7-Tage-Regel bei Antibiotika neuerdings veraltet

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Hier ein Artikel zur aktuellen Lage bei den Antibiotikaresistenzen. Lustigerweise soll nun die seit 50 Jahren verbreitete Empfehlung, Antibiotika mindestens eine Woche einzunehmen bzw. die Packung aufzubrauchen, Schuld an den immer weiter fortschreitenden Antibiotikaresistenzen sein. Wer also bisher glaubte, alles richtig gemacht zu haben, war in Wahrheit schon immer einer von den Bösen. So ist das Leben. :D

Multiresistente Bakterien: Vom richtigen Umgang mit Antibiotika

Natürlich sind solche Expertendiskussionen und die neuen Erkenntnisse, die sich daraus ergeben, wünschenswert. Nur darf man nicht vergessen, dass der Zug bereits abgefahren ist und solche Ratschläge die verloren gegangene Wirksamkeit der Antibiotika nicht wieder herstellen können. Was weiterhin fehlt, ist vernünftiger Lösungsansatz für die Probleme, es scheint nur darum zu gehen, den Schwarzen Peter der Schuldzuweisungen zwischen den Beteiligten hin- und herzuschieben.
 
Danke Maxjoy für die Info,

ich war also früher eine von den ungehorsamen und Bösen und bin heute dafür besser drauf,

es lebe die Eigenverantwortung und mangelnde Gehorsamkeit... :D

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Besser wäre noch, Antibiotika nicht gleich bei einem grippalen Infekt zu verschreiben ohne überhaupt von Seiten des Arztes zu kontrollieren ob dieser viral oder bakteriell ist. Hier sehe ich viel eher den Handlungsbedarf als die 2 Tage AB mehr oder weniger. Und noch günstiger wäre es das Bakterium zu bestimmen und dann das passende AB zu verabreichen, denn auch hier wird viel zu großzügig abgehandelt und vorstellen könnte ich mir auch, dass es sich nicht einfach immer um eine Resistenz handelt, sondern um ein falsches AB.


Beste Grüße von Kayen
 
Superärgerlich finde ich, dass bei diesen Expertenrunden immer herauskommt, dass die Verbraucher, also die dummen Beitragszahler und die Bauern, selbst schuld an dem Elend sind. Gestern waren sie schuld, weil sie sich nicht an die Empfehlungen der Ärzte gehalten haben. Heute sind sie schuld, weil sie sich an die Empfehlungen der Ärzte gehalten haben. Nur die, die mit nunmehr wirkungslosen Arzneimitteln immer noch Milliarden verdienen, haben natürlich eine weiße Weste und ein reines Gewissen. :D

Aber immerhin bleiben uns die wertvollen Nebenwirkungen dieser Medikamente erhalten, das ist schon was.

es lebe die Eigenverantwortung und mangelnde Gehorsamkeit... :D

So wird's wohl sein.
 
Oh man, ich war immer brav und habe streng darauf geachtet, dass (damals) immer die 10 Tage weiter eingenommen wurde.
Wohlgemerkt: Um Resistenzen vorzubeugen! (Wurde mir als Kind schon so beigebracht)

Ich fasse es nicht. Es hieß immer: Wenn AB, dann aber bis zum Ende durchnehmen. Habe ich selbst gemacht, wenn das AB nicht anschlug...
 
Ich wäre da vorsichtig wieder mal alles über einen Kamm zu scheren!
Es kommt sicher auf die Art der Infektion an und natürlich auch davon, welche Bakterien diese ausgelöst haben. Es wurde in der Studie nur von "Lungenentzündung" gesprochen und nicht mal genannt um welche Bakterien es sich handelte. Dann auf den Schluß zu kommen dass 3 Tage bei Antibiotika (welches auch immer!) ausreichen ist nach meiner Meinung zu sehr verallgemeinert. Den Bericht finde ich unschlüssig und eher dazu geeignet den Leser zu verunsichern.
 
... Abgesehen davon, daß es ja auch bisher schon Antibiotika-Behandlungen gab, die nur kurze Zeit ansetzten, z.B.:

... In besonderen Fällen gelten Spezialdosierungen, so zum Beispiel bei der unkomplizierten Blasenentzündung der Frau. Hierbei wird mit einer Einmalgabe von 2880 Milligramm der Wirkstoffkombination behandelt. Dies entspricht einmal sechs Tabletten (geringere Dosierung) beziehungsweise einmal drei Tabletten (höhere Dosierung). ...
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Grüsse,
Oregano
 
Es wurde in der Studie nur von "Lungenentzündung" gesprochen und nicht mal genannt um welche Bakterien es sich handelte. Dann auf den Schluß zu kommen dass 3 Tage bei Antibiotika (welches auch immer!) ausreichen ist nach meiner Meinung zu sehr verallgemeinert. Den Bericht finde ich unschlüssig und eher dazu geeignet den Leser zu verunsichern.

Das war keine Studie, sondern eine Krisenkonferenz der WHO mit Experten aus aller Welt. Es ist auch nicht nur von Lungenentzündungen die Rede, sondern auch von Streptokokken-Angina, chronischer bakterielle Bronchitis und Nasennebenhöhlenentzündungen. Der zutreffend geschilderte Resistenzbildungsmechanismus ist so generisch, dass er noch für beliebige weitere bakterielle Infektionskrankheiten gelten muss. Wobei die Resistenzbildung nicht nur bei den eigentlich bekämpften Bakterien stattfindet, sondern im Darm so nebenbei bei vielen weiteren Stämmen, die die Resistenzgene auch noch mittels der Plasmide über Artgrenzen hinweg verbreiten.

Das alles habe ich auch anderswo schon so gelesen, neu ist lediglich die Einschätzung bzw. Erfahrung, dass man mit kürzeren Behandlungszeiten besser fährt und weniger Resistenzen provoziert.

