Suizid

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23.01.07
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Hallo zusammen

Ich hoffe, dass ich mit diesem Thema nicht gegen die Bestimmungen dieses Forums verstoße. Wenn dem so wäre bitte ich diesen Beitrag einfach zu löschen.
Obwohl bei chronisch kranken allgegenwärtig, scheint dieses Thema, aus welchen Gründen auch immer, gesellschaftlich tabu zu sein.
Wie wenig sich diese Gesellschaft mit diesem Thema auseinander setzt zeigt die Empörung über die öffentlichwirksame "Sterbehilfe"- Aktion des ehem. Justizsenator Roger Kusch vor einigen Wochen. Was glaube ich immer wieder fehlverstanden wird ist, dass meist gar nicht der Wunsch zu sterben im Vordergrund steht, sondern der Wunsch nicht so weiterleben zu müssen wie bisher. Dieser Gedankengang ist für einen Gesunden natürlich total irrational, zumal die meisten davon ausgehen, dass unsere Medizin so "modern" ist, dass doch eigentlich jedem geholfen werden kann, wenn man sich nur in die Obhut der Ärzte begibt. Gerade bei Depressionen, die ang. über 50% der Suizide ausmachen, heist es immer wieder, dass der Gang zum Psychologen schon die halbe Miete sei. Aus langjähriger eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass es genau diese Berufsgruppe ist bei der die Diagnose nicht im Patientengepräch gestellt wird, sondern bereits beim betreten der Praxis fest steht. Ich mutmaße mal, dass es in ganz Deutschland keinen Patienten gibt der die Praxisräume eines Psychologen/Psychater ohne eine psychische Ursachendiagnose verlassen hat. Grundsätzlich wäre mir das eigentlich egal, wenn die daraus folgenden Therapien zum Erfolg führen würden. Egal ob analytisch oder medikamentös, wer einmal diesen Weg eingeschlagen hat wird sich von dieser Diagnose nicht mehr frei kaufen können. Es mag verrückt klingen, aber genau hier sehe ich oft den Grundstein auf dem Weg zum Suizid.
Hierzu folgend kleine (erfundene) Geschichte:
Mit großem Vertrauen in die Ärzte, wurde so ja von klein auf erzogen, bin ich nun nach mehrmonatiger Suche der Ursache div. Beschwerden jetzt doch beim Psychater gelandet. Erleichterung, endlich eine Diagnose, es ist also nur noch eine frage der Zeit bis ich wieder voll hergestellt bin. Gewissenhaft schlucke ich jeden Tag meine Tabletten und obwohl es mir damit immer schlechter geht ignoriere ich meine Selbstwahrnehmung und glaube einem Menschen der sich anmaßt mich nach 30min besser zu kennt als ich selbst.
Obwohl ich die ersten Tage kopfüber auf der Toilette und die darauf folgenden Wochen größtenteils liegend auf der Couch verbracht habe glaube ich immer noch daran das richtige zu tun. Mir geht es ja schließlich schon besser als die ersten Tage auf der Toilette. Zugegeben immer noch viel schlechter als ohne diese Pillen aber man soll sich ja kleine Ziele setzen und sein Frühstück wieder bei sich zu behalten ist doch schon ein Anfang. Um den Heilungsprozess zu beschleunigen empfiehlt mein Arzt die Dosierung zu verdoppeln. Als auch dies nicht zum Erfolg führt soll ein anderes Medi helfen, dieses habe seiner Aussage nach bisher bei jedem geholfen. Ein- und Ausschleichen sei was für Weicheier , ab morgen neues Medi volle Dosis. Den Weg zur Toilette kenne ich ja noch und wenn ich schon mal da bin... vllt. ist's ja auch'n Magen Darm Infekt.
6 Wochen später, auch die neue Wunderwaffe scheint bei mir nicht zu funktionieren. Hmm, ob's wohl mit dem sozialen Umfeld zu tun hat? Also ab 10 Wochen in die Psychosomatische Klinik. Entlassen wird man da ja immer 100% Arbeitsfähig und mit einem Satz im Entlassungschreiben "Patient tut sich schwer seine positive Entwicklung wahrzunehmen und diese für sich anzuerkennen". Was bleibt einem übrig, also wieder ab zur Arbeit. Schon am ersten Tag stellt man fest, dass es einem genau so beschissen geht wie vor dieser ganzen schose. Da heißt es auf die Zähne beißen und durchhalten.
Nachdem sämtliches Entlastungspotenzial wie Urlaub, Gleitzeitkonto, abendliche gesellschaftliche Kontakte, Hobbies, WE-Unternehmungen.. aufgebraucht sind fängt man händeringend an neue Lösungsansätze zu suchen. Neben der Arbeit müssen jetzt auch noch Arzt und Behandlungstermine wahrgenommen werden. Frei nach dem Motto, viel hilft viel geht es von einem Privatarzt zum anderen und um der alternativen Medizin auch eine Chance zu geben werden auch noch HP's und TCM'ler ins Boot genommen. Ahh, jetzt tut sich was. Zumindest auf meinem Bankkonto. In 2 Jahren gut 20000 Euro verheizt. Dafür gab es dann aber auch die eine oder andere Diagnose samt Therapie.
Anfangs war's die Borreliose der wir mit Rocephin und Claforan i.V. über mehrere Wochen zu leibe gerückt sind. Als das nichts half, wollten wir die Borrelien mit Photonen-(therapie) erschießen. Zu guter letzt noch Ozontherapie und Borreliose Nosoden. Dann hieß es, dass alles am Amalgam liegt und das der Grund sei warum die Borr.-Therapie nicht anschlagen würde. Also OPT ab zum Spezi in M, Amalgam unter Schutz entfernt und danach DMPS. Immer noch nix. Dann müssen wir das Übel an der Wurzel packen. Aller 8er raus, sind ohnehin zu nichts nutz, wobei ich die Weissheit sehr gut brauchen könnte. Wie sagen die Chinesen so schön. Der Tot liegt im Darm. Endlich mal wieder eine Unersuchung die die Kasse bezahlt. Oben rein, unten rein und weil dazwischen auch noch'ne Menge ist gab's ein Dünndarm Selink-MRT noch oben drauf. Wenn der Darm schon leer ist bietet sich eine Mayr Kur ja förmlich an. Also, ab 2 Wochen in eine Klinik im Schwarzwald zum trocken Brötchen kauen.
Mittlerweile war natürlich nichts mehr mit Arbeiten, wie auch bei den ganzen Terminen. Weiter kommt jetzt die Krankenkassen und will auch noch Fragen beantwortet haben. Die Fragen ein doch im vollen Ernst was einem fehlt und sie benötigen diese Information um mich besser betreuen zu können. Heute weiß ich, dass Antworten wie: "wenn ich das wüsste stände ich kurz vor der göttlichen Erleuchtung" nicht zielführend sind. Meine Kasse zog es dann vor noch die Meinung eines "sterblichen" Gutachters des Medizinischen Dienstes einzuholen. Wer da schon einmal war wird mir bestätigen, dass diese Amt mit Ärzten besetzt ist die Ihr Geld für's weghören bekommen. Ob es dafür wohl einen eigenen Studiengang gibt? Die Diagnose lautet dann folgendermaßen. Für die vom Patient beschriebene Symptome und Diagnosen gibt es keinen ICD-10 Code oder zumindest keinen der in Deutschland als eigenständige Erkrankung anerkannt ist, somit ist Herr xxx zu 100% arbeitsfähig.

