Pflanzen verteidigen ihr Revier mit Giftstoffen

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Es gibt hier im Forum schon Threads zum Thema "Pflanzen fühlen, erinnern sich, verteidigen sich, geben Informationen weiter". Nur finde ich diese Threads leider nicht mehr, außer diesem:
https://www.symptome.ch/threads/gruene-intelligenz.116374/

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Für Pflanzen bestimmen limitierte Ressourcen den täglichen Kampf um Licht, Wasser und Nährstoffe. Nur wer sich im Wettbewerb behaupten kann, überlebt und produziert Nachkommen. Damit jedoch nicht genug, denn der Gewinner muss das eroberte „Revier“ auch vor anderen Konkurrenten verteidigen. Die bewegungslosen Pflanzen nutzen dafür Allelochemikalien, chemische Stoffe, die Wachstum und Entwicklung anderer Pflanzen hemmen. Das Prinzip dieser sogenannten Allelopathie ist schon lange bekannt und ein weit verbreiteter Mechanismus zur Unterdrückung von Konkurrenten.

Oftmals werden die Stoffe von den Pflanzen über Wurzelsäfte ins Erdreich abgegeben, zerfallen dort zu Abbauprodukten oder werden von Mikroben chemisch verändert. Nachbarpflanzen nehmen dann diese veränderten Stoffe passiv mit dem Wasser aus der Erde auf und werden in ihrem Wachstum gehemmt. Eine ganze Reihe solcher Allelochemikalien wurde bereits identifiziert. Nicht bekannt war bisher allerdings, wie sie in den Zellen der Zielpflanze wirken.
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Die Forscher beschäftigten sich mit einer bestimmten Klasse von Allelochemikalien, den zyklischen Hydroxaminsäuren DIBOA und DIMBOA, die zum Beispiel von einigen Gräsern über die Wurzel abgegeben werden und deren Abbauprodukte bekannt sind für ihre hohe Giftigkeit für Nachbarpflanzen. Mittels biochemischer und struktureller Analysen, gefolgt von physiologischen Versuchen, zeigten Venturelli und Kollegen, dass die Stoffe grundlegende Zellprozesse direkt beeinflussen, indem sie die Aktivität von Zielgenen verändern. Dafür hemmen die pflanzlichen Toxine die Aktivität sogenannter Histon-Deacetylasen. Diese Enzyme binden an Histone, welche zusammen mit der DNA die Erbsubstanz bilden, und entfernen Acetyl-Seitenketten. Dies führt zu einer Verdichtung der DNA, was eine geringere Gen-Aktivität zur Folge hat.

In der Modellpflanze Arabidopsis thaliana führte die Hemmung der Histon-Deacetylasen durch die pflanzlichen Toxine indirekt zu erhöhter Histon-Acetylierung, dadurch zu einer verstärkten Genexpression, und schließlich zur Beeinträchtigung des Wachstums.
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https://idw-online.de/de/news640913

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie sich auch Pflanzen auf so kluge Weise verteidigen können ...

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nicht nur Giftstoffe werden zur Verteidigung von Pflanzen eingesetzt. Auch Duftstoffe, Nektar u.a. werden angewandt, um z.B. Ameisen anzulocken, die dann "ihre" Pflanze verteidigen.
Es ist fast nicht zu glauben, wie "raffiniert" Pflanzen vorgehen.

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Chemie ist Trumpf
Beliebt sind auch Einlagerungen oder Überzüge von Wachs auf Blättern oder Stängeln. Oft ragen sogar noch winzige Wachskristalle aus dieser einheitlichen Schutzschicht hervor, die manchmal schon mit bloßem Auge als reifartiger Überzug zu erkennen sind.

Wie Forscher festgestellt haben, sorgen sie manchmal auch für den so genannten Lotus-Effekt: Die rauen Strukturen lassen Wasser abperlen und entfernen dabei gleichzeitig Schmutzpartikel und krankmachende Keime. Die Wachskristalle machen die Oberflächen aber auch rutschig und damit für viele Insekten unpassierbar.

Im Laufe der Zeit haben sich Pflanzen aber auch noch ganz andere „Tricks“ einfallen lassen, um vom Gefressenwerden verschont zu bleiben. Giftstoffe in den Zellen, chemische Substanzen, die sie schwer verdaulich machen oder das Wachstum der Feinde verlangsamen gehören genauso dazu, wie Duftstoffe oder Zuckerüberzüge auf den Blättern. Letztere rufen „befreundete“ Armeen der Pflanzen zu Hilfe, die die Fraßfeinde verspeisen oder vertreiben sollen.

Mittlerweile haben Wissenschaftler viele der chemischen „Waffen“ der Pflanzen identifiziert. Das Wissen darum, wer welche Gifte und chemischen Signalen als Feindabwehr benutzt und wie diese von den Pflanzenfressern wieder umgangen werden, nutzt nicht nur Evolutionsbiologen und Ökologen.

Auch für die Landwirtschaft lässt sich daraus Kapital schlagen. Pflanzenzüchter und Gentechniker versuchen in letzter Zeit immer intensiver, die Vorbilder aus der Natur zu benutzen und effektive Mittel zur biologischen Schädlingsbekämpfung herzustellen.
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scinexx | Chemische Keule und betörender Duft: Verteidigungsstrategien von Pflanzen
scinexx | Dornen, Gifte, Zucker, Lotus-Effekt: Die Waffen der Pflanzen

Grüsse,
Oregano
 
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