Ich finde, der Artikel ist sehr gut recherchiert und geschrieben. :cool:
 
Alles klar. Dieser Bericht ist auch schon 11 Jahre alt ...

Sehr seltsam übrigens, dass es 11 Jahre gedauert hat, bis diese Erkenntnisse jetzt im Mainstream angekommen sind.
 
Wie auch bei MRSA. Ich hatte 2003 das "Vergnügen" und schon damals bin ich als Wanderprediger im Netz, TV und Presse unterwegs gewesen. Erst vor 5 Jahren ist auch das Gesundheitswesen darauf aufmerksam geworden. Aber grundsätzlich hat sich nichts getan...:sleep:
 
Mich wundert diese allgemeine Ignoranz auch ziemlich, schließlich geht es um Leben und Tod, und es kann jeden jederzeit treffen. Vielleicht liegt es ja daran, dass wir das Sterben so weit industrialisiert haben, dass es keiner mehr richtig mitbekommt oder sich verantwortlich fühlt. Dazu kommt das Verschwinden der Familienstrukturen, die Menschen altern einsam und niemanden kümmert es, wenn sie dann weg sind.

Früher war ich genauso, erst mein Hund hat mich für Gesundheitsthemen sensibilisiert. Dafür und für vieles mehr bin ich ihm wirklich dankbar.
 
Ja, da hast Du durchaus den Nerv getroffen!
Alter und Tod sind aus den Familien verschwunden und man hat die Verantwortung an Altenheime und an das Hospiz "abgegeben". Diese Themen sind somit aus dem Bewusstsein der jüngeren Menschen entrückt, sie haben auch vergessen wer und wie sie selbst als Baby, Kleinkind und Jugendlicher umsorgt hat und mit welchem Aufwand sie aufgewachsen sind. Den Generationenvertrag in diesem Sinne gibt es nicht mehr. Man macht Karriere, kümmert sich um möglichst viel Gehalt, will Prestigeobjekte wie schnelle Autos, Eigentumswohnungen, Aktien, Häuser in der Großstadt und Urlaub in exklusiver Umgebung. Das ist wichtig...die Alten und die Sogen der wenigen "Sehenden" nicht.
Übrigends...Hunde bringen uns Halter oftmals in die Wirklichkeit zurück, denn auch wir sind Rudeltiere. Ich habe momentan 2 Hunde (aus spanischen Tierheimen und manchmal waren es mehr) und die halten mich fit. Inzwischen sind wir zwar voll im OT, aber einem Mod sei auch das mal gestattet.;)
 
Genau so ist es. Die Konsequenzen aus Fehlbehandlungen und Fehlentscheidungen werden nicht gesehen, oder abgestritten.
Niemand ist verantwortlich.
Ich habe früher auch viel zu oft und zu lange Antibiotika bekommen.
Nur einmal, als ich nach 5 Wochen schwerer Sinusitis um ein Antibiotikum bat, wurde es mir verweigert. :rolleyes:
Da müsste sich etwas ändern in den Gesetzen, mehr Patientenschutz.
Wie sollen denn Patienten beweisen, dass sie durch häufige Fehlbehandlungen schwer krank geworden sind.
 
In Schwangerschaft und Stillzeit durfte ich kein Antibiotikum, obwohl ich monatelang an Husten und sonstigen Erscheinungen laborierte. Anderen wird in einer solchen Situation dringend Antibiotika empfohlen, damit "es nicht aufs Herz schlägt".
Es gab also schon immer eine Lücke in der "Antibiotikaversorgung" und das Argument mit dem Herz scheint auch weit her geholt, wenn es bei Schwangeren und Müttern dann plötzlich egal ist.
Viele Grüße
Earl Grey
 
Wie sollen denn Patienten beweisen, dass sie durch häufige Fehlbehandlungen schwer krank geworden sind.

Im Fall von Bakterienresistenzen geht das gar nicht. Auch wenn du diejenige warst, bei der eine Resistenzbildung stattgefunden hat, musst du noch lange nicht krank werden. Die mutierten Bazillen können jahrzehntelang in deinem Körper hausen, ohne dass dir jemals etwas passiert. Du verbreitest die neuen Superkeime dann nur in deiner Umwelt und andere können daran erkranken.

Schon nach kurzer Zeit ist es daher nicht mehr möglich, den genauen Ursprung eines neuen Bakterienstammes herauszufinden. Und selbst wenn - wie soll man beweisen, dass eine zu lange Antibiotikaeinnahme die Ursache war?
 
Im Prinzip hast Du recht. Inzwischen kann man jedoch durch die veränderte DNA genau den Weg verfolgen, die ein resistentes Bakterium genommen hat. Man macht sich nur selten die Mühe und darin liegt die Crux...
 
Auch wenn Rauke und ihr Doktor auf diese Weise 'überführt' werden würden, kann man nicht ausschließen, dass es sich um eine zufällige Mutation gehandelt hat, die sich auch ohne den Selektionsdruck des Antibiotikums durchgesetzt hätte. Genetik ist ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten, zwingende Schlussfolgerungen a la Sherlock Holmes und juristische Schuldzuweisungen sind da kaum drin.

Früher oder später taucht immer eine resistente Keimvariante auf, die ein Antibiotikum entwertet. Bei den bisherigen längeren Einnahmezeiten dauert das im Schnitt 2 Jahre. Das ist sehr wenig Zeit, um die Entwicklungskosten wieder hereinzuholen, deswegen werden kaum noch neue Antibiotika entwickelt. Mit einem sparsameren und gezielteren Einsatz der Medikamente könnte man ihre 'Lebenszeit' vielleicht so verlängern, dass sich Neuentwicklungen wieder lohnen.
 
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