Gefühlschaos nach Todesfall und Trennung

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10.08.11
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Hallo zusammen.
Ich war jetzt lange Zeit nicht im Forum und habe diesmal auch ein völlig anderes Problem als früher:
Zu Beginn dieses Jahres habe ich meine Mutter (84 J) nach einer langen, schweren Erkrankung verloren, drei Monate später ganz plötzlich meinen Mann. Unsere Ehe war sehr schwierig und trotzdem habe ich ihn geliebt – auf meine Art. Ich war in eine Art „Mutter-Rolle“ gedrängt, die ich auch ausgefüllt habe. Den Part der Ehefrau hat die letzten 11 Jahre eine andere Frau übernommen. Das habe ich aber erst nach dem Tod meines Mannes erfahren. Nach dieser Nachricht stürzte ich ins Bodenlose. Nach einigen Wochen hatte ich mich wieder so weit stabilisiert, daß ich wieder arbeiten gehen konnte.
Im Sommer habe ich dann meine Jugendliebe (von vor 38 Jahren) wieder getroffen und wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen. Mir ging es wieder gut und ich bin richtig aufgelebt. Ich habe ihn sehr weit an mich heran gelassen, weil ich ihn so sehr liebe und ihm so vertraut habe. Nun hat er sich allerdings für seine Familie entschieden (war wohl für ihn der einfachste Weg :traurig:) Jetzt komme ich nur sehr schwer mit dieser Ablehnung zurecht, weil ich ihn immer noch über alles liebe. Ich habe um ihn gekämpft wie ein Löwe und muß nun dabei zusehen, wie er mit seiner Frau in Versöhnungsurlaub gefahren ist. Ich kann die Gefühle gar nicht in Worte fassen, die mich nun ständig überrollen.
Ich weiß auch gar nicht, ob mir hier irgendjemand einen Rat geben kann… Bin im Moment am Boden zerstört…
 
Liebe Emmi, Deine Verluste sind schrecklich. Es sind so viele in so kurzer Zeit! Ich habe keinen Rat, aber ich wollte Dir mein Mitgefühl ausdrücken.

Natürlich verlässt Deine Jugendliebe nicht seine Familie, Dein Mann hat es ja auch nicht getan, um mit seiner Geliebten ein aufregendes Leben zu haben. Vermutlich, weil er in Euch beiden das gefunden hat, was er brauchte und Beides in einer Frau nicht fand: In Dir die Ersatzmutter, den Halt, die Frau, die sich um ihn kümmert, in der Geliebten die Flucht vor dem Alltag, ein bisschen Kribbeln, Abschalten, sich nochmal jung fühlen und Sex mit einer Frau haben, die man in 20 Jahren nicht schon in-und auswendig kennt. Vielleicht geht es auch Deiner Jugendliebe so?

Mit Versöhnungsurlaub, wie Du ihn nennst, wird der oberflächliche Scheinfrieden, die Fassade herzustellen sein, aber damit lässt sich keine kaputte Beziehung kitten. Vielleicht kommt er zu Dir zurück? Noch scheint er allerdings Sicherheit zu bevorzugen, vielleicht sind auch Kinder mit im Spiel. auf die er Rücksicht nehmen muss, vielleicht arbeiten sie an der Beziehung und finden tatsächlich zueinander? Bist Du Dur Deiner Gefühle für ihn im Klaren?

Was auch immer seine Gründe sein mögen, die nur Du und er kennen, ich habe doch einen Rat: Kümmere Dich um Dich! Ich meine damit nicht, Dir im Außen etwas Gutes zu tun, sondern nach Innen zu gehen, eventuell mit Hilfe. Es gibt auch Trauergruppen. Lasse los, Deine Mutter, Deinen Mann, Deine Jugendliebe. Weine um sie. Hasse sie. Was auch immer an Emotionen in Dir ist. Erfinde Abschiedsrituale, die Dur helfen sie loszulassen und lasse ihre Seelen ihren Weg gehen. Sie sind ja nicht weg, sie haben nur ihren Körper verlassen. Du kannst Dich mit ihren Seelen verbinden, wenn Dir danach ist.

Der Tod ist das Gegenteil von Geburt, er ist nicht das Gegenteil von Leben.

Ich wünsche Dir viel Kraft!

Bora
 
Hallo Bora,
vielen Dank für deine tröstenden Worte und deine PN. Es ist ganz sicher was dabei, das mir helfen kann.
Es tut gut, auch mal eine andere Meinung zu hören. Das ermöglicht mir die Dinge auch von einer anderen Seite zu betrachten.

:wave:
 
Hallo Emmi,

für Deine Mutter war es sicher eine Erleichterung endlich "gehen" zu dürfen, auch wenn uns der Verlust sehr weh tut.

Dass drei Monate später auch noch Dein Mann gestorben ist war schon richtig hart.
Du hast ihn auf Deine Art sehr geliebt, und er Dich auf seine Art, sonst hättet ihr euch getrennt.

In eine Mutterrolle lässt man sich eigentlich nicht reindrängen, wenn man selber nicht schon gewisse Strukturen (Erziehung, eigene Denkmuster, Meinung des Umfeldes etc.) in dieser Richtung lebt und pflegt.

Deiner Jugendliebe kannst Du nachtrauern, aber Du kannst ihm auch ausgesprochen dankbar dafür sein, dass er Dir die Öffnung in die Welt ermöglichte. Nun ist diese Aufgabe erfüllt und jeder geht seines Weges weiter. ;)
Ich selber würde es auch nicht wirklich schön finden, wenn mein Partner sich erneut in seine Jugendliebe verliebt (kann passieren, klar) und mich dann verlässt, dass stürzt wieder andere Menschen (vielleicht auch noch Kinder) ins unglücklich sein.

Er schenkte Dir wieder das Gefühl eine sehr begehrenswerte, aufregende und freie Frau zu sein, aber vielleicht hast Du jetzt auch die Möglichkeit Dich in Deiner Persönlichkeit wieder ein Stück weiter zu entwickeln, mehr zu Dir selber zu finden und beispielsweise auch nicht mehr automatisch in der Partnerschaft in eine Mutterrolle abzugleiten. :)

Mein Mann starb sehr unerwartet vor zwei Jahren am 15. Juli 2014 und mich hat die große Trauer um ihn, ihm in den nächsten Monaten fast folgen lassen.
Wir waren einander die große Liebe und dann reisst es Dir nach 24 sehr glücklichen Jahren das halbe Herz weg.