Was bedeutet das im Klartext:

Die Krankenkasse ist nicht zuständig weil es die Erkrankung ang. nicht gibt.

Arbeiten kann man nicht da die ang. nicht existente Krankheit jeden Tag Ihre Symptome zeigt.

Das Arbeitsamt ist nicht zuständig weil man aufgrund der Symptome nicht arbeitsfähig und somit nicht vermittelbar ist.

Folge:
Das finanzielle und soziale Aus da ein Rentenantrag ohne eindeutige Diagnose faktisch ohne Erfolgschancen ist.

Ärzte werden zu Richtern. Hier wird so getan als ob eine Krankheit nur dann existent ist, wenn es dafür auch eine Nummer (ICD 10 Code) gibt. Ist es nicht vermessen zu glauben jeden Krankheitszustand mit einer Nummer katalogisieren zu können.
Im Grundgesetzt steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Ist es nicht diese Würde die jedem gebührt für das Elend das er Tag für Tag aushalten muss egal ob es dafür eine Nummer gibt oder nicht.
Vielen wäre zumindest einwenig geholfen wenn sie für Ihren Überlebenskampf gebührenden Respekt erhalten würden und nicht jeden Tag auch noch um Anerkennung kämpfen müssten.

Wer all das hinnehmen muss obwohl er in den letzten Jahren viel Zeit und Geld investiert hat um seine Arbeitskraft/Leben wieder herzustellen, da wundert es nicht wenn da einen der Lebensmut verläßt. In diesem Fall hilft auch kein Psychologe, schon gar nicht wenn sie einem die Lebenslüge der somatoformen Depression, vegetativen Dystonie, Neurasthenie... auf die Stirn brennen wollen. Und hier schließt sich der Kreis. Eigentlich eine lustige Geschichte wenn die Realität nicht so traurig wäre.
Beim Suizid geht es nicht ums Sterben sondern um den Wunsch so nicht weiter leben zu wollen.


nachdenkliche Grüße
Boris
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Boris.

Dein Posting hat sehr viel Substanz. Es ist tatsächlich ein großes Problem mit
der Etikettierung der Krankheiten und dem medizinischen Dienst von Kasse und
Arbeitsagentur.

