Herbst-Gedichte

Herbst

Zum kommenden Totensonntag:

Totensonntag - [SIZE=-2]Ewigkeitssonntag - Christkönigsfest - Gedenktag der Entschlafenen[/SIZE]
König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ordnete 1816 an, den letzten Sonntag des Kirchenjahres als allgemeinen Feiertag zur Erinnerung an die Verstorbenen zu begehen. Dieser Feiertag wurde schnell von anderen evangelischen Landeskirchen übernommen, der Totensonntag ist also in gewisser Weise das evangelische Gegenstück zur Feier von Allerseelen.
Im Laufe der Geschichte hat der letzte Sonntag des Kirchenjahres unterschiedliche Namen getragen:
  • Totensonntag - Erinnerung an die erkennbare äußerste Grenze des menschlichen Lebens.
  • Ewigkeitssonntag – Trost, wenn die Angst vor dem Sterben über uns kommt.
  • Sonntag vom jüngsten Gericht – Erinnerung an das letzte Wort Gottes, das er über unser Tun und Lassen sprechen wird.
  • Christkönigsfest – Erinnerung an die Macht und die Herrlichkeit Jesu Christi.
  • Letzter Sonntag des Kirchenjahres – Mahnung, dass einmal wird der letzte Tag unseres Lebens kommen wird und der vor uns liegende Lebensweg täglich kürzer wird.
Am Totensonntag ist es üblich, die Friedhöfe zu besuchen und die Gräber zu schmücken. Dabei wird auch auf die Auferstehung der Toten hingewiesen. In den Gottesdiensten wird um um das Kommen Christi und des Reiches Gottes gebetet.

https://www.feiertagsseiten.de/gedenktage/totensonntag/home.html

Totensonntag

Heute müssten wir vielleicht
Ja vielleicht
Wirklich mal was tun
Was andere Leute auch tun.
Mit der Zeit kommt mir der Verdacht
Dass es uns weniger gut bekommt
Als wir hofften
So freigesprochen von den Daten zu leben
So anders als andere Leute
Die jeweils zu Kreuze kriechen
Die an einem Tag wie diesem
Mit eingezogenem Genick
Über die Friedhöfe herfallen
Während für uns feststeht:
Dieser ganzen Kalenderermahnungen
Bedürfen wir nicht
Wirklich, wir doch nicht
Ja vielleicht
Liegt es aber auch am Wetter
Das reimt sich doch nicht
Auf Totensonntag, November und Trauer
Ein so übertrieben blauer Himmel mit Sonne
Ja wirklich, vielleicht doch
Wenn stattdessen eine Art Schneeregen fiele
Und alles dunkelbraun wäre
Dann sähe ich uns bei der Mitarbeit
Dort an den Gräbern
Wirklich vielleicht
Ja vielleicht müssten wir
Einmal wieder die einfacheren Haltungen annehmen
Wir bedürfen der Gedenktage allzu dringend
Es könnte sich etwas ändern
An der täglichen Knochenarbeit
Täglich der Jahres Wechsel
Der Geburtstag eines Toten.

(Gabriele Wohmann)

https://www.klosterkirche.de/zeiten/ende-kirchenjahr/totensonntag.php
 
Herbst

Hätte ich mich nicht nach
den zum Teil bereits nackten
Zweigen umgedreht, so würde mir
der Anblick des langsam-
goldig zu Boden fallenden,
aus üppigem
Sommer stammendes Blattes
entgangen sein.Ich hätte etwas
Schönes nicht gesehen und etwas Liebes,
Beruhigendes und Entzückendes,
Seelenfestigendes nicht empfunden. Schaue öfter
zurück, wenn es dir
dran liegt, dich zu bewahren.
Mit Gradausschauen ist`s nicht getan.
Die sahen nicht alles, die nicht rund um sich sah`n.



Robert Walser
 
Herbst

Ein Trauertag

Hunderttausend Menschen strömen
auf die Friedhöfe der Städte.
Die Gedanken gehn nach unten
und nach oben die Gebete.

Vater Staat hat uns befohlen,
heut der Toten zu gedenken -
ihnen Kränze oder Blumen
oder Tränen gar zu schenken !

