Opium für das Volk

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Erst einmal möchte ich Shelley´s Statement zu beginn stützen. Ich denk, dass es unterschiedliche Religionen gibt. Ich würde die Unterteilung wie folgt unternehmen:
Es gibt Religionen, die man selber formt und andere, die von Anderen geformt werden und Einem „aufgedrängt“ werden. Wenn man also in ein festes Raster eingefügt werden muss, um Teil der Religion zu werden, so sollte man möglichst im Vorfeld prüfen, was man an sich verändern muss, in welchen Punkten man sich „beugen“ muss und vor allem ob man bereit ist sich diesen Vorgaben anzupassen. So fern es zutrifft, dass man seine eigene Religion „bauen“ kann, so sollte man auf das hören, was hier bereits „Herz“ genannt wurde.
Ich selber bin mal mit einer solchen Religion auf die Nase gefallen. Ich habe erfahren, dass Religion eine berauschende Wirkung haben kann. In sofern würde ich dem isolierten Satz „Religion ist Opium fürs Volk“ zustimmen.
Ökonomisch, oder volkswirtschaftlich oder vielleicht politisch gesehen, würde ich auch gerne Herrn Marx den Rücken stärken, bzw dessen Statement. Wir befinden uns momentan auch in einer Gesellschaft, in der es Unterschiede (bzpw. finanzielle) gibt und diese sich nicht verringern, sondern eher vergrößern. Vielleicht sollte man sich zwischendurch doch mal mit dem Kommunismus beschäftigen, bzw. mit anderen Ideologien und Wirtschaftsmodelle, die momentan nicht so populär sind.
Wir müssen wohl mal langsam anerkennen, dass wenn wir alle in die Richtung rennen, die die meisten vorgehen, wir unser eigenes Grab schaufeln, auch wenn einige wenige für einen gewissen Zeitraum einen Vorteil auf ihrer Seite verbuchen.

Mir stellt sich die Frage, wer denn die Verantwortung für meinen Rausch (den ich nicht grundsätzlich als schlecht ansehe) trägt, ob ich die Fäden in der Hand habe oder ob ich sie abgebe und dadurch weniger Kontrolle habe. - Es gibt ja schließlich auch sinnvolle Anwendungsbereiche für Opium -

Bastian
 
Hallo Uta,

du hast ganz recht. Heine war 1827 auf einer größeren Englandreise und bekam dort mit, dass England China mit Opium überschwemmte, um die katastrophale Handelsbilanz mit China auszugleichen (Tee und Porzellan wurde in grossen Mengen importiert). Das führte dann 1839 auch zum ersten Opiumkrieg zwischen England und China.

Heine war mehr der (politischen) Not gehorchend viel unterwegs, hatte aber mit Karl Marx regen Kontakt, von dem Marx sicher mehr profitierte als Heine; bis zu den Bausteinen für dieses berühmte Zitat.

Gruss, Horaz
 
Was ist also mit diesem Zitat passiert?
Heutzutage wird es eigentlich nur noch aus dem Zusammenhang gerissen präsentiert, je nach Gusto interpretiert.
Etwas, das ja mit Wonne und System immer wieder praktiziert wird...
Das lehrt mich wieder einmal, dass ich öfter mal hinter die Fassade schauen muss.
Andererseits denke ich, dass dieser einfache Satz trotzdem auch in der heutigen Zeit verwendet werden darf, Ansporn zum Nachdenken ist immer gut.
:wave: Sine
 
Hallo, einen Gruß an alle,

ich möchte an dieser Stelle (und das schreibe ich ganz klein, weil man ja nichts "beschreien" soll:D ), meine Freude darüber ausdrücken, dass hier - über bislang drei Seiten hinweg - ein politisch-soziales und religionskritisches Thema besprochen und entwickelt werden konnte, ohne dass gestritten werden musste! Dafür danke ich Euch allen!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Diesem Dank möchte ich mich anschliessen und ich erlaube mir, meine Gedanken weiter schweifen zu lassen.
Bitte weiterhin so friedlich bleiben :)
Also: Gibt es Religionen oder Glaubensbekenntnisse mit verschieden hohem Opiumgehalt?
Bastian könnte uns bestimmt etwas darüber erzählen.
Ich selber bin konfessionslos, beschäftige mich aber immer wieder mit diesem Thema.
In jungen Jahren bin ich mit ein paar Freunden in ein Hare Krishna - Dörfchen gepilgert, um dort an einem dreitägigen Fest teilzunehmen.
Das Ganze hat uns sehr angezogen und fasziniert.
Bald wurde mir aber bewusst, dass auch sie das Gefühl haben, im Besitze der einzigen Wahrheit zu sein, was meine Begeisterung merklich abkühlen liess.
Ausserdem ist mir aufgefallen, dass viele Menschen dort nur all zu froh waren, wenn ihnen der gesamte Tagesablauf akribisch vorgeschrieben war.
Dann gibt es aber auch Menschen, die ganz vernünftig sich zu etwas bekennen, aber die Realität nicht aus den Augen verlieren.
Ist es dann so, dass die Religion das ist, was man aus ihr macht?
Ich denke, auch jetzt wird es uns möglich sein, uns ohne Gekabbel unterhalten zu können.
Ich frage nach Erfahrungen, die ihr im Laufe des Lebens gemacht habt und akzeptiere gerne eure Ansichten.
Liebe Grüsse, Sine
 
