Schwarz-Gelb kündigt Solidarität im Gesundheitssystem auf

Dora

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Schwarz-Gelb beschließt Entsolidarisierung unseres Gesundheitssystems Umsturz der sozial ausgewogenen FinanzierungStand: 12.11.2010


Nachdem die schwarz-gelbe Mehrheit einen Tag zuvor im Bundestag die Profitgarantie für die Pharmalobby beschlossen hat, legte sie am 12. November 2010 die Axt an unser solidarisches Gesundheitssystem. Das Prinzip der solidarischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich seit vielen Jahrzehnten bewärt. Es findet international hohe Anerkennung, weil es stabil ist und eine hochwertige medizinische Versorgung für alle Versicherten bietet. Minister Rösler und die Koalition haben jetzt den Systemumsturz hin zu solzialer Ungerechtigkeit eingeleitet.

Der Gesetzentwurf verfehlt das Ziel einer nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung. Deshalb lehnt die SPD-Bundestagsfraktion den Gesetzentwurf ab und fordert die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser soll die gesetzliche Krankenversicherung auf eine solide finanzielle Basis stellen und zugleich eine sozial gerechte Lastenverteilung sichern.

Rede von Andrea Nahles MdB in der Debatte "Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung" am 12.11.2010:


Ab 2011 werden die Beitragsätze der GKV um 0,6 Prozent auf 15,5 Prozent steigen. Davon zahlen die Beschäftigten 8,2 Prozent und die Arbeitgeber 7,3 Prozent. Doch ihr Anteil wird eingefroren. Alle künftigen Kostensteigerungen landen allein bei Beschäftigten,Studierenden sowie den Rentnerinnen und Rentnern.

Sie werden doppelt belastet, weil die GKV nun ohne Beschränkung Zusatzbeiträge - die kleine Kopfpauschale - erheben darf. Es ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen in Zukunft einen Beitragssatz von 15,5 Prozent nehmen und die kleine Kopfpauschale stetig steigen wird. Damit hat Schwarz-Gelb ein Ziel erreicht: Die Arbeitgeber werden dauerhaft aus der Parität entlassen.

Den von Rösler versprochenen Sozialausgleich gibt es nicht. Bezieherinnen und Bezieher kleinerer Einkommen und vor allem Rentnerinnen und Rentner werden mit einem Notgroschen abgespeist. Und den gibt es erst, wenn die durchschnittliche Kopfpauschale mehr als zwei Prozent des Einkommens ausmacht.

Kopfpauschale ist faktische Rentenkürzung

Zwei Rechenbeispiele:

1.Bezieht ein Rentner 800 Euro Rente und beträgt die kleine Kopfpauschale durchschnittlich 20 Euro, so erhält er vier Euro Sozialausgleich. Denn er darf mit bis zu 16 Euro belastet werden.

2.Auch, wenn seine Krankenkasse mehr verlangt, z .B. 30 Euro, kriegt er nur vier Euro erstattet. Denn der “Sozialausgleich” orientiert sich an der durchschnittlichen kleinen Kopfpauschale. Der Rentner bleibt auf zusätzlichen 26 Euro sitzen. Das ist eine faktische Rentenkürzung von 3 Prozent.
Finanzierung des Sozialausgleichs bleibt ungeklärt
Dabei bleibt die Finanzierung des “Sozialausgleichs” ungeklärt. Zunächst sollen die Reserven der GKV angezapft werden. Ein steuerfinanzierter Ausgleich ist auf Grund der Haushaltslage nicht zu erwarten. So werden ihn die Versicherten der GKV allein schultern müssen. Hinzu kommt, dass der “Sozialausgleich” zu mehr Bürokratie bei Krankenkassen, Arbeitgebern und Rentenversicherern führt.

Vorkasse beim Arzt führt zur Dreiklassenmedizin

In der GKV gilt bislang das Sachleistungsprinzip. Es ist ein Grundpfeiler des solidarischen Gesundheitssystems. Der Arztbesuch wird nach einheitlichen Sätzen durch die Krankenkassen bezahlt. So können Kranke sich medizinisch behandeln lassen, ohne sich fragen zu müssen, ob sie sich das leisten können. Nur 0,2 Prozent der GKV-Versicherten machen bislang vom sog. Kostenerstattungsmodell Gebrauch. Denn häufig bleiben sie auf einem Großteil der Arztrechung sitzen, weil die Krankenkasse nicht alles übernimmt. Führt der Arzt Untersuchungen durch, die nicht im Leistungskatalog der GKV stehen, werden die Kosten dafür nicht erstattet. Doch Schwarz-Gelb will die Vorkasse ausbauen. Dabei führt sie anders als behauptet nicht zu Kostentransparenz und Einsparungen. Das zeigen Vergleiche der Ausgaben von GKV und der privaten Krankenversicherung (PKV). Doch es werden mehr GKV-Versicherte diesen Weg wählen, wenn ihnen Ärzte dadurch schneller einen Termin oder eine bessere Behandlung in Aussicht stellen. Das ist der Weg in die Dreiklassenmedizin: Private zuerst, dann die Vorkassezahler und am Ende schauen die Normalversicherten in die Röhre.