Vater Staat mischt sich in alles,
selbst in die intimsten Dinge -
als ob der, der wirklich trauert,
nicht auch so zum Friedhof ginge.

(Heinz Erhardt)

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Herbst

Herbst
Peter Huchel (1903-1981)

Oktoberbüsche, kahl und naß,
Verfaulter Nüsse Riß,
Im rauhreifübereisten Gras
Des Nebels kalter Biß. Wie eine Wabe, ausgeleert,
Die Sonnenblume starrt.
Der Wind, der durch die Dornen fährt,
Klirrt wie ein Messer hart.


 
Herbst

Detlev von Liliencron

Herbst
Astern blühen schon im Garten;
Schwächer trifft der Sonnenpfeil
Blumen die den Tod erwarten
Durch des Frostes Henkerbeil.

Brauner dunkelt längst die Haide,
Blätter zittern durch die Luft.
Und es liegen Wald und Weide
Unbewegt im blauen Duft.

Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.
 
Herbst

November

Solchen Monat muß man loben:
Keiner kann wie dieser toben,
Keiner so verdrießlich sein
Und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
Keiner so mit Sturrmwind graulen!
Und wie naß er alles macht!
Ja, es ist die wahre Pracht.

Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter,
Wie sie tanzen in dem Wind
Und so ganz verloren sind!
Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
Und sie durcheinander wirbelt
Und sie hetzt ohn' Unterlaß:
Ja, das ist Novemberspaß!

Und die Scheiben, wie sie rinnen!
Und die Wolken, wie sie spinnen
Ihren feuchten Himmelstau
Ur und ewig, trüb und grau!
Auf dem Dach die Regentropfen:
Wie sie pochen, wie sie klopfen!
Und an jeder Traufe hängt
Trän' an Träne dicht gedrängt.

O, wie ist der Mann zu loben,
Der solch unvernünft'ges Toben
Schon im voraus hat bedacht
Und die Häuser hohl gemacht!
So daß wir im Trocknen hausen
Und mit stillvergnügtem Grausen
Und in wohlgeborgner Ruh
Solchem Greuel schauen zu!

(Heinrich Seidel, 1842-1906)

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Herbst

Ein Gedicht von Marie Luise von Kaschnitz zum Allerseelentag:
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Ein Leben nach dem Tode

Glauben Sie fragte man mich
An ein Leben nach dem Tode
Und ich antwortete: ja
Aber dann wußte ich
Keine Auskunft zu geben
Wie das aussehen sollte
Wie ich selber
Aussehen sollte
Dort

Ich wußte nur eines
Keine Hierarchie
Von Heiligen auf goldnen Stühlen sitzend
Kein Niedersturz
Verdammter Seelen
Nur

Nur Liebe frei gewordne
Niemals aufgezehrte
Mich überflutend

Kein Schutzmantel starr aus Gold
Mit Edelsteinen besetzt
Ein spinnwebenleichtes Gewand
Ein Hauch
Mir um die Schultern
Liebkosung schöne Bewegung
Wie einst von tyrrhenischen Wellen
Wie von Worten hin und her
Wortfetzen
Komm du komm

Schmerzweb mit Tränen besetzt
Berg-und-Tal-Fahrt
Und deine Hand
Wieder in meiner

So lagen wir lasest du vor
Schlief ich ein
Wachte auf
Schlief ein
Wache auf
Deine Stimme empfängt mich
Entläßt mich und immer
So fort

Mehr also, fragen die Frager
Erwarten Sie nicht nach dem Tode?
Und ich antwortete
Weniger nicht.
 
Herbst

Herbstlied


FRIEDERIKE ROTH

(geb. 1948)




Die Bäume
einsam und schlank, an der Erde
immer röter und gelber die Blätter
verwitternd in Nässe und Glut.

Zum Schlafen legen sich
die Tiere in die Erde
dunkel und dicht
still wird das Leben langer Tage.

Voll Unruhe
was das für ein Schlaf sei
freun wir uns auf die Feste im Warmen.
Die Tage wachsen nach wie Gras
und unsre Augen glühn.
 