Grüss euch,

Aufgewachsen zwischen schwarzkatholisch-mystisch deutschweizerischen Ordnungssinn und evangelikal-frommer französischschweizerischer Leichtigkeit des Seins war Religion in unserer Familie immer ein Thema. Vielleicht – jahrgangbedingt – interessierte ich mich früh schon für östliche Religionen ebenso wie für afrikanische und indianische. So fand ich viel Gutes in ihnen. Und wie etliche Freunde den Weg nach Indien unter die Füsse nahmen, fragte ich mich, was es denn dort zu finden gäbe, was es hier wo ich war nicht auch gebe? Was mich an den Religionen aber am meisten beschäftigte war das ihnen Gemeinsame. Ich wollte wissen, was es denn sei "was die Welt zusammenhält".

Daraus entwickelte sich nach und nach meine eigene religiöse Auffassung und Wirklichkeit, keiner Kirche noch Gemeinschaft verpflichtet, allein der Suche nach der Religio, der Rückverbindung, der Rückerinnerung... zur Quelle allen Seins.

Etliche Wegetappen weiter, um viele Beobachtungen, Erlebnisse und Erkenntnisse reicher... Aus Glauben wurde Gewissheit, dass jede noch so kleine Ecke der Schöpfung beseelt ist, der Atem der Quelle alles Lebendige druchströmt und belebt, das Holz ebenso wie den Stein.

Berauschende Wirklichkeit? Vielleicht - aber nicht als "Tunnelblick", viel mehr als bewusstseinserweiternder Rundumblick, klarerer Sicht dessen was ist...
getragen von Barmherzigkeit und Freundlichkeit gegenüber mir, gegenüber dem andern, gegenüber dem Allganzen, hin zur Quelle allen Seins , getrieben von Sehnsucht den Weg nach hause zu finden... in Demut, in Liebe, in Dankbarkeit... mich an das zu erinnern, was ich schon mal wusste.

herzlichst - Phil
 
Also: Gibt es Religionen oder Glaubensbekenntnisse mit verschieden hohem Opiumgehalt?


hallo,

ich denke nicht, dass man da zwischen den verschiedenen religionen unterscheiden kann.
es kommt darauf an, wie und was jemand in einer religion fühlt, bzw. wie er seine religion auslebt.

zum beispiel kann ein katholike krankhaft an seinem kreuzchen, seinem weihwasser und seinem rosenkranz hängen, so dass er völlig davon betäubt ist und in anderen welten schwebt; andererseits kann auch ein muslime übermässig an seinem gebetsteppich, an seinem kompass und an seinem kopftuch hängen, so dass er wie im opiumrausch die welt um sich herum nicht mehr wahrnehmen kann.

es kann aber auch so sein, dass ein katholike wirklich das göttliche in sich spürt, genau so wie ein muslime gott mit sich trägt.

was mir schon aufgefallen ist: atheisten sind oft die religiösesten menschen, welchen man begegnet. sie glauben ohne es zu wissen an das göttliche in der welt, ohne an einem einzigen "gott" zu hängen.
sie unterscheiden nicht zwischen christus, allah, shiva oder wem auch immer.
ich denke, die namen sind eh nur begriffe für ein und das selbe.
nämlich für das, was da oben (oder unten) ist und was eben das ist, was gewisse menschen als allah, andere als jawe, weitere als dies oder als das bezeichnen.

viele liebe grüsse von shelley :wave:
 
Liebe Shelley, lieber Phil,
danke für eure Beiträge.
Ich glaube, man kann wirklich sagen, Religion ist das, was jeder einzelne von uns daraus macht.
Unabhängig davon, wie unser Glaube benannt wird, haben wir es selber in der Hand, uns benebeln zu lassen oder nicht.
Für mich schliesst sich hier der Gedankenkreis zu diesem Thema.
Danke an alle, die mitgemacht haben!
:wave: Sine
 
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