Geschenke für die PKV zu Lasten der GKV

Schwarz-Gelb verkürzt die Wartezeit für einen Wechsel von der GKV in die PKV für Versicherte, deren Gehalt über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Sie können bereits nach einem Jahr anstatt nach drei Jahren wechseln. Junge, gesunde Versicherte werden verstärkt zur PKW abwandern.Das bedeutte für die GKV 2011 bereits einen Beitragsverlust in Höhe von 500 Millionen Euro. Und obendrauf soll die PKV auch in den Genuss der von der GKV ausgehandelten Preisvorteile kommen, die mit den Arzneimittelherstellern nach der Nutzen-Bewertung für neue Arzneimittel gelten.

Sozialer Fortschritt geht nur gemeinsam: die Bürgerversicherung
Wir wollen das Modell der solidarischen Bürgerversicherung. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen sich an der Finanzierung des Gesundheitswesens nach ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen. Wohlhabende sollen nicht aussteigen, sondern zur solidarischen Krankenversicherung beitragen. Eine Finanzierung über angemessene Beiträge und über Steuern sorgt auf Dauer für eine gerechte und stabile Finanzierung. Ob gesetzlich oder privat: Alle Versicherten sollen deshalb künftig in den Risikoausgleich einbezogen werden. Das soll schrittweise erfolgen, denn die erworbenen Rechte der privat Versicherten sollen beachtet werden.

Voraussetzung für ein solidarisches System sind vergleichbare Spielregeln und fairer Wettbewerb für alle Krankenkassen und Versicherungsunternehmen. Auch die privaten Kassen müssen Verantwortung für die Qualität und die Preise der medizinischen Leistungen übernehmen, so wie das die Gesetzliche Krankenversicherung bereits macht. Wir wollen eine echte Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, damit die Therapien bezahlt werden, die wirklich wirken. Wir wollen das Gesundheitssystem wieder voll paritätisch finanzieren. Damit haben Arbeitgeber auch weiterhin ein Interesse an der Kostenentwicklung im Gesundheitssystem. Nur ein einheitliches Sozialversicherungssystem, dass den Bürgerinnen und Bürgern soziale Sicherheit unabhängig von ihrem Erwerbsstatus bietet, wird dem Anspruch nach sozialer Sicherheit in einer von vielfältigen Lebensmodellen geprägten, modernen Gesellschaft heute und in Zukunft gerecht.



SPD-Bundestagsfraktion



Wenn sich grundsätzlich nichts im Gesundheitssytem ändert,
wird es so weiter gehen.

Wir dürfen nur bezahlen und bekommen nichts!
 
Na, da hat sie sich aber nicht grad mit Ruhm bekleckert.

Wenn man das als Privatpatient liest, kommt man sich ja fast wie nen Schwerverbrecher vor ;)

Und obendrauf soll die PKV auch in den Genuss der von der GKV ausgehandelten Preisvorteile kommen, die mit den Arzneimittelherstellern nach der Nutzen-Bewertung für neue Arzneimittel gelten.

Hätte sie es lieber, wenn Privatversicherte mehr dafür bezahlen? Ein Produkt hat einen Preis! Oder bezahlst du beim Bäcker für ein Brötchen mehr als ein anderer Kunde?
Mal ganz davon ab, das doch gerade bei den "ausgehandelten" Preisen für Arzneimittel mehr als nur etwas im Argen liegt.

Wohlhabende sollen nicht aussteigen, sondern zur solidarischen Krankenversicherung beitragen.
Auch hier wird mal wieder -wie so oft und so gerne- so getan, als seien nur Wohlhabende und Spitzenverdiener privatversichert. Das ist aber nicht der Fall.
Die gute Frau sollte sich evt. mal darüber klar werden, dass Privatversicherte auch Menschen sind ;) - und nicht automatisch deshalb "unsolidarisch".

Alle Versicherten sollen deshalb künftig in den Risikoausgleich einbezogen werden. Das soll schrittweise erfolgen, denn die erworbenen Rechte der privat Versicherten sollen beachtet werden.

Grosse Worte. Aber wo ist der Inhalt? Wie soll das aussehen?

Auch die privaten Kassen müssen Verantwortung für die Qualität und die Preise der medizinischen Leistungen übernehmen
Soso. Tun sie das nicht? ;)

Nur ein einheitliches Sozialversicherungssystem, dass den Bürgerinnen und Bürgern soziale Sicherheit unabhängig von ihrem Erwerbsstatus bietet, wird dem Anspruch nach sozialer Sicherheit in einer von vielfältigen Lebensmodellen geprägten, modernen Gesellschaft heute und in Zukunft gerecht.
Bravo. Applaus ;)
Netter Allgemeinplatz und inzwischen sooft gesungen, dass ihn scheinbar die Vortragende auch nicht mehr wirklich wahrnimmt.

Mein Fazit: Nette Rede, viele Worte, aber inhaltlich mehr als nur nen Leichtgewicht.


 
Schwarz-Gelb beschließt Entsolidarisierung unseres Gesundheitssystems Umsturz der sozial ausgewogenen FinanzierungStand: 12.11.2010
Wenn sich grundsätzlich nichts im Gesundheitssytem ändert,
wird es so weiter gehen.

Wir dürfen nur bezahlen und bekommen nichts!

Ist echt doof, Dora. Ich ärgere mich gerade auch über meine "Krankenkasse" und den "MDK". Kämpfen oder nicht kämpfen, das ist die Frage? Neige ja dazu, aus der KK-MDK-Connection auszutreten, da ich dort nicht erhalten werde, was ich wirklich brauche.

Warum also bezahlen für Nichts?
:confused:
 
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