Herbst

Liebeslied an die Weinflasche




Liebeslied an die Weinflasche

EWALD CHRISTIAN VON KLEIST

(1715 – 1759)

O Flasche, voll vom Saft der rheinschen Traube,
Du Schmuck der Welt!
Beglückt ist der, der in der Rosenlaube
Im Arm dich hält!

Nun du mich liebst, ist gut und schlimm Geschicke
Mir gänzlich gleich;
Du bist mein Trost, mein Leben, Ruh und Glücke,
und Himmelreich.

Wenn andre sich in Grausame vergaffen,
O wie lach ich
Der Thoren! Du bist für mein Herz erschaffen,
Und ich für dich.

Dü stärkst den Muth und führest Himmelsfreuden
In meine Brust.
Des Waßers Freund muß Pein und Schwermuth leiden,
Und mißen Lust.

Fiel Adam wohl, der Trauben gnug verschlucket,
Dadurch in Noth?
Der Biß in Frucht, aus der man Cider drucket,
Verdiente Tod.

Bleib mir forthin, was du mir stets gewesen,
Mein Ruhm und Heil!
Dich hab ich mr aus einer Welt erlesen,
Zum besten Theil.

Und sterb ich einst, so wein auf meine Asche,
Und schluchz betrübt:
Hier ruhet der, der mich gekränkte Flasche
Getreu geliebt.
 
Herbst

Der erste Schnee

Herbstsonnenschein. Des Winters Näh'
Verrät ein Flockenpaar;
Es gleicht das erste Flöckchen Schnee
Dem ersten weißen Haar.

Noch wird - wie wohl von lieber Hand
Der erste Schnee dem Haupt -
So auch der erste Schnee dem Land
Vom Sonnenstrahl geraubt.

Theodor Fontane
 
Herbst

August Schnezler (1809-1853)



Der Mummelsee
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Im Mummelsee, im dunklen See,
Da blüh'n der Lilien viele,
Sie wiegen sich, sie biegen sich,
Dem losen Wind zum Spiele;
Doch wenn die Nacht hernieder sinkt,
Der volle Mond am Himmel blinkt,
Entsteigen sie dem Bade
Als Jungfern am Gestade.



Es bläst der Wind, es saust das Rohr
Die Melodie zum Tanze,
Die Lilienmädchen schlingen sich,
Als wie zu einem Kranze;
Und schweben leis' umher im Kreis,
Gesichter weiß, Gewänder weiß
Bis ihre bleichen Wangen
Mit zarter Röte prangen.



Es braust der Sturm, es pfeift das Rohr,
Es rauscht im Tannenwalde,
Die Wolken zieh'n am Monde hin,
Die Schatten auf der Halde;
Und auf und ab, durch's nasse Gras
Dreht sich der Reigen ohne Maß,
Und immer lauter schwellen
An's Ufer an die Wellen.



Da hebt ein Arm sich aus der Flut,
Die Riesenfaust geballet
Ein triefend Haupt dann, schilfbekränzt
Vom langen Bart umwallet,
Und eine Donnerstimme schallt,
Dass im Gebirg' es widerhallt:
»Zurück in eure Wogen,
Ihr Lilien ungezogen!«


Da stockt der Tanz, die Mädchen schrein,
Und werden immer blässer:
»Der Vater ruft, hu, Morgenluft!
Zurück in das Gewässer!«
Die Nebel steigen aus dem Tal,
Es dämmert schon der Morgenstrahl,
Und Lilien schwanken wieder
Im Wasser auf und nieder.


