Wie die Beziehung zum eigenen Vater klären?

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Mein Vater ist älter als 90 Jahre, und er ist etwa ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter in ein Seniorenwohnheim (betreutes Wohnen) umgezogen. In den vergangenen Jahren kam ich in der Regel zwei Mal nach Deutschland. Einerseits hat sich unser Verhältnis im Gegensatz zu früher deutlich entspannt: Früher schrie er öfter, oft wegen Dingen, die in meinen Augen Lappalien waren. Dennoch gibt es immer wieder bestimmte, mich innerlich aufwühlende Punkte, die in unseren Begegnungen oder Telefonaten (nicht) zur Sprache kommen.

Ich hatte ihm vor Jahren einmal einen längeren Brief geschrieben, in dem ich offener unsere Beziehung thematisierte und ihn um Rat bat wegen einer für mich wichtigen Entscheidung. Darauf erhielt ich keine Antwort. Ich schätze es, dass ich nicht unter ständiger Beobachtung stehe, was bei meiner Mutter der Fall war; auf der anderen Seite vermisste ich früher ermutigende Worte von ihm: Bei beruflichen oder schulischen Entscheidungen hörte ich meistens, was ich nicht machen sollte.

Unsere Kommunikation verläuft seit Jahren ziemlich einseitig: Ich wende mich an ihn oder rufe (aus dem Ausland) an, während er mich vielleicht ein Mal innerhalb von zehn Jahren angerufen hat. Er lässt andere Menschen kommen, setzt sein Engagement sehr gewählt ein. Es hat ihn dann doch überrascht, dass ich in diesem Jahr an Weihnachten nach Deutschland kam. Er meint, er freue sich. Manchmal weiß ich allerdings nicht, ob er seine Gefühle nicht gut zeigen kann oder ob sie überhaupt existieren, ob ihm mittlerweile vieles einfach
gleichgültig geworden ist. Ich bin selbst oft distanziert und bringe Gefühle nur zurückhaltend zum Ausdruck. In gewisser Weise spiegeln sich natürlich in ihm oder in dem Bild, was ich von ihm habe, meine eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen.

Ich schätze vieles an ihm: seine Vielseitigkeit, Lebenserfahrung, seinen Humor und dass er oftmals mit viel Realismus und konstruktiv, die Probleme, die ihn beschäftigen, löst. Auf der anderen Seite will er, so ist mein Eindruck, immer als derjenige erscheinen, der alles überblickt, regelt und im Griff hat. Ich fühle mich oft als Fremder, als jemand, der vielleicht gar nicht sein Sohn ist oder eben als jemand, der in seinen Augen immer noch ein Kind ist. Dazu ein Beispiel: Noch vor zehn Jahren war er im Haus oftmals mit großer Mühe handwerklich tätig. Er reparierte etwas oder baute etwas Neues. Auch wenn seine beiden erwachsenen Söhne in unmittelbarer Nähe waren, wollte er sich nichts aus der Hand nehmen lassen. Das schien sein Selbstbewusstsein zu bedrohen. Wir waren allenfalls Handlanger oder Reinigungskräfte, aber nicht Personen, die eigenständig handwerklich in "seinem Haus" tätig werden sollten / durften. Dasselbe Verhaltensmuster trat auch bei späteren, gewichtigeren Entscheidungen auf, sei es Umzug oder Hausverkauf: "Ich weiß selbst, wie es geht oder ich frage oder engagiere eben Fachleute." Was seine erwachsenen Söhne meinen, schien ihn nicht zu interessieren, eher als unerbetene Einmischung zu stören.

Andererseits sind selbstständige und eigensinnige Eltern sicher auch ein Grund froh zu sein, denn so trägt man nicht die Verantwortung, wie sie Menschen belasten kann, deren Eltern nicht mehr für sich entscheiden können.
Auf der einen Seite spüre ich seit längeren den Wunsch, einmal diese und noch andere Dinge mit ihm zu thematisieren: entweder in einem Brief oder unter vier Augen. Der Unternehmens- und Lebensberater Brian Tracy hat einmal geschrieben, er habe mit vielen Menschen in ihren Fünfzigern gesprochen, die immer noch Bitterkeit über das empfinden, was früher einmal passiert ist, die ihren Eltern nicht verzeihen können. Ich kenne nun Menschen, die niemals eine Aussprache mit ihren Eltern hatten. Dennoch sagten einige von ihnen: "Ich habe meinem Vater, meiner Mutter verziehen, heute kann ich ihn / sie verstehen". Doch wie will man einem Menschen verzeihen, der nicht mehr lebt, wenn man nicht mehr die Chance hat, an ihn ein persönliches Wort zu richten? Drängt nicht die Zeit, sich persönlich an die eigenen Eltern zu wenden, solange man diese Chance noch hat?

