Herbst-Gedichte

Herbst

herbstliebe

das haar verstrubbelt
die augen tränen
der wind schiebt mich
der gedanken so schwer
durch das herbstliche
blättermeer.

ich fühle mich wie
die goldenen blätter
am ende ihrer reise
wenn sie vom baume fallen
den verlassend
den sie so lange schmückten.
den baum kümmert´s nicht
steht da
unberührt
doch auch entzaubert
nackt
ganz ohne gewand.

die äste gebrochen
in stürmischen tagen
fast hässlich wirkt er am wegesrand
so ganz ohne
sein schönes blättergewand.

kein wanderer erblickt ihn mehr
kein kind will hinauf
in seine krone mehr klettern
kein hund
der für ihn das bein noch erhebt.

müde sehr müde
erwartet er die sonne
das licht des lebens.
süchtig.

traurig.
doch der frühling
kommt erst
wenn der winter geht.

auch ich
zeig mich wieder
nach der regel des lebens:
kommen und gehen.
doch vorerst tank ich kraft
am kamin lodernder liebe
dieser herbstlichen zeit.

und meinen baum
seh ich wieder
da bin ich sehr sicher
denn nichts wird sich ändern

un-ver-rückt

steht er noch immer
am selben platz
seiner herbstlichen vergangenheit
dieser goldenen jahreszeit.
https://www.gedichteforen.de/thread...htuser=0&sid=2ab115776f4e28d656de7f15bf5a4b04
 
Herbst

www.forums9.ch/dorfplatz/jahreszeiten/herbst/P1010049.jpg

Herbstastern


von Theodor Storm

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Es rauscht, die gelben Blätter fliegen,
Am Himmel steht ein falber Schein;
Du schauerst leis und drückst dich fester
In deines Mannes Arm hinein.

Was nun von Halm zu Halme wandelt,
Was nach den letzten Blumen greift,
Hat heimlich im Vorübergehen
Auch dein geliebtes Haupt gestreift.

O schaudre nicht! Ob auch unmerklich
Der schönste Sonnenschein verrann -
Es ist der Sommer nur, der scheidet.
Er geht dahin.


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Herbst

Erntefest

Wagen auf Wagen schwankte herein,
Scheune und Böden wurden zu klein:
Danket dem Herrn und preist seine Macht,
glücklich ist wieder die Ernte vollbracht.

Hoch auf der Fichte flattert der Kranz,
Geigen und Brummbaß laden zum Tanz;
leicht wird das Leben trotz Mühe und Plag,
krönet die Arbeit ein festlicher Tag.

Seht ihr der Kinder fröhliche Schar,
blühende Wangen, goldlockiges Haar?
hört ihr sie jubeln? O liebliches Los,
fällt ihnen reif doch die Frucht in den Schoß!

Wir aber furchen, den Pflug in der Hand,
morgen geschäftig aufs neue das Land;
ewig ja reiht, nach des Ewigen Rat,
Saat sich an Ernte und Ernte an Saat.

Julius Sturm (1816-1896)

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Herbst

Lenau, Nikolaus (1802-1850)

Herbst
Rings ein Verstummen, ein Entfärben:
Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
Ich liebe dieses milde Sterben.
Von hinnen geht die stille Reise,
Die Zeit der Liebe ist verklungen,
Die Vögel haben ausgesungen,
Und dürre Blätter sinken leise.

Die Vögel zogen nach dem Süden,
Aus dem Verfall des Laubes tauchen
Die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
Die Blätter fallen stets, die müden.

In dieses Waldes leisem Rauschen
Ist mir als hör' ich Kunde wehen,
daß alles Sterben und Vergehen
Nur heimlich still vergnügtes Tauschen


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Herbst

Detlev von Liliencron

In Herbstestagen bricht mit starkem Flügel
Der Reiher durch den Nebelduft.
Wie still es ist! Kaum hör' ich um den Hügel
Noch einen Laut in weiter Luft:
Auf eines Birkenstämmchens schwanker Krone
Ruht sich der Wanderfalke aus;
Doch schläft er nicht, von seinem leichten Throne
Äugt er durchdringend scharf hinaus.

Der alte Bauer mit verhaltnem Schritte
Schleicht neben seinem Wagen Torf.
Und holpernd, stolpernd schleppt mit lahmem Tritte
Der alte Schimmel ihn ins Dorf.


