von mir zumindest die genetische Disposition zur Hämochromatose geerbt haben. https://www.symptome.ch/forums/haemochromatose.156/
Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, dass sie die genetische Disposition ihres Vaters zur Schizophrenie geerbt haben. ( https://www.symptome.ch/threads/schizophrenie-genetische-disposition.15101/ )
Solche Informationen sind Fluch und Segen gleichzeitig.
Wer solche Aussagen eines Arztes vorliegen hat tut gut daran, sich selber eingehend zu informieren, nicht in Panik oder Resignation zu verfallen und die geeigneten Schritte zu überlegen.
Das Ganze steht und fällt mit der Art und Weise, wie der Arzt die Botschaft an den Patienten weitergibt - und mit dem, was der Patient anschliessend damit anfängt.
( In dem Zusammenhang sollte man auch erwähnen, dass frühzeitige Gentests bei Kindern dazu führen können, dass später Probleme mit Krankenkassen auftreten können.
Falls im Rahmen des Vertretbaren, sollte man die Kinder beobachten und keine voreiligen Tests veranlassen.)
Sine
 
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Richtig, Horaz.
Deshalb habe ich diesen Thread auch in mein Eingangsposting eingeflochten :).

Liebe Grüsse
pita
 
Hallo pita,

Mein momentanes Fazit:
Das Wissen um eine bestimmte "Veranlagung" kann hilfreich sein, wenn man damit verantwortungsbewusst umgeht.


Ich sehe das Wissen darüber auch als hilfreich an.

Gerade bei der Entgiftung ist es doch wichtig, dass man weiß wo man steht.

Wie funktionieren z.B. die GST(wichtig bei Schwermetallen) oder Cytochrome.

Fehlt z.B. das Cytochrom P 450 2C9 oder ist genetisch verändert, kann man
Arzneimittel wie Carbamazepin, Diclofenac, Ibuprofen etc. über die Leber nicht abbauen.

Solche Dinge werden viel zu wenig beachtet.

Da werden von Ärzten fleißig Schmerzmittel verordnet und nach ein paar Jahren hat der Patient dann seinen Leberschaden weg.


Liebe Grüße
Anne S.
 
Hallo Cailly

mir ist da etwas aufgefallen:

Komisch finde ich was du in Klammern als "möglichkeiten für die Ausreden erforderlich scheinen" verwendet hast, für die "Bluterkrankheit" braucht man also keine

Meine Fragezeichen weisen darauf hin, dass ich da keine eindeutige Meinung habe und einfach verschiedene, mögliche Aspekte aufzeigen wollte - und klar, wollte ich damit ein bisschen polarisieren ;).

Die Bluterkrankheit ist gut erforscht, nachweisbar und mit "Ausrede" für mich nicht vereinbar.

Aber, wie Du richtig sagst,
für das was bisher als "bist du ja selber Schuld dran" benutzt wurde
da bleiben für mich bisher so einige Fragen offen :confused:.

Für mich ist klar, dass es familiäre Veranlagungen gibt, auch wenn man sie bisher nicht klar diagnostizieren kann.

Und genau da komme ich zu meinem nächsten :confused::
- Wo ist es wirklich hilfreich, die medizinische Diagnostik immer weiter ins Detail zu treiben?
- Verliert man damit nicht auch unter Umständen den Blick fürs Ganze, für Zusammenhänge?
- Einige Menschen werden damit in die Haltung "ich kann ja eh nix tun" getrieben, was zum einen Hoffnungslosigkeit/Starre bedeuten kann, zum anderen eben möglicherweise als "Ausrede" benutzt wird.

Liebe Grüsse
pita
 
Ein weiteres "schönes" Beispiel:

https://www.symptome.ch/threads/parodontitis-und-immunsystem.15126/

Es wird ein Test angeboten, mit der Möglichkeit zum Nachweis einer genetischen Veranlagung zur erhöhten Bildung von Interleukin-1β.

froschminister hat dazu kurz, knapp und gut gesagt:
klar sind die vererbten anlagen eine wichtige voraussetzung; einfluss nehmen, wirklich für jeden, ist aber über die zahnpflege möglich.