Auf der anderen Seite weiß ich nicht so recht, was ein solcher Austausch bringen soll. Würde dieser meinem Vater helfen? Oder würde ihn dies eher aufbringen? Würde ich dies nur wegen mir selbst machen, etwa um ein Gefühl der moralischen Überlegenheit zu gewinnen? Hätte ich dann die Befriedigung nach all den Jahren, endlich einmal ehrlicher meine Meinung zu sagen? Nehmen wir einmal an, es sei sinnvoll, einen Dialog zu beginnen. Wie soll ich das machen? In einem Brief könnte ich mich gewählt ausdrücken und eine hitzige Debatte ließe sich vermeiden. Doch auf einen Brief werde ich vielleicht wieder keine Antwort erhalten, wenngleich er diesen sicher zu Kenntnis nimmt. Ein Gespräch? Ich habe keine Idee, wie ich dies anfangen soll. Einige von euch waren oder sind sicher in einer ähnlichen Situation. Was haltet ihr für hilfreich? Was habt ihr gemacht? Über Antworten würde ich mich freuen.
 
Hallo Zeitgenosse,

wie lange lebst Du schon im fernen Ausland? Auch wenn es Telefon und andere Kommunikationsmöglichkeiten gibt, sind die Begegnungen dann doch recht beschränkt, vor allem, weil die alltäglichen Vertrautheiten fehlen und immer mehr weg fallen.
Wenn Dein Vater 90 Jahre alt ist, wird er schon eine gewisse Altersstarrheit haben, und auch die gedankliche Beweglichkeit hat sich sicher nicht verbessert.
Es könnte ja auch sein, daß er sich längst "verkapselt" hat, weil er für sich beschlossen hatte, immer allein zurechtkommen zu müssen, was ja unter diesen Umständen auch so ist. Da ändern auch ein paar wenige Besuche im Jahr und über die Jahre nicht viel.

Wenn Themen, die Dir wichtig wären, nicht aufgenommen werden (können), kannst Du die Beziehung zu Deinem Vater eigentlich nur von Dir aus klären. Oft ändert sich ja durch die eigene Arbeit an Themen auch beim Gegenüber etwas, ohne daß man das in Worten "ausficht".
Und - ganz egal, wie das Verhältnis ist - Du selbst kannst doch soweit möglich zeigen und leben, daß Du ihn magst, schätzt, was auch immer? Du kannst - denke ich - leichter über Deinen Schatten springen als er?!

Es gibt Möglichkeiten, mental-spirituell an solchen Vater-Kind-Beziehungen zu arbeiten: mit einem Therapeuten - wenn man das mag. Oder auch mit ganz anderen Methoden, die hilfreich sein können:
Familienaufstellung z.B. Dazu gibt es hier im Forum einiges zu lesen. Hellinger und Schüler würde ich allerdings nicht empfehlen (meine Meinung).
Ich denke da in diese Richtung:
https://www.amazon.de/Lösungen-mit-...370&sr=8-4&keywords=systembrett+familienbrett

Du hast ja mit dem Brief damals schon versucht, Deinen Vater auf Themen anzusprechen, und das hat nicht geklappt. Du kannst ihm aber doch "mentale Gespräch" innerlich anbieten. Ich bin davon überzeugt, daß die ankommen und etwas bewirken.

Im übrigens: vielleicht wäre es ein "Öffner", wenn Du von Deinen eigenen Fragen und Gedanken weg gehen würdest und Dich vor allem, solange das noch möglich ist, auf Deines Vaters Gedanken und Erinnerungen eingehst?

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Oregano,

vielen Dank für deine Anregungen und den Hinweis "Lösungen mit dem Systembrett". Ich lebe nun seit 12 Jahren nicht mehr in Deutschland, abgesehen von den jährlichen Besuchen. Mein Vater ist, im Vergleich zu anderen Personen in seiner Altersgruppe (auch im Vergleich zu Personen, die 10 Jahre jünger als er sind), erstaunlich geistig rege und beweglich. Er nimmt neue Informationen auf, arbeitet sich in bestimmte Gebiete ein (etwa in die Installation von Programmen auf dem PC oder das Gesetzeswerk der Pflegeversicherung). Wenn es um seine eigenen Standpunkte und Gewohnheiten geht, ist die Beweglichkeit allerdings kaum gegeben. Das war aber, soweit ich mich entsinnen kann, auch schon vor 20 Jahren so. Es mag stimmen, dass ein gewisser Altersstarrsinn und eine Verkapselung dazu kommt. Wenn ich glaube, so etwas wahrzunehmen, stelle ich allerdings auch bei mir selbst fest, dass ich manchmal ebenso unnötigerweise auf einmal eingenommenen Positionen beharre.

