Kritik: Psychopharmaka

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ME wird ja gerne in die Psycho-Schublade geschoben. Mit PACE und SMILE hat man schon ziemlich herrliche Werke der "Fake Science" geschaffen. Deshalb würde ich gerne etwas dazu informieren, hier zum Thema Psychopharmaka.

Jeder ME-Kranke, jeder, der als "psychisch krank" bezeichnet wird und sich überlegt, entsprechende Medikamente zu nehmen, sollte eine gute Risiko-Nutzen-Abschätzung machen. Folgender Artikel

Teufel und Beelzebub - Die Krise der Psychopharmaka

beschreibt ziemlich gut die möglichen Wirkungen, Nebenwirkungen, anderen Probleme und die Erfolgsaussichten; besonders interessant ist, dass unabhängige Studien zeigen, dass Psychopharmaka ungefähr so gut wie Placebo wirken, was auch in diesem Artikel aufgegriffen wird. Dafür haben diese aber etliche Nebenwirkungen und machen zum Großteil süchtig, was in den Fachinformationen für Ärzte (online downloadbar) auch erläutert wird. Offenbar lesen viele Ärzte diese Fachinformationen nicht, was man u.a. genügend Foren entnehmen kann, wo Betroffene von ihren Erfahrungen berichten.

Man sollte in diesem Zusammenhang auch verstehen, was eine "psychische Erkrankung" eigentlich ist; sie ist nicht definiert im Sinne einer "medizinischen Erkrankung", sondern ist ein Etikett. Man sollte also vielleicht nochmal drüber nachdenken, ob man sich als "psychisch krank" bezeichnen lassen möchte. (Wer das möchte, muss natürlich nichts denken.)
 
Psychopharmaka helfen einer Gruppe immer:
Der Pharmaindustrie

Es ist m. E. richtig, dass der Nutzen dieser Mittel sehr fraglich ist.
Ich bin sicher, dass die Nebenwirkungen höher als die positiven Wirkungen sind.
Man nehme mal nur den Beipackzettel zur Hand:
Von den darin beschriebenen möglichen Nebenwirkungen reicht schon eine oder zwei, um noch kränker zu werden.
Und man bekommt bei solchen Medikamenten immer Nebenwirkungen. Wer etwas anderes behauptet, ist für mich realititätsfremd oder hat ein anderes Interesse (Pharmaindustrie, ...).
 
ME wird ja gerne in die Psycho-Schublade geschoben. Mit PACE und SMILE hat man schon ziemlich herrliche Werke der "Fake Science" geschaffen. Deshalb würde ich gerne etwas dazu informieren, hier zum Thema Psychopharmaka.

Hallo Bumblebee!

Könntest du etwas differenzierter beschreiben, was/wen du mit "Pace und Smile-Fake-Science" genau meinst?
Wer davon verschreibt Psychopharmaka?
Wer befürwortet sie?

Mir sind "Pacer und Smiler" eigentlich als "Anti-Psychopharmaka" geläufig.
Zumindest wenn sie nicht der Fake-Science angehören, wie du sie nennst.

Liebe Grüße von Felis
 
Ich möchte vorher noch einen Disclaimer machen:
Es gibt Menschen, die sagen, Psychopharmaka hätten ihnen das Leben gerettet. Das schreibe ich ihnen nicht ab.
Es gibt Psychotherapeuten, die Menschen WIRKLICH helfen.
Es gibt Ärzte, darunter auch Psychiater, die wirklich helfen wollen.
Und es gibt psychologische Richtungen, die gute Ergebnisse liefern; und nicht jeder Psychologe hat keine Ahnung von Statistik.

Meine Aussagen resultieren aus eigenen Recherchen, nachdem ich unschöne Erfahrungen gemacht habe und verstehen wollte, was passiert hier eigentlich? Ich behaupte, meine Aussagen beziehen sich auf Mehrheiten.

Meine Kritik an Psychiatrie wie auch an gewissen psychologischen Fachrichtungen (kurz: Psychologie) resultiert in dem Wunsch, zu mehr Menschlichkeit zurückzufinden. Wir sind keine Maschinen oder Roboter - wir "funktionieren" nicht. Wir sind Menschen; wir haben Gefühle, Bedürfnisse, Träume, Ziele...Wir werden oder sind auch mal krank, behindert oder anderes...

Ich wünsche mir, dass Menschen für ihre Probleme ECHTE Hilfe finden, wenn sie sie brauchen. Zugleich sollte aber auch jeder ein Recht auf Krankheit haben; dazu zählt das Recht, bestimmte Behandlungen abzulehnen (und dafür nicht als geistig verwirrt oder krankheitsuneinsichtig bezeichnet zu werden). Wenn man bzgl. Psychiatrie einen Ausdruck dafür wählen müsste, würde ich versuchen, es mit "humanistischer Psychiatrie" zu umschreiben.

