Europa-Universität Viadrina

Mein Lieber,

Du schreibst: "Da hast Du ja unserem ersten Artikel des Grunggesetzes noch einiges an eigener Interpretation beigegeben."

Die - für mein vorangehendes Mail zentrale - Erklärung des Begriffs "Menschenwürde" als grundsätzliche Betrachtung jedes Menschen als Subjekt (und eben nicht als Objekt) ist bei weitem nicht von mir erfunden. (Ich erinnere mich an meine Freude, als ich zum ersten Mal auf sie stieß.) Sie entspricht der sog. "Objektformel", die mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu Fragen der Menschenwürde zu Grunde liegt.
(Vgl. Maunz / Dürig (Hg.): Grundgesetz, und Dürig / Maunz: Kommenar zum Grundgesetz.)
Diese kurze (korrekte) Formel wurde hier bisher jedoch bereits mehrfach sehr frei ausgelegt!

Es ist ein unser ganzes Zusammenleben durchdringendes Problem. Z.B. hat man - m.E. sehr erhellend - sexuellen Mißbrauch definiert als Verhalten, das nicht in jedem Augenblick mit dem anderen als (erkennendem, urteilendem, entscheidendem) Subjekt umgeht. (Natürlicht reg sich dagegen Widerstand: och, warum soll man denn nicht einfach seine Lust suchen ...)

Es folgt, so scheint mir, im Fall des (auch gutgemeinten) Betrugs durch Behandler, die zum Beispiel mit Placebo-Effekten arbeiten, der Subjektstaus des Patienten nicht respektiert zu sein. Denn der Patient kann dann eben nicht erkennen, urteilen, entscheiden wie er es könnte, würde ihn der Behandler nicht täuschte.
Wie weit soll dieses "erkennen, urteilen, entscheiden" denn gehen?
Letzten endes müsste der Patient seine gesamte Behandlungsmethode selber gestalten.
Der Arzt kann den Patienten eh nicht mit allen relevanten Informationen füttern, wählt also für Diesen, eine Behandlungsmethode oder beeinflusst diesen zu einer!
Wo bleibt das Selbstbestimmungsrecht des Patient zu alternativen Heilmethoden?, welche erwiesenerweise, wie auch immer gelagert, ein Heilungspotential haben!
In der Nichtinformation des Patienten über alternativen Heilungsmethoden halten Sie diesem sogar das eigene erkennen, urteilen, und entscheiden vor, dies könnte somit bereits ebenfalls als ein Verstoss gegen diesen Selbstbestimmungsartikel gewertet werden!

Grundrechte sind nicht einfach bequem. Sind nicht im Interesse unserer Wellness gemacht.

Grundrechte sind für die Bürger gemacht, zu Ihrem Wohl und sind auch zu diesem auszulegen!

Schließlich schreibst Du noch: [COLOR="Red[B]"]"Ich würd mich freuen einen Zauberer, Schamanen etc. zu haben, Hauptsache es geht mir besser!" [/B][/COLOR]
Gut - Deine Sache. Das sind Wertentscheidungen, die man zwar erhellen kann nach Herkunft und Konsequenzen, aber weder beweisen noch widerlegen.

Es kann ja sein, daß unsere Kultur in eine voraufklärerische Epoche zurückgezwungen wird. (Obwohl Evolutionstrends nicht so ohne weiteres rückgängig gemacht werden können.) Es gibt genügend Menschen, die daran arbeiten.

Dies "Hauptsache mir geht es besser" klingt mir zu - na ich verschweige die Worte lieber, die sich mir aufdrängen. Klingt nicht so sehr nach Erkenntislust, Mut und sozialem Engagement, den Grundlagen jeder Weiterentwicklung.

Nein, aber im erkranktem Zustand werde ich mich erst mal nicht um die tatsächlichen Vorgänge scheren!, wenn ich nur erst einmal diesen akuten Zustand verlassen kann.
Zu fehlendem Wissenshunger?!, ich möchte eher der modernen Wissenschaft hier vorwerfen bestimmte Phänomene nicht ausreichnend ausleuchten zu wollen / können (finanzielle- und gesellschaftliche Zwänge).

Über diese Kluft hinweg gibt es m.E. keine Kommunikationsmöglichkeit. Ebensowenig - um eine frühere Analogie zu verwenden - wie für zwei Menschen, wenn der eine Liebe unterm Aspekt der Fortpflanzung und "Triebbefriedigung", der andere als nicht bedingte, schicksalhaft bestimmte Hingabe sieht. Die würden einander nicht einmal verstehen.

Mir bleibt, Dir Glück zu wünschen. Was immer dieses Wort für Dich bedeuten mag.

Windpferd

Ich wünsche Dir viel gutes, und eine entspannte Sichtweise der Dinge.

Gruß Andreas
 
Das ging ja mal für wissenschaftliche Maßstäbe relativ zügig :) ... hier ein wenig zur aktuellen Situation des Viadrina-Hokuspokus-Institutes:

Aus Universitätskreisen verlautet dagegen, dass die Hochschule den Empfehlungen folgen und sich wohl von dem Institut trennen wird.
"Die Entscheidung wird relativ sicher gegen das Institut fallen", sagt ein Hochschul-Insider. In der Professorenschaft sei hinter vorgehaltener Hand immer wieder über Hokuspokus geschimpft worden.
 
Weiterhin halte ich einen solch "komplementärmedizinischen Studiengang" für zukunftsweisend.
Die Ernsthaftigkeit der Sache darf jedoch dabei nicht aus den Augen verloren werden, echter HokusPokus-Glauben ist selbstverständlich lediglich dem Patienten hilfreich, nicht dem Lehramtsinhaber und auch nicht dem Studienabsolventen,aber die Funktionsweisen eines solchen Glaubens und Erforschung von verschiedenen Glaubensmustern und deren Auswirkung auf das Bewusstsein, auch, und vor allem auf psychischer und psychosoma-tischer Ebene halte ich für zielführend.
Interessant auch, das ein greau der klassischen Psychologie- und Psychatriestudenten ebenfalls selber großen Therapiebedarf aufweisen.
Ich selber sehe kein Problem an der Komplementärmedizin sondern bestenfalls in der Umsetzung bzw. den meisst Beteiligten an diesem Fakultätszweig.

Gruß Andreas
 
Interessant auch, das ein greau der klassischen Psychologie- und Psychatriestudenten ebenfalls selber großen Therapiebedarf aufweisen.

Ist dem wirklich so?
Selbsterfahrung ist Pflicht und Voraussetzung für ein erfolgreiches Psychologiestudium, um bspw. Projektionen des Therapeuten auf den Klienten zu vermeiden.
 
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