Mein Bruder schickte mir damals nach dem Tod meines Mannes einen wunderbaren Text, der mir sehr geholfen hat:

Trauer sind Gefühle, und Gefühle sind immer richtig, genauso wie sie gerade sind. Da hat der Kopf überhaupt nix dazu zu sagen. Und da Du eine impulsive, energievolle und wunderbar emotionale Frau bist, sind bei Dir die Gefühle und die typischen Schwankungen noch intensiver als bei vielen anderen. Wut, Verzweiflung, stille Trauer, Vorwürfe und Klagen, und, ja, auch Lachen, Fröhlichkeit und die Lust auf ein neues Lebens, auf eine veränderte Zeit – das alles gehört zusammen in der Trauer und wechselt sich in einem bunten Mix ab.

Das Einzige was sicher ist: Wenn man ein Gefühl zulässt und auslebt, sei es tiefe Verzweiflung oder Lachen und Fröhlich-Sein, dann kommt ganz von allein der Wechsel in ein anderes, vielleicht genau gegensätzliches Gefühl. Kein Gefühl bleibt einfach so, wie es jetzt gerade ist, wenn wir es leben. Wir müssen nur in diesen tiefen, inneren Rhythmus der Gefühle und ihrer Entwicklung vertrauen. Jeder Zyklus den Du durchlebst, verändert bereits etwas an der Gefühlslage. Und der nächste oder übernächste Zyklus von Gefühlen ist vielleicht ähnlich, aber schon ein wenig verändert.

Trauer entwickelt sich zu einem neuen Leben weiter, wenn wir alle Gefühle, die dazu gehören, so ausleben, wie sie dazu gehören.


Ich habe diese Worte verinnerlicht und alle, aber auch wirklich alle Gefühle ausgelebt und bin auf diese Weise innerlich gesund geworden.

Bachblüten haben mir dann ebenfalls sehr dabei geholfen die Seele wieder in Gleichgewicht zu bringen, schau Dir doch mal hier den kostenlosen online-Test an:

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Ach ja, am 16. Juli 2015 lernte ich meine zweite große Liebe kennen und seit dem 25. April 2016 sind wir beide ausgesprochen glücklich miteinander verheiratet und der gute Geist meines ersten Mannes begleitet und beschützt uns. :)

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Was für ein wunderschöner Text Deines Bruders. Hast Du vielleicht Lust zu tauschen? Ich hätte einen abzugeben:D Ist auch pflegeleicht :cool:

Das gleiche sagt Safi Nidiaye auch: Emotionen anzunehmen, ohne in sie hineinzufallen und ihr Herz für sie zu öffnen, verändert diese und führt zu tieferen Schichten. Das setzt allerdings auch die Fähigkeit tiefer Wahrnehmung voraus.

Sie schreibt, unter jedem negativen Gefühl, sei es noch so schlimm, liegt eine Sehnsucht: Die Sehnsucht nach dem Gegenteil, sich geliebt zu fühlen zum Beispiel, und unter der Sehnsucht das ersehnte Gefühl und noch tiefer eine Sehnsucht, die alles transzendiert. Sie beschreibt also das Gleiche, wie Dein Bruder: Emotionen bewegen sich. Sie sind nur statisch, wenn man sie runterdrückt, auch mit dem Verstand zu analysieren ist kein Fühlen. Emotionen sind Wellen im Ozean: E-Motion= Energie in Bewegung.

Liebe Grüße

Bora
 
Hallo Tarajal,
Mein Mann starb sehr unerwartet vor zwei Jahren am 15. Juli 2014 und mich hat die große Trauer um ihn, ihm in den nächsten Monaten fast folgen lassen.
Wir waren einander die große Liebe und dann reisst es Dir nach 24 sehr glücklichen Jahren das halbe Herz weg.

Dieses Gefühl habe ich jetzt.
Meine Jugendliebe hatte ich vor 38 Jahren kennengelernt. Und eigentlich haben wir jetzt da angefangen, wo wir damals aufgehört hatten. Ich war mir so sicher, daß jetzt alles gut würde. Er war meine große Liebe. Er wollte mit mir leben. Wir wollten sogar heiraten... Das Erwachen kam, als er es seiner Frau mitteilte. Schlagartig hat sich sein Verhalten mir gegenüber geändert. Seine Kinder sind längst erwachsen und haben eigene Familien. Und wenn eine Ehe gut funktioniert, hat kein 3. darin Platz. Aber Blut ist bekanntlich dicker als Wasser, eine bittere Erkenntnis für mich. Ich schwanke trotzdem immer noch zwischen Hoffnung und Verzweiflung, obwohl ich nun schon wochenlang nichts mehr von ihm gehört habe. Das macht mich so fertig.
Vom Kopf her ist mir schon klar, daß das nichts mehr wird mit uns beiden. Das Problem ist, wie kriege ich das aus meinem Herzen.
Ich habe mich im Nachhinein bei ihm bedankt, daß er mir die Liebe und das Lachen in mein Leben zurück brachte. Im Moment aber bin ich seit Wochen am Weinen und ich fühle mich benutzt.

Danke für den Tipp mit den Bachblüten. Daran habe ich im Moment gar nicht gedacht. Sie haben mir früher schon gute Dienste geleistet. Ich werde mich jetzt also mal um mich kümmern und in einigen Wochen berichten, wie es mir ergangen ist.

Dank euch beiden. :wave:
 
Liebe Emmi,

als Deine Mutter nach langer Krankheit starb, da ging durch den großen Verlust einer sehr wichtigen Bezugsperson ein erstes kleines Fenster von Deiner Seelenmauer auf.

Als drei Monate später auch noch Dein Mann folgte, hast Du natürlich um den geliebten Menschen getrauert.

Mit dem Tod des Lebenspartners bricht einem auch erstmal mehr oder weniger das alte Leben zusammen und man muss nicht nur ganz langsam lernen mit dem Verlust der Person klar zu kommen, sondern auch sein eigenes Leben zu finden.

Dass Du nach dem Tod Deines Mannes erfahren hast, dass er seit elf Jahren eine Geliebte hatte und Du in den ganzen Jahren anstelle einer aktiven und lebendigen Partnerschaft in die Mutterrolle gedrängt wurdest, das hatte Dich das erste mal so richtig tief verletzt und dort kam aller Wahrscheinlichkeit nach auch das erste mal das Gefühl "benutzt worden zu sein" auf.

Deine neu entflammte Liebe zu Deiner Jugendliebe brachte Dir dann nicht nur die wunderbare Hoffnung, das unbeschwerte Lachen, offenen Herzens zu Lieben, ein kunterbunt sprühendes Leben, den Mut es mit jedem Gegner aufzunehmen, warm fließende Lebensfreude und die übersprudelnde und unbändige Lust auf das Leben zurück und Deine so lange darbende Seele und ja, auch der nach Liebe ausgehungerte Körper begannen langsam wieder zu heilen.

