Psychische Disposition - die Einstellung

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Mit dem Begriff der Einstellung wird allgemeinsprachlich die persönliche Meinung eines Menschen umschrieben. Man könnte auch von einer tieferliegenden "Haltung zu etwas" sprechen, meine ich.

In unserem täglichen Leben bewerten wir unzählige Objekte. Dabei kann es sich um konkrete Objekte wie Schokoladeneis, eine Person oder eine Wohnung handeln, aber auch um abstrakte Dinge, wie der Feminismus oder die Demokratie. Mit Einstellung ist eine psychische Tendenz bezeichnet, "die dadurch zum Ausdruck kommt, dass man ein bestimmtes Objekt mit einem gewissen Grad von Zuneigung oder Ablehnung bewertet" (Eagly & Chaiken, 1998). Zum Teil überlappende Begriffe sind auch Selbstwertgefühle, Wertvorstellungen oder Vorurteile. Einstellungen ohne Beteiligung bewusster Gedankengänge werden auch als "implizite Einstellungen" bezeichnet. Einstellungen erfüllen viele Funktionen in unserem Leben: Sie dienen der Erreichung von Zielen, dem Erhalt von Belohnungen oder der Abwehr von Bestrafungen, indem sie eine umweltstrukturierende und handlungsleitende Funktion haben.
Lernportal Psychologie, Fernuniversitaet Hagen - Einstellungen

Fünf Kriterien von Einstellungen
1. Einstellungen beziehen sich immer auf definitive Reize oder komplexe Reizsituationen. Die Reaktion des Individuums auf diesen Reiz ist nicht angeboren oder biologisch determiniert, denn die Objekte waren immer schon zuvor ein Umgebungsreiz, zu dem dann erst eine spezielle Beziehung (Einstellung) entwickelt wurde.

2. Einstellungen werden in Beziehungen zu Objekten (wie etwa Personen, Werten) geformt; das bedeutet, ein Individuum entwickelt im direkten Kontakt mit Objekten seiner Umwelt gewisse Vorlieben und Abneigungen, und wenn diese fixiert werden, sind Einstellungen entstanden.

Der Kontakt zu Objekten dieser Art beginnt selbstverständlich mit einer Wahrnehmungsphase – auf diesen Hinweis legen die Autoren großes Gewicht. Zu jener Phase zählt auch die Wahrnehmung eines Werturteils, das ein anderer Mensch als knappes Statement seiner Einstellung abgibt; in dieser Weise übernimmt das Individuum mitunter Einstellungen, die etwa den Status oder soziale Distanz innerhalb der Gruppe bestimmen (die Autoren sprechen hier von direktiver sozialer Einstellung).

Der Deutlichkeit halber sei wiederholt, dass Einstellungen in sozialen Lernprozessen übernommen werden.

3. Einstellungen haben affektive Eigenschaften unterschiedlichen Ausmaßes; eindeutig findet man affektive Merkmale bei Einstellungen, die motivationalen Ursprungs sind, doch auch ohne solch einen motivationalen Ursprung sind affektive Merkmale festzustellen. Einstellungen stehen im direkten Bezug zu sozialen Werten und Normen, die in sich bereits standardisierte affektive Fixierungen darstellen.

Allein durch die Teilnahme an diversen Gruppenaktivitäten erhalten Werte und Normen für das Individuum unausweichlich eine affektive Note – im Hintergrund dessen steht die Feststellung, dass Individuen ihre Einstellungen in Anlehnung an die Einstellungen der Gruppe ausformen.

4. Wie bereits im erläuternden Vorspann erwähnt, sind Einstellungen stärkere oder schwächere anhaltende Zustände der Bereitschaft, in spezieller Weise auf gewisse Objekte zu reagieren.

“Bereitschaft” bezieht sich hier auch auf kognitive Komponenten, die in der Wahrnehmungsphase an der Entstehung von Einstellungen (als einer Art Informationsaufbereitung) beteiligt sind. Die Autoren verweisen zudem darauf, dass Einstellungen keine absoluten, dauerhaften Fixierungen darstellen, sondern sehr wohl der Veränderung offen stehen; wichtig bleibt, dass es sich um anhaltende (also weder kurzlebige noch endgültige) Fixierungen handelt.