Die Entmenschlichung findet in weiten Teilen des Systems statt und ist ein Hauptziel der zugrundeliegenden Ideologie. Gesundheit und Pflege gehören laut EU Komission zur Dienstleistungsindustrie, welcher der Profitmaximierung genauso unterworfen ist wie andere Industrien. (Wen's interessiert, hier eine Kritik: „Die Grundbedürfnisse werden mehr und mehr zum Geschäft“)
Ich wehre mich dagegen.

In diesen Zusammenhang gehören eigentlich noch andere Themenkomplexe, wie Armut (insbesondere Kinderarmut), Alter und Pflege, Lohnarbeit..., aber das ist ein ME-Subforum.

Ich finde auch, dass nicht Willkür herrschen sollte (wie z.b. das Aufstellen irgendwelcher Behauptungen ohne Beweise, was ich z.b. zunehmend in der Psychiatrie/Psychologie beobachte), sondern neben humanistischen Prinzipien auch eine Orientierung an (natur-) wissenschaftlichen stattfinden sollte - im Dienste für den Menschen und nicht zh seiner Unterdrückung.
 
Hallo margie,

danke für deinen konstruktiven Beitrag!

Psychopharmaka helfen einer Gruppe immer:
Der Pharmaindustrie
[\QUOTE]
Das sehe ich genauso. Besonders das "immer" ist vollkommen gerechtfertigt.

Ich sehe es auch so wie du, dass Psychopharmaka so gut wie immer "unerwünschte Wirkungen" haben. Positiv finde ich, dass die Fragwürdigkeit von Psychopharmaka zumindest teilweise innerhalb der Psychiatrie diskutiert wird. Zumindest wurden auf dem WPA Kongress, wenn ich mich richtig entsinne, einige Slots für Kritiker zur Verfügung gestellt, was von den meisten Kollegen scharf kritisiert wurde.

Ich finde es verwerflich, dass Psychiater und andere Ärzte nicht vollumfänglich über Nebenwirkungen, Inhalte der Fachinformation und ggf. Erfolgsquote aufklären (wobei man mit der Erfolgsquote sehr vorsichtig sein muss; sie variiert von Studie zu Studie. Man müsste gleichzeitig Interessenkonflikte der Autoren recherchieren und analysieren, ob die zugrundeliegende Statistik korrekt ist - also schwierig). Stattdessen gibt es Hinweise, dass viele Ärzte eher auf die Informationen von Pharmareferenten hören, die ja möglichst hervorheben, wie toll ein Medikament ist. Ich hatte irgendwo gelesen, dass eine Umfrage unter Ärzten zeigte, dass Pharmareferenten bei der Mehrzahl sehr positiv ankommen.
Für den Patienten dürfte das recht nachteilig sein.
 
Hallo Felis,

du hast recht. In den PACE und SMILE Studien wurden keine Psychopharmaka eingesetzt. Trotzdem sind deren Ansätze gerade mit Hinblick auf ME ziemlich bedenklich.

Der Bezug zur Fake science in diesem Zusammenhang resultiert aus dem Aufbau der PACE und SMILE Studien, dem Vernachlässigen bestimmter "bias" und den daraus abgeleiteten Aussagen, denen Behandlungsempfehlungen für ME-Patienten folgten, die Einkehr in Leitlinien fanden (in England, aber auch in Deutschland, s. Degam-Leitlinie "Müdigkeit"). Es erschienen zahlreiche Publikationen, die auf wissenschaftliche Fehler in der PACE Studie hinwiesen, u.a. auf mathematische Fehler (Statistik) und Fehler im Studienaufbau. Den Autoren wurde Datenverfälschung vorgeworfen, und es fanden Anhörungen/Verhandlungen im Parliament statt, wenn ich das richtig erinnere.

Das Thema ist recht umfangreich.

Die PACE Studie hat an sich nichts mit Pacing (im Sinne von "Energiemanagement") zu tun.

Die Begriffe "Pacer" und "Smiler" kenne ich nicht. Kannst du erklären, was das ist und inwiefern dies mit "Anti-Psychopharmaka" verbunden ist?
 
Ich persönlich bezeichne weite Teile der Psychologie, im Besonderen die, welche Fragebögen verwenden und statistische Methoden anwenden, als Fake Science. Die Psychiatrie gehört da für mich rein, mit ihren "psychischen Erkrankungen" und "Therapien". Das tue ich, da ich einen mathematischen Hintergrund habe, eine zeitlang Psychologie zum Spaß studiert habe und gesehen habe, wie weit hier die statistischen Kenntnisse gehen.