Was Du über die Psychologen schreibst, trifft 100% zu.

Die Diagnose meiner später festgestellten chronischen Schwermetallvergiftung
hieß immer: "Vegetative Dystonie". So borniert und voreingenommen, wie diese
Ärztinnen und Ärzte in "Psychosomatikkliniken" häufig sind, so etwas Vergleichbares
findet sich selten.

Auch ich wollte partout nicht einsehen, dass meine Benommenheit und der Schwindel
Ursachen in einer "Verdrängung" haben sollen.

Dies quittierte mir Frau Doktor Fels dann mit "somatisierte Angstneurose".



nis8lpnb.jpg





Ein Umweltmediziner, Neurologe und Psychiater - also ein Fachmann! -
stellte dann später Richtiges fest:



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Trotzdem stellen sich Kasse und Ämter auch heute noch oft quer und tun so,
als hätten sie Tomaten auf den Augen und als spräche ich Chinesisch . . . ;)

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Schlimm, dass diese Banausen für
diese ignorierende Arroganz auch noch gut bezahlt werden . . .




Lieben Gruß, Bodo
 
Ich mutmaße mal, dass es in ganz Deutschland keinen Patienten gibt der die Praxisräume eines Psychologen/Psychater ohne eine psychische Ursachendiagnose verlassen hat.
Hallo Boris,
ich wurde einmal von einem Psycho einfach so nach einem Termin ohne Befund entlassen. Ich bin aber die Ausnahme, weil eine ausgesprochen harte Nuß und kann Psychos schon argumentativ in den Sack stecken.

Zum Thema psychosomatisch verweise ich auf die Aussagen von Dr. Pall hierzu:
Ich habe inzwischen ein bißchen weiter in dem Buch von Pall geschmökert. Sehr gut gefällt mir der Teil, in dem er sich mit dem"psychogenen" Denkansatz der Mediziner und Psychologen/Psychiater befaßt, also mit der Meinung, daß psychische Ursachen hinter körperlichen Probleme stehen.
U.a. beschäftigt er sich mit dem Gedanken um die immer noch bestehende Meinung von der Dualität des Menschen, also der Teilung des ganzen Menschen in Körper und Psyche. Er meint, das sei längst überholt, spuke aber eben immer noch in den Köpfen herum.

siehe hier: https://www.symptome.ch/threads/sti...s-ansatz-von-dr-pall.21977/page-2#post-176612
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@Bodo:

Gehört zwar jetzt nicht direkt zum Thema aber in deinem Schreiben von Dr. Remmers steht, dass bei dir 2003 u.a. eine "Enzephalopathie" festgestellt wurde.
Darf ich mal fragen wie diese seiner Zeit diagnostiziert wurde.
Seit Jahre vermute ich bei mir eine sog. toxische ME (myalgische Enzephalopathie). Bisher habe ich dafür bei Neurologen nur müdes Lächeln geerntet.

@Rudi Ratlos:

Mit Dr. Pall habe ich mich ende letzten Jahres eine Zeit lang beschäftigt. Folgendes stört mich an der Geschichte:
Pall betont, er habe einen Doktor der Philosophie und keinen der Medizin. Keiner seiner Vorschläge solle als medizinischer Ratschlag angesehen werden oder werde als Behandlung oder Heilmittel für irgendeine Erkrankung verkauft.

Zum Teil gleichen sich seine Annahmen und Aussagen mit denen von Dr. Kuklinski (NO Stress), sodass man diagnostisch auch seinen Weg beschreiten kann. Was mir bei beiden fehlt sind Erfolgsgeschichten zum Anfassen.

Grüße
Boris
 
Zuletzt bearbeitet:
in deinem Schreiben von Dr. Remmers steht, dass bei dir 2003 u.a. eine "Enzephalopathie" festgestellt wurde.
Darf ich mal fragen wie diese seiner Zeit diagnostiziert wurde.

Klar darfst Du fragen!

Kombination der Auswertungen Hirn-Spect, MRT und EEG.



Liebe Grüße, Bodo
 
Mit Dr. Pall habe ich mich ende letzten Jahres eine Zeit lang beschäftigt. Folgendes stört mich an der Geschichte:

Zum Teil gleichen sich seine Annahmen und Aussagen mit denen von Dr. Kuklinski (NO Stress), sodass man diagnostisch auch seinen Weg beschreiten kann. Was mir bei beiden Fehlt sind Erfolgsgeschichten zum Anfassen.
Ups, was stört dich daran? Philosophen lernen zu denken, was sich anderen zu denken verbietet. Sie können, sofern sie ihr "Fach" beherrschen, über den Tellerrand schauen. Das ist auch eine mögliche Erklärung für seine Ergebnisse.
Überflieger sind zudem in der Lage sich innerhalb von 2 Jahren in ein neues Fach einzuarbeiten.
 
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