Welches ist meine Fluchtfantasie?

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Jeder Mensch erfährt Zeiten, wo einfach alles über den Kopf zu wachsen scheint. Negatives wird von weiterem Negativen begleitet, als würde man sich in einem Sog befinden, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Die Kräfte am Ende, alle möglichen Gefühle am "explodieren" ... möchte man am liebsten auf "Pause" drücken, sich verstecken, sich unsichtbar machen ....
Manche Menschen denken in diesem Moment an eine "Fluchtfantasie".
Sie erheben ihren Kopf und ihre Gedanken über all den "täglichen Wahnsinn" und entfernen sich an einen ganz bestimmten Ort.

- Wie sieht dieser Ort aus?
- Wie sind diese Leute dort?
- Wie lebt es sich dort?
- Was machst Du dort genau?

Gruss, Marcel
 
Negatives wird von weiterem Negativen begleitet, als würde man sich in einem Sog befinden, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Einer meiner Wege war mit meinen Hunden aus der Stadt in die freie Natur zu fahren, mit ihnen zu wandern. Dabei konzentrierte ich mich ganz auf die Hunde, beobachtete sie und entdeckte so vieles, was sie sahen, erschnupperten, was ich andernfalls nicht gesehen hätte. Darüber vergaß ich zeitweilig alles andere (Schmerzen, Kummer, Depression usw.). Ich machte sozusagen Pause von mir selbst und das gab mir hinterher noch Kraft.

- Wie sieht dieser Ort aus?
- Wie sind diese Leute dort?
- Wie lebt es sich dort?
- Was machst Du dort genau?
Wenn ich in der Stadt blieb und nicht raus konnte, vertiefte ich mich in ein dickes Buch, etwa historische Romane, die informativ, gut und spannend geschrieben waren. Trotz aller Probleme konnten sie mich so fesseln, daß ich alles mitlebte, was in dem Buch geschrieben stand - an den Orten war ich, mit den Leuten fühlte ich mit, erlebte wie sie lebten und machte das, was auch sie machten, teilte deren Kummer und Sorgen. Darüber vergaß ich meine eigenen und alles, was reell um mich herum war, selbst starke Kopfschmerzen wurden so gelindert oder vergessen... Dadurch, daß ich mich von mir selbst entfernt hatte, nicht mehr grübelte, entstand eine Erholungspause und es ging danach manches etwas leichter. Vielfach rückte es das, was vorher unerträglich erschien in eine günstigere Perspektive, ich sah dann eher eine mögliche Lösung vor mir. Hoffnungslosikeit hatte sich in Hoffnung verwandelt.

Die Buch-Strategie hatte ich, ohne, daß es mir damals bewußt gewesen wäre, bereits in der Kindheit entwickelt - Bücher waren eine Flucht aus einer zeitweilig unerträglichen Realität und so war es nur natürlich, daß ich diesen Weg später wieder eingeschlagen habe, wieder ohne diese Strategie als solche zu erkennen. Bis ich das erkannte gingen noch viele Jahre vorbei.

Gruß,
Clematis
 
Eine Flucht-"fantasie" habe ich nicht.
Wie Clematis hilft mir in schwierigen Phasen der Aufenthalt in der Natur, möglichst viel körperliche Bewegung. Aber auch Musik! Und da wiederum die Musik, die mir gut tut. (Das dürfte für jeden Menschen eine andere Art von Musik sein).

Ganz besonders schätze ich in schwierigen Zeiten Möglichkeiten zur Meditation in einer Gruppe. Da fällt es wesentlich leichter, sich in die Tiefenentspannung zu begeben als allein zu Hause.
Sehr gut tun dabei Klangschalenmeditationen. Sie führen mit etwas Übung recht schnell in die Entspannung. 20 Minuten oder mehr gehen dann schnell vorbei.

Grüsse,
Oregano
 
Manche Menschen denken in diesem Moment an eine "Fluchtfantasie".

Ich würde von so einer Art Fluchtfantasie abraten.

