Der selbst bestimmte Tod

James

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Es gab dazu diese Woche eine aus meiner Sicht interessante "Hart-aber-Fair"-Sendung, die bestimmt noch in der Mediathek zu sehen ist. Dort wurde auch klar, dass man die Diskussion viel differenzierter führen muss, um zu klaren Ergebnissen zu kommen, als es oft der Fall ist (siehe dazu v.a. die Äußerungen von Karl Lauterbach, insbesondere auch zu den beim assistierten Suizid verwendeten Medikamenten, die nicht die gleichen sind, die zur Schmerzbehandlung eingesetzt werden und bei entsprechend hoher Dosierung das Leben auch in gewissem Maße verkürzen können, was schon jetzt erlaubt ist und praktiziert wird).

Gruß
Kate
 
Zuletzt bearbeitet:
Es war zu erwarten..........
Keinem Betroffenen ist durch das neue Gesetz geholfen, Sterbehilfe durch Vereine und Ärzte ist strafbar und auch Privatpersonen geraten in das Visier der Justiz! Hochgradig enttäuschend, was sich deutsche Politiker da geleistet haben. Die Grauzone wurde lediglich erweitert.:mad:

James
 
Hallo,

Selbst zu bestimmen, wann bzw. wie man sterben möchte, wenn keinerlei Aussicht auf Heilung besteht, das würde ich ebenfalls gerne können. Solange man noch klar im Kopf ist und diese Entscheidung selbst treffen kann, wäre das für mich in Ordnung.

Das größte Problem bei dieser Frage sehe ich in den Fällen, wenn man durch einen Schlaganfall oder anderes nicht mehr selbst sagen kann was geschehen soll. Selbst eine Patientenverfügung kann hier keine genaue Grenze ziehen, die nicht falsch verstanden werden könnte, daher werde ich eine solche wohl nicht aufsetzen.

Die Grenze kann hier verschwommen sein, oder nach einem schweren Unfall nicht genau bestimmt werden ebenso wie Ärzte irren können. So mancher ist nach drei oder fünf Jahren aus dem Koma erwacht. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, daß ein Leben viel zu früh beendet wird.

Dann gibt es noch den Bereich der Kriminalität, wahrscheinlich selten aber nicht auszuschließen, etwa ein Leben schneller beenden, um Organe für Transplantationen zu erhalten, ein Arzt der Gott spielen will und sich maßlos überschätzt, Angehörige, die schnell an die Erbschaft gelangen wollen oder schlicht zur Kostenersparnis in Pflegeheimen.

Ein Gesetz zu formulieren, daß alle diese Unwägbarkeiten berücksichtigt, ist meines Erachtens weit mehr als Juristen leisten können. Eine Grauzone wird dabei immer bestehen bleiben, besonders wenn andere über das eigene Wohl bestimmen sollen. Nur der Kranke selbst weiß, wann er abtreten will, ein Arzt/Angehöriger kann das nur erraten bzw. sehr subjektiv sehen, weil der Mensch sich selbst unbewußt von eigenen Interessen beeinflussen läßt, ohne daß Böses überhaupt beabsichtigt ist.

Gruß,
Clematis
 
Hallo James,

das ist ja ein bedauerliches Ergebnis. Ich fand Herrn Lauterbachs Entwurf (soweit mir bekannt) recht vernünftig.

Hallo Clematis
Das größte Problem bei dieser Frage sehe ich in den Fällen, wenn man durch einen Schlaganfall oder anderes nicht mehr selbst sagen kann was geschehen soll. Selbst eine Patientenverfügung kann hier keine genaue Grenze ziehen, die nicht falsch verstanden werden könnte, daher werde ich eine solche wohl nicht aufsetzen.
Damit bürdest Du allerdings den Dir am nächsten stehenden Personen - die in solchen Situationen auch ohne erteilte Vollmacht meines Wissens zu Deinem "mutmaßlichen Willen" befragt werden - diese Entscheidungen in vollem Umfang auf (ich als Angehöriger würde mich darum nicht reißen). Oder, wenn diese nicht zur Verfügung stehen, einem Betreuer. Dem geht das zwar u.U. nicht so nahe, aber sofern er Dich nicht kennt, kann er u.U. nur sehr vage in Deinem Sinne entscheiden.

Zudem könnte dadurch gerade auch dieses Risiko
..., etwa ein Leben schneller beenden, um Organe für Transplantationen zu erhalten, ein Arzt der Gott spielen will und sich maßlos überschätzt, Angehörige, die schnell an die Erbschaft gelangen wollen oder schlicht zur Kostenersparnis in Pflegeheimen.
steigen.