Mit "Dispositionen" gilt es "umzugehen" und dort anzusetzen, wo es möglich ist.

Liebe Grüsse
pita
 
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Hallo pita,

genau das ist das Vertrackte an genetischen Dispositionen. Es kann leicht zum Zurücklehnen führen, weil man "ja ohnehin nichts machen kann". Es kommt aber auf das Umgehen mit der Situation entscheidend an. Es gibt ja auch genetische Voraussetzungen, ob ein Mann zum Beispiel 1.95 groß wird oder nur 1.65. Im zweiten Fall wird eine Karriere als Basketballspieler wenig Erfolg haben.
Weil man auch Gegensteuern kann, kann es gelingen, aus genetischen Nachteilen durch Überkompensation Vorteile zu erlangen.

Viele Grüße, Horaz

PS: Pita, ich habe den Link bei deinem Eingangsposting überlesen, deshalb hatte ich ihn (noch einmal) hineingestellt.
 
Moin Pita,

ich möchte dann gern mal auf das ja recht aktuelle Problem "genetische Disposition bezüglich Übergewicht" eingehen.

Gerade hier wäre ein "gar nichts tun" mit Sicherheit sehr viel Hilfreicher, wie das was aktuell immer noch selbst von Ärzten Empfohlen wird:
Gewichtsreduktion egal um welchen Preis... welcher wie sich aus den Ergebnissen der letzten 50 Jahren gezeigt hat nur aus immer höherem Übergewicht zusammensetzt.
Gar nichts tun - sprich einfach normal Essen - führt hingegen bei den wenigen Menschen die es durchziehen zu dem was völlig normal ist, ein ganz langsames ansteigen des Gewichts das sich innerhalb normaler Parameter bewegt.

Was ist nun der gravierendste Unterschied?
Ganz einfach:
Menschen der ersteren Gruppe erkranken sehr viel häufiger an den Erkrankungen die auf Übergewicht zurückgeführt werden (Vorurteile), während die aus der zweiten Gruppe nur in sehr geringem Maße (deutlich weniger wie "normalgewichtige"!) an diesen Erkrankungen leiden.

Logisches Fazit wäre:
Diätverbot, akzeptieren von genetisch dispositioniertem Übergewicht ohne entsprechende "Gegenmaßnahmen".
Allerdings wäre eine langfristige Folge davon das es zwar immer noch sehr viele Übergewichtige gäbe, jedoch die Zahl der Adipösen immer geringer würde - was ja der "Fettepedemie" wiedersprechen würde. Da dies nicht sein darf, wird sogar von "oben" (Politik) immer noch zum "Abnehmen & Diäten" selbst bei geringem Übergewicht und das schon bei Kindern geraten - auf das die Situation auch ja gehalten wird.

Ist nur ein Beispiel, jedoch ein wirklich "krasses". Aber eins wo erkennbar ist das man manches einfach "akzeptieren" sollte, während man bei anderem durchaus schauen sollte "was kann ich selbst tun um Folgen zu vermeiden?"

Liebe Grüße,
Cailly
 
Offensichtlich ist es nicht einfach, mit ererbten Anlagen umzugehen. Und offensichtlich weiß die Forschung auch noch nicht so recht, wie sie damit umgehen soll und kann, wenn ein Gentest eine bestimmte genetische Veranlagung zeigt.

