Studie zu Veränderungen im Gehirn bei Jugendlichen nach Trauma

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Felis

Ein Forscherteam der Stanford University of Medicine hat in einer Studie nachgewiesen, dass Gehirnregionen bei traumatisierten Jugendlichen geschlechtsspezifische Veränderungen aufweisen.

Die Forscher scannten die Gehirne von 59 Jugendlichen im Alter von 9-17 Jahren.
Die erste Gruppe, 14 Mädchen und 16 Jungen, hatten vorher Traumata erlitten.
Die zweite Gruppe, 15 Mädchen und 14 Jungen, hatten keine derartigen Erlebnisse.

Ein Teilbereich der Insula zeigte bei den traumatisierten Jungen Vergrößerungen, während sich dieser Bereich bei den traumatisierten Mädchen verkleinert hatte.

Bei Jugendlichen ohne Trauma wiesen diese Regionen keine Veränderungen in Größe und Struktur auf.

Die Funktionen/Aufgaben der Insula stehen u.a. im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Emotionen, sowie der Entwicklung empathischer Regungen.


Dies könnte erklären, warum Jungen und Mädchen nach Trauma unterschiedliche posttraumatische Stressreaktionen zeigen.
Das Ergebnis könnte zudem auf die Notwendigkeit geschlechtsspezifischerer Behandlungsansätze der PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) hinweisen.

Traumatic stress changes brains of boys, girls differently | News Center | Stanford Medicine

Stress 'changes brains of boys and girls differently' - BBC News

Liebe Grüße von Felis
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Felis,

traumatische Erlebnisse betreffen offensichtlich verschiedene Regionen im Gehirn und verändern diese:

...
- Corpus callosum bei misshandelten Kindern mit PTBS verkleinert (de Bellis et al. 1999)

- Amygdala bei Erwachsenen mit Misshandlungsanamnese hyperreaktiv (fMRT) (Dannlowski et al. 2012)

- Hippocampus verkleinert (MRT Volumetrie) (ebda.)
...
https://www.uniklinik-ulm.de/filead...ychiatrie/Lehre/02PTBSVorlesungBW_OKT2013.pdf

Wenn ich mir vorstelle, wieviele traumatisierte Menschen zur Zeit leben, dann wird mir ganz anders, und es bleibt zu hoffen, daß diese Hilfe finden. Ebenso wie die Menschen, die Traumata erlebt haben und immer noch keine wirkliche Hilfe bekommen haben.

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Felis,


Wenn ich mir vorstelle, wieviele traumatisierte Menschen zur Zeit leben, dann wird mir ganz anders, und es bleibt zu hoffen, daß diese Hilfe finden. Ebenso wie die Menschen, die Traumata erlebt haben und immer noch keine wirkliche Hilfe bekommen haben.

Hallo Oregano :)

Genau das dachte ich auch.
Und wenn man bedenkt, wie diese Hirnregionen auch auf die physischen Abläufe einwirken.
Insula (unter anderem mitbeteiligt an Immunreaktionen)
Amygdala.
Chronische Aktivierung der Kampf/Flucht- oder Totstellreaktionen.
Neuroendokrine Stressachse,
dann kann man sich vorstellen, was das in den Betroffenen auch körperlich anrichten kann.
Danke für den interessanten link!