Nur der Kranke selbst weiß, wann er abtreten will, ein Arzt/Angehöriger kann das nur erraten bzw. sehr subjektiv sehen, weil der Mensch sich selbst unbewußt von eigenen Interessen beeinflussen läßt, ohne daß Böses überhaupt beabsichtigt ist.
Sofern das aber nicht mehr ergründbar ist, ist m.E. eben eine Vorausverfügung nach bestem Wissen und Gewissen in Kombination mit einer Vollmacht für (am besten mehrere) Vertrauenspersonen die beste Möglichkeit. In so einer Verfügung lässt sich natürlich nicht jede Situation voraussehen und es können auch bewusst Freiräume für Entscheidungen der Vertrauensperson/en gelassen werden (die natürlich sehr viel Vertrauen in diese Person/en erfordern).

Gruß
Kate
 
Damit bürdest Du allerdings den Dir am nächsten stehenden Personen - die in solchen Situationen auch ohne erteilte Vollmacht meines Wissens zu Deinem "mutmaßlichen Willen" befragt werden - diese Entscheidungen in vollem Umfang auf (ich als Angehöriger würde mich darum nicht reißen). Oder, wenn diese nicht zur Verfügung stehen, einem Betreuer. Dem geht das zwar u.U. nicht so nahe, aber sofern er Dich nicht kennt, kann er u.U. nur sehr vage in Deinem Sinne entscheiden.

Hallo Kate,

Deine Bedenken sind richtig, eine "falsche" Entscheidung Dritter ist immer möglich. Bei meiner Entscheidung gehe ich natürlich von meiner eigenen Situation aus. Angehörige habe ich keine mehr, Freunde, denen ich bei einer derartigen Entscheidung vertrauen kann, wohnen viel zu weit weg, um eingreifen bzw. dazu befragt werden zu können. Insoweit lege ich also mein Schicksal in die Hände eines Behandlers und hoffe, daß dieser zu den Vertrauenswürdigen gehört.

Von Notärzten mit langjähriger Erfahrung bei Krankenwageneinsätzen ist mir bekannt, daß diese beim Vorliegen einer Patientenverfügung oft selbst in Gewissens- bzw. Entscheidungsnot geraten, da der Begriff "keine lebensverlängernden Maßnahmen" sehr ungenau ist. Bei extrem schweren Unfallverletzungen, wo hört da die Lebensrettung zu einem lebenswerten Leben danach auf und wo beginnt die für den Verletzten, aufgrund zu erwartender Schäden, nicht mehr erwünschte Lebensverlängerung? Dabei stellen Notärzte ebenfalls die Frage: ist die Patientenverfügung auch jetzt in diesem Moment noch sein Wille, oder hat sich dieser inzwischen verändert? Notärzte ignorieren daher die Patientenverfügung in solchen Fällen häufig und retten erst mal das Leben zumal ein genaues Abschätzen der Folgen in diesem Moment, in dem schnellstens gehandelt werden muß, kaum möglich ist. Dies geschieht selbst dann, wenn schwere Gehirnschäden so gut wie sicher sind.

Beim selbstbestimmten Tod geht man allgemein davon aus, daß der Kranke diese Entscheidung bewußt selbst treffen kann. Doch je nach Zustand, könnte dies hinterfragt werden. Welches Leid will dieser Mensch noch hinnehmen, ist es wirklich hoffnungslos, sind es allein die Schmerzen, die ihn auf ein Ende hoffen lassen? Nach einer OP war ich mal in einer solchen Situtation, erwog ernsthaft aus dem Fenster zu springen, hätte es vielleicht getan, doch das Kippfenster konnte dazu nicht weit genug geöffnet werden. Dauerhafte, unerträgliche Schmerzen waren der Anlaß, trotzdem bin ich heute froh nicht gesprungen zu sein.

Bei der Diskussion eines Gesetzes, das die Hilfe zum Suizid erlaubt, spielt sicherlich auch noch die historische Vergangenheit eine Rolle. Das Wissen, mit unzulänglichen Gesetzen in eine Situation abrutschen zu können, die niemand mehr erleben will, sitzt recht tief. Die Verantwortung des Gesetzgebers ist enorm, eine klare Linie ohne Grauzonen kaum durchführbar. Jene, die da entscheiden sollen beneide ich nicht. Das ist extrem schwer...

Gruß,
Clematis
 
Hallo Clematis,

ich kann Deine Gedanken nachvollziehen, z.T. werden sie auch öffentlich thematisiert.