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(Aus Adjutantenritte und andere Gedichte, 1883)
 
Herbst

Oktoberlied

von Theodor Storm
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Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz -
Stoß an und laß es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!
 
Herbst

Regen im Herbst

O Regen, Regen im Herbst,
Grau verschleierte Berge,
Bäume mit müde sinkendem Spätlaub!
Durch beschlagene Fenster blickt
Abschiedsschwer das krankende Jahr.
Fröstelnd im triefenden Mantel
Gehst du hinaus. Am Waldrand
Tappt aus entfärbtem Laub
Kröte und Salamander trunken,
Und die Wege hinab
Rinnt und gurgelt unendlich Gewässer,
Bleibt im Grase beim Feigenbaum
In geduldigen Teichen stehn.
Und vom Kirchturm im Tale
Tropfen zögernde müde
Glockentöne für einen vom Dorf,
Den sie begraben.

Du aber traure, Lieber,
Nicht dem begrabenen Nachbarn,
Nicht dem Sommerglück länger nach,
Noch den Festen der Jugend!
Alles dauert in frommer Erinnerung,
Bleibt im Wort, im Bild, im Liede bewahrt,
Ewig bereit zur Feier der Rückkehr
Im erneuten, im edlern Gewand.
Hilf bewahren du, hilf verwandeln,
Und es geht dir die Blume
Gläubiger Freude im Herzen auf.

(Hermann Hesse)
 
Herbst

Johann Wolfgang von Goethe

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[Herbstlich leuchtet die Flamme vom ländlich geselligen Herde]

Herbstlich leuchtet die Flamme vom ländlich geselligen Herde,
Knistert und glänzet, wie rasch! sausend vom Reisig empor.
Diesen Abend erfreut sie mich mehr; denn eh' noch zur Kohle
Sich das Bündel verzehrt, unter die Asche sich neigt,
5 Kommt mein liebliches Mädchen. Dann flammen Reisig und Scheite,
Und die erwärmte Nacht wird uns ein glänzendes Fest.
Morgen frühe geschäftig verläßt sie das Lager der Liebe,
Weckt aus der Asche behend Flammen aufs Neue hervor.
Denn vor andern verlieh der Schmeichlerin Amor die Gabe,
10 Freude zu wecken, die kaum still wie zu Asche versank.
 
Herbst

Hab Dank, du lieber Wind!

(von Heinrich H.v. Fallersleben)

Ich bin in den Garten gegangen
und mag nicht wieder hinaus.
Die goldigen Äpfel prangen
mit ihren roten Wangen
und laden ein zum Schmaus.



Wie ist es anzufangen?
Sie sind mir zu hoch und fern.
Ich sehe sie hangen und prangen
und kann sie nicht erlangen
und hätte doch einen gern!

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Da kommt der Wind aus dem Westen
und schüttelt den Baum geschwind
und weht herab von den Ästen
den allerschönsten und besten.
Hab Dank, du lieber Wind!


 
Herbst

Der Herbst beginnt...

(Maria Muschka)

Der Herbst beginnt,
schon saust der Wind
und treibt die Vöglein fort.
Wohin, wohin?
Sie alle ziehn an einen
wärmern Ort.


Der Herbst beginnt,
schon bläst der Wind
die Blätter von dem Baum.
Die Blümelein,
sie schlafen ein
und nicken noch im Traum.
 
Herbst

Ludwig Tiek 1773-1853

Herbstlied
Feldeinwärts flog ein Vögelein
Und sang im muntern Sonnenschein
Mit süßem wunderbaren Ton:
Ade! ich fliege nun davon
Weit! weit!
Reis' ich noch heut.

Ich horchte auf den Feldgesang,
Mir ward so wohl und doch so bang;
Mit frohem Schmerz, mit trüber Lust
Stieg wechselnd bald und sank die Brust:
Herz! Herz!
Brichst du vor Wonn' oder Schmerz?

Doch als ich Blätter fallen sah,
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Da sagt ich: ach! der Herbst ist da,
Der Sommergast, die Schwalbe zieht,
Vielleicht so Lieb' und Sehnsucht flieht,
Weit! weit!
Rasch mit der Zeit.

https://gutenberg.spiegel.de/autoren/tieck.htm
 
Herbst

Der Herbstwind

Der Herbstwind rüttelt die Bäume,
Die Nacht ist feucht und kalt;
Gehüllt im grauen Mantel,
Reite ich einsam im Wald.