Es gibt gewiss Psychologen, die sich mit Statistik sehr gut auskennen - sehr gut im Sinne von "mathematisch genau". Einer fällt mir spontan ein.

Was ich, ehrlich gesagt, sehr schlimm finde, ist, dass man gewisse menschlich-natürliche Reaktionen auf bestimmte Stiuationen "psychisch krank" nennt, was suggeriert, hier passiert etwas Schlechtes, das aufgehalten werden muss.
Wenn ein Mensch mit Trauer auf den Tod eines Lieben reagiert, ist das natürlich - auch wenn es länger als 2 Wochen dauert, wofür es heute einen Code im DSM-V gibt. (Seepferdchen sind also ganz gestörte Wesen.)
Wenn ein Mensch verzweifelt, weil er nicht mehr weiß, wie er morgen sein Kind ernähren soll, oder ihm der Strom abgedreht wird, und vielleicht sogar Freitodwünsche bekommt, dann ist das nicht "krank", sondern eine natürliche menschliche Reaktion.

Erich Fromm hat es zugespitzt so gesagt: "Die Normalen sind die Kranken und die Kranken sind die gesündesten."
https://m.youtube.com/watch?v=JayPmA9pFfY

Heute ist "Psyche", "psychisch krank" und anderes in aller Munde. Ich habe den Eindruck, die Leute wissen aber gar nicht, worüber sie reden.
Es wird so getan, als sei "psychisch krank" etwas im Sinne von "medizinisch krank", also irgendwie "objektiv krank", aber "psychisch krank" beinhaltet eine (Ab-)wertung. Ich habe aber gestern gemerkt, dass man hier durch Umdefinitionen dem ganzen einen neuen Anstrich geben möchte bzw. gegeben hat.

Mir erzählte eine Mutter, die ein an ME und Fibromyalgie erkranktes Kind hat, dass sie mit dem Kind in einer Schmerzklinik für Kinder war. Da wurde ihnen gesagt, das Kind sei "psychisch krank". Am Abend kam das Kind zur Mutter und fragte: "Mama, bin ich schlecht?"
Kindern sagt man nach, noch recht "ehrlich" zu fühlen.
Mich hat das sehr bewegt.
 
Was ich, ehrlich gesagt, sehr schlimm finde, ist, dass man gewisse menschlich-natürliche Reaktionen auf bestimmte Stiuationen "psychisch krank" nennt, was suggeriert, hier passiert etwas Schlechtes, das aufgehalten werden muss.
Ich denke, die Ärzte übertreiben maßlos, wenn sie bei jedem Patienten nach psychischen Auffälligkeiten suchen. Das ist eine große Mode unter den Ärzten geworden.
Du hast Recht, wenn Du schreibst, dass oft natürliche Reaktionen eines Menschen dann als psychisch auffällig hingestellt werden.
Mein Eindruck ist oft, dass man versucht, abzulenken, vor allem, wenn der Arzt keine richtige Diagnose findet, ist es ihm willkommen, wenn er die Krankheitsursache auf die Psyche schieben kann.
Nicht selten dürfte auch noch die GOÄ der Grund sein:
Um die GOÄ-Ziffern 800 ff abrechnen zu können, weil diese viel Geld einbringen, muss man wohl auch in der Psyche eines Patienten "herumstochern".


Ich persönlich bezeichne weite Teile der Psychologie, im Besonderen die, welche Fragebögen verwenden und statistische Methoden anwenden, als Fake Science.
Fake-Science ist eine treffende Bezeichnung.
Diese Fragebögen lehne ich mittlerweile ab. Ich sollte, als ich im Schlaflabor war, so einen Fragebogen mit lauter dummen Fragen ausfüllen. Ich habe es nicht getan, da ich diese Fragen und die vorgegebenen Antworten für reinen Schwachsinn hielt. Ich hätte mich gern mit demjenigen, dier diesen Fragebogen "verbrochen" hat, mal unterhalten.
Natürlich war ich dann bei dem Arzt des Schlaflabors "unten durch" ...

lg
margie
 
Ich persönlich bezeichne weite Teile der Psychologie, im Besonderen die, welche Fragebögen verwenden und statistische Methoden anwenden, als Fake Science.

Ich war einstens, als Fragebögen zu den möglichen Auswirkungen von Amalgam ausgeteilt wurden, zufällig in einer der Kliniken, die das Amalgam-Guitachten damals mit fertig stellen sollten. Es war ein langer Bogen, und ich fand es zunächst erfreulich, daß der Bogen die Möglichkeit bot, sich über Amalgam, Vergiftungen usw. auszutoben.
Was mich allerdings etwas stutzig machte: der Fragebogen kam aus der Abteilung "Psychologie ..."!