Im Zusammenhang mit dem Umgang mit Akut-Vorfällen (Unfälle etc.) möchte ich auf einen anderen Beitrag von mir nochmal hinweisen:
Den meisten, die sich mit Ihrer Patientenverfügung befasst haben, oder der bspw. einer nahestehenden Person, oder sich palliativmedizinisch weitergebildet haben, wird die Broschüre des bmj (Bundesministerium für Justiz) mit Textbausteinen bekannt sein:

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Down...atientenverfuegung.pdf?__blob=publicationFile

Von dem oben schon genannten Dr. Thöns gibt es eine kommentierte Version der Textbausteine, die weitere Anregungen für gewisse Differnzierungen gibt (nach welcher Zeitspanne ein Zustand beurteilt werden sollte, insbesondere nach akuten Ereignissen wie Unfällen oder plötzlichen Erkrankungen):

https://www.der-schlafdoktor.de/pvbmj2010palli.pdf
Ich habe entsprechende Anmerkungen gleich zu Beginn meiner Patientenverfügung eingebaut, nach einer Rückfrage bei Herrn Th. (siehe Thread, in dem oben verlinkter Beitrag steht, einige Beiträge später).

Gruß
Kate
 
Ich habe entsprechende Anmerkungen gleich zu Beginn meiner Patientenverfügung eingebaut, nach einer Rückfrage bei Herrn Th. (siehe Thread, in dem oben verlinkter Beitrag steht, einige Beiträge später).

Hallo Kate,

das ist sicherlich eine Möglichkeit, eine Verfügung an die persönlichen Vorstellungen anzupassen, die sicherlich sehr unterschiedlich sein können.

Ich suchte etwas bei YT und fand durch "Zufall" diesen Film, der sich mit dem Thema Freitod in Verbindung mit Krankheit befaßt: The Right of Way


Da er in englisch ist, hier eine kurze Zusammenfassung:

Ein älteres Ehepaar, bei dem die Frau an einer unheilbaren Krankheit leidet, entschließt sich zu einem gemeinsamen Suizid, Zeitpunkt abhängig vom Fortschritt der Krankheit. Er, weil er ohne seine Frau nicht mehr weiterleben will. Er möchte die einzige Tochter informieren, sie rät ab, da sie diese Entscheidung sicher nicht verstehen könne. Er ruft an und die Tochter kommt, reagiert wie von der Mutter vorausgesehen.

Die Tochter erkundigt sich zunächst bei Ärzten, erhält die Bestätigung, da sei nichts zu machen. Schlägt dem Vater vor, zu ihr zu ziehen, was er ablehnt - sie habe ihr eigenes Leben, sie könne ihm seine geliebte Frau nicht ersetzen. Dennoch kommt sie mit der Absicht der Eltern nicht klar und sucht jemanden, mit dem sie das besprechen kann und wird an die Sozialbehörde verwiesen.

Nun mischt sich die Behörde ein, besucht die Eltern, ebenso andere Behördenvertreter. Eine unbezahlte Rechnung, die persönlichen Ordnungsvorstellungen des Ehepaars u.a. werden von Außenstehenden so ausgelegt, daß die Beiden nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben selbstbestimmt bewältigen zu können. Eine Anhörung vor Gericht wird angesetzt. Das Ehepaar sucht einen Anwalt auf, der nicht helfen will/kann, weil er sonst als Mittäter des Suizids selbst in Schwierigkeiten geraten würde. Um sich selbst zu schützen berichtet er der Presse von dem Fall.

Die Tochter wollte diese Einmischungen der Behörden nicht und beschwört diese den Fall fallen zu lassen, erfährt aber, daß dies nicht mehr möglich ist. Inzwischen ist sie so weit, daß sie die Entscheidung der Eltern akzeptieren kann und teilt ihnen dies auch mit. Danach reist sie ab.

Die Eltern stehen nun unter Zeitdruck. Die Gerichtsentscheidung würde ihnen ein selbständiges Leben unmöglich machen, ihr Vorhaben könnten sie dann nicht mehr durchführen. Obwohl verfrüht, entschließen sie sich zum gemeinsamen Suizid. Die behördliche Einmischung raubt ihnen einen Teil ihrer verbleibenden Lebenszeit. Sie beginnen mit den Vorbereitungen...
Die Tochter bekommt auf dem langen Heimweg bedenken und kehrt um...

Wie es ausgeht möchte ich nicht vorweg nehmen. Es ist ein sehr einfühlsamer Film mit Bette Davis und James Stewart in den Hauptrollen. 1983 wurde er gedreht.

Gruß,
Clematis
 
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