Im Bayer. Rundfunk wurde dieses Thema auch behandelt:

Weiß man erst, welche Gene verantwortlich sind, kann man Erbkrankheiten heilen, hofften viele Wissenschaftler nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Doch bisher hinkt die Therapie genetischer Erkrankungen den diagnostischen Möglichkeiten stark hinterher. Nur bei wenigen Krankheiten ist durch das frühe Erkennen auch eine rechtzeitige Therapie möglich - etwa bei erblichem Darmkrebs. Christina Teuthorn sprach mit der Fachärztin für Humangenetik Elke Holinski-Feder vom Medizinisch Genetischen Zentrum (MGZ) und dem Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München über Chancen und Risiken von Gentests. Sie können das Interview anhören (Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk) oder ausführlich in diesem Dossier nachlesen.
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk
Erbkrankheiten | Umwelt & Gesundheit | Bayerischer Rundfunk

Uta
 
Mich würde ja mal der Effekt der sich selbst erfüllenden Prophezeihung, hinsichtlich des Auftretens oder Nichtauftretens von Störungen/ Erkrankungen, bei genetischen Dispositionen interessieren.

Gibt es da wohl schon Untersuchungen? Ich meine dazu, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Wissen oder Nichtwissen, um eine genetische Disposition?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Gentest: "Wie alt werde ich?"

Dieser Artikel treibt die Absurdität von "Heimtests für Alle" auf die Spitze :D

Gentest

Liebe Grüsse
pita
 
Hallo Leon,
ich bin davon überzeugt (habe aber keinen Link dazu), daß das Wissen um eine genetische Vorbelastung genauso bestimmend sein kann wie das Wissen um die Möglichkeit, in einem Kühlraum zu erfrieren. Dabei denke ich an diesen Fall des Mannes, der in einem Kühlwagen eingeschlossen wurde und mit allen Anzeichen des Erfrierens tatsächlich gestorben ist, obwohl die Kühlung gar nicht eingeschaltet war...

Wir sind nicht die Sklaven unserer Gene! - sagte am Samstag wieder Dr. Marianne Koch im Gesundheitsgespräch im BR...
Gruss,
Uta
 
Die wenigsten Erbrankheiten monogenen Ursprungs. Diese mittels Gentest nachzuweisen, kann ein Segen sein, wenn eine entsprechende Behandlung möglich ist.

ABER:

Die meisten Erbkrankheiten sind multifaktoriell, lassen sich also nicht auf einen einzelnen Gendefekt zurückführen. Ein Beispiel ist Bluthochdruck. Man weiß seit langem, dass Bluthochdruck vererbt werden kann, hat aber noch nicht alle der - offenbar zahlreichen - genetischen Risikofaktoren identifizieren können. Auch bei erblichem Darmkrebs sind oft mehrere Genabweichungen im Spiel. Proppings Arbeitsgruppe fand hier eine Veränderung, die eine bestimmte Art des erblichen Darmkrebs begünstigt. Die Hälfte aller Menschen, die diese Abweichung trägt, erkrankt. Wer dieses Risiko kennt, könnte frühzeitig mit der Vorsorge beginnen. Auch für viele andere Erkrankungen wie Alzheimer, Schizophrenie und sogar Lepra wurden Genfaktoren entdeckt, die das Erkrankungsrisiko erhöhen.

Wissenschaftsjournalismus - Gentests für Anfänger

Typisch für jede Form genetischer Diagnostik multifaktorieller Krankheiten bzw. Krankheitsdispositionen ist die begrenzte Aussagekraft, da nur ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung, nicht aber eine sichere Prognose möglich ist. Der Aussagegehalt einer typischen, aus Gentests resultierenden Information, dass nämlich das entsprechende genetische Merkmal bewirkt, dass der Patient bis zu einem bestimmten Alter mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit an der Krankheit x erkranken wird, erscheint zumindest dann sehr problematisch, wenn es keine verlässliche oder verträgliche Behandlungsmöglichkeit gibt.

Eine zukünftige Ausweitung genetischer Tests auf multifaktorielle Krankheitsdispositionen ist jedoch nicht unwahrscheinlich. Zum einen werden im Lauf der kommenden Jahre vermutlich zunehmend sinnvoll testbare, d.h. präventiv behandelbare, Dispositionen erforscht werden. Zum anderen muss realistischerweise damit gerechnet werden, dass sich auch weitgehend sinnlose Tests etablieren können. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass viele Diagnose- und Therapieverfahren angewendet (und auch von den Krankenkassen finanziert) werden, deren Sinn und Zweck nie wissenschaftlich einleuchtend begründet oder gar evaluiert worden sind.