5. Die Kategorisierung all der verschiedenen menschlichen Einstellungen halten die Autoren für müßig, da Einstellungen ebenso breit gefächert sind, wie die Objekte, auf welche sie sich beziehen. Zudem ist jede Reizsituation an sich extensiv zu nennen: nicht alle Objekte müssen in der ursprünglichen Wahrnehmungsphase tatsächlich vorhanden gewesen sein, auch Repräsentationen (etwa durch Umschreibungen von Seiten anderer Menschen), wirken als eine solche Reizsituation.
www.social-psychology.de/sp/sozialpsychologie/sherif-cantril-einstellungen

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hm, soll ich übersetzen :D?

Einstellungen sind zunächst einmal die Grundlagen dafür, dass wir überhaupt etwas bewerten können. Zum Beispiel ist unser Selbstwertgefühl, sind unsere Wertevorstellungen und nicht zuletzt unsere Vorurteile in Verbindung mit unseren Einstellungen zu sehen.

Aufgrund unserer Einstellungen reagieren wir auf bestimmte Ereignisse bzw. in bestimmten Situationen.

Einstellungen entstehen durch die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt.
Sie werden sozusagen gelernt. Der Rückschluss wäre für mich dann logisch, dass sie auch wieder "verlernt" werden können!

Einstellungen haben ein unterschiedlich starkes emotionales Potential. Je existenzieller das "Thema", empfunden wird, desto stärker ist die emotionale Beteiligung. Habe ich zum Beispiel die tiefverwurzelte Einstellung "Alle Menschen sind gleich - Schwache muss man schützen", werde ich zum Beispiel bei ausländerfeindlichen oder diskriminierenden Aussagen besonders "angefasst" reagieren.

Einstellungen beinhalten eine mehr oder weniger dauerhafte und mehr oder weniger gleichbleibende Bereitschaft,in besonderer Weise auf innere und äußere Umstände zu reagieren.
Es handelt sich noch nicht um Fixierungen, sondern sie sind überprüf- und veränderbar!

Einstellungen können sich auf alle möglichen Reize und Objekte (durch sie ausgelöste Reize beziehen) und sind deshalb immens vielfältig.

Einstellungen haben etwas mit innerer Disposition, also "Festlegung" zu tun und es kann sinnvoll sein, manche Einstellungen zu überprüfen.

Soviel zunächst mal zu dem, was der Begriff "Einstellung" an sich beinhaltet.
Meiner Meinung nach.

Probleme mit den Einstellungen kann es zum Beispiel dann geben, wenn man im sozialen Rahmen in oder außerhalb von Gruppen, auf Gruppen oder Personen trifft, die anderen Einstellungen folgen.
Oder wenn sich eine Einstellung doch als (unangemessene) Fixierung erweist.

Ich hoffe, ich habe mich verständlicher :eek:) ausgedrückt?

Herzliche Grüße von
Leòn

P.S.: wichtig scheinen mir noch die unterschiedlichen Definitionen zu sein:

Definitionen

Es gibt grundsätzlich zwei Definitionsansätze: Eine Einstellung, verstanden als eine Reaktionskonsistenz auf bestimmte Reize, d. h. eine Reaktion auf einen bestimmten Stimulus. Die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, die man beispielsweise zu einer Partei hat, sind dann Einstellung dazu. (Die Variante legt einen behavioristischen Einstellungsbegriff zugrunde.) Der zweite Ansatz unterscheidet Reaktion und Einstellung und sieht letztere zwischen einem Reiz (Partei) und der Reaktion (als hypothetische Konstrukte der Forscher, d. h., da wir Einstellungen selbst nicht direkt beobachten können, sondern wir müssen über verschiedene Indikatoren schließen (z. B. darüber, was jemand über einen Sachverhalt denkt oder wie er sich ihm gegenüber verhält). Einstellungen wären so nicht die Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen zu einem Reiz, sondern diese drei Komponenten weisen nur auf eine bestimmte Einstellung hin. Diese Variante ist die in der Einstellungsforschung verbreitetere.