Wenn der Mensch sich, wie beschrieben, gedanklich einen Flucht-Ort schafft/denkt, dann lebt er in einer Täuschung, die er sich selbst auferlegt.
Stirbt diese oder erwacht der Mensch aus dieser sich selbst geschaffenen Fantasie/Lüge, wird der "Flüchtling" wiederum nur enttäuscht, weil seine Gedanken nicht der Wahrheit entsprechen.
Weiterhin entzieht er sich aus der Erfahrung/Erkenntnis die Situationen am Ende ja so an sich haben und beraubt sich dessen ebenso.

Am Besten man akzeptiert, wie es gerade ist.

Grüsse von Kayen
 
Liebe Kayen,
ich brauche solche Fluchtfantasien/Orte und schon als Kind flüchtete ich in diese Welt.
Später konnte ich einige Lebenskrisen nur so bewältigen ohne daran zu zerbrechen.
Mir halfen dabei auch Bücher ,Filme und Schicksale die schlimmer als meine waren.
Dadurch fand ich etwas Ruhe,fühlte mich oft getröstet und schöpfte neue Lebenskraft.
Auch heute,wo ich bei mir selbst bin ,also angekommen,gibt es Momente ,wo ich denke es geht nicht weiter.
Dann schnappe ich mir die Kamera und tauche tief in die Natur ein und bin mit ihr eins und komme mit freien Kopf wieder heraus.
Es gibt einen friedlichen Ort,dort bin ich sehr oft( Wolkenbilder)und ich weiß ,dass ich dort ,wenn es soweit ist ,mit offenen Armen empfangen werde.
Daran denke ich sehr oft und es tröstet und stärkt mich zugleich.

Sei lieb gegrüßt von Wildaster
 
Stirbt diese oder erwacht der Mensch aus dieser sich selbst geschaffenen Fantasie/Lüge, wird der "Flüchtling" wiederum nur enttäuscht, weil seine Gedanken nicht der Wahrheit entsprechen.
Weiterhin entzieht er sich aus der Erfahrung/Erkenntnis die Situationen am Ende ja so an sich haben und beraubt sich dessen ebenso.

Hallo Kayen,

die von Dir beschriebene Situation ist durchaus möglich. Wenn man sich auf Dauer in eine Fantasie flüchtet und da nicht mehr herauskommt, dann kann man sich sehr schaden, weil die Probleme dann gar nicht be- bzw. verarbeitet werden.

Flüchtet man jedoch vor den momentanen Belastungen, weil man das Gefühl hat unter zu gehen, also für einige Zeit, dann entlastet man sich für einige Zeit, kommt auf ganz andere Gedanken, vergißt die eigene Misere. Dann stellt sich die positive Reaktion ein, die Wildaster sehr gut beschreibt. So empfand ich das auch. Hat man wieder Kraft und Mut geschöpft, kann man die Probleme erneut angehen.

Gruß,
Clematis
 
Seit auch lieb gegrüßt Ihr Lieben.
Tut mir leid, wenn ich evtl. beim Schreiben so rüberkomme, als würde ich Menschen Vor-schriften machen wollen. Das möchte ich ganz und garnicht und schreibe nur für mich, auch wenn es nicht so deutlich rüberkommt
Jeder natürlich nach seiner Fasson, wie es so schön heißt.

Liebe Grüße von Kayen
 
Hallo Ihr :),
meiner Meinung nach ist es keine "Flucht", wenn man sich - bewusst - etwas Schönem zuwendet um den Unschönen etwas entgegen zu setzen. So kann man wirklich Kraft finden, das ist auch meine Erfahrung. Problematisch wird es wohl dann, wenn man nicht "hinschaut" und nicht wahrhaben will, was an Problem und Schwierigkeiten auch da ist. Sich aber nur auf das Negative zu konzentrieren, das macht mich mürbe und nimmt mir ganz viel Energie.