Stand und Perspektiven der genetischen Diagnostik

Die Bundesärztekammer hat bereits 1998 dazu Richtlinien herausgegeben:
www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.7.45.3260

Ethische Aspekte des Gentests bedenken

Die Richtlinien der Bundesärztekammer stellen daher den Schutz der Betroffenen in den Vordergrund. "Ohne Beratung über medizinische, psychologische und soziale Aspekte darf beispielsweise keiner getestet werden, denn ein zu sorgloser Umgang damit könnte Diskriminierung und andere unerträgliche Auswirkungen auf eine Familie haben. Hinzu kommt die Frage der Konsequenzen einer solchen Testung: Selbst für die Frauen, die ein Brustkrebsgen tragen und für die ein hohes Krebsrisiko bekannt ist, können derzeit nur besonders intensive Früherkennungsmaßnahmen angeboten werden. Eine 'Reparatur' des Gendefekts ist nicht möglich. Wie bei allen anderen Tests auf erbliche Erkrankungen müssen vor ihrer Einführung und Anwendung deshalb auch die sozialen, ethischen und psychologischen Folgen eines solchen Wissens diskutiert und bedacht werden", heißt es beim Krebsinformationsdienst.

www.ard.de/leben/themenwoche/frueherkennung-praevention/genetische-disposition/-/id=389134

Im Jahr 2005 wurden in Deutschland bereits 90'000 Gentests vorgenommen.

Sobald diese Tests nicht mehr eine persönliche Entscheidung über Wissen oder Nichtwissen sind, wird es äusserst fragwürdig.
Denn es sind ja auch schon Arbeitgeber und Versicherungen auf die Idee gekommen, solche Tests zu verlangen...

Liebe Grüsse
pita
 
Wikipedia listet unter "Erbkrankheit" folgende Krankheiten in der Sparte "Genetische Disposition" auf:

Genetisch bedingte Disposition [Bearbeiten]

Diverse Erkrankungen, Behinderungen und Besonderheiten sind nicht im Sinne einer klassischen Erbkrankheit erblich, sondern ihr Auftreten kann durch eine (mitunter familiäre) genetische Erkrankungsdisposition (Veranlagung, Anfälligkeit) bedingt sein. Hierzu zählen z.B.:

* Adipositas
* Allergien, diverse
* Alzheimer-Krankheit
* Autoimmunerkrankungen
* Bluthochdruck
* Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
* Depression
* Diabetes mellitus
* Großzehenabweichung (Hallux valgus)
* Haarausfall
* Herzfehler
* Herzinfarkt
* Krebserkrankungen diverse (siehe Bundesärztekammer)
* Laktoseintoleranz
* maligne Hyperthermie
* Migräne
* Multiple Sklerose (MS)
* Osteoporose
* Parkinson-Krankheit
* Plaque (siehe BLZK.de)
* Psoriasis
* Rheuma
* Schizophrenie
* Schlaganfall
* Taubheit
* Formen der Trisomie (Disposition zur Entstehung einer Translokations-Trisomie bei Nachkommen beim Vorliegen einer "Balancierten Translokation" des entsprechenden Chromosoms bei Eltern ohne die jeweilige Form von Trisomie)
* Vitiligo
Erbkrankheit - Wikipedia

Hoppla, eine ganze Menge...:rolleyes:

Liebe Grüsse
pita
 
Dies hier finde ich gut beschrieben:

Bei multifaktoriellen Störungen/Krankheiten sind sowohl genetische als auch nicht-genetische (exogene) Faktoren an der Entstehung beteiligt.