Das Ergebnis der damaligen Untersuchungen ist bekannt:
https://www.symptome.ch/threads/german-amalgam-trial-studie-beendet.19908/
Keine Evidenz für Schäden durch Zahn-Amalgam ::: Münchner Medizinjournalisten
https://www.bnz.de/amalgam/495_Kommentiert.pdf

Zu einem anderen Ergebnis kam einstens Prof. Wassermann in seinem Kieler Amalgam-Gutachten:

https://www.symptome.ch/threads/kieler-amalgam-gutachten-wassermann-1997.776/
https://www.med-etc.com/med/amalgam/amalgam-gutachten/00a_kieler-amalgam-gutachten-index.html

Grüsse,
Oregano
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich denke, die Ärzte übertreiben maßlos, wenn sie bei jedem Patienten nach psychischen Auffälligkeiten suchen. Das ist eine große Mode unter den Ärzten geworden.

Das ist auch mein Eindruck. Vor 20 Jahren noch hätte ein Arzt einen Patienten gedanklich gevierteilt, wenn er mit der Psyche kam. Da hatte man es schwer, wegen was "Psychischem" krankgeschrieben zu werden oder EU-Rente zu bekommen. Das ist jetzt in das andere Extrem ausgeschert.

Ich habe von vielen ME'lern gelesen, die erst dann eine Teil-EU-Rente bekommen haben, als sie auf Depression umgestiegen sind. Oder jemand im Bekanntenkreis mit einer Wirbelsäulenerkrankung. Keine EU-Rente, erst, als er Depression angab. Mir wurde auch offiziell empfohlen, auf die Psychoschiene zu gehen, das bringe mehr Erfolg.
Da ist doch ein System dahinter, oder?

Mein Eindruck ist oft, dass man versucht, abzulenken, vor allem, wenn der Arzt keine richtige Diagnose findet, ist es ihm willkommen, wenn er die Krankheitsursache auf die Psyche schieben kann.

Das ist auch mein Eindruck.
Besonders heftig finde ich, wenn man mit akuten Problemen in eine Praxis kommt, so "blöd" ist und Vordiagnosen erwähnt (z.b. somatoforme Störung) - ob korrekt oder nicht, ist vollkommen irrelevant - und der Arzt dann überhaupt keine Untersuchunhen macht, da "psychisch".
Ich kenne jemanden, die mit Herzproblemen zum Hausarzt ging. Der sagte, das sei psychisch. Die Probleme nahmen zu, und sie beharrte, dass er sie ins Krankenhaus überweise, was er grummelnd machte. Er rief dann im Krankenhaus an und gab bescheid, dass eine "psychiatrische Patientin" käme. Die Frau hatte großes Glück mit dem Psychiater, der erkannte nämlich das Herzproblem und schickte sie zum Kardiologen. Die Ärztin sagte ihr, eine Woche später, und sie hätte es vielleicht nicht überlebt.

Ich würde ja den Hausarzt verklagen.

Ich sollte auch mal so einen Fragebogen ausfüllen. Du warst schlauer - du hast es nicht gemacht. Ich fand die Fragen und Antworten zwar auch bescheuert (manipulierend und extrem interpretationsfähig), hab ihn aber ausgefüllt. Die Auswertung war sehr interessant! Der Auswerter hat gesprochen, hau! :anbeten:

Ich würd auch gern wissen, was sich die "Erfinder" dieser Fragebögen dabei denken. Jedenfalls hatte ich mal jemanden darauf hingewiesen, dass Libidoverlust z.b. ein typisches Symptom bei Testosteronmangel ist. Libidoverlust war bei einem Depressionsbogen mit drauf. Das Interesse für diesen Hinweis strebte gegen null.
Ich finde das ziemlich fragwürdig, nicht eindeutige Symptome abzufragen und darauf basierend "Diagnosen" zu erstellen. Also, es entspricht auch nicht wissenschaftlichen Standards.
 
Was mich allerdings etwas stutzig machte: der Fragebogen kam aus der Abteilung "Psychologie ..."!

Grüsse,
Oregano

Das hätt mich aber auch sehr stutzig gemacht. Geht mir auch mit manchen Studien so, wo ich denke "Woah, interessant!" und dann sehe ich "Psychologie" oder "Psychiatrie", und dann ist das Interesse verflogen.

Ich schau mir die Links genauer an, danke dafür!
 
Hallo Oregano,

ich habe deine Links gelesen.
Ich sehe, dass es noch weitere Felder gibt, die wie ME kämpfen müssen.

Eigentlich müssten wir uns alle zusammentun: ME, Fibro, MCS, Amalgam, andere chronisch Vergiftete oder Kranke, die als "psychisch krank" bezeichnet werden und nicht adäquat behandelt werden. Nur wie?
 