Liebe Grüße, Hexe
 
Dann reihe ich mich an dieser Stelle auch einmal ein.:)

Für mich ist es auch keine Flucht, etwas zu tun, was einem jetzt gut tut. Ich sehe mein Bewusstsein als schöpferisch kreatives Wesen an.
Habe ich ein Bedürfnis, zum Beispiel um mit einer negativen Situation umzugehen, die ich jetzt nicht ändern kann, dann erfüllt das Bewusstsein mir dieses Bedürfnis, indem es alle Recourcen in Betracht zieht, um mir die Situation zu erleichtern. Ist das Passende gefunden, zu dem ich Ja sagen kann, dann wende ich das auch an. Früher habe ich Bücher gelesen oder Musik gehört, einen inspirierenden Film geschaut. Über viele Jahre bin ich in die Natur gegangen, was ich auch heute noch mache. Und auch wenn ich heute einmal einmal Musik höre oder einen Film schaue, dann merke ich, dass sich mein Geschmack immer wieder verändert. Denn inzwischen habe ich neue Recourcen hinzugewonnen und ich verstehe Vieles anders als früher und entsprechend kann ich mich auch anders damit auseinandersetzen. Je besser ich mich selbst verstehe, desto weniger brauche ich Ablenkungen. Das sehe ich als positiv an.

Auch Süchte helfen manchen Menschen, wobei man hier leider schnell die Kontrolle verlieren kann und die Gesundheit, dass nicht ewig mitmacht.

Grüsse von Juliette
 
Fluchtfantasien habe ich keine,

sondern wenn mich das Leben mit voller Wucht zu erschlagen drohte und meine Seele, mein Geist und mein Körper den Schmerz nicht mehr auszuhalten und heftig zu kippen drohten, dann habe ich mich ganz bewusst auf die schönen Zeiten konzentriert um zu überleben.

Mein Verstand war nach der Erkrankung und dem Tod meines Mannes im letzten Jahr sehr gnädig zu mir und hat mich mit einer umfassenden Teilamnesie geschützt, die in einigen Bereichen auch noch bis heute anhält.

Einiges davon ist in den letzten Monaten zurück gekehrt, anderes bleibt nach wie vor verschollen.

Aber es stört mich nicht.

Ich bin innerlich wieder ganz genesen und es wird wieder kommen, was in meiner Zukunft weiter wichtig sein wird, der Rest ist nicht mehr von Bedeutung.

Sich vor den schlimmen Ereignissen zu verstecken oder zu flüchten hilft nicht, sie sind weiter da und erst durch die Bewusstmachung und Akzeptanz dessen, was ich alles an wunderschönen Erinnerungen haben darf, konnte ich auch meine Trauer be- und verarbeiten und voll ins Leben zurück kehren.

Flucht? Nein, auf keinen Fall!

Positive Auszeit um Luft zu holen und Kraft zu tanken JA!

Für mich persönlich sind eine große Dankbarkeit für alles Positive und eine Akzeptanz des Unabänderlichen die besten Heilmittel um eine weniger schöne Lebenssituation nach und nach aus einem besseren Blickwinkel zu betrachten.

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Hallo Tarajal

Ich bin froh, dass Du genesen bist, wie Du es aussagst und dass Du Dich so sehr mit den glücklichen Zeiten mit Deinem Mann umgeben kannst. Was Du schreibst, kann ich sehr gut verstehen und ich bin froh um Deine Ansicht, die Du hier eingebracht hast ... wie auch für all diejenigen, die vor Dir dieses Thema wieder aufgenommen und es bereichert haben.

Gruss, Marcel
 
Hallo Marcel,

das Leben meint es so verdammt gut mit mir und ich durfte sogar nachdem ich innerlich wieder genesen war, ein Jahr nach dem Tod meines Mannes eine neue Liebe finden. :)

Vier Wochen später hätte ich auch diesen Mann fast noch durch einen Hinterwandinfarkt (Herzinfarkt) verloren, aber wir beide bekamen ein neues Leben miteinander geschenkt und Jochen weilt in guter Erinnerung bei uns. :)

Vielleicht noch ein kleiner Tipp:

Damit damals meine so aus den Angeln gerissene Seele nicht haltlos davon gerissen und ich schier zu zerreissen drohte, schrieb ich über ein Jahr an einem "Tagebuch der lebensbejahenden Trauerverarbeitung".