Liebe Grüße von Felis
 
Hier wird von einer Studie berichtet, in der bei Mäusen durch An- und Ausschalten von speziellen Neuronen die Verarbeitung von Traumata verändert wurde:
...
Bei ihren Versuchen an Mäusen konzentrierte sich das Team um Alon Chen auf den erweiterten Amygdalakomplex in Hirn.
...
Das Ergebnis:
Mäuse, deren Neuronen angeschaltet waren, waren weniger ängstlich als jene, bei denen die entsprechenden Nervenzellen abgeschaltet waren. Auch das Stresshormon Kortisol war bei diesen Tieren niedriger. Im Vergleich zur Gruppe mit den ausgeschalteten Neuronen normalisierten sich die Kortisolwerte auch schneller. Da diese Neuronen auch bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) aktiv sind, wurden die Labormäuse im weiteren Verlauf einem traumatischen Erlebnis ausgesetzt und anschließend in neuer Umgebung daran erinnert. Auch hier wurden bei einigen Mäusen kurz darauf die neu entdeckten Nervenzellen mittels lichtleitender Fasern angeknipst. Eine Woche schauten die Forscher, ob die Tiere Anzeichen von Symptomen einer PTBS zeigten.
„Das Anschalten dieser speziellen Neuronen verbesserte die Fähigkeit der Mäuse, sich von der traumatischen Erfahrung zu erholen und mit den Symptomen der PTBS fertig zu werden“, berichtet Chen. Jene Tiere, deren Zellen nicht bestrahlt waren, zeigten in rund 42 Prozent PTBS-ähnliche Symptome. In der Vergleichsgruppe waren es nur acht Prozent. Die Forscher sind überzeugt, dass die Lokalisierung der Neuronen langfristig zur Entwicklung neuer Therapien gegen Angstzustände führen kann.
...
Wie Mäuse zu Angsthasen werden - Laborwelt

Wenn es möglich ist/wäre, auf mentalem-geistigen Weg auch Einfluß auf die Neuronen zu nehmen, müßte es doch auch jetzt schon möglich sein, entsprechende Neuronen anzusprechen und ab- bzw einzuschalten?

Grüsse,
Oregano
 
Wenn es möglich ist/wäre, auf mentalem-geistigen Weg auch Einfluß auf die Neuronen zu nehmen, müßte es doch auch jetzt schon möglich sein, entsprechende Neuronen anzusprechen und ab- bzw einzuschalten?
Hallo Oregano,

das IST möglich und noch viel mehr, mit der Macht des Bewußtseins... Gerade deshalb fand ich diese Doku so spannend und erleuchtend.
Siehe dazu die Dokumentation, 1. Beitrag hier:
https://www.symptome.ch/threads/quantenphysik-bewusstsein-koerper-seele-spirit-genetik-u-v-m.131359/

Bei Traumata sind Psychologie und Psychiatrie meist überfordert:
1. Helfen Medikamente zur Auflösung der Probleme nicht, sondern unterdrücken ihre Auswirkungen nur, vergraben sie noch tiefer.
2. Bleibt bei diesen Gesprächstherapien das Unterbewußtsein, in dem sich diese Erlebnisse eingegraben haben, unberührt. Aber genau dort muß man ansetzen, wenn man traumatische Erlebnisse aufarbeiten will.

Liebe Grüße,
Clematis
 
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Sehr viele Traumata sitzen derart tief im Unterbewusstsein, dass sich die Betroffenen - um überhaupt überleben zu können - zum Teil derart "schützen", dass sie sich irgendwann gar nicht mehr bewusst an das/die Trauma erinnern können und trotzdem sehr darunter leiden.

Die Gesprächstherapie findet bei solch tiefen Verletzungen kaum einen Zugang zum Betroffenen.

Bisher kommt man dort noch am besten mit Hypnose, NLP (Neurolinguistisches Programmieren), EFT und EMDR weiter.
Auch Bachblüten, Homöopathie, Düfte, Farben, Musik und natürlich die Ernährung bzw. bestimmte Nährstoffe sind da sehr hilfreich.

Es wäre sehr zu wünschen, wenn es noch weitere Möglichkeiten ohne unangenehme Nebenwirkungen geben würde.

Liebe Grüße Tarajal :)
 
Bisher kommt man dort noch am besten mit Hypnose, NLP (Neurolinguistisches Programmieren), EFT und EMDR weiter.
Auch Bachblüten, Homöopathie, Düfte, Farben, Musik und natürlich die Ernährung bzw. bestimmte Nährstoffe sind da sehr hilfreich.

Es wäre sehr zu wünschen, wenn es noch weitere Möglichkeiten ohne unangenehme Nebenwirkungen geben würde.

Liebe Grüße Tarajal :)

Es gibt noch eine Möglichkeit, nämlich "Somatic Experience", eine sehr körperorientierte und schonende Methode und "Narm". Letzteres baut soweit ich weiß auf SE auf und spricht vor allem Entwicklungtrauma an, welches nochmal anders ist als Schocktrauma.
Die Gefahr bei den aufdeckenden Methoden, wie bspw. EFT, ist die der Überforderung und Retraumatisierung. Da muss man sehr vorsichtig sein und einen wirklich kompetenten Anwender finden.
 