Der Bezug zur Fake science in diesem Zusammenhang resultiert aus dem Aufbau der PACE und SMILE Studien, dem Vernachlässigen bestimmter "bias" und den daraus abgeleiteten Aussagen, denen Behandlungsempfehlungen für ME-Patienten folgten, die Einkehr in Leitlinien fanden (in England, aber auch in Deutschland, s. Degam-Leitlinie "Müdigkeit"). Es erschienen zahlreiche Publikationen, die auf wissenschaftliche Fehler in der PACE Studie hinwiesen, u.a. auf mathematische Fehler (Statistik) und Fehler im Studienaufbau. Den Autoren wurde Datenverfälschung vorgeworfen, und es fanden Anhörungen/Verhandlungen im Parliament statt, wenn ich das richtig erinnere.

Das Thema ist recht umfangreich.

Die PACE Studie hat an sich nichts mit Pacing (im Sinne von "Energiemanagement") zu tun.

Hallo Bumblebee!

Wenn du einen Link gesetzt hättest zur kurzen Erklärung, oder das kurz gleich so erklärt hättest, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, das als Verb zu verstehen.
Das muss ich dir ganz ehrlich sagen ;), ich habe das auf meinem Hintergrund interpretiert. Zumal ich Großschrift benutze, wenn ich etwas betonen will.
Meintest du das da ? -> https://www.mecfs.de/pace-studie-endgueltiger-abschied-von-aktivierungstherapie/
(Ich hoffe, dass ich mit dem Link in kein Wespennest steche, das ist nicht meine Absicht, Diskussionen da drum möchte ich ebenfalls nicht entfachen.)

Was ich, ehrlich gesagt, sehr schlimm finde, ist, dass man gewisse menschlich-natürliche Reaktionen auf bestimmte Stiuationen "psychisch krank" nennt, was suggeriert, hier passiert etwas Schlechtes, das aufgehalten werden muss.
Wenn ein Mensch mit Trauer auf den Tod eines Lieben reagiert, ist das natürlich - auch wenn es länger als 2 Wochen dauert, wofür es heute einen Code im DSM-V gibt. (Seepferdchen sind also ganz gestörte Wesen.)
Wenn ein Mensch verzweifelt, weil er nicht mehr weiß, wie er morgen sein Kind ernähren soll, oder ihm der Strom abgedreht wird, und vielleicht sogar Freitodwünsche bekommt, dann ist das nicht "krank", sondern eine natürliche menschliche Reaktion.


Mir erzählte eine Mutter, die ein an ME und Fibromyalgie erkranktes Kind hat, dass sie mit dem Kind in einer Schmerzklinik für Kinder war. Da wurde ihnen gesagt, das Kind sei "psychisch krank". Am Abend kam das Kind zur Mutter und fragte: "Mama, bin ich schlecht?"
Kindern sagt man nach, noch recht "ehrlich" zu fühlen.
Mich hat das sehr bewegt.

Ja, schlimm und ganz ehrlich vollkommen ver-rückt. (Trauerreaktion :eek:)

Heute ist "Psyche", "psychisch krank" und anderes in aller Munde. Ich habe den Eindruck, die Leute wissen aber gar nicht, worüber sie reden.
Es wird so getan, als sei "psychisch krank" etwas im Sinne von "medizinisch krank", also irgendwie "objektiv krank", aber "psychisch krank" beinhaltet eine (Ab-)wertung. Ich habe aber gestern gemerkt, dass man hier durch Umdefinitionen dem ganzen einen neuen Anstrich geben möchte bzw. gegeben hat.

Diese Abwertung geht quer durch die ganze Gesellschaft.
Die findest du überall.
Oft besonders auch bei denen, die sorgsam/penetrant darauf bestehen, dass etwas nur körperlich sei, oder nur psychisch.

Der ganze Mensch wird aufgetrennt.

Am Beispiel "chronischer Stress" frage ich mich immer wieder, wo da denn abgetrennt werden soll.
Stress kann so massive körperliche Auswirkungen haben, Stress ist aber auch ein psychischer Vorgang. Und umgekehrt.
Für mich persönlich finde ich da die interessantesten Antworten im Bereich der Psycho-Neuro-Immunologie.
Ganz schlimm finde ich, wenn Stempel aufgedrückt werden und verschiedene Interessengruppen anfangen die Menschen in das für sie (Interessengruppen) jeweils beste Glaubens/Interessen-System pressen zu wollen und das ist, was entmenschlicht.