Es ändert sich tatsächlich bei anderen Personen im persönlichen Umfeld etwas, wenn man selbst einmal neue Verhaltensweisen ausprobiert. Mein Vater trinkt ab und zu ein Glas Wein. Ich habe nun seit mehr als vier Monaten keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken und habe ihm signalisiert, dass ich "bis auf weiteres" damit fortfahren möchte. Ich glaube, seitdem ich hier bin, trinkt er nun weniger Wein als sonst.

Ein Freund von mir macht zur Zeit eine Therapie, in der Familienaufstellung ein Bestandteil ist. Ich hatte vor Jahren einmal an ähnlichen gruppendynamischen Verfahren teilgenommen und war erstaunt, welche Erkenntnisse und urprüngliche Empfindungen dadurch zum Vorschein kamen. Das wäre eine mittelbare Herangehensweise.

Zitat Oregano

Du selbst kannst doch soweit möglich zeigen und leben, daß Du ihn magst, schätzt, was auch immer? Du kannst - denke ich - leichter über Deinen Schatten springen als er?!

Grundsätzlich mag das zutreffen. Manchmal weiß ich von mir selbst nicht, ob es wirkliche Sympathie ist, oder ob ich aus einer Art anerzogenem Pflichtgefühl nur die Rolle des artigen Sohnes spiele.

Seit längerer Zeit befasse ich mich mit den Gefühlen und Erlebnissen meines Vaters. Ich merke, dass er über bestimmte Dinge nicht viel spricht, etwa über die Kindheit in seinem Elternhaus. Manchmal berichtet er davon, dass er als ältestes Kind einer 10 köpfigen Geschwisterreihe (nicht alle überlebten das erste Lebensjahr) oft viel Verantwortung für die anderen tragen musste. Wenn etwas bei seinen Geschwistern schief lief, bekam er oft Ärger. In einigen Meditationsschulen, etwa bei Thich Nhat Hanh, gibt es eine Meditation ("inneres Kind"), bei der man in die Rolle eines Elternteils im Alter von 5 Jahren schlüpft und dann mit ihren Augen die Welt, in der sie damals lebten, sieht und erlebt. Vielleicht sollte ich diese Meditation öfter und aufmerksamer machen.

Schöne Grüße

Zeitgenosse
 
Mein Vater ist älter als 90 Jahre ...
Das heißt, Dein Vater ist noch vor 1927 geboren, war 1939, zu Kriegsbeginn schon älter als 12 Jahre und bei Kriegsende 1945 war er älter als 18 - weißt Du, was er vom Krieg mitbekommen hat? Kennst Du die Familiengeschichte dieser Zeit, seiner Eltern und vielleicht sogar seiner Großeltern? Und auch die seiner Geschwister.......? Erzählt Dein Vater aus dieser Zeit?

Grüße - Gerd
 
Hallo Gerd,

mein Vater war bei Kriegsende 20 Jahre alt. Leider weiß ich wenig über seine Eltern, Großeltern und seine Geschwister. Meine Großeltern starben schon ziemlich früh. Ich glaube, ich war neun oder zehn Jahre als ich keine Großeltern mehr hatte.

Den Krieg erlebte mein Vater als Zivilist als er noch Jugendlicher war, später im Reichsarbeitsdienst; als angehender Soldat in der Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck, dann in Dänemark, später in verschiedenen Einsätzen auf einigen Kriegsschauplätzen, auch in Russland (etwa Minsk). Gegen Kriegsende hatte er die Aufgabe, mit der Vierlingsflak bestimmte Gebiete (etwa Eisenbahnknotenpunkte) vor feindlichen Flugzeugen zu schützen. Er erlebte das einsetzende Chaos bei der Wehrmacht und hielt sich in der Nähe von Dresden auf als alliierte Bomber diese Stadt, die "überfüllt mit Flüchtlingen war" sinnlos zerstörten. Ich vermute, dass er bei seinen bisherigen Erzählungen von damals verschiedene traumatische Erlebnisse ausgeklammert hat.

Gruß

Zeitgenosse
 
Seit längerer Zeit befasse ich mich mit den Gefühlen und Erlebnissen meines Vaters.
Ich merke, dass er über bestimmte Dinge nicht viel spricht, etwa über die Kindheit in seinem Elternhaus. Manchmal berichtet er davon, dass er als ältestes Kind einer 10 köpfigen Geschwisterreihe (nicht alle überlebten das erste Lebensjahr) oft viel Verantwortung für die anderen tragen musste. Wenn etwas bei seinen Geschwistern schief lief, bekam er oft Ärger.
In einigen Meditationsschulen, etwa bei Thich Nhat Hanh, gibt es eine Meditation ("inneres Kind"), bei der man in die Rolle eines Elternteils im Alter von 5 Jahren schlüpft und dann mit ihren Augen die Welt, in der sie damals lebten, sieht und erlebt. Vielleicht sollte ich diese Meditation öfter und aufmerksamer machen.
mein Vater war bei Kriegsende 20 Jahre alt. Leider weiß ich wenig über seine Eltern, Großeltern und seine Geschwister. Meine Großeltern starben schon ziemlich früh. Ich glaube, ich war neun oder zehn Jahre als ich keine Großeltern mehr hatte.