 
Zuletzt bearbeitet:
Herbst

Die Geister am Mummelsee

Vom Berge was kommt dort um Mittemacht spät
Mit Fackeln so prächtig herunter?
Ob das wohl zum Tanze, zum Feste noch geht?
Mir klingen die Lieder so munter.
O nein!
So sage, was mag es wohl sein?
Sie schweben herunter ins Mummelseetal –
Sie haben den See schon betreten -
Sie rühren und netzen den Fuß nicht einmal –
Sie schwirren in leisen Gebeten –
O schau,
Am Sarge die glänzende Frau!
Jetzt öffnet der See das grünspiegelnde Tor;
Gib acht, nun tauchen sie nieder!
Es schwankt eine lebende Treppe hervor,
Und- drunten schon summen die Lieder.
Hörst du?
Sie singen ihn unten zur Ruh.
Das, was du da siehest, ist Totengeleit,
Und was du da hörest, sind Klagen.
Dem König, dem Zauberer, gilt es zuleid,
Sie bringen ihn wieder getragen.
O weh!
So sind es die Geister vom See!
Die Wasser , wie lieblich sie brennen und glühn!
Sie spielen in grünendem Feuer;
Es geisten die Nebel am Ufer dahin,
Zum Meere verzieht sich der Weiher –
Nur still!
Ob dort sich nichts rühren will?
Es zuckt in der Mitten -o Himmel! ach hilf!
Nun kommen sie wieder, sie kommen!
Es orgelt im Rohr und es klirret im Schilf;
Nur hurtig, die Flucht nur genommen!
Davon!
Sie wittern, sie haschen mich schon!

(Eduard Möricke)

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Herbst

Knarren eines geknickten Astes
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Splittrig geknickter Ast,
Hangend schon Jahr um Jahr,
Trocken knarrt er im Wind sein Lied,
Ohne Laub, ohne Rinde,
Kahl, fahl, zu langen Lebens,
Zu langen Sterbens müd.
Hart klingt und zäh sein Gesang,
Klingt trotzig, klingt heimlich bang
Noch einen Sommer,
Noch einen Winter lang.



Hermann Hesse
 
Herbst

Der Schnupfen

Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf daß er sich ein Opfer fasse

- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.

Paul Schrimm erwidert prompt: "Pitschü!"
und hat ihn drauf bis Montag früh

Christian Morgenstern


Schrimm
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Langsam aber sicher zieht der Herbst über's Land. Wir können also wieder mit Herbstgedichten anfangen www.pappalatur.at/wp-content/uploads/2006/10/herbst.jpg

Herbstanfang

Was passiert beim Herbstanfang?

Tag und Nacht sind exakt gleich lang. Die Sonne wechselt jetzt von der Nord- auf die Südhalbkugel der Erde. Die Tage werden kürzer und kälter, die Natur richtet sich auf den Winter ein. Im Herbst verändern die Laubbäume die Zusammensetzung ihrer Farbpigmente. Die grünen Farbstoffe, mit denen die Pflanzen Lichtenergie in Energie umwandeln, gehen zurück, um den darin befindlichen Stickstoff zu sichern und ihn nicht unnötig mit den Blättern abzuwerfen. Dadurch kommen die roten und gelben Farbpigmente zum Vorschein, die für den sprichwörtlichen goldenen Herbst sorgen.

Warum verfärben sich die Bäume im Herbst?

Sind die Blätter bunt, ist der Baum gesund

Zwei Wissenschaftler aus Oxford fanden heraus, dass Bäume, die von Insekten am stärksten bedroht sind, die buntesten Blätter tragen. Der Ahorn etwa, bekannt für sein buntes Farbenkleid im Herbst, wird von Blattläusen besonders stark befallen. Blattläuse sind recht wählerische Esser und Farben gegenüber sehr empfindlich. So könnten die grell leuchtenden Blätter den Läusen symbolisieren, dass sie es mit einem gesunden Baum und damit mit einer saftigen Abwehr zu rechnen haben, vermuten die Forscher. Dass dies nicht stimmt, wissen die Insekten schließlich nicht.

Herbstfarben dienen Bäumen als Sonnenschutz

Die intensive herbstliche Färbung der Blätter warnt außerdem die Insekten, ihre Eier auf den Blättern abzulegen und schützt so den Baum im nächsten Frühjahr. Je gesünder ein Baum ist, desto bunter werden seine Blätter im Herbst. Das haben norwegische Forscher bei der Untersuchung von Birken entdeckt.

Amerikanische Wissenschaftler behaupten, dass sich die Blätter der Bäume mit den Farben vor zu viel Sonne schützen. Denn im Herbst werden sie besonders anfällig für zu viel Sonne: Die Bäume entziehen den Blättern dann Nährstoffe und schwächen sie dadurch. Um sich zu schützen, produzieren die Blätter nahe an ihrer Oberfläche den roten Farbstoff Anthocyanin. Er färbt das Blatt gelb-rot und schützt so das darunter liegende Gewebe.