Erst nach dem Rückzug Deiner Jugendliebe bist Du richtig hart mit Deinen lange und tief vergrabenen Gefühlen konfrontiert worden und jetzt will alles und bricht alles aus Dir heraus.

Liebe Emmi, verzeih mir bitte meine sehr direkten Worte, aber jetzt beginnt eigentlich erst richtig Deine notwendige Trauerarbeit.

Ängste kommen jetzt genau so hoch wie Traurigkeit, Verletzungen, Wut, Einsamkeit, Verzweiflung und vielleicht zwischendurch auch mal Sinnlosigkeit oder Hoffnungslosigkeit.
All das ist absolut in Ordnung und es ist auch unbedingt nötig um wieder an Leib und Seele zu gesunden.

Heule was Du kannst, schimpfe, lache, schrei, heule und lache so wie es grad raus will, alles ist absolut in Ordnung, geh bitte nur insgesamt sehr liebevoll mit Dir um, denn Du bist die Person, die Deiner ganzen Liebe, Aufmerksamkeit und Deines vollen Mitgefühls bedarf, nur Du und kein anderer.

Da mich die Trauer damals nicht nur seelisch und geistig über meine Grenzen hinaus brachte (ich hatte über ein Jahr eine sehr heftige Teilamnesie gehabt, die die letzten 25 Jahre meines Lebens, Englisch, Mathe, Kochen, meinen Beruf, Namen und vieles mehr waren nicht mehr vorhanden) und ich in dem Jahr auch dreimal haarscharf einem Herzinfarkt entkam, habe ich mir eine exzellente HP in der Akupunktur gesucht und auch gefunden und das hat ebenfalls unwahrscheinlich viel gebracht.

Ich kämpfte auch nicht mehr alleine um mein Leben.

Dieses Buch hat mir persönlich sehr geholfen:

https://www.amazon.de/Lebe-lache-Neustart-schmerzlichen-Verlust/dp/3426657430

Ich drück Dich mal ganz lieb und denk an Dich, alles ist gut so wie es ist und wir wissen niemals um den höheren Sinn dahinter. :)

Liebe Grüße tarajal :)
 
Hallo Tarajal,

Hallo Emmi,

eigentlich ist dem wundervollen Beitrag von Trajanal nichts mehr hinzuzufügen. Sie beschreibt klar und meines Erachtens einfühlsam Deine seelischen Prozesse, durch die Du während der Krankheit Deiner Mutter, nach dem Tod Deines Mannes, Deinem zweiten Frühling und jetzt gehst. Ich habe dennoch ein paar Gedanken, die ich mit Dir teilen möchte. Vielleicht hilft Dir der ein oder andere.

Er war meine große Liebe. Er wollte mit mir leben. Wir wollten sogar heiraten...

Das Gefühl durch den Tod eines Menschen sterben zu müssen, das nicht aushalten zu können, kenne ich sehr gut. Und auch die Leere, die da ist, wenn jemand stirbt oder geht. Es ist wie Trajanal sagt, man muss auch erstmal sein eigenes Leben finden. In diese Leere kam Deine große Liebe und brachte Dir den zweiten Frühling und Du hofftest, jetzt endlich wird alles gut. Ehrlich gesagt klingt Deine Geschichte klingt so schön! Eine Liebe, die nach 38 Jahren!!! wieder entflammt, besser hätte es Rosamunde Pilcher nicht schreiben können:D Ich kann mir das bei meiner ehemals großen Liebe gar nicht vorstellen. Ich würde schreiend weglaufen!
Zu einer bestimmten Zeit war diese Beziehung gut und richtig und ich fühle mich ihm immer noch verbunden, aber ich bin über das, was wir hatten lange hinausgewachsen. Das wäre nicht mehr ich.

Was ich aber sagen will, ist Folgendes: Wir haben alle von Kindesbeinen an ein bestimmtes Liebesideal im Kopf. Das Ideal, dass in Songs, selbst in Metal-Songs, in Filmen und Büchern propagiert wird: Es gibt EINE große Liebe, ohne diese große Liebe sind wir NICHTS! Diese große Liebe vervollständigt uns. Der andere gehört uns und wir gehören dem anderen. Naja, Du kennst diese ganzen Überzeugungen.

Wir alle betrachten das was uns geschieht durch die Brille unserer Überzeugungen. Mir hat damals geholfen, diese Überzeugungen zu hinterfragen und mir bewusst zu machen, es war ein großes Glück, dass wir uns getroffen haben. Es hätte nämlich auch ganz anders kommen können:

Wenn Du die Tochter zweiter Franzosen gewesen wärst, ja selbst, wenn Du nur in einer anderen Stadt gelebt hättest, Du hättest von der Existenz Deiner großen Liebe NIE gewusst! Du hättest eine andere wunderbare und sehr besondere Seele getroffen, die jetzt mit einer anderen Frau zusammenlebt. Der Du nicht nachtrauerst, weil Du sie nicht kennst, die aber Dein Herz erobert hätte, hättet ihr die Chance vom Leben bekommen Euch kennenzulernen. Verstehst Du was ich damit sagen will? Wir haben viele große Lieben, lernen sie jedoch nicht kennen. Wenn er geht, machst Du den Platz frei für einen besonderen Menschen, der auf Dich wartet und schon jetzt mit Deiner Seele verbunden ist.

Der zweite Punkt ist, dass Eure Seelen miteinander verbunden sind und ihr noch nicht frei voneinander seid. Hier ist nur eine physische Trennung. Das bedeutet, ihr seid miteinander noch nicht fertig. Daher werdet ihr Euch wiedersehen, aber Du weißt nicht wann. Es kann auch in einem anderen Leben sein. Und daher schrieb ich auch, Du kannst Dich mit ihm verbinden, wann immer Du willst. Das solltest Du auch tun, wenn es Dinge gibt, die Du ihm noch zu sagen hast und die auf Deiner Seele liegen. Du solltest Eure seelische Verbindung nur nicht dazu nutzen, die Situation zu manipulieren.

Ein blödes Energiegesetz ist: Was Du loslässt, das kommt zu Dir zurück. Chuck Spezzano schreibt so schön darüber. Nur kommt es nicht zurück, wie es gegangen ist. Das heißt, es kann sein, dass er noch einmal in Dein Leben tritt, wenn Du ihn losgelassen hast, aber dann wirst Du ihn nicht mehr wollen oder ihr beginnt von vorne, das heißt diese Beziehung wird auf einer anderen Ebene fortgeführt. Ihr fangt dann nicht mehr da an, wo ihr aufgehört habt. Die Crux an diesem Energiegesetz ist eben das Loslassen müssen.
 