Den Krieg erlebte mein Vater als Zivilist als er noch Jugendlicher war, später im Reichsarbeitsdienst; als angehender Soldat in der Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck, dann in Dänemark, später in verschiedenen Einsätzen auf einigen Kriegsschauplätzen, auch in Russland (etwa Minsk). Gegen Kriegsende hatte er die Aufgabe, mit der Vierlingsflak bestimmte Gebiete (etwa Eisenbahnknotenpunkte) vor feindlichen Flugzeugen zu schützen.
Er erlebte das einsetzende Chaos bei der Wehrmacht und hielt sich in der Nähe von Dresden auf als alliierte Bomber diese Stadt, die "überfüllt mit Flüchtlingen war" sinnlos zerstörten. Ich vermute, dass er bei seinen bisherigen Erzählungen von damals verschiedene traumatische Erlebnisse ausgeklammert hat.
Hallo Zeitgenosse,

hm ja, Zeitgenosse, Dein Vater hat andere Zeiten als Zeitgenosse erlebt, Du bist dagegen in (D)einer anderen Zeit "groß" geworden, mit zum Teil anderen Werten, Möglichkeiten und Zielen, anderen Moralvorstellungen, die für die Eltern vielleicht noch sehr streng und bindend waren usw......das hat ja auch mit "Beziehung" zu tun, wer man selber ist, und wer der andere ist und auch war. Woher man sich wie (weiter) entwickelt hat, oder zum Beispiel auch durch traumatische Erlebnisse(?) Brüche, Blockaden oder auch "Löcher" in einer Entwicklung entstanden sind. Zu solchen "Bereichen" Deines Vaters wirst Du (vermutlich) erstmal keine Beziehung haben oder bekommen, wenn er selber nicht davon sprechen mag(?!) Gibt es andere Familienangehörige, die davon noch erzählen können? Wenn Dein Vater der Älteste war, ist das ja möglich, ob nun Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen etc.

Kennst Du das Elternhaus des Vaters? Häuser können manchmal auch ein paar Geschichten erzählen.......ich habe erlebt, dass manchmal in längeren Gesprächen mit meinem Vater, die zuerst gar keinen besonderen "Anlass" hatten, auch keine spezielle Frage von mir, Dinge und Geschichten erzählt wurden, die ich sonst so nicht gehört habe. Wir sind dann in diese "alten Zeiten" eingetaucht, haben Verbindungen zu verschiedenen Personen oder (bekannten) Situationen geknüpft.....klar, dass man Zeit dafür braucht. Einfach so Fragen stellen, Antworten dazu erhalten, das geht sicher, wenn es um unbelastete Situationen geht, aber wohl eher nicht bei schwierigeren, belasteten und ungeliebten Situationen und Geschichten aus dem eigenen Leben. Das geht uns "Jungen" doch ähnlich, außer dass es zu unseren Zeiten eher üblich und möglich war und ist, über persönliche Probleme oder auch Schwächen und Fehler zu sprechen.

Dein Vater also auch ein Zeitgenosse, aber einer ganz anderen Zeit.....

Grüße - Gerd
 
Hallo Gerd,

Das Elternhaus meines Vaters kenne ich kaum, da habe ich nur noch dunkle Erinnerungen. Es ist auch einmal abgebrannt. Meinen Vater fragte ich vor etwa einem Jahr, welche Erinnerungen er mit seinem Elternhaus verbinde. Er meinte nur schlicht: "Keine, da gibt es nicht viel zu erzählen".

Die Geschwister meines Vaters sind teils verstorben, teils ausgewandert. Ich habe fast keinen Kontakt zu ihnen. Im August 2016 hatte ich eine lange schlafende Verbindung zu meinem Patenonkel wieder aufgefrischt. Er wohnt weiter weg, doch besuchte ich ihn. Mein Vater hat zu ihm kein gutes Verhältnis. Das hängt auch teilweise mit einigen Folgen des Hausbrandes und Erbfragen zusammen. Tatsächlich erschien durch die Erzählungen meines Patenonkels mein Vater in einem anderen Licht.

Viele Grüße und einen guten Rutsch ins neue Jahr

Zeitgenosse
 
Hallo Zeitgenosse!

Doch wie will man einem Menschen verzeihen, der nicht mehr lebt, wenn man nicht mehr die Chance hat, an ihn ein persönliches Wort zu richten? Drängt nicht die Zeit, sich persönlich an die eigenen Eltern zu wenden, solange man diese Chance noch hat?


