Schweizer Elektrosmog-Betroffene erwirken Wimax-Stopp

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Der Schweizer Telekommunikationskonzern Swisscom muss einen Test der Breitband-Funktechnologie Wimax (auch Broadband Wireless Access, BWA, genannt) einstellen. Das entschied das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, wo in der Gemeinde Boltigen im Simmental seit Frühjahr 2007 rund 30 Haushalte mit drahtlosem Breitbandanschluss versorgt werden. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts, der bereits vergangene Woche fiel, erfolgte auf Grund einer Beschwerde von Gigaherz, der Schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener. Sie bezweifeln die Richtigkeit der Swisscom-Angaben zur Sendeleistung der Versuchsanlage in Boltigen, die seien tief genug angegeben worden, um ein öffentliches Baubewilligungsverfahren zu umgehen, schreibt Gigaherz auf ihrer Website.
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Vorgesehen war, dass der Feldversuch bis Ende des Jahres andauert. Noch ist aber, wie Swisscom-Sprecher Sepp Frey am Mitwoch abend gegenüber heise online bestätigte, die Boltinger Wimax-Anlage nicht abgeschaltet. Gegenwärtig würden die Testteilnehmer und die Verantwortlichen der Gemeinde von dem Vorgang in Kenntnis gesetzt, erklärte der Swisscom-Sprecher. Aber die rechtlichen Rahmensetzungen würden eingehalten und die Anlage im Laufe des Monats abgeschaltet. "Wie es jetzt weitergeht ist im Moment noch offen. Wir überlegen natürlich innerhalb der Einspruchsfrist von 30 Tagen juristische Schritte zu unternehmen", sagte Sepp Frey und kündigte für demnächst eine offizielle Stellungnahme der Swisscom zum weiteren Vorgehen an.

Mit dem Feldversuch will die Swisscom die Wimax-Technologie vor allem für die Versorgung von Gemeinden testen, die nicht an das DSL-Netz angeschlossen sind oder werden können. Dazu ist sie faktisch verpflichtet, denn die Versorgung mit Breitbanddiensten wurde der Swisscom als einzigem Konzessionär für eine landesweite Telekommunikations-Grundversorgung von der Schweizer Regierung – weltweit einmalig – in das Pflichtenheft geschrieben. Das Schweizer Volk, die Eidgenossenschaft, ist nach wie vor Hauptanteilseigner des Schweizer Telekomkonzerns.

Neben BWA bleiben der Swisscom nur zwei Möglichkeiten, die Lücken in der Breitbandversorgung zu stopfen: entweder mit DSL-Technik über die Festnetzleitung, oder aber über eine Erschließung via Satellitenanlagen. Wie auch immer sich die Swisscom schließlich entscheidet, die Investitionen zum Erreichen einer hundertprozentigen Abdeckung belaufen sich Unternehmensangaben zufolge mindestens auf eine zweistellige Millionenhöhe.

Die Nutzungsrechte für den Frequenzbereich von 3,41 bis 3,6 GHz laufen bis Ende 2016 und verpflichten den Konzessionär Swisscom Mobile zur Aufnahme des kommerziellen Betriebs bereits bis Ende 2007. Ab Ende 2009 muss sie mindestens 120 Sende/Empfangsstationen in der Schweiz betreiben, mit der die zwei Prozent verbleibenden Haushalte an eine Breitbandversorgung angeschlossen werden sollen. Die Swisscom steht damit unter einem nicht unerheblichen Entscheidungs- und Zeitdruck. Hingegen stießen die insgesamt drei in der Schweiz zu vergebenden Wimax-Lizenzen nur auf geringes Interesse anderer Telecom-Firmen: Nachdem in einer ersten Ausschreibungsrunde lediglich Swisscom Mobile geboten hatte, erhielt im Mai diesen Jahres die Kölner Firma Inquam einen Wimax-Frequenzblock, während ein Betreiber für den dritten Block noch nicht in Sicht ist.

Die Elektrosmog-Sensiblen wehren sich mit ihrer Beschwerde gegen eine Technik, die ihres Erachtens "Frequenzen im Radarbereich nutzt, das heisst, in einem Bereich, der im Hinblick auf Gesundheitsschäden bereits erforscht ist und in welchem zahlreiche gravierende Schadensberichte vorliegen", heißt es auf der Gigaherz-Website.

Pikanterweise wurde im April 2006 eine Verwaltungsbeschwerde von Gigaherz wegen der Ausschreibung und Erteilung der Wimax-Konzessionen gegen die Eidgenössische Kommunikationskommission ComCom und das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) vom Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne bereits einmal zurückgewiesen. (Tom Sperlich) / (ssu/c't)
 
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