Vermutlich sind eine Vielzahl gerade häufiger Erkrankungen multifaktoriell bedingt. Der genetische Anteil kann dabei als Disposition wirken, die bei zusätzlichen exogenen Noxen zur Ausprägung der Störung führt. Man kann multifaktorielle Störungen in Art eines Schwellenwertmodells beschreiben. Die Störung tritt dann auf, wenn ein Schwellenwert überschritten wird.

Es kann dabei im Einzelfall entweder der genetische Faktor oder auch der exogene Faktor überwiegend oder nahezu ausschließlich beteiligt sein. Je nachdem wie groß der endogene Anteil ist, ist der Schwellenwert durch zusätzliche exogene Noxen früher oder später erreicht.

www.med-rz.uni-sb.de/med_fak/humangenetik/skripte_2/skriptklingenws0506.pdf

Liebe Grüsse
pita
 
Hallo Pita,

das ist zwar das, was immer mal wieder gesagt wurde, aber doch noch mal neu auf den Punkt gebracht. Die Wirkungen eines Verursachers können jeweils zwischen 1 % und 99 % liegen ;) - aber es gibt nie nur einen Faktor.

Herzlichen Dank!

Viele Grüße von
Leòn
 
Hallo,

seit einiger Zeit beobachte ich hier im Forum eine starke "Gläubigkeit" an Gentests und möchte den unten stehenden Bericht als Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, daß Gentests NICHT das "non plus ultra" sind, als das sie immer dargestellt werden.

Jahrhunderte lang stritten Psychologen, was hat den größeren Einfluß auf den Menschen: Die genetische Veranlagung oder die Umwelt/Erziehung/Soziales Umfeld/Ernährung? Heute muß man noch den Einfluß langfristiger Behandlungen mit Chemotherapeutika hinzunehmen. Inzwischen geht man überwiegend davon aus, daß alle diese Faktoren eine wichtige Rolle spielen, sich gegenseitig verstärken aber auch abschwächen können. Es ist also immer eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen erforderlich.

Ein weiterer Faktor, der bei der Suche nach schuldigen Genen fast nie erwähnt und viel zu oft ignoriert wird, ist die wohlbekannte Tatsache, daß Gene nicht ein Leben lang bei ein und derselben Funktion bleiben. Je nach Lebensumständen und o.g. Faktoren verändern sie ihre Funktion, sie gehen neue und unterschiedliche Kooperationsgemeinschaften mit anderen Genen ein. Gene sind lernfähig, entwickeln sich demgemäß weiter und verändern sich. All dies sollte man berücksichtigen, wenn man den folgenden Artikel zu einem "neu entdeckten Gen" liest, das angeblich Osteoporose verursacht.

Die Kohortenstudie, die im Artikel erwähnt wird, erwähnt mit keinem Wort, ob diese Menschen etwa Sport getrieben haben, wie sie sich ernährten, ob sie allgemein ein gesundes Leben führten (Schlaf, stressfrei usw.), welche Medikamente sie längerfristig eingenommen haben (viele haben als Nebenwirkung Osteoporose), d.h. daß das entdeckte Gen bestenfalls ein winziger Fingerzeig sein kann, wenn überhaupt, aber nicht zu einer fundierten Diagnose taugt. Denn bei der Bewertung, ob PLS3 Osteoporose auslösen kann, wurden äußerst wichtige Faktor überhaupt nicht berücksichtigt. Die Originalstudie aus der dies ersichtlich ist -leider englisch- findet man hier:
MMS: Error - seltsame symptome Umbenennung, kein Fehler
MMS: Error - seltsame symptome Umbenennung, kein Fehler

Und nun der Artikel:
Osteoporose: Neues Gen entdeckt
Osteoporose gehört laut WHO zu den zehn bedeutendsten Erkrankungen der Gegenwart. In Deutschland leiden etwa acht Millionen Menschen an einer Osteoporose. Wissenschaftler haben nun ein neues Krankheitsgen identifiziert.