Mein Großvater, der der gleichen Generation wie dein Vater angehörte, ist vor 2 Jahren verstorben. Das war das erste mal seit meiner Kindheit, dass ein naher Angehöriger von mir verstorben ist. Ich bin bei meinem Großvater aufgewachsen und hatte als Kind ein sehr enges Verhältnis zu ihm. Später dann störten mich viele Verhaltensweisen an ihm, ich verstand sie nicht, nahm sie krumm.
Als er auf dem Sterbebett lag, konnte ich mich GsD von ihm noch verabschieden und wir hatten auch davor noch recht guten Kontakt. Zu verzeihen gab es eigentlich nichts, er hat mir nie sonderlich böses getan, im Gegenteil, er war gut. Er war sicher nicht perfekt, so wie es eben niemand ist.
Als er starb sah ich ihn jedoch nochmal mit völlig anderen Augen und zwar mit den Augen der bedingungslosen Liebe. Das klingt jetzt kitschig, aber im Angesicht des Todes ist das allermeiste dann doch ziemlich nichtig. Ich habe dafür keiner Aussprache mit ihm bedurft. ich bereue auch in Hinblick darauf gar nichts, außer vielleicht, dass ich so wenig Zeit an seinem Lebensabend mit ihm verbracht habe. Er fehlt mir immer noch sehr.

Andere Seite ist meine Mutter: Katastrophales Verhältnis. Da ist so vieles iMA schiefgelaufen, läuft noch schief. Aussprachen, Debatten und Diskussionen noch und nöcher. Es hat alles nichts gebracht. Es kam nie eine Einsicht und es wird auch nichts mehr kommen.

Ich denke in dem Alter, wo dein Vater ist, kann man schon noch einsichtig werden, wenn man merkt, dass das Ende naht. Viele Menschen wünschen ja dann nochmal eine Aussprache. Diese würde ich persönlich einem Brief vorziehen.
Was auf jeden Fall nicht schaden kann, wenn das Verhältnis nicht gerade völlig zerrütet ist, dass man einfach Zeit mit dem Menschen verbringt und sich bewusst ist, dass dies nicht mehr allzu lange möglich sein wird.
Ich glaube, dann entwickeln sich viele Gesprächsthemen von selbst.

Alles Gute dir!

Piratin
 
Guten Tag Piratin,

es freut mich, dass du ein gutes Verhältnis zu deinem Großvater hattest und dass am Ende seines Lebens offenbar viele seiner Züge weicher und weiter geworden sind. Ich hatte meinen Vater einmal nach einer Operation in einer Intensivstation mit Sauerstoffmaske gesehen. In diesem Moment dachte ich, wie flüchtig unser Leben doch ist, und ich sorgte mich um ihn und empfand viel Sympathie.

Du schreibst über deine Mutter bzw. über dein Verhältnis zu ihr:
Zitat Piratin

Es kam nie eine Einsicht und es wird auch nichts mehr kommen.

Beziehst du dies auf deine Mutter, auf dich oder auf euch beide?

Ich möchte noch einmal auf Thich Nhat Hanh und die Meditation mit dem "inneren Kind" zurückkommen. Nach den Mediationserfahrungen, die ich gemacht habe, spüre ich eine Art Seelenverwandtschaft zwischen meinen Eltern und mir, wenn diese auch nicht immer gewollt ist, und belastend sein kann, etwa wenn mir an ihnen bestimmte Dinge unangenehm auffallen. Oft sind dies Unstimmigkeiten, die ich bei mir selbst noch nicht richtig abgestreift habe. Ein Beispiel: Ich mag es nicht, wenn mein Vater wegen Kleinigkeiten flucht. Doch wie sieht es bei mir aus? Oft bringen mich auch Nebensächlichkeiten aus der Bahn, ich werde dann ungehalten und verschwende kostbare Lebenszeit damit, mich über solche Sachen zu ärgern. Wir blicken oft in einen Spiegel, wenn wir unsere Eltern oder unsere Kinder sehen.

Ich lebe nun einigen Jahre in einem asiatischen Land, beeinflusst von der dortigen konfuzianischen und buddhistischen Kultur. Demnach gibt es einerseits ein klares Rangverhältnis zwischen Eltern und Kindern, was sich klar von dem kumpelhaften Verhältnis der Generationen in einigen europäischen Familien abhebt. Die Eltern stehen in der Position deutlich über den Kindern. Auf der anderen Seite lernen die Eltern von ihren Kindern. Tun sie ihren Kindern Unrecht, dürfen diese eine gerechte Behandlung einfordern.

Ein bekannter deutscher Philosoph sagte einmal: "Es ist nie zu spät, vernünftig und weise zu werden". Davon bin auch ich überzeugt. Menschen, die das Gegenteil behaupten, benutzen oft ihr Alter als Ausrede, sie scheuen im Grunde genommen die Mühe, eingefahrene Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu ändern.

