Falsche ADHS-Diagnosen in den USA

Ein Modetrend?

Die Diagnosestellung hat in inflationärer Weise zugenommen und damit wohl auch die Anzahl falsch positiver Diagnosestellungen.

Eine große Studie über die Gesamtheit der ambulanten Behandlungen in den USA von 1990 und 1995 für Kinder von 5 bis 18 Jahren zeigt eine Zunahme der Diagnosestellung um 249% und eine Zunahme der Psychopharmaka- Medikation mit Stimulantien um 290% für diesen Zeitraum, was als dramatischer Zuwachs bewertet wird.

Es besteht die Gefahr, dass mit der üblichen zeitlichen Verzögerung der amerikanische Trend auch Deutschland erreicht. Erste Anzeichen liegen vor. Der Umsatz für Ritalin® steigerte sich in dem kurzen Zeitraum von 1998 zu 1999 um fast 100% auf 25,1 Mio DM in Deutschland.

Das bestätigt, was Du schreibst, James.
Für mich stellt sich die Frage: wie kommt es, daß so viele ADHSler diagnostiziert werden? Wie verhalten sie und ihre Umwelt sich, daß es zu diesen Diagnosen kommt?

Eine eindeutige Symptomatologie?
Teilweise bestehen beträchtliche Unterschiede in den Sichtweisen, welche Symptome in welcher Kombination vorliegen müssen.

Insbesondere die isolierte Aufmerksamkeitsstörung ist keine einheitliche Erkrankung, im ICD-10 findet sie sich in einer Restkategorie unter F 98.8. Damit scheint die isolierte Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität das Konzept der Konzentrationsstörungen als weitläufiges Sammelbecken unterschiedlichster Probleme abgelöst zu haben.

Eine klare Ursache?
Es gibt keine wissenschaftlichen Resultate, die eindeutig belegen, dass ADHS auf eine Fehlfunktion des Gehirns ursächlich zurückzuführen ist. Radiologische und chemische Befunde bei Gerhirnuntersuchungen sind nicht einheitlich und würden auch keine ursächlichen Aussagen erlauben, sondern lediglich Zusammenhänge beschreiben. Die Befunde sind eher Ausdruck der zur Zeit in der Wissenschaft bestehenden biologischen Ansätze.

Die Überbetonung biologischer Ursachen kann die Vernachlässigung von gesellschaftlichen Entwicklungen und psychosozialen Erklärungs- und Therapieansätzen, die Konsumorientierung und die Suche nach schnellen und einfachen Lösungen zur Folge haben.

Eine eindeutige Diagnose?
Es finden sich keine statistischen Normen oder Vorgehensweisen, durch welche die Diagnose von ADHS eindeutig festgelegt oder definiert ist. Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, kulturelle Besonderheiten, Modetrends, die Medien und das Menschenbild des Diagnostikers spielen eine große Rolle im Diagnoseprozess.

Die Funktion der Diagnosestellung für das Kind und die Menschen in seiner Umgebung ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Dabei müssen die Fähigkeiten und Möglichkeiten des Kindes oder Jugendlichen immer berücksichtigt werden.

Bei der Diagnose müssen folgende Ursachen und eventuelle Kombinationen bedacht werden:

- somatischen und hirnorganischen Ursachen
- anderen psychischen Erkrankungen bzw. Auffälligkeiten beim Kind
- Probleme in der Familie, zwischen den Eltern oder bei einer wichtigen Beziehungsperson des Kindes.

Die Diagnosestellung im interdisziplinären Team bietet hier große Vorteile.
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www.reha-westpfalz.de/rw/511.html

Gruss,
Oregano
 
Hallo James!
Ich habe mir gerade mal deinen Link angeschaut und musste mit entsetzen diese Bescheuerten Kommentare darunter lesen-Modekrankheit-Eltern ruhen sich auf Diagnose aus-Eltern können ihre Kinder nicht erziehen-Im Osten gab es sowas nicht,da hatte man noch Disziplin....!
So einen Schwachsinn.Wer sowas schreibt kennt weder AD(H)S noch weiß er was das für ein Kind oder die Familie bedeutet.Ich bin total sauer über so dumme Menschen.Es kostet sehr viel Zeit und Kraft,wenn man diesen Kindern eine Change geben möchte.Gerade Eltern von AD(H)S Kinder müssen viel strengere Regeln setzen als andere.Da unsere Gesellschaft keine "Fehler" zulässt,muss am besten jeder der "Norm" entsprechen.Bei unserer "Hochleistungsgesellschaft" fallen diese Kinder heutzutage leider auf.Früher war es noch egal,warst du halt etwas langsamer,dümmer,oder frecher als andere,warst du trotzdem noch Teil der Gesellschaft.Heute nicht mehr.Früher bekam man mit einem Hauptschulabschluß noch einen Job und heute?-Will dich der Arbeitgeber nur mit ABI.Andere Menschen(die gesunde Kinder haben) sollen sich mal viel mehr anschauen,ob sie alles Richtig machen.Warum "müssen" heute alle Kinder zum Gymnasium?Weil das die lieben kleinen so wollen?Deshalb schießen auch Nachhilfeinstitute wie Pilze aus dem Boden!Viele dieser Kinder sind auch nicht glücklich,aber egal,solange sie so funktionieren wie Mama und Papa es wollen.Vielleicht werden AD(H)S Kinder auch glücklicher,wenn sie dazu gehören dürften.Aber heute hat man das Gefühl, es gibt nur "vermeintlich" Hochbegabt oder AD(H)S.Leider!
Nun zu unserer Diagnose!Die hat kein Arzt gestellt,obwohl wir immer wussten,dass irgendwas nicht bei unseren Kind stimmt.(Trotz guter "Ganztägiger" Erziehung).Die Diagnose hat uns eine aufmerksame und geschulte Lehrerin gestellt.Bei der Psychologin war das nicht so einfach,die hat wirklich ganz genau geschaut und getestet,ob es ADS sein kann.Ich glaube es gibt gute wie auch schlechte Diagnosen.Bei uns hat sie z.B. nicht erkannt,dass noch Asperger dazu kam,dass mussten wir leider selber herausfinden.Nach "Behandlung" ist unser Kind nun Klassenbeste und zufriedener.Wenn manche wüßten wie schwer es diese Kinder (und Eltern) haben,würden sie nicht den Mund aufmachen und Mitreden,wovon sie keine Ahnung haben.
Liebe Grüsse
Maya3
 