Was dein Thema Psychopharmaka angeht, bin ich ganz bei dir.
Diese Substanzen haben - gerade bei Antidepressiva u. Neuroleptika - gravierende Auswirkungen, können dauerhaft schädigen, bei den Benzos dann die Abhängigkeit.
Besonders erschreckend finde ich hier die Schnelligkeit, mit der diese Medikamente verschrieben werden.
Die mangelnde Aufklärung über die Substanz und ihre Auswirkungen.
Auch hinsichtlich des späteren Beendens der Medikation.
Da sind schon viele Menschen in eine Falle gelaufen, aus der sie kaum mehr herauskommen.

Liebe Grüße von Felis
 
Ein Gedanke noch, der jetzt nicht direkt zu den Psychopharmaka gehört, aber vielleicht zum Thema ME, Gifte, Psyche, Immunsystem: was wenn ein chronisch durch Holzschutzmittel oder Amalgam belasteter/vergifteter Mensch zusätzlich schwere Stressreaktionen hat, deren Auslöser vorher statt fanden.
Was wenn dieser Mensch nach einer schweren Grippe sich einfach nicht mehr erholt.

Wo "gehört" er dann hin?
 
Hallo Felis,

ich dachte, die PACE-Trial sei unter ME'lern bekannt; tut mir leid, so was sind falsche Annahmen. Ich hätte nen Link setzen sollen.

Warum sticht man mit der PACE-Trial in ein Wespennest? Also unter deren Anhängern, ok, aber wir sind ja "unter uns".

Felis schrieb:
Diese Abwertung geht quer durch die ganze Gesellschaft.
Die findest du überall.
Oft besonders auch bei denen, die sorgsam/penetrant darauf bestehen, dass etwas nur körperlich sei, oder nur psychisch.

Wo findet die Abwertung bzgl. körperlicher Erkrankungen statt? Also, ich denke schon auch, dass "Krankheit" oder Behinderung heute genügen, um abgewertet zu werden. Meinst du das? Es werden ja gern Begriffe wie "Minderleister", "Unproduktive" und "Abgehängte" benutzt. Ich empfinde diese Abwertung, sofern sie stattfindet, weniger stigmatisierend wie die Bezeichnung "psychisch krank", und offiziell werden "körperlich Erkrankte" als hilfsbedürftig anerkannt und behandelt. Zumindest i0n weiten Teilen. Oder ist das falsch?

Ich finde das ganze Wesen Mensch - wie auch andere Lebewesen - immer komplexer; oder vielleicht erscheint es so, weil immer mehr Theorien und Modelke aufgestellt werden, die erklären wollen, wie der Mensch "funktioniert". Ich verlasse mich lieber auf meine eigenen Wahrnehmungen.

Wenn wir ehrlich sind, wissen wir nicht genau, wo und welche Wechselwirkungen zwischen Körperlichem und nicht-Körperlichem bzw. nicht-Sichtbarem bzw. nicht-Materiellem sind - und was es so alles im nicht-sichtbaren Bereich gibt, wissen wir auch nicht. Wie genau der Körper funktioniert, wissen wir letztendlich auch noch nicht mal. Da dann wissenschaftlich anmutende Aussagen über nicht-materielle Krankheiten (zb. der Seele, Psyche) zu machen und mit Pillen zu "behandeln" (von denen man auch nicht genau weiß, was sie im Körper machen), finde ich fragwürdig. Viel schlimmer finde ich aber dieses "in eine Ecke stellen" und dann im Endeffekt ausgeschlossen zu werden, das mittlerweile damit einhergeht.

Ich finde es schlimm, wie der Mensch und das Menschliche behandelt und abgewertet werden.


Ganz schlimm finde ich, wenn Stempel aufgedrückt werden und verschiedene Interessengruppen anfangen die Menschen in das für sie (Interessengruppen) jeweils beste Glaubens/Interessen-System pressen zu wollen und das ist, was entmenschlicht.

Ich finde, das ist eine gute Formulierung.

Besonders erschreckend finde ich hier die Schnelligkeit, mit der diese Medikamente verschrieben werden.
Die mangelnde Aufklärung über die Substanz und ihre Auswirkungen.
Auch hinsichtlich des späteren Beendens der Medikation.
Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, aus Gesprächen mit anderen und aus Geschichten aus dem Internet.

Zugleich wird man aber auch "gemaßregelt" bei Ablehnung der Psychopharmaka, insbesondere wenn man nicht mehr arbeiten kann. Da bilden dann Arzt und Behörde (zb. Krankenkasse, Arbeitsagentur, DRV, ggf. Jobcenter - das weiß ich aber selber nicht genau) ein "Unterdrückungssystem", bei dem man schnell "zwangsbehandelt" wird oder Sanktionsandrohungen folgen, nach dem Motto "und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt".

