Wenn die alten Eltern Hilfe brauchen, tut Gelassenheit gut .

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Hier wird von einem Interview durch Petra Schlitt mit R. Kopp-Wichmann berichtet. Er weiß, wovon er spricht, weil er Einzelkind ist und seine Mutter 96 Jahre.

Interview mit Roland Kopp-Wichmann – Die Abschrift – Petra Schlitt

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P.S.: Und langsam merken Sie aber, irgendwie wächst ihnen das alles über den Kopf und eine Frage, die ich bei ganz vielen meiner Klienten beobachte ist das Thema „Schlechtes Gewissen“. Also „ich habe schlechtes Gewissen, egal, wie viel ich mache. Es ist nie genug, andere kümmern sich immer viel besser“ und das belastet sehr viele. Was können Sie denn da empfehlen?
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[Diese Gedanken werden wohl immer mal und immer wieder auftauchen. Abhängig auch davon, wie die Eltern bzw. ein Elternteil "gestrickt"sind. Waren sie schon früher anspruchsvoll und fanden sie es selbstverständlich, daß die Kinder sich um sie kümmern und ihren Ansprüchen genügen, so wird es im Alter höchstwahrscheinlich erst recht so sein.
Waren sie eher bescheiden und hielten sich mit Forderungen sowieso zurück, so wird es im Alter wahrscheinlich auch so bleibenl.]
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RKW: Ja, also versöhnen hab ich wahrscheinlich nicht geschrieben, ich hab geschrieben, man muss sich ablösen und das kann im Wege der Versöhnung sein. Aus dem schlichten Grund – so lange ist man nicht erwachsen.
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Solange bleibt man in der Kinderposition und bleibt auch in der Vergangenheit stecken und insofern plädiere ich sehr dafür, dass man erwachsen wird – nicht nur älter – sondern auch erwachsen wird und dazu gehört eben auch, dass man Dinge akzeptiert, so wie sie waren und auch die Eltern speziell akzeptiert mit der Haltung, dass sie, egal was sie gemacht haben, immer das Beste gemacht haben.
[Das ist ein Punkt, der nicht einfach zu akzeptieren ist. Aber ganz nüchtern betrachtet: es ist so: die Eltern konnten - wie wir auch oft - nicht anders. Ein anderes Verhalten lag nicht innerhalb ihrer Möglichkeiten.]
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PS: Eine der Fragen, die ich immer gerne stelle ist: „Aus welchem Grund willst du deine Eltern pflegen? Aus welchem Grund möchtest du dich wirklich kümmern?“ Je klarer man selbst für sich den Grund hat und sagt, man möchte es wirklich, je mehr Freiwilligkeit in die Entscheidung reinkommt, umso leichter fällt dann auch das ganz Drumherum.
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PS: Sehr oft heißt es dann auch „Ich hab ja keine Wahl“.

RKW: Und das stimmt nie. Man hat eine Wahl. Man hat immer irgendeine Wahl im Leben.
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KS: ... es gibt sicherlich auch andere Themen, wo man nicht lächelt, sondern das Gefühl hat, die oder der mischt sich schon wieder in mein Leben ein.

Und damit da nicht unbedingt gleich immer wieder derselbe Streit entsteht, dann kann einem Achtsamkeit helfen, dass man merkt, der Vater, die Mutter die sagen etwas und was triggert das bei mir? Was löst das bei mir aus? Jetzt müsste ich mich rechtfertigen oder sagen „Das geht dich nichts an! Und überhaupt genau wie damals! Und nie und lass doch mal und immer machst du…“

Also wenn es geht, das achtsam mitkriegen und sagen: Ah, jetzt wird wieder etwas in mir getriggert. Und nee – das muss ich eigentlich nicht.
[Es geht also um den Fokus: ich kann immer wieder in alte Verhaltens- und Denkmuster fallen und "kindliche" Gedanken zulassen, die dann meistens mit Groll/Wut/Verachtung/Vorwurf gegenüber den Eltern enden.
Ich kann aber auch bei mir nachschauen, an welcher Stelle ich leide wie immer schon, und was ich tun kann, um dieses Getriggertwerden abzulegen und an diesem Punkt etwas zu tun.]
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