Im Moment aber bin ich seit Wochen am Weinen

Wie Trajanal schrieb, hat er ein Türchen in Deinem Herzen geöffnet und Dein eigentlicher Weg beginnt erst jetzt.

Er hat Dinge in Dir angestoßen, die unentdeckt in Dir schlummerten: Die lebenshungrige Powerfrau, Deine Lust auf Leben und Lieben, aber auch Deine Wunden, die unter all dem Drama stecken.

Ein Problem ist Medizin zur Heilung von Wunden. Und damit dient es- wenn es statt verdrängt, gelöst wird- dem Heilen, dem Ganzwerden.

Als ich durch einen Verlust aus der Bahn geworfen wurde, durfte ich nicht trauern und nicht Abschiednehmen. Ich musste funktionieren. Ich bin manchmal zusammengebrochen, aber die meiste Zeit funktionierte ich.
Den Schmerz, den man einmal verdrängt hat, wieder nach oben zu holen ist ungleich schwerer. Die Zeit heilt keine Wunden. Verdrängter Schmerz macht krank.

Ich weiß nicht wie es Dir geht, aber das In-Sich-Zusammenbrechen, das Weinen hatte etwas......es war für mich ein spirituelle Erfahrung. Da saß ich da auf dem Boden, in mich zusammengekauert und alles schien um mich herum zusammen zu brechen. Wie fragil das Leben doch ist. Ich fühlte mich in diesen Momenten der Urquelle näher als je zuvor. Und ich fühlte mich ganz- und gar nicht allein, aus einer höheren Ebene betrachtet.


Ich weiß nicht, wie Du mit negativen Emotionen umgehst. Die Wenigsten nehmen sie an und öffnen ihr Herz für sie. Ich kenne keinen Menschen, inklusive mir, der nicht in sie hineinfällt.
Den meisten von uns sind negative Emotionen in der Kindheit ausgetrieben worden, weil Kinder dann nicht "lieb" und nicht "brav" sind. In solch einem Fall kann es Sinn machen, eine tiefe Wahrnehmung für sich und den Umgang mit Emotionen mit Hilfe von CDs oder einem Couch neu zu erlernen. Ich finde dafür die Körperzentrierte Herzensarbeit von Safi Nidiaye sehr gut.


und ich fühle mich benutzt.

Trajanal schreibt, das Gefühl ist älter. Ist es vielleicht NOCH älter?

Alles Liebe
Bora
 
Danke Boragina,

das sind sehr sehr schöne und sehr einfühlsam formulierte Gedanken. :)

Liebe Emmi,

wir haben auch erlebt wie es sich anfühlt wenn das Leben die Luft anhält und man ins bodenlose fällt, wenn alles was man geliebt und wofür man gelebt hat aus unserem Leben verschwindet und dann nichts mehr da ist.

Funktionieren musste ich auch, ich lebte weit ab von Nachbarn mit vielen Tieren auf einem Bauernhof und die Tiere können nichts dafür, sie müssen versorgt werden.

Meine fünf großen Hunde und vier Katzen haben damals alle sehr genau gespürt, dass es mir mehr als nur beschissen ging und sie haben mir alle in faszinierender Kooperation auf ihre Weise geholfen zu überleben.
Jedes einzelne Tier vermisste ja auch meinen Mann und sie suchten ihn im Auto, am Schreibtisch, auf der Terrasse, der Couch und sogar in seinem Bett (und versuch mal einen sich beharrlich sträubenden 50 kg schweren Hund davon zu überzeugen, dass weder Couch noch das Bett meines Mannes sein Platz sind... :D). Andere Hunde schauten mich so auffallend besorgt an, wichen mir nicht eine Sekunde von der Seite und an ihrem Hals habe ich stundenlang geheult bis die Tränen nach langen Monaten langsam weniger wurden.

Bei den Katzen, die sich sonst nicht so grün sind und auch nicht ins Schlafzimmer kommen, da hat eine Katze mit den Pfoten die großen Schiebetüren geöffnet und alle vier Katzen haben sich im Schlaf rechts und links von mir nieder gelassen und mich quasi mit meiner Bettdecke festgetackert, das hat geholfen, ich fühlte mich gehalten.
Ich brauchte auch keine Angst vor Einbrechern zu haben, die Hunde passten draußen auf, die Katzen im Haus.

Aber auch das Federvieh verhielt sich auffallend anders als sonst, Hühner ließen sich in großer Zahl auf und zu meinen Füßen nieder und die Gockel standen direkt ruhig und friedlich dahinter.

Ihr Verhalten normalisierte sich erst wieder, als ich wieder zu mir fand, für die Tiere muss ich ganz ganz weit weg gewesen sein und sie wollten mir helfen und haben mir alle sehr geholfen. Ohne sie hätte ich nicht überlebt.
Mein schwerster Kater Merlin kam mit seinen 6 kg Kampfgewicht auf Elfenfüßchen und legte sich auf meinen Bauch, schnurrte laut wie ein Traktor und das beruhigte mich nach einiger Zeit wieder.

Die Trauer muss alles raus und das Heulen ist der Beginn des langsamen Heilungsprozesses.

Bei so einem Verlust ist es nicht nur der eine und der andere Todesfall und der Verlust des geliebten Menschen was so unendlich traurig und verzweifelt macht, sondern es ist alles, was in vielen Jahren und kleinen Enttäuschungen, verpassten Chancen, kleinen aber wichtigen Verlusten, Ärgernissen, Verzweiflungen, gesundheitlichen Problemen usw. ein ziemlich großes Paket zusammen gekommen, was jetzt einfach überfällig geworden ist.

Vereinfacht gesagt, alles, was Du bisher in Deinem Leben "geschluckt" hast, baut das Trauergefühl noch um ein vielfaches höher und jetzt, nach all diesen Prüfungen macht Deine Seele Großputz.

Oft weißt Du gar nicht mal so genau, warum Du jetzt noch so immens traurig bist, da könnte Dir auch eine Trauergruppe (wie Boragina empfahl) oder eine in dieser Richtung gehende Gesprächstherapie helfen.

Es wird Zeit brauchen bis Deine Seele alles raus gelassen und geheilt hat, gib sie ihr, geh liebevoll, freundlich und voller Mitgefühl für Dich um und tu ihr viel Gutes, Du bist es Dir wert! :)

Weißt Du, als ich einen Tag nach dem Todestag meines ersten Mannes meine zweite Liebe traf, erkannte ich diese große Liebe aus einem anderen Leben in seinen Augen wieder und ihm ging es mit mir nicht anders.