Circa 25 Prozent der Frauen entwickeln nach der Menopause eine Osteoporose. Osteoporose führt häufig zu Frakturen. Durch die zunehmend alternde Gesellschaft wird geschätzt, dass im Jahr 2020 die Anzahl durch Osteoporose bedingter Frakturen von jetzt 100.000 auf circa 150.000 pro Jahr steigen wird. Im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit hat die Arbeitsgruppe um Prof. Brunhilde Wirth aus dem Institut für Humangenetik der Uniklinik Köln ein neues Krankheitsgen namens Plastin 3 (PLS3) identifiziert, das bei Männern Osteoporose mit Frakturen und bei Frauen Osteoporose verursacht.
X-Chromosom ist verantwortlich

Das Gen liegt auf dem X-Chromosom, welches bei Männern in nur einer Kopie vorliegt, während Frauen zwei X-Chromosome tragen. Männliche Patienten, die über eine ungünstige Genvariante verfügen, haben demnach einen vollständigen Funktionsverlust von Plastin 3, was zu einer schweren Osteoporose führt. Bei Frauen führt eine ungünstige Genvariante zu einer milderen Ausprägung der Osteoporose, da der Funktionsverlust teilweise über die zweite Kopie des Plastin 3 Gens auf dem zweiten X-Chromosom ausgeglichen werden kann. Weiterhin haben niederländische Forscher in zwei unabhängigen großen Kohorten von weiblichen Patienten mit altersbedingter Osteoporose überdurchschnittlich häufig eine Assoziation mit einer Genvariante im Plastin 3 Gen im Vergleich zur Kontrollgruppe gefunden. Dies spricht dafür, dass Plastin 3 auch bei der altersbedingten Osteoporose eine wichtige Rolle spielen könnte.
Osteoporose: Neues Gen entdeckt - Newsletter: DocCheck News - DocCheck-News - DocCheck News

Die Genforschung wird heutzutage sehr intensiv gefördert und ist ein beliebtes Forschungsfeld. Leider wird ihre Bedeutung jedoch weit überschätzt, wenn es darum geht, bestimmte Gene als Krankheitsverursacher dingfest zu machen. So auch bei dieser sehr einseitigen Forschungsarbeit zur Osteoporose. Hier wurden nur fünf Familien untersucht - das ist für eine zuverlässige Auswertung viel zu wenig, es müßten Hunderte sein. Aus dem Originalbericht ist auch zu entnehmen, daß die Altersangaben zu den "Forschungsobjekten" nicht ganz stimmig sind - die untersuchten Familien beinhalten vom Kind bis zum Greis alle Mitglieder. Die Kohortenstudie beinhaltete hingegen nur ältere Menschen.

Wenn bei solchen Studien alle Angaben über die o.g. ganzheitlichen Einflußfaktoren fehlen, dann sind sie fast gänzlich wertlos. Dies ist bei Genbestimmungen besonders wichtig, trifft jedoch auch auf alle anderen Testverfahren, Ursachenbestimmungen, zu. Solche Daten sind also grundsätzlich mit mehreren großen Fragezeichen zu versehen. Der Mensch ist viel, viel mehr als seine Gene: Körper, Geist und Seele bilden eine interaktive, unwahrscheinlich wandlungsfähige Einheit.

Gruß,
Clematis
 
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Inwieweit eine Krankheit oder Störung einen genetischen Teil hat kann man anhand Zwillingsstudien errechnen. Man muss einfach von der Konkordanzrate eineiiger Zwillinge die zweiiger Zwillinge abziehen und hat dann den genetischen Anteil. D.h. man braucht für eine derartige Aussage keine quantitative Genetik; wohl aber für die Benennung konkreter Gene.
Es gibt bekanntermaßen Krankheiten die zu 100% genetisch verursacht werden - was sich anhand letzterer Zwillingsstudien sicher sagen lässt -, und da ist der Gentest sehr wohl das "Nonplusultra".
 
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