]Hallo zusammen :)


Somatic Experiencing Deutschland e.V.
Die Verarbeitung von überwältigenden Erlebnissen, Schocktraumata wie Verkehrsunfällen, Stürzen, Operationen, schweren Krankheiten, von Missbrauch, Gewalt und Bedrohung, Verlust eines nahen Menschen, Naturkatastrophen, Krieg, u.a.m. erfordert bei nachfolgenden Hilfestellungen oder therapeutischen Maßnahmen eine besondere Sichtweise. Somatic Experiencing bietet die Möglichkeit, mit solchen Erfahrungen besonders behutsam, dennoch in der Tiefe erfolgreich zu arbeiten.

Peter A. Levine und Maggie Kline verfassten darüber ein Buch "Verwundete Kinderseelen heilen".
Levine ist Entwickler der Methode.
Peter A. Levine ist ebenfalls Autor des Buches "Traumaheilung - Das Erwachen des Tigers"

Was ich besonders wichtig finde in seinem Buch "Verwundete Kinderseelen heilen" ist die Feststellung, dass es nicht immer die großen (auch gesellschaftlich) anerkannten Traumata sein müssen, die schädigen können, sondern auch medizinische Routineeingriffe, Stürze usw.
Es gibt viele traumatisierte Kinder, deren Erlebnisse als Kleinigkeiten abgetan werden, obwohl sie immense seelische Folgen haben können.
Mein Sohn ist einer davon. Ihm wurde jahrelang aberkannt, wie sehr (Ver)Blutungsreaktionen nach Operationen im Alter von dreieinhalb und fünfeinhalb Jahren, seine Psyche angegriffen haben.
Da jeweils "Routine" vorausgegangen war, wurde immer wieder ignoriert, dass es die Schockerlebnisse des massiven Blutverlustes nach den Operationen waren, die sein Nervensystem dauerhaft übererregten.
Seltsamerweise neigt gerade medizinisches Personal zu solchen Schmälerungen. Manchen Pädagogen fehlt gleichfalls jede Sensibilität dafür.
Heute kann er es besser in Worte fassen und ich kann es zielsicher formulieren - da kommt mittlerweile keine weitere Infragestellung mehr.
Ein Trauma ist dann ein Trauma, wenn es im kleinen Menschen zu traumatisierenden Erregungszuständen geführt hat! Es ist das innere Erleben, das die Richtung weist. Nicht die "Größe" und die Art des Traumas!

Leider wird SE, soweit ich weiß, bis heute nicht von den Krankenkassen unterstützt.

Danke für all eure Beiträge hier.

Liebe Grüße von Felis
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Kennst Du die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT) nach Luise Reddemann, Felis?

Ich erlebe sie seit letztem Jahr für mich als sehr hilfreich, bzw eine Therapeutin, die sie anwendet.....gegen-einseitige-sichtweise Beitrag #90

Liebe Grüße - Gerd
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Gerd!

Ich kannte sie lediglich aus Erwähnungen im Zusammenhang mit Trauma und frühkindlichen Störungen.
Vielen Dank für deine links, die ich mir noch ganz genau durchlesen werde.
Das hier, (aus deinem ersten link) finde ich neben den anderen Dingen besonders interessant:
Imagination, genauer Vorstellungskraft, ist geeignet, Verstand und Gefühle miteinander zu verbinden sowie den Körper in die therapeutische Arbeit mit einzubeziehen.
Achtsames Wahrnehmen des Körpers und der Körperbedürfnisse wird daher fortwährend angeregt, die Auswirkungen von Vorstellungen auf den Körper und sein Befinden sind unmittelbar wahrnehmbar und helfen der Patientin/dem Patienten, sich bewusst und aktiv auf wirkungsvollere und heilsamere Vorstellungen einzulassen

Bei Ashok Gupta (mit dessen "Programm" ich arbeite) ist genau das ein Punkt der Hauptretraingingstechnik für die im übererregten Zustand hängen gebliebene Amygdala und die andere beteiligten Hirnbereiche.