Nach 10 Tagen war für uns beide klar, dass wir für den Rest unseres Lebens zusammen bleiben werden und wir gingen sofort daran, ihn mit Hühnern und einer Katze mit Sack und Pack zu mir umzusiedeln.
Am letzten Umzugstag, vier Wochen nach unserem Kennenlernen, auf der Rückfahrt kurz vor unserem Zuhause erlitt er auf der Autobahn einen Herzinfarkt, seinen dritten und musste anschließend noch vom einen Hospital in ein 70 km entferntes KKH verlegt werden.
Dort habe ich ihn nach vier Tagen unter Polizeiandrohung von der Intensivstation nach Hause geholt, weil die Behandlung und die Stimmung von den Ärzten und Schwestern zu den Patienten dort unter aller Kritik waren.

Es war die selbe Unikinik in der mein erster Mann 13 Monate zuvor gestorben war und ich habe die ganze Zeit immer wieder gedacht, dass ich in einem richtig üblen Alptraum gelandet bin und die Götter angefleht mir diesen wunderbaren Mann nicht auch noch zu nehmen.

Wir haben gewonnen, beziehungsweise haben uns die Geister auch diese Prüfung geschickt und wir haben es auch mit Unterstützung von diesem Forum geschafft, dass er heute auch keine Diabetes II mehr hat und mit seinen 68 Lenzen fit wie ein Turnschuh ist. :p)

Ich kann Dir ganz ehrlich nur den Rat geben, trauere intensiv um alles, aber hadere bitte nicht mit Deinem Leben. :)

Wenn Du in dieser Richtung ein wenig Unterstützung gebrauchen kannst, kann ich Dir diese Bücher sehr empfehlen:

https://www.amazon.de/Kraft-zum-Loslassen-T%C3%A4gliche-Meditationen/dp/3453047656

https://www.amazon.de/dp/3453085205/ref=pd_lpo_sbs_dp_ss_3/253-6214667-8516249?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=lpo-top-stripe&pf_rd_r=9JMN3WCB997S1CQ4SH7J&pf_rd_t=201&pf_rd_p=556245207&pf_rd_i=3453047656

Liebe Grüße und fühl Dich mal lieb umarmt,

Tarajal :)
 
Hallo ihr Beiden,

ihr habt mir so sehr geholfen. Immer, wenn ich eure Beiträge durchlese, weiß ich, daß ich nicht allein bin und ich kann hemmungslos weinen ohne mich dafür schämen oder verstecken zu müssen. Denn ich weiß nicht, ob die eigenen Kinder dafür die richtige Adresse wären - wohl eher nicht, denn sie trauern um ihren Vater. Und mein Mann war ein guter Vater für sie. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Ihr habt mir sooo aus der Seele gesprochen. Ja, mit meiner Jugendliebe war es wie bei Rosamunde Pilcher und wir haben oft selbst darüber gelacht und konnten nicht glauben, daß man nach 38 Jahren noch einmal so glücklich miteinander sein kann. Letztendlich war der Trennungsgrund jetzt der gleiche wie damals und ich denke, ich habe diesmal meine Lektion gelernt. Auch ich habe unter unsere Liebe einen Strich gezogen - zumindest mental. Habe alle seine Sachen, die noch bei mir waren, zurück geschickt und habe ihm einen letzten Brief geschrieben. Die Gefühle brauchen etwas länger. Mit dem Loslassen ist das so eine Sache. Dann denke ich, ich verliere ihn ganz. Obwohl ich doch weiß, daß ich ihn ja schon verloren habe. Ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll, denke aber ihr versteht mich.

Ich habe auch Tiere. Hühner, Kaninchen, eine Katze sowie Haus und einen riesengroßen Garten. Das alles gibt meinem Leben im Moment Struktur, weil ich mich um alles kümmern muß. Aber ich habe auch Angst vor der Trauer, habe dieses Jahr 10 kg an Gewicht verloren und kaum Appetit. Ich wiege noch 57 kg bei 165 cm.
Die Bachblüten waren eine gute Idee. Habe mir eine Mischung anfertigen lassen, die mich zumindest etwas stabilisiert. Arbeiten gehen muß ich ja auch noch, da kann ich nicht mit verheultem Gesicht auftauchen.

Ich werde ab und zu etwas schreiben, damit ihr wißt, wie es mir geht.

Vielen Dank nochmal.
:wave:
 
Nachtrag:

Die Bücher habe ich mir bestellt. Ich weiß, daß ich in meiner Ehe co-abhängig war. Mein Mann war von Beginn unserer Ehe an chronisch eifersüchtig. Am Anfang fühlt man sich noch geschmeichelt, aber später dann wird es zur Last. Und er war Alkoholiker. Ich habe einfach nie wirklich die Kraft gefunden, mich daraus zu lösen. Auch, weil meine Kinder sehr an ihrem Vater hingen, vor allem mein Sohn. Er wollte im Fall der Trennung bei meinem Mann bleiben. Das hätte ich nicht übers Herz gebracht, mich von meinen Kindern zu trennen.

Und die Sache mit dem "zu sehr lieben" - das hat mir meine Jugendliebe am Ende auch zu verstehen gegeben.
Wenn wir uns in die Augen gesehen haben, konnten wir jeder dem anderen bis auf den Grund schauen, weil wir es zulassen konnten. Bis zu dem Zeitpunkt an dem er dicht gemacht hat. Und vielleicht geht es ihm ja zu Hause bei sich genauso, wir mir bei mir zu Hause....

Ich muß das nun alles etwas sacken lassen. Wahrscheinlich werde ich mir doch therapeutische Hilfe holen.

LG :wave:
 
Liebe Emmi,

dass Du Deine Kinder damit nicht belasten möchtest, zeigt sehr genau, dass Du mit viel Feingefühl die Kraft und auch das Herz hast richtig zu reagieren.
Mit ihnen über diese ganze Thematik zu reden, wäre zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich weder ihnen noch Dir eine Hilfe.

Mit dem Tag der Erkrankung meines Mannes hatte ich (um überhaupt seelisch zu überleben) angefangen, ein Tagebuch zu schreiben, auch das Loslassen war ein sehr sehr großes Problem für mich, dass mich körperlich bis zur kaum-noch-Bewegungsfähigkeit lähmte und meinen Blutdruck auf 245 : 145 hoch schraubte.
Ich musste damals zwingend einen Weg finden wenn ich das alles halbwegs überleben und in Zukunft aktiv weiter leben wollte.