Das finde ich bei Medikamenten, die so einschneidende Wirkungen haben können, wirklich schlimm, und es ist für mich eigentlich auch Körperverletzung, wenn jemand nicht wirklich freiwillig zustimmt. (Also im Sinne von: "Ich will das, ich erhoffe mir Besserung.")
 
Ein Gedanke noch, der jetzt nicht direkt zu den Psychopharmaka gehört, aber vielleicht zum Thema ME, Gifte, Psyche, Immunsystem: was wenn ein chronisch durch Holzschutzmittel oder Amalgam belasteter/vergifteter Mensch zusätzlich schwere Stressreaktionen hat, deren Auslöser vorher statt fanden.
Was wenn dieser Mensch nach einer schweren Grippe sich einfach nicht mehr erholt.

Wo "gehört" er dann hin?

Das ist doch ein sehr großes Problem, das Schubladendenken. Multisystemerkrankungen heißen ja so, weil mehrere Systeme betroffen sind.

Der ICD-10 (der, wie ich das verstanden habe, für Abrechnungen und Statistiken primär wichtig ist) erlaubt quasi nicht die Zuordnung zu mehreren Systemen.

Ich denke, es werden zunehmend Erkenntnisse zu diesem Thema gemacht. Ich denke auch, es wird noch ne ganze Weile dauern, bis man hier genügend viel weiß. Man versteht ja zumindest langsam, dass es Multisystemerkrankungen gibt.
(Was ein kleines bisschen lächerlich anmutet...man spürt doch seinen Körper, Zusammenhänge kann man eigentlich sehr schnell herstellen, insbesondere wenn man die Biochemie des Körpers ein wenig versteht. Das dürfte vielleicht das Problem sein, denn Biochemie und Zusammenhänge werden im Medizinstudium eher vernachlässigt, das war zumindest mein Eindruck.)

Zum Thema HIV meinte Montagnier zb., er denke, dass mehrere Faktoren zusammen kommen müssen, damit es zu Aids kommt.
https://m.youtube.com/watch?v=PyPq-waF-h4

Ich könnte mir vorstellen, dass das auch bei ME oder vielen anderen Erkrankungen zutreffen könnte. Ich halte es auch nicht ganz für abwegig, dass Epigenetik da mit rein spielt. Umwelteinflüsse werden gerne runtergespielt, weil, wenn man das zu Ende denkt, landet man wieder beim Geldmachen.
Ich kann das alles nicht wissenschaftlich belegen. Es sind nur persönliche Schlüsse.

Das neue ICD-11 erlaubt die Zuordnung von Krankheiten von mehreren Systemen, wie z.b. Lupus, in mehrere Kategorien. Das ist ein Vorteil.
Der Nachteil ist, dass man theoretisch jeder Erkrankung auch eine "psychische Störung" zuordnen kann, was unter Lobbyarbeit der entsprechenden Interessengruppen sicherlich auch kommen wird, wenn es so weitergeht.
 
René Graeber schreibt zum Thema "Psychopharmaka – gefährliche Plazebos?":

https://www.naturheilt.com/medikamente/psychopharmaka.html
... zwei Wissenschaftler aus der Ruhr-Universität Bochum. Die Professoren Margraf und Schneider veröffentlichten ihre Forschungsergebnisse als Kommentar in einem Fachjournal: From neuroleptics to neuroscience and from Pavlov to psychotherapy: more than just the “emperor's new treatments” for mental illnesses?

Die hier in der Überschrift angesprochenen „Kaisers neue Behandlungsmethoden“ für psychische Erkrankungen haben viel mit den „Kaisers neuen Kleidern“ zu tun: Jeder in der Branche lobt etwas, was beim genaueren Hinsehen nicht real ist.

So bescheinigen sie den sonst so hochgelobten Medikamenten gegen Depressionen, Angststörungen und ADHS eine bestenfalls kurzfristige, anfängliche Wirksamkeit. Und Antidepressiva wirken, wenn überhaupt, nur in schweren Fällen. Aber spätestens wenn die Medikamente nicht mehr genommen werden, ist die Krankheit wieder in voller Pracht zurück. Zudem verursachen viele Psychopharmaka eine Abhängigkeit, das heißt, sie machen süchtig. Das heißt für die Praxis, dass die Medikamente nichts heilen, sondern für eine lebenslange Therapie (die diesen Namen somit nicht verdient hat) konzipiert sind. Die Hersteller freuen sich über solche "Dauerpatienten".
...
Damit bleibt zahlreichen Ärzten oft gar nichts anderes übrig, als auf die medikamentöse Therapie zurückzugreifen, frei nach dem Motto, dass der Einäugige der König im Reich der Blinden ist.