Eine Einstellung wird nach Allport definiert als „seelischer und nervlicher Bereitschaftszustand, der durch die Erfahrung organisiert einen richtenden oder dynamischen Einfluss auf die Reaktionen des Individuums gegenüber allen Situationen und Objekten ausübt, mit denen es verbunden ist.“ Einfacher ausgedrückt handelt es sich also bei einer Einstellung um eine auf Erfahrungen beruhende psychische (Reaktions-)Tendenz, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass man einen Einstellungsgegenstand mit Zuneigung oder Ablehnung bewertet.
Einstellung (Psychologie) - Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Leon,
vielen Dank für die ausführliche Interpretation des Textes. Er hat mir auch nicht wirklich Schwierigkeiten gemacht, ich habe nur nicht so genau verstanden, warum Du ihn hier ins Forum gestellt hast.

Es geht Dir also mit diesem Text darum, darauf hinzuweisen, daß man bei "Unverträglichkeiten" mit der eigenen Umwelt auf die Idee kommen sollte, die eigene Haltung, eigene Denkmuster und eben Einstellungen zu überprüfen (die des Gegenüber doch auch?), um evtl. von diesen "Unverträglichkeiten" wegzukommen?

Als alte 3in1-Kinesiologin ist mir das Thema sehr vertraut; nicht ohne Grund gibt es in vielen Kinesiologie-Richtungen lange Listen mit Glaubenssätzen zu testen, die zum Teil ganz schön überraschend sind...
Ich halte das für ein sehr wichtiges Thema, zu dem der Zugang oft ziemlich verschlossen ist.

Eine dritte Form des Denkens sind Gedanken, die sich in emotional intensiven Situationen oder im Schock festgesetzt haben. Im Schock oder unter starkem Stress speichern sich Erlebnisse und Gedanken direkt im Stammhirn ab und werden nicht von unserem Bewusstsein gefiltert. Auf die so gespeicherten Gedanken oder auch Emotionen reagieren wir dann auch instinktiv und unbewusst, die Gedanken werden zu Glaubenssätzen, die unser Verhalten prägen. Hierbei unterscheiden wir zwischen Glaubenssätzen, die wir selbst ‘programmiert haben’ und solchen, die sich durch Fremdeinfluss festgesetzt haben. Ein Beispiel für selbst programmierte Gedanken ist, wenn ich im Augenblick der Wut zu mir selber sage, „mit diesem Idioten werde ich nie wieder reden”. Gemeint ist beispielsweise ein Arbeitskollege.

Ein Beispiel für Glaubenssätze, die durch Fremdeinfluss entstehen ist, wenn ein Junge von seinem Vater verprügelt wird und dieser ihn dabei anschreit, „du machst aber auch alles falsch”. Beide Formen sind jetzt in unserem Gedankenbereich festgesetzt. Wenn das entsprechende Thema „dran” ist, so werden diese Programme aktiv und wollen sich durchsetzen. Wenn also der „Idiot” in der Nähe ist, so werden wir kaum sprechen können (denn wir haben es ja selbst so festgesetzt). Und der Junge aus dem Beispiel wird, sobald der Vater in der Nähe ist oder er auch nur an den Vater denkt, „alles falsch machen” - unser programmierter ‘Autopilot’ übernimmt das Ruder!

Teilweise sind Glaubenssätze schon kulturell oder gesellschaftlich geprägt: Wer immer wieder den Spruch “Lieber arm und gesund als reich und krank” hört, selber sagt und glaubt, wird - unbewusst, aber eigentlich sehr nachvollziehbar - nicht wirklich reich (und daher krank!) sein wollen. Bewusst jedoch wundert sich die Person, warum sie bei allem Fleiss finanziell nicht auf den grünen Zweig kommt….
www.kine-balance.ch/wp2/?p=20

Grüsse,
Uta

Gruss,
Uta
 
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