Es ist so einfach gesagt und so unglaublich schwer umzusetzen, weil gerade dann und in der tiefsten Tiefe unseres Herzens unsere größten und schlimmsten Ängste eine unvorstellbar gewaltige Macht über uns haben.
Du bist instinktiv auf dem richtigen Weg und ich verstehe Deine Ängste wirklich nur zu gut, aber lass Dir versichert sein, nach dem Loslassen wirst Du wirklich nicht weniger Erinnerungen übrig haben, sondern sie bleiben Dir und werden auch in Zukunft Dein Leben sehr positiv bereichern, nur eben ohne Schmerz. :)

Ich gebe Dir hier mal einen Auszug aus meinem Text zum lesen, vielleicht mag er Dir ein wenig Unterstützung zu vermitteln:

Langsam, fast zögerlich ließ ich zwar diesen Gedanken zu, aber ich war noch nicht bereit dazu ihn ganz umzusetzen.
Am Abend hatte ich meinen nächsten Termin bei meiner HP, und das war gut so.
Mein Blutdruck hatte sich wieder in noch gefährlichere Höhen von 245 : 145 hinauf geschwungen, mein Darm blockierte, meine Nieren hatten wieder dicht gemacht.
Sie sah mich an, schaute mich noch genauer an und sagte:

„Der Jochen ist noch ganz stark hier bei Dir, hast Du ihn noch nicht losgelassen?“

Treffer, das war es also was mich so lähmte.

Ich hatte ihn noch nicht los gelassen und ich hatte auch eine regelrechte Panik, eine unbeschreibliche Scheißangst davor, aber das wollte ich ihm wirklich nicht antun, dafür liebte ich ihn doch viel zu sehr, das hatte er wirklich nicht verdient, niemals.
Ich wusste jetzt, was ich als nächstes zu tun hatte.

Ich ging nach Hause, setzte mich auf die Terrasse und horchte tief in mir drinnen nach, warum mir das Loslassen von Jochen so wahnsinnig schwer fiel.

Es fühlte sich für mich so an, als hätte ich ein riesengroßes, endlos tiefes, pechschwarzes leeres und eisig kaltes Loch in meinem Bauch, das verzweifelt versuchte, jeden noch so kleinen Funken von Jochens Leben, Liebe, Wärme und Erinnerung an ihn zu erhaschen und für immer zu bewahren. Ich klammerte mich unbewusst an die trügerische Hoffnung, dass ich auf diese Weise all die kleinen und großen Momente unserer Liebe und unseres Lebens festhalten und für immer und ewig in mir konservieren könnte.

Aber das schlimme daran war, je mehr ich versuchte krampfhaft alles an Erinnerungen zu sammeln und zu speichern, desto weniger füllten sie das große, schmerzende, kalte, leere und schwarze Loch in meinem Bauch auf.
Es tat so unglaublich weh und die einzige große Angst, die ich in meinem Leben je hatte, nämlich Jochen zu verlieren, wuchs und wuchs und wuchs wie ein alles zu ersticken drohendes Pilzgeflecht endlos weiter in mir.

Es musste etwas passieren, sonst würde ich weder in meiner Seele, noch in meinem Herzen und auch nicht in meinen Nieren gesunden.
Mein Körper und meine Seele forderten von meinem Geist geradezu aggressiv eine faire, ehrliche, liebevolle und aufrichtige Handlung für mich ein.

Klar gesagt, es gab auch für mich ein Leben vor meinem Mann, es gab das schönste Leben mit ihm und auch wenn ich es noch nicht glauben, wahr haben oder sehen wollte oder konnte, es würde auch in Zukunft auch wieder ein Leben ohne meinen geliebten Mann geben.

Und weil Selbstverleugnung niemals authentisch ist, ist sie auf Dauer auch nicht überlebensfähig, darum blieb mir nur eines übrig:

Ich musste Jochen in Liebe los lassen.

Gewusst, gesagt und getan sind immer noch ganz verschiedene Paar Stiefel und dafür bedarf es konsequenter Arbeit an sich selbst um sich aus der im Moment noch bequemer erscheinenden Position heraus zu bewegen, und so nahm ich den Gedanken für den heutigen Abend zwar in mir auf, aber viel mehr war ehrlich noch nicht drin.
Am nächsten Tag fing es an zu regnen, für mich das optimale Wetter für einen solchen inneren Arbeitsprozess, dann versorgte ich meine Tiere und setzte mich unter das schützende Dach meiner Terrasse um meinen Gedanken und Gefühlen ungestört freien Lauf zu lassen.
Ich sprach Jochen direkt an, das hatte ich seit kurz nach seinem Tod nicht mehr getan:
„Schatz, bist Du da?“
Er war da und er hörte mir aufmerksam und liebevoll zu.

„Mein lieber Schatz, mein über alles geliebter Mann. Ich danke Dir für Deine grenzenlose Liebe, Dein herzliches und verschmitztes Lachen, Dein stets heiteres Schmunzeln und Deine große Zärtlichkeit in all den Jahren.
Ich danke Dir für alles, was ich durch Dich und von Dir gelernt habe und auch wenn momentan nicht alles parat ist, ich habe bestimmt nichts davon vergessen und ich werde all das, was Du in mir an Fähigkeiten und guten Eigenschaften gesehen und gefördert hast, voll leben und weiter entwickeln, sowie ich auch neue Eigenschaften, Charakterstärken und Fähigkeiten entwickeln werde.
Ich danke Dir für Deine unglaublich große Kraft, Stärke und für Deinen Mut auch mit schwierigen Situationen zu recht zu kommen.
Ich habe daraus gelernt und ich weiß, dass ich von jetzt an selber wieder genug Kraft, Stärke und Mut haben werde um mein eigenes Leben aktiv in meine Hände zu nehmen und meine Zukunft zu meistern.
Ich habe jetzt keine Angst mehr vor meinem Leben ohne Dich und das, was da noch auf mich wartet, ich gehe offen und neugierig darauf zu.
Mach Dir bitte keine Sorgen mehr um mich, ich werde wieder ganz gesund und ich werde das Leben mit all seinen Konsequenzen annehmen und freudig begrüßen.
Ich finde schon meinen Weg.“

Für die nächsten zwei Stunden erzählte ich ihm von meinem, unserem Buch, dass ich gerade schreibe und auf jeden Fall veröffentlichen werde. Ich erzählte ihm auch, dass ich mir vor zehn Tagen die Haare um 20 cm abschneiden ließ und mich auf einmal beim Einkaufen die verrückte Idee dazu brachte, mir hübsche Dessous zu kaufen.
All das und noch viel mehr erzählte ich ihm und zum Schluss sagte ich ihm voller Liebe und aus voller Überzeugung:

„Schatz, ich liebe Dich und ich danke Dir für alles und ich lasse Dich jetzt los.
Gehe bitte in Frieden Deinen Weg weiter.“

Ich hatte es also endlich von ganzen Herzen gefühlt und gesagt.
Ich hatte nicht mehr gesagt „Ich werde Dich los lassen, sondern ich lasse Dich jetzt los“.