Hallo Maya,

ich kann Deine Ausführungen nur unterstützen. Ich kenne die Sorgen und Nöte der Eltern auf der einen und die Ignoranz und Überheblichkeit auf der anderen Seite.
Im Artikel ging es im Kern vornehmlich um die Diagnose und die Schwierigkeit ADS richtig zu erkennen. Dass immer wieder bei Themen, die an der "normalen" Bevölkerung vorbei rauschen und gefährliches Halbwissen erzeugen Biertischmeinungen auftauchen, ist leider "normal".
 
Dazu habe ich schon viel unter https://www.symptome.ch/vbboard/ads...iedene-aspekte-methylphenidat-ritalin-nw.html geschrieben.

Es gibt Seiten, die vermuten in D schon lange eine bis zu 90%ige Überdiagnostik. Und die Situation ist mMn. schon lange als krass zu bezeichnen, wenn Eltern von Kindergärten und Schulen immer wieder gedrängt werden, ihren Kindern endlich Arzneimittel verschreiben zu lassen, damit sie funktionieren.

Das Bfarm hat die Anwendung von Ritalin auf Grundlage einer EU-Entscheidung letztes Jahr endlich weiter eingeschränkt.

Hier der Aufruf der KV an die behandelten Ärzte:
Zulassungsänderung: Methylphenidat-haltige Arzneimittel
Ein Beitrag zum Abbau von Über- und Fehlversorgung mit Methylphenidat?

Schwere unerwünschte Wirkungen von Methylphenidat (erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse,
Schlaganfälle) führten zu einem europäischen Risikobewertungsverfahren. Als nationale Zulassungsbehörde
setzt nun das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Entscheidung der
Europäischen Kommission vom 27. Mai 2009 um und ordnet zum 1. September 2009 eine Änderung der
Fach- und Gebrauchsinformationen Methylphenidat-haltiger Arzneimittel an.

Spätestens ab dem 1. September 2009 sind bei der Verordnung Methylphenidat-haltiger Arzneimittel
folgende Voraussetzungen zu beachten:
• Die Diagnosestellung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) soll anhand der
DSM-IV-Kriterien oder der ICD-10-Leitlinien erfolgen und auf einer vollständigen Anamnese und
Untersuchung des Patienten basieren. Das heißt die Diagnose darf sich nicht allein am Vorhandensein
eines oder mehrerer Symptome orientieren und setzt eine entsprechende Schwere und Dauer der
Erkrankung voraus.
Erst nachdem sich andere therapeutische Maßnahmen (zum Beispiel Psychotherapie) allein als
unzureichend zeigten, ist Methylphenidat im Rahmen einer therapeutischen multimodalen
Gesamtstrategie (in der Regel sowohl psychologische, pädagogische, soziale und pharmakologische
Maßnahmen) indiziert.

• Die Entscheidung für eine Methylphenidat-Therapie muss auf einer sehr sorgfältigen Einschätzung der
Schwere und Dauer der Symptome des Kindes beruhen.
• Die Behandlung ist unter Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern
durchzuführen.
• Regelmäßige Prüfung des langfristigen Arzneimittelnutzens für den einzelnen Patienten, indem das
Arzneimittel mindestens einmal pro Jahr abgesetzt wird.
• Patienten unter Langzeitbehandlung sind hinsichtlich Herz-Kreislauf-Status, Wachstum, Appetit und
anderer psychischer Erkrankungen zu überwachen.

Zur Vermeidung von (statistisch unabhängigen Einzelfall-) Prüfanträgen der Krankenkassen empfehlen wir
dringend, den betroffenen Kindern und Jugendlichen leitliniengerecht die evidenzbasierten
nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren auch tatsächlich als Therapiemethoden der ersten Wahl
anzubieten.

www.kv-rlp.de/thema/news-aktuelles/news-aktuelles-details/article/zulassungsaenderung-methylphenidat-haltige-arzneimittel/pdf.html

Originalmeldung auf der Seite kv-rlp.de zu finden.
https://www.symptome.ch/vbboard/ads...efizit-hyperaktivitaetsstoerung-therapie.html
 
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