Und wie ich reite, so reiten
Mir die Gedanken voraus;
Sie tragen mich leicht und luftig
Nach meiner Liebsten Haus.

Die Hunde bellen, die Diener
Erscheinen mit Kerzengeflirr;
Die Wendeltreppe stürm ich
Hinauf mit Sporengeklirr.

Im leuchtenden Teppichgemache,
Da ist es so duftig und warm,
Da harret meiner die Holde -
Ich fliege in ihren Arm.

Es säuselt der Wind in den Blättern,
Es spricht der Eichenbaum:
Was willst du, törichter Reiter,
Mit deinem törichten Traum?

(Heinrich Heine)
 

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Herbst

Wenn der frische Herbstwind weht


Wenn der frische Herbstwind weht,
geh ich durch die Felder.
Schicke meinen Drachen hoch
über alle Wälder.

Und er wackelt mit dem Ohr,
wackelt mit dem Schwänzchen.
Und er tanzt den Wolken vor,
hui ein lustig Tänzchen.


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Herbst

Sarah Kirsch:

Von Meinem Haus

Ich sage: du bist der große Wind
du bläst mir Kummer ins Gesicht
Du sagst: es ist kein Sturm
nur eine kleine warme Brise
Aber ich sehe von meinem Haus
das Dach segeln wie seidengrauen Rauch
die Bücher probiern ihre Flügel
nichts bleibt verschont, Klavierkonzerte
machen sich auf schwarzen Tellern davon, die
Fenster schliessen nie mehr. Wo
soll ich wohnen fürderhin?

Ich sage: mir ist alles davongeflogen
Du sagst: da ist kein Sturm
Ich sage: der Wind ist so groß, daß Zigaretten
verbrannt sind, eh sie den Mund erreichen
Und hält man einen Federhalter in der Hand
bohrt er sich in den Tisch.



Die Wiese

Der scirocco bewirft mich mit Ästen und Zapfen,
Kröten springen mir ins Hemd. Ich sehe mich
hinter olivgrünen Fenstern von Zwiebeln umgeben,
ich liege auf der Gartenmauer, da hör ich sie
gehen und fahren und leben. Die Wiese durchwächst
mich in sieben Stunden. Ich stehe mit jedem Fuß
in einem anderen Brunnen und schlage mir das Glück
aus dem Kopf.



https://departments.vassar.edu/~vonderem/g301/project/Kirsch/article.html
 
Herbst

Rotkehlchen

Schwalben waren schon lang
fort auf der Reise.
Nur ein Rotkehlchen sang
lieblich und leise
unter dem Dach
eines Hauses, das halb zerstört,
allmählich zusammenbrach.
Es wurde von niemand gehört,
und dennoch sang es. Das Moos
wuchs auf der Schwelle,
die Steine bröckelten los,
des Abendlichtes Helle
schlief in den Zimmern allein,
die Stürme gingen aus und ein
in dem großen verödeten Gang _
aber das Rotkehlchen sang.
Lust und Freude war entflohn,
alles war aus,
es wußte nichts davon,
es sang im öden, verfallenden Haus
mit einem eignen lieblichen Ton.

Hermann Lingg​
 
Herbst

Novembergedanken


von Hilde Domin

Das Haus der Vögel entlaubt sich.
Wir haben Angst vor dem Herbst.
Manche haben Angst vor dem Herbst.
Manche von uns
malen den Toten das Gesicht
wenn sie fortziehn.
Denn wir fürchten den Winter.

Eine alte Frau, die vor uns stand,
war unser Windschutz,
unser Julilaub,
unsere Mutter,
deren Tod
uns entblößt.