Ich hatte ihn los gelassen.

Ich werde diesen wunderbaren Mann selbstverständlich weiter lieben und weiterhin unendlich dankbar sein für seine Liebe und die vielen tollen Jahre mit ihm, und ganz gewiss werde ich auch manchmal noch sehr traurig sein, aber das ist auch völlig in Ordnung und vollkommen normal.

Jemanden loszulassen bedeutet doch nicht, dass wir die Zeit mit ihm oder ihr auslöschen müssen.
Das wäre in meinen Augen absolut daneben und völliger Blödsinn und da ist es mir auch so was von egal, was ach so große und neunmal gescheite psychologische Richtungen ihren Therapeuten für die Arbeit mit Trauernden empfehlen, da pfeif ich doch nur sehr herzlich drauf, das fühlt sich in mir gar nicht gut, richtig und schon gar nicht gesund an.
Ich hatte ihn losgelassen, hielt ihn nicht mehr fest und werde ihn immer lieben, alles andere ist graue Theorie Einzelner die in meinen Augen keinen blassen Schimmer von der Realität haben.

Der größte Fehler der Menschheit ist,
etwas aus dem Kopf zu entfernen,
was im Herz nicht gelöscht werden kann.
Anónimo

In meinem Herzen, in meiner Seele und in meinem Kopf breitete sich ganz langsam etwas mehr Ruhe aus.

Gib Dir etwas Zeit und gehe bitte liebevoll mit Dir um, sag Dir selber was Du möchtest und was Du auf keinen Fall mehr möchtest (aufschreiben hilft dabei viel) und wenn Dir das alles bewusst geworden ist, dann kannst Du loslassen und Deinen Weg weiter gehen, dann bist Du dazu bereit. :)

Du schaffst das, das Leben wartet bereits auf Dich. :)

Ich drücke Dich mal ganz lieb und bin in Gedanken bei Dir,

liebe Grüße Tarajal :)
 
Liebe Tarajal,

ich habe mir nun zum x-ten mal deinen Text durchgelesen, der mir soo unter die Haut geht. Kann man dein Buch kaufen?
Ich denke, das Nicht-loslassen-können kommt daher, daß mein Vater vor 18 Jahren auch ganz plötzlich verstorben ist und ich nicht von ihm Abschied nehmen konnte. Ich habe das die ganzen Jahre verdrängt. Wir waren damals mitten überm Hausbau und er starb auf der Baustelle. Ich mußte damals einfach funktionieren und im Nachhinein frage ich mich, wie ich das alles aushalten konnte: Ehekrise, 2 schulpflichtige Kinder, sehr stressiger Job - und dann starb auch noch mein Vater.
Doch wie kann ich jemanden loslassen, den ich so sehr liebe - egal ob es mein Vater oder meine Liebe ist?

:wave:
 
Liebe Emmi,

Du hast, wie Du geschrieben hast, all die Jahre unter schwierigen Umständen und Schickalsschlägen irgendwie einfach weiter funktioniert.
Nicht ausgelebte Trauer um einen geliebten Menschen zieht sich wie alle weiteren Belastungen irgendwann wie ein immer enger werdender Ring um Deine Seele und ab einem gewissen Punkt ist alles präsent und üb er die Jahre viel zu viel geworden.

Deine Seele hat jetzt befunden, dass Dein Mass an erträglichem übervoll ist und zeigt Dir das auch sehr deutlich.
Damit Deine Seele wieder richtig glücklich werden kannst, braucht sie eine Art gründlichen aber liebevollen Frühjahrsputz.

Lege Dir doch einmal einen Zettel hin und schreibe darüber, "Was macht mich alles traurig?", dann einen zweiten "Was macht mich alles wütend oder hat mich verletzt?" und zuletzt einen dritten "Was macht mir Angst?".

Denn all das gehört mit dazu, warum Du so leidest.

Lass Dir Zeit, so viel Zeit wie Du brauchst, schau öfter mal auf die Zettel und dann schreibe einfach darunter, was Dir so alles einfällt.

Glaub mir, das summiert sich ganz schön und geht oft sogar bis in unsere Jugend zurück, aber innerlich aufräumen kannst Du erst, wenn Dir selber bewusst wird, was noch alles an ungeklärtem in Deiner Seele brodelt, und dann erst kannst Du Stück für Stück loslassen. :)

Diese alte chinesische Lebensweisheit hat mir ebenfalls sehr geholfen:

„Lächle und sei gewiss, alles ist gut so wie es ist.“


Der bewusste Schritt nach einem schweren Trauma zurück ins Leben zu gehen ist viel schwieriger als die meisten Menschen es sich vorstellen können.
Aber dieser Schritt, oder besser gesagt es ist eher eine klare Entscheidung mit vielen vielen kleinen Schritten, entscheidet nachher letztendlich auch darüber, ob und wie man wieder weiter leben wird, oder ob man sich in einer dauerhaften Endlosschleife der Trauer befindet.
Das Gefühl der Trauer war extrem schmerzhaft, lähmend, den Atem raubend, das Herz zersprengend, beißend, scharf und dunkel gewesen, also wirklich nichts was mich gelockt hätte es weiter erleben zu wollen und trotzdem war es so unglaublich schwierig gewesen, da wieder heraus zu kommen.

.....

Aber eines wusste ich heute ganz gewiss, wir hatten die lange gemeinsame Zeit, die uns beiden geschenkt worden war, zum überquellen mit Liebe, Wissen, Kreativität und für uns wichtigen Aufgaben gefüllt und täglich voll ausgekostet.

Mein Gott, das war doch so unglaublich viel wofür wir beide uns beim Leben bedanken konnten und durften und nichts worüber ich weiterhin trauern musste.
Ich war so dankbar für all das, was wir gemeinsam erleben und leben durften und so haderte ich auch nicht mehr mit dem, was wir nicht mehr an gemeinsamer Zeit zusammen haben konnten und was wir uns beide für unsere weitere Zukunft gewünscht hätten.