"Visualise health" Visualisieren von Gesundheit (Schritt 6, Haupttechnik)
Das Visualisieren körperlicher Gesundheit.
Für Menschen mit Ängsten dann das Visualisieren von Erlebnissen der Sicherheit und der Geborgenheit.
Wenn möglich reale Erinnerungen.
Wer diese nicht erinnern kann, der soll sich vorstellen, wie Sicherheit oder Gesundheit sich anfühlen könnte und welches innere Bild dabei hilfreich ist. Es gibt Menschen, die haben fast keine abrufbaren Erinnerungen an einen gesunden Körper oder ein Gefühl der Sicherheit.
Auch Achtsamkeit und Achtsamkeitsübungen sind ein ganz zentraler Punkt im ART.
Sehr interessant, Gerd. Es ist sehr schön wenn dir das hilft!
Und deinen Thread habe ich somit auch gefunden.
Den lese ich. :)

Liebe Grüße von Felis
 
Bei Ashok Gupta (mit dessen "Programm" ich arbeite) ist genau das ein Punkt der Hauptretraingingstechnik für die im übererregten Zustand hängen gebliebene Amygdala und die andere beteiligten Hirnbereiche.
Du weißt das vielleicht schon, Felis, in dem Buch - Seelische Trümmer, Die Nachkriegsgeneration im Schatten des Kriegstraumas, von Bettina Alberti - las ich......
Die Amygdala wird interessanterweise bereits in der 7. Schwangerschaftswoche der Embryonalentwicklung angelegt und ist schon vor der Geburt voll ausgebildet und funktionsfähig. ... Schon pränatal angelegte Erregungsmuster bleiben bestehen und können nach der Geburt aktiviert werden.

(S. 40 des Buches)
Liebe Grüße - Gerd
 
Nein Gerd, das wusste ich nicht! Sehr interessant, vielen Dank!
Womit sich der Satz dann erklären ließe, den manche Menschen ausgesprochen haben:
"Ich wurde wohl schon mit Angst geboren".
Man kommt also manchmal schon bereits belastet in diese Welt..

Liebe Grüße von Felis
 
In der SZ vom letzten Wochenende (Nr. 34/35) stand ein Artikel mit dem Titel "Narben in den Genen ".

Da geht es um genetische Veränderungen aufgrund von Traumata, Gewalt, Hunger und Stress, gezeigt am Beispiel von Menschen in Kambodscha, 30 Jahre nach dem Genozid dort.
Nicht nur Gehirnareale verändern sich also durch traumatische Erfahrungen sondern auch Gene.

U.a. ist dort die Rate an Diabetes-Erkrankungen stark angestiegen - einer Krankheit, die dort eher nicht bekannt war.
Leider wird nichts darüber geschrieben, ob evtl. andere (bessere) Lebensbedingungen einen zusätzlichen Einfluß nehmen.

Auf jeden Fall interessant zu lesen:

Spuren der Gewalt: Späte Opfer in Kambodscha - Gesundheit - Süddeutsche.de

Grüsse,
Oregano
 
Hallo Oregano und bestnews!

Ihr habt ganz tolle Sachen eingestellt, die mich sehr freuen. :)
Warum?
Weil mehr berichtet wird.
Weil es auch Ärzte und Menschen gibt, die die Zusammenhänge beachten.
Die sich kümmern. Die versuchen die seelischen und körperlichen Wunden zu heilen.
Denen am Herzen liegt traumatisierten Menschen und Menschen mit schwerem Stress zu helfen.
Der Gegenpol zum Irrsinn dieser Welt.

Ganz herzlichen Dank auch für deinen Beitrag, Claudia.
Was ich gelesen und angesehen habe, das hat mich tief berührt.
Da werde ich noch tiefer einsteigen. Wow!

Liebe Grüße von Felis
 
Ich finde es auch gut, dass hier über Muskeltraining gesprochen wird. Die Übungen, die Claudia anspricht, werden in Indien und China schon seit tausenden von Jahren praktiziert. Natürlich nicht explizit als Traumatherapie, das ist nur einer von vielen möglichen positiven Gesundheitseffekten durch konzentriertes Muskelanspannungstraining. Ich empfehle diese Art von Training also nicht nur Traumaopfern, sondern jedermann und jederfrau ... ;)
 
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