Noch einmal Hilde Domin:


Es knospt


Es knospt
unter den Blättern
das nennen sie Herbst


Hier kann man den Kommentar des Abtes von Kornelimünster dazu lesen:

https://images.google.de/imgres?img...ages?q=Herbstgedichte&svnum=10&hl=de&lr=&sa=G
 
Herbst

Wolff, Julius (1834 -1910) images.google.de/images?q=tbn:MvhmesMpU37H1M:http:

Wegewart
Es wartet ein bleiches Jungfräulein
den Tag und die dunkle Nacht allein
auf ihren Herzliebsten am Wege,
wartet am Wege, Wegewart!
Sie spricht: und wenn ich hier Wurzeln schlag'
und warten soll bis zum jüngsten Tag,
ich warte auf ihn am Wege,
warte am Wege, Wegewart!

Vergessen hat sie der wilde Knab',
und wo sie gewartet, da fand sie ihr Grab,
ein Blümelein spriesset am Wege,
spriesset am Wege, Wegewart!

Der Sommer kommt und der Sommer geht,
der Herbstwind über die Haide geht,
das Blümlein wartet am Wege,
wartet am Wege, Wegewart



Um diese, immer wieder in Märchen, Liedern und Gedichten auch als "Blaue Blume der Romantik" besungene Blume rankt sich eine schöne Legende, die sich auch in zahlreichen Gedichten widerspiegelt.
Die Geliebte eines jungen Ritters, der an einem Kreuzzug teilnahm, wartete am Wegrand vor dem Stadttor mit ihren Hofdamen auf seine Rückkehr. Doch der untreue Ritter kam nicht mehr zurück. Auch als sie schon nicht mehr an eine Rückkehr des Ritters glaubten, weigerte sich das Burgfräulein, die Hoffnung aufzugeben. Und so konnte man diese kleine Gruppe noch lange Tag für Tag vor dem Stadttor warten sehen. Schließlich hatte der Himmel ein Einsehen. Das Burgfräulein wurde mit seinen Hofdamen in Blumen - Wegwarten - verwandelt, wobei die Hofdamen in blaue und die unglückliche Geliebte in eine weiße Wegwarte verwandelt wurden.
Nach dem 1. Weltkrieg allerdings erscheint in Sagenfassungen der Geliebte dann nicht als untreu, sondern als im Krieg gefallen.
So erklärte man sich die Entstehung der Wegwarte und die Tatsache, dass man neben den üblichen blauen auch gelegentlich mal eine weiße antreffen kann.
https://www.zauber-pflanzen.de/cichorium.htm#bock
 
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www.gym-don.de/fachlich/deutsch/gedichte/herbst1.htm&h=540&w=350&sz=41&hl=de&start=3&tbnid=rVUXS51359zDtM:&tbnh=132&tbnw=86&prev=
 
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www.cgi-world.de/images/egb/smileys/00429.gif:) - hübsch, Leòn ...
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Wilhelm Busch: images.google.de/images?q=tbn:s-2GTjkuF5QYGM:http:

Der Knabe und der Wiedehopf
Es sang ein Vogel im grünen Wald,
Der Knabe lauschte im Hinterhalt
Und sprach: Dich muß ich kriegen!
Der Vogel sang: Du Tropf, du Tropf!
Ich bin ja der Vogel Wiedehopf
Und kann gar hurtig fliegen.
Der Vogel flog von Ast zu Ast,
Der Knabe lief ihm nach mit Hast
Zu einer alten Eiche.
Da flog der Vogel in ein Loch;
Der Knabe sprach: Ich fang' dich doch,
Gleich werd' ich dich erreichen.

Und als er kam zum selben Loch,
Wo sich der Vogel drin verkroch,
Tät sich der Knabe freuen.
Da sprach der Vogel: Laß ab, du Tropf!
Ich bin ja der Vogel Wiedehopf,
Das wird dich noch gereuen.

Und bist du der Vogel Wiedehopf,
So fass' ich dich doch gleich beim Schopf,
Mir ist vor dir nicht bange. -
Er tappt in des Vogels Nest hinein,
Er hielt den Vogel bei dem Bein,
Doch hielt er ihn nicht lange.

Er schrie: O weh! Ich dummer Tropf!
Du bunter Vogel Wiedehopf,
Du hast dich gut verkrochen.
Du hast dein Nest mit arger List
Gebaut aus purem Schweinemist!
O weh, das hab' ich gerochen!

O Konrad, bunter Vogel du!
Wenn ich dich ferner ließ in Ruh,
Das schiene mir das beste;
Denn niemals faßt man gern beim Schopf
Den bunten Vogel Wiedehopf
In seinem saubern Neste
 
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