Es befindet sich derzeit noch im Lektorat und anschließend begebe ich mich auf Verlagssuche.

Es heißt:

"Auf den Augenblick, der das Leben verändert, ist man niemals vorbereitet."

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Hallo Tarajal

ich freue mich mit Dir. Lebensbejahende Gedanken in solch schlimmen Zeiten, mögen sicherlich Kraft geben.
Mit Deinem Buch wünsche ich Dir alles Gute!

Gruss, Marcel
 
Morgen Marcel,

was bringt dich dazu solche Fragen zu stellen?
HAst du auch eine Flucht-Fantasie?

Kenne übrigens Fluchtfantasien, sich in GEschichten, Bücher zu träumen
und der Welt zu entkommen, mitlerweile habe ich für solche Phasen aber eine Andere Methode entwickelt.

lg ursu
 
Ich habe/hatte auch so eine "Fluchtphantasie", wie Du sie nennst:

Ein einsamer Strand mit seichtem, warmem Wasser. Alles ist ca. körperwarm. Der Himmel ist behangen, es ist Sonnenaufgang oder -untergangsstimmung. Das Licht ist gedämpft. Ich bin ganz alleine und nackt dort und liege im seichten Wasser auf reinem Sand. Es ist völlig still und wunderschön dort. (Seufz)

Um mich vor der Realitätsflucht zu schützen überlegte ich mir, was ich dort vorfand. Es war Entspannung, Sicherheit, Freiheit. Diese Qualitäten versuchte ich dann in meinem realen Leben mehr zu "manifestieren".

Man kann die inneren Bilder dazu benutzen um herauszufinden, was man gerne im Leben mehr möchte.

Wie sieht Dein "Fluchtort" aus?

Lg Maus7
 
Hallo!

Ich habe keine Fluchtfantasie.
Wenn mir alles über den Kopf wächst, bin ich erstmal handlungsunfähig.
Vielleicht nur für ein paar Minuten, längstens für ein paar Tage.
Bisher habe ich aber trotzdem rechtzeitig die Kurve wieder gekriegt (geht nicht anders) und dann eben abgearbeitet, was anstand.

Aber ich nutze so eine Fantasie, wie Ursu sie beschreibt, als Einschlafhilfe.
Damit habe ich ein Schlafproblem weitgehend beheben können.
Immer dieselbe Geschichte, inzwischen habe ich mich von drei Stunden Einschlafzeit auf ungefähr 20-30 Minuten runtergeschraubt. Meistens funktioniert es und wenn nicht, steh ich wieder auf.
Alle paar Monate wechsle ich zu einer anderen Geschichte.
Man könnte das höchstens als Flucht vor dem Nichteinschlafenkönnen bezeichnen.

Ich bin Doctor Who-Fan (Whovian), eine Science-Fiction-Serie mit einem zeitreisenden Außerirdischen und drum reise ich in Gedanken mit der TARDIS gerne auf andere Planeten. Menschen sind da nicht.
In der TARDIS lebt sich's ganz gut, schließlich kann sie alles selber herstellen, was man so benötigt oder zu benötigen glaubt. :D
Frag doch nicht wie's da aussieht und was ich da mache, wenn ich das alles beschreibe, platzt das Forum aus allen Nähten und ich sitze nach der 500. Regeneration immer noch am Laptop. o_O

Gruß von Rabli
 
Ich denke dann immer an das Wort " alleinsein " .
Die ursprüngliche Bedeutung ist wohl , nimmt man das Wort auseinander : all - ein - sein .

Man kann sich dann mit Dingen verbinden und all ein(s) sein . Z.B. mit Bäumen .

LG
 
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