Diese „Einäugigkeit“ hat allerdings für die Betroffenen doppelt negative Konsequenzen. Zum ersten ist die medikamentöse Wirksamkeit, wie oben schon diskutiert, bestenfalls von nur vorübergehender Dauer. Dann kommt die Tatsache dazu, dass man wohl weiß, dass ein Absetzen des Medikaments nicht in Frage kommt, ohne einen sogenannten „Rückfall" zu riskieren. Doch in Wirklichkeit handelt es sich dabei oft nur um Entzugserscheinungen. Eine Reihe dieser Medikamente, wie Tranquilizer, haben auch noch ein abhängig machendes Potenzial, so dass man hier mit der Langzeittherapie "Drogenabhängige" produziert.
...
Wenn man sich dann die Zahlen zur Wirksamkeit der Psychopharmaka anschaut, die die Bochumer Experten zum Besten geben, dann muss man überhaupt an der Berechtigung einer solchen Therapieform zweifeln.

Während früher Zahlen von klinischen Vergleichsstudien genannt wurden, nach denen Antidepressiva bei 70 Prozent der Depressiven effektiv waren und Placebo bei 30 Prozent der Erkrankten, sieht die Zahlenlandschaft heute vollkommen anders aus. Heute wirken Antidepressiva bei nur 40 Prozent der Patienten mit einer Depression. Gibt man aber den Depressiven nur Placebo, dann reagieren immer noch 30 Prozent so, als wenn sie eine hoch effektive Substanz zu sich genommen hätten. Bei Jugendlichen und Kindern (eine wirklich lukrative Indikationserweiterung für die Industrie!) haben sich diese Medikamente nicht nur als unwirksam, sondern als nachhaltig schädlich entpuppt.

Die Experten aus Bochum nennen noch ein paar andere, eindrucksvolle Zahlen. Antidepressiva bewirken nach Absetzen der Medikation eine Rückfallrate von bis zu 80 Prozent, bei einem Durchschnitt von 60 Prozent. Die von beiden favorisierte psychoanalytische Therapie (kognitive Verhaltenstherapie), die auch nicht ein Leben lang verläuft, zeigt eine Rückfallrate von nur durchschnittlich 30 Prozent. Bei Angststörungen sind die Zahlen für Verum und Placebo praktisch identisch.
...

https://news.rub.de/presseinformati...sern-kritik-psychopharmaka-sind-keine-loesung
... „Es ist heute Standard, den Patienten und der Öffentlichkeit zu erzählen, dass ein aus dem Lot geratenes Neurotransmittersystem die Ursache für psychische Erkrankungen ist“, erklärt Jürgen Margraf. Dabei sei nach wie vor nicht klar, ob dieses Phänomen Ursache oder Folge sei. Soziale Faktoren dürften nicht vernachlässigt werden. Auch die starren Kategorien von „krank“ und „gesund“ seien bei psychischen Störungen mit ihren vielen unterschiedlichen Ausprägungen nicht hilfreich, so Schneider und Margraf.

Weniger Pharmamarketing, mehr Psychotherapie
Die Autoren fordern, die Forschung zu biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren besser zu verzahnen und den engen Blick auf mögliche biologische Ursachen zu weiten.
...

https://www.br.de/mediathek/video/w...argraf-psychologe-av:5a3c68b6c365c30017a890b0
https://www.youtube.com/watch?v=6coyng731aU

Grüsse,
Oregano
 
Man sollte in diesem Zusammenhang auch verstehen, was eine "psychische Erkrankung" eigentlich ist; sie ist nicht definiert im Sinne einer "medizinischen Erkrankung", sondern ist ein Etikett. Man sollte also vielleicht nochmal drüber nachdenken, ob man sich als "psychisch krank" bezeichnen lassen möchte. (Wer das möchte, muss natürlich nichts denken.)
Hallo Bumblebee,
was mich, unabhängig davon dass viele bislang nicht ausreichend medizinisch erklärbaren Erkrankungen mit psychischen Problemen erklärt werden, an deinem Beitrag stört, ist die Leugnung des bewiesene Zusammenhangs zwischen Körper und Psyche.

Salutogenese, Burnout oder (häufig nach der Diagnose schwerer Erkrankungen, Schicksalsschlag, etc.) ein kompletter gesundheitlicher Zusammenbruch aus psychischen Gründen. Alles ist bei der Bandbreite des Menschlichen Wesens möglich.
Schon der Volksmund sagt, ist dir eine Laus über die Leber gelaufen, es geht mir total an die Nieren, ich habe die Nase voll, etc. Das kommt ja nicht von ungefähr.

Im Zweifelsfall entscheidet möglicherweise deine Psyche, ob du krank wirst oder trotz Belastungen gesund bleibst.
Beim Burnout hat sie eindeutig entschieden.
 
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