An diesem Tag habe ich mich ganz bewusst dafür entschieden meine große Trauer um Jochen abzuschließen und mein Leben und meine weitere Zukunft froh, dankbar, neugierig und offen anzugehen.

.....

Ich habe endlich mal die innere Ruhe gefunden mit bewusstem Atmen und Visualisation gezielte Herzmeditationen durchzuführen.
Am besten und am einfachsten zur Ruhe zu kommen kann man, wenn man dafür sämtliche störenden Nebengeräusche wie Fernseher, Radio, Telefon, Handy und gegebenenfalls auch die Türklingel ausschaltet und sich dann völlig ungestört auf sich selber konzentrieren kann.

Dabei sitzt man sehr bequem auf einem Stuhl mit den Füßen flach auf den Boden gestellt, oder man legt sich entspannt hin, grade so, wie es einem angenehmer ist.
Man kann auch eine ruhige Entspannungsmusik auflegen oder wenn man die Stille lieber mag, ist das genau so in Ordnung, einfach so wie es einem am besten zu sagt.
Nun beginnt man sich auf eine ruhige und tiefe Atmung zu konzentrieren.
Wenn man so seinen Rhythmus gefunden hat, lässt man vor seinem inneren Auge
eine Farbe entstehen, optimal für eine Heilung des Herzen wäre ein goldgelbes Licht (man kann sich natürlich auch Sonnenschein vorstellen) oder auch eine grüne Farbe.
Mit jedem Atemzug versucht man jetzt diese Farbe weiter in sich hinein zu atmen, in Richtung des gesamten Brustkorbs.
Wenn dieser Schritt geschafft ist, versucht man mit seinem Herzen Kontakt aufzunehmen und schenkt ihm seine liebevolle Aufmerksamkeit.
Sollte man dabei einschlafen, ist das auch in Ordnung, dann haben Körper und Seele genau dies jetzt gebraucht.

Bis dahin ging es nach ein paar weniger konzentrierten Versuchen ja noch relativ einfach, aber als ich dann Kontakt mit meinem seelischen Herzen aufgenommen hatte, sah ich, dass es immer noch ganz traurig und tief unten in einem kleinen im Herzen zurückgezogenen Eckchen hockte. Das tat mir wirklich weh und leid, dass mein Herz soviel gelitten hatte und so klein und so verletzt und so unendlich traurig geworden war, wo ich doch mein Leben lang ein sehr großes, offenes und fröhliches Herz für alles und jeden hatte.

Mit tieferen Atemzügen wollte ich ihm wieder Licht und die Farbe zuführen, aber das klappte zu meiner Verzweiflung überhaupt nicht. Ich konnte nicht tief atmen, geschweige denn durchatmen, sondern heftig aufbäumende Schluchzer hinderten mich bei jedem Atemzug daran richtig Luft zu holen.
Ich war irritiert, das war nicht mehr alleine die Trauer um Jochen, sondern da musste noch etwas anderes drin stecken.
Also fragte ich mein Herz was denn da immer noch so dolle schmerzt.
Als Antwort kamen alte Bilder und Verletzungen aus der Kindheit und Jugend hoch, die sich mit der starken Trauer um meinen geliebten Mann zu einem riesengroßen gemeinsamen Schmerz verbunden hatten.
Ich ließ die vielen verwischenden Bilderfetzen an meinem inneren Auge vorbei ziehen, pickte mir ein deutlicheres heraus und schaute mir die Situation an.
Dann machte ich das Einzige, was mir in dieser Situation als hilfreich erschien.
Ich übte mich darin dieser Situation, den dabei beteiligten Person wie auch mir selber zu verzeihen.
Anfangs fiel es mir nicht ganz so leicht, aber mit jedem Atemzug gelang es mir zunehmend etwas besser.
Die Atmung wurde mit der Zeit langsam tiefer und ruhiger und mein kleines in der Ecke meines Herzens hockendes seelisches Herzchen wuchs langsam wieder mit jedem tieferen Atemzug.
Der Schmerz wurde mit der Zeit immer weniger und ließ nach.
Ich kam aus meiner Meditation wieder heraus und fühlte mich wieder ein Stückchen leichter ums Herz.

Ab dem Moment war mir klar, dass da noch ein weiteres Stück meines Weges in meine Zukunft vor mir lag und ich übe mich jetzt fast täglich in dieser Meditation.

Vor über dreißig Jahren hatte ich sowohl Autogenes Training und Meditation gelernt, aber es war mir in den letzten Monaten nicht mehr möglich gewesen sie alleine durchzuführen.
Dabei ist das eine ganz wunderbare Methode um wieder Ruhe und Frieden in seinem Innersten zu finden.

Ben Fuhrmann hat mal gesagt:

„Wir müssen nur lernen zu verstehen, dass man die meisten Schwierigkeiten in Chancen umwandeln kann.“

Das Buch heißt: "Auf den Augenblick, der das Leben verändert, ist man niemals vorbereitet."
und ist ein lebensbejahendes Trauertagebuch.

Das gibt es (leider) noch nicht im Handel zu kaufen, weil die Verlage lieber Ratgeber-Bücher suchen. ;)

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Liebe Emmi,

wie geht es Dir inzwischen? Hast Du einen Weg gefunden, der Dir hilft Deine Wunden zu heilen?

Loslassen ist leider nicht Loswerden. Es ist das genaue Gegenteil: Bedingunslose Annahme. Es zieht Kraft, aber es gibt auch Kraft.

Ich kann verstehen, wie bedrohlich sich die Trennung für Dich anfühlen muss.

Ich wünsche Dir, dass Du durch einen tiefen Heilungsprozess gehen und wie neugeboren aus ihm emporsteigen kannst.

Alles Liebe
Bora
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Bora,

inzwischen hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Mir geht es jetzt wieder ganz gut. Meine Bachblütenmischung konnte ich inzwischen absetzen. Ich nehme an einem Coaching meiner Krankenkasse teil zur Überwindung von Depressionen. Das ist sehr anstrengend, aber es hilft mir alte Muster zu erkennen und daran zu arbeiten. Die Tipps, welche ich von euch allen hier erhalten habe, habe ich mir sehr zu Herzen genommen. In Tarajal habe ich einen echten Schatz gefunden. Sie hat mir Stärke gegeben und bei ihr durfte ich mich "ausheulen". Alles zusammen genommen bin ich froh, daß ich so viele positive Erfahrungen machen durfte. Die Abwärtsspirale ist beendet und ich kämpfe mich wieder nach oben.
...und ich habe eine neue Liebe gefunden, bei der ich Prinzessin sein darf nur um meiner selbst Willen (das ist neu für mich)...

So viel für heute.
:wave:
 
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