Gruß Zeitgenosse
 
Einerseits hat sich unser Verhältnis im Gegensatz zu früher deutlich entspannt: Früher schrie er öfter, oft wegen Dingen, die in meinen Augen Lappalien waren. Dennoch gibt es immer wieder bestimmte, mich innerlich aufwühlende Punkte, die in unseren Begegnungen oder Telefonaten (nicht) zur Sprache kommen.
Ich hatte ihm vor Jahren einmal einen längeren Brief geschrieben, in dem ich offener unsere Beziehung thematisierte und ihn um Rat bat wegen einer für mich wichtigen Entscheidung. Darauf erhielt ich keine Antwort.
Ich schätze vieles an ihm: seine Vielseitigkeit, Lebenserfahrung, seinen Humor und dass er oftmals mit viel Realismus und konstruktiv, die Probleme, die ihn beschäftigen, löst. Auf der anderen Seite will er, so ist mein Eindruck, immer als derjenige erscheinen, der alles überblickt, regelt und im Griff hat. Ich fühle mich oft als Fremder, als jemand, der vielleicht gar nicht sein Sohn ist oder eben als jemand, der in seinen Augen immer noch ein Kind ist.
Nehmen wir einmal an, es sei sinnvoll, einen Dialog zu beginnen. Wie soll ich das machen? In einem Brief könnte ich mich gewählt ausdrücken und eine hitzige Debatte ließe sich vermeiden. Doch auf einen Brief werde ich vielleicht wieder keine Antwort erhalten, wenngleich er diesen sicher zu Kenntnis nimmt. Ein Gespräch? Ich habe keine Idee, wie ich dies anfangen soll.
.......ich habe erlebt, dass manchmal in längeren Gesprächen mit meinem Vater, die zuerst gar keinen besonderen "Anlass" hatten, auch keine spezielle Frage von mir, Dinge und Geschichten erzählt wurden, die ich sonst so nicht gehört habe. Wir sind dann in diese "alten Zeiten" eingetaucht, haben Verbindungen zu verschiedenen Personen oder (bekannten) Situationen geknüpft.....klar, dass man Zeit dafür braucht.
Hab gerade mal wieder gesehen, dass du online bist, Zeitgenosse, und es fiel mir dieser ältere Thread ein.....dein Vater dürfte jetzt vielleicht schon Mitte 90 sein, bist du seitdem irgendwie mit ihm in ein Gespräch gekommen, das dann hoffentlich für euch beide gut laufen konnte? Oder bist du mit dem Thema für dich anders weiter gekommen, auf vielleicht ganz anderen Wegen, mit ganz anderen Erfahrungen?
Grüße 🌅
 
Danke für das Interesse an diesem Thema, Gleerndil. Bin ich mit dem Thema weiter gekommen? Ich glaube schon, wenn ich auch nur einen Teil meiner offenen Fragen geklärt habe. Mein Vater ist nun vor einem Jahr im Sommer verstorben. In den letzten Monaten seines Lebens habe ich ihn regelmäßig, normalerweise ein Mal in der Woche, angerufen und dann teilweise bis eine Stunde oder länger mit ihm gesprochen. In den letzten Jahren habe ich ihn auch zwei Mal im Jahr besucht; in dieser Zeit war ich mehrere Wochen in Deutschland.

Und - ganz egal, wie das Verhältnis ist - Du selbst kannst doch soweit möglich zeigen und leben, daß Du ihn magst, schätzt, was auch immer? Du kannst - denke ich - leichter über Deinen Schatten springen als er?!

Ja, ich habe in dieser Zeit in erster Linie auf seine guten Seiten geachtet. Ich habe ihn lange über seinen Alltag erzählen lassen, wenn mir manche Dinge auch weniger bedeutsam vorkamen. Aber diese Dinge waren ihm eben wichtig, und mir sind gegenwärtig auch viele Dinge wichtig, worüber viele Leute wohl nur den Kopf schütteln würden. Später stellte ich dann bei ihm einen Verhaltenswandel fest. Die von mir und anderen Personen an ihm wahrgenommene Selbstbezogenheit verschwand zusehends. Er fragte immer öfter wie es mir, wie es uns gehe, was wir so machen, auch in dem Telefonat zehn Tage vor seinem Tod bevor er ins Krankenhaus kam.
Ja, wir haben auch "Verbindungen zu verschiedenen Personen oder (bekannten) Situationen geknüpft". Meine Anrufe waren vielleicht nur ein kleiner Ausgleich für eine Zuwendung, die ich ihn vor Ort hätte erfahren lassen können.