Kurze Tage rüsten die Immunabwehr für den Winter

Aber nicht nur die Pflanzen profitieren vom Wechsel der Jahreszeit. Die kürzer werdenden Tage im Herbst stellen auch die Immunabwehr des Menschen auf den Winter ein. Für die kalten Monate rüstet sich der Körper mit zusätzlichen Abwehrzellen, das berichten amerikanische Forscher aus Ohio. Dieser Alarmzustand bleibt über vier Monate bestehen. Danach senkt der Körper die Zahl der Abwehrzellen wieder auf Sommerniveau.
onlinekunst.de: Schmetterlinge im Computergarten. Herbstanfang: Bildbetrachtung Peter von Cornelius - 23.September

Hebbel, Christian Friedrich (1813-1863)

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

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Der herbstliche Garten

Der Ströme Seelen, der Winde Wesen
Gehet rein in den Abend hinunter,
In den schilfigen Buchten, wo herber und bunter
Die brennenden Wälder im Herbste verwesen.

Die Schiffe fahren im blanken Scheine,
Und die Sonne scheidet unten im Westen,
Aber die langen Weiden mit traurigen Ästen
Hängen über die Wasser und Weine.

In der sterbenden Gärten Schweigen,
In der goldenen Bäume Verderben
Gehen die Stimmen, die leise steigen
In dem fahlen Laube und fallenden Sterben.

Aus gestorbener Liebe in dämmrigen Stegen
Winket und wehet ein flatterndes Tuch,
Und es ist in den einsamen Wegen
Abendlich kühl, und ein welker Geruch.

Aber die freien Felder sind reiner
Da sie der herbstliche Regen gefegt.
Und die Birken sind in der Dämmerung kleiner,
Die ein Wind in leiser Sehnsucht bewegt.

Und die wenigen Sterne stehen
Über den Weiten in ruhigem Bilde.
Lasst uns noch einmal vorübergehen,
Denn der Abend ist rosig und milde.

Georg Heym
(1887 - 1912)
 
Iwan Turgenjew ************************************************************************************************************************************************

Ich lieb den Herbst
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Ich lieb den Herbst, im Blicke Trauer.
In stillen Nebeltagen geh
Ich oft durch Fichtenwald und seh
Vor einem Himmel, bleich wie Schnee,
Durch Wipfel wehen dunkle Schauer.

Ich lieb, ein herbes Blatt zu Brei
Zu kauen, lächeln zu zerstören
Den Traum, dem wir so gern gehören.
Fern des Spechtes scharfer Schrei!

Das Gras schon welk...schon starr vor Kühle,
Von hellen Schleiern überhaucht.
In mir das Weben der Gefühle,
Das Herz in Bitternis getaucht...

Soll ich Vergangenes nicht beschwören?
Soll, was da war, nie wieder sein?
Die Fichten nicken dunkel, hören
Gelassen zu und flüstern Nein.

Und da: ein ungeheures Lärmen,
Ein Ineinanderwehn von Zweigen,
Ein Rauschen wie von Vogelschwärmen,
Die, einem Ruf gehorchend, steigen.

Iwan Turgenjew                                                                                                                                                
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo :) ,

wollen wir die hier nicht mit denen www.symptome.ch/vbboard/nachdenken/4334-herbst-27.html zusammen legen?

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo Leòn -

ja, stimmt - es existiert bereits eine Herbst-Rubrik.
Ich bin für Zusammenlegung :D .

Liebe Grüsse,
uma :)
 
Na, so langsam geht es jetzt ja los mit dem Herbst...

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Frühherbst

von Agnes Miegel
(1879 - 1964)

Die Stirn bekränzt mit roten Berberitzen
steht nun der Herbst am Stoppelfeld,
in klarer Luft die weißen Fäden blitzen,
in Gold und Purpur glüht die Welt.

Ich seh hinaus und hör den Herbstwind sausen,
vor meinem Fenster nickt der wilde Wein,
von fernen Ostseewellen kommt ein Brausen
und singt die letzten Rosen ein.

Ein reifer roter Apfel fällt zur Erde,
ein später Falter sich darüber wiegt -
ich fühle, wie ich still und ruhig werde,
und dieses Jahres Gram verfliegt.


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