In seinen letzten Stunden habe ich ihn leider nicht vor Ort begleitet, per Telefon und Skype schon. Vier Tage vor seinem Tod hatte er bereits große Schmerzen, sprach undeutlich. Ich rief ihn im Krankenhaus an, bedankte mich bei ihm für alles und drückte ihm mit Worten meine Wertschätzung und Zuneigung aus. Ich kann mich nicht erinnern,
dass er mir gegenüber einmal Ähnliches sagte. Das war mir in dem Moment auch nicht mehr wichtig. Wir hängen oft an Worten, und oft ist es besser, diese Wort nicht zu benutzen
als sie mit einer unreinen Gesinnung zu sprechen. Ich vermute, dass er bereits als Kind funktionieren und Verantwortung übernehmen sollte, von seinem Vater wird er möglicherweise kaum liebevolle Worte gehört haben.

Die Einrichtung, in der ich beschäftigt bin, erlaubt keinen Sonderurlaub ins Ausland im Falle von schwerkranken Familienangehörigen, so war es jedenfalls bei meiner Mutter. Reisen können Mitarbeiter nur, wenn ihr Familienangehöriger bereits gestorben ist. Vor einem Jahr dachte ich: Was soll's, ich fliege einfach. Was hält mich eigentlich in einer Organisation, die mir eine solche Reise übelnehmen würde? Ich habe es dann doch nicht gemacht, und vielleicht werde ich dies noch bereuen. Mein Bruder war vor Ort. Er hat sich gut um meinen Vater gekümmert. Er konnte meinem Vater noch ein Schreiben von mir vorlesen, in dem ich einerseits meine Wertschätzung für ihn ausdrückte, andererseits auch einige der Punkte zur Sprache brachte, die wir bisher meiner Meinung nach umschifft hatten.
 
Hallo Zeitgenosse,
danke für deine Antwort!
Ich hatte jetzt einiges privat hier für mich zu "schaffen", und war überrascht und ein bisschen erschreckt, dass dein Vater leider nicht mehr lebt - tut mir leid für dich! Und ich hoffe, dass du mit deinem Bruder zusammen das auch auf die große Entfernung für dich gut "verarbeiten" konntest und kannst!
In deinem ersten Beitrag hattest du geschrieben ...
Doch wie will man einem Menschen verzeihen, der nicht mehr lebt, wenn man nicht mehr die Chance hat, an ihn ein persönliches Wort zu richten? Drängt nicht die Zeit, sich persönlich an die eigenen Eltern zu wenden, solange man diese Chance noch hat?
Hast du da vielleicht sogar was geahnt? Ich hatte jetzt mal gelesen, dass du mit dem I-Ging zum Teil arbeitest, oder? Hat das mit deinem Bezug, deiner Verbindung nach Asien zu tun?
Dass da ein Arbeitgeber, eine Einrichtung, wie du schreibst, einen Flug erst erlaubt, um jemand dann zu beerdigen, klingt wirklich eigenartig, und war wohl auch nicht leicht zu entscheiden für dich!
Bin ich mit dem Thema weiter gekommen? Ich glaube schon, wenn ich auch nur einen Teil meiner offenen Fragen geklärt habe. Mein Vater ist nun vor einem Jahr im Sommer verstorben. In den letzten Monaten seines Lebens habe ich ihn regelmäßig, normalerweise ein Mal in der Woche, angerufen und dann teilweise bis eine Stunde oder länger mit ihm gesprochen. In den letzten Jahren habe ich ihn auch zwei Mal im Jahr besucht; in dieser Zeit war ich mehrere Wochen in Deutschland.
Ich habe den Eindruck, dass du damit eine ganze Menge für dich und auch für diese "Beziehung" tun konntest!
Ist dir z.B. bewusst, dass unsere Eltern auch eine Nachkriegs-Generation waren? Dein Vater, wie meiner auch, war wohl 1925 geboren, und wenige Jahre vorher war der 1. Weltkrieg vorbei - der damals übrigens nur "Weltkrieg" hieß, dass es nur 20 Jahre später einen 2. geben würde, wusste man da ja noch nicht. Und unsere Eltern sind also nach einem weltweiten Krieg geboren worden und haben dann als Jugendliche und junge Erwachsene leider auch noch den 2. Weltkrieg erleben müssen, irgendwie!
Ich vermute, dass er bereits als Kind funktionieren und Verantwortung übernehmen sollte, von seinem Vater wird er möglicherweise kaum liebevolle Worte gehört haben.
Kann man in so einem Zusammenhang vielleicht auch nochmal etwas anders sehen.
Wir sind dann also im Wirtschaftswunder- und Wohlstands-Land aufgewachsen! Andere Zeiten - mit ganz anderen Problemen! Oder auch den alten Problemen? Vielleicht........
Grüße 🌅
 
Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, dass die Generation der vor dem Zweiten Weltkrieg Aufgewachsenen auch eine Nachkriegsgeneration ist. Die Menschen aus dieser Generation mussten wohl auch mit den Nachwirkungen der traumatischen Erfahrungen ihrer Eltern leben. Vermutlich war es für viele erwachsene Menschen damals erschütternd, dass das einstmals stolze Kaiserreich im Weltkrieg unterlag und dass die Siegermächte es dann, durch die im Krieg bereits begonnene, und dann nach dem Waffenstillstand um acht Monate fortgeführte Hungerblockade zur Annahme von unerfüllbaren Bedingungen in Versailles zwangen. Meine Eltern sprachen oft vom Hunger, unter dem sie früher leiden mussten. Eine ähnliche Hungerperiode ereignete sich dann nochmals nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich glaube, dass es für viele Menschen zu schwer war, diese Erfahrungen zu verarbeiten. Das Wirtschaftswunder half, diese Vergangenheit zu verdrängen. Eine Devise meines Vaters war vermutlich, so gut es geht überleben.
 
... wenn ich auch nur einen Teil meiner offenen Fragen geklärt habe.
Ist das denn weiter ein Thema für dich, Zeitgenosse? Und bist du vor einem Jahr denn nach D'land gekommen, nachdem dein Vater nicht mehr lebte....?
Meine Eltern-Familien-Geschichte ist eine ganz andere, ich habe mich mal gefragt, wie mein Vater vielleicht reagieren würde, als ich dann in seine Kriegszeitgeschichte "eingestiegen" bin, da lebte er schon nicht mehr, und ich hatte ein paar alte Unterlagen von ihm, die ich im Zusammenhang mit dem Thema Trauma erstmal für mich sortierte und erkannte, dass es da so ein "Loch" von 15 oder 18 Monaten gab in dem, was er doch erzählt hatte aus der Zeit - da war er zu einer Waffen-SS-Einheit eingezogen worden, mit 18 Jahren. Ich wusste, in welcher Einheit bzw Division das war, und konnte deren Weg per Internet verfolgen......in der ganzen Lebenszeit davor hatte das eher wie eine Mauer gewirkt, an der "man" gar nicht weiter fragen konnte, eigentlich nichtmal wirklich denken konnte, ja, so war das, ich hatte nie die Frage im Sinn gehabt, ob er jemals eine Waffe in den Händen hatte, nicht als Kind, nicht als Jugendlicher, nicht als Erwachsener - und er hat von sich aus nie darüber gesprochen, hat keinen einzigen "Kameraden"-Namen erwähnt, keinen. Dabei war er natürlich nie alleine in dieser "Truppe"......
Gibt es für dich Fragen, die du vielleicht auch alleine auf irgendeine Weise angehen könntest? Wenn das, wie gesagt, überhaupt noch dein Thema ist.....!?
Grüße 🧩
 
Viele Fragen bestehen weiter. Teile unserer Vergangenheit wirken in die Gegenwart fort. Auch wenn die Eltern nicht mehr auf dieser Erde wandeln, wirkt ihre durch sie geprägte Form in uns weiter. Viele Verhaltensweisen, die wir an den Tag legen, lassen sich auch durch den Blick zurück erklären, durch das Leben unserer Eltern. Diese Erklärungen sind dann die Grundlage für eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung. Ich stelle mir oft die Frage, warum ich zwar äußerlich oft gelassen wirke, in vielen Dingen aber recht sprunghaft bin, warum mich oft kleine Dinge ziemlich stark aufregen können, während mich größere Dinge kalt lassen. Ich berichtete meinem Vater einmal am Telefon aufgeregt von einem Autounfall, den ich gerade gehabt hatte. Er reagierte ganz ruhig und gefasst. Andererseits tobte er, wenn er vermutete, dass irgendjemand in seinem Garten eine Pflanze beschädigt hatte oder wenn er bemerkte, dass jemand ungefragt an seiner Stereo-Anlage war.

Ich meine auch dieses "Loch" bei meinem Vater wahrgenommen zu haben. Es gab einmal eine Zeit im Krieg, in Russland, oder auch als er die Verwehungen kurz vor Kriegsende miterlebte. Darüber hat er wenig gesprochen, gegen Ende seines Lebens etwas mehr. Einmal hat er von Toten erzählt, die im Brunnen schwammen. Die Nachkriegszeit muss ihn und viele auch furchtbar mitgenommen haben, kein normales und geordnetes Leben, alles zerstört, Jahre lang Hunger.
Einmal wurde er gefragt, ob er der SS beitreten wolle. Die SS habe damals alle möglichen Tricks angewandt, Nachwuchs zu rekrutieren. Im Vorfeld hat er diese und andere Situationen vorweggenommen. Unter den damaligen Umständen erscheint mir seine Entscheidung rational. Er meldete sich freiwillig für eine Offizierslaufbahn bei der Luftwaffe. So war er zunächst eine gewisse Zeit auf Schulungen und kam erst später zum Einsatz. Hätte er dies nicht getan, wäre er vielleicht schnell als Kanonenfutter an die Front gekommen.
 
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