Davor warnte jüngst der Viren-Experte Eckard Wimmer von der Stony Brook University in New York. Wimmer und Kollegen traten den Beweis an, indem sie DNS-Teile des Kinderlähmungs-Virus bei einer Genetechnik-Firma bestellten, die jede Gensequenz auf Anfrage liefert. Das sind allerdings nur kurze Genstücke. Die Gruppe um Wimmer musste das gesamte Virus-Genom mit einer Länge von ca. 7.500 Basenpaaren aus 70 Einzelstücken zusammensetzen. Als sie das Genom in eine RNS kopierten und diese in ein Proberöhrchen steckten, in dem alle Bestandteile einer menschlichen Zelle in einer Nährlösung schwammen, entstanden in kurzer Zeit perfekte Viren. Und was das Team erreichte, wird in Tausenden von Labors in aller Welt routinemäßig durchgeführt. Ihre Konsequenz: Jeder könnte das Virus in einem Privatlabor herstellen.
Andere Wissenschaftler berichten über die Herstellung des Ebola-Virus durch "Umkehr-Genetik": Sie nahmen das Virus-Genom und DNS-Teile, die wichtige Viren-Proteine kodieren, und fügten die Mischung lebenden Zellen bei. So setzten sie einen lawinenartigen Viren-Vervielfältigungsprozess in Gang. Die Genom-Informationen holten sie sich vom Virus selbst - aber es genügt auch die Beschreibung in der Literatur. Und selbst das viel kompliziertere Pockenvirus - es enthält 185.000 Basenpaare - könnte künstlich hergestellt werden.
Wobei sich die Frage erhebt, ob es gerechtfertigt ist, wenn Zeitschriften wie NATURE und SCIENCE immer wieder vollständige Genome von zum Teil gefährlichen Organismen veröffentlichen. Zudem überprüfen Gentechnik-Firmen nicht ihre Kunden - und einige von ihnen ordern aus dem Mittleren Osten. Es ist auch nicht immer nötig, die Original-Informationen zu besitzen. Harmlose Verwandte können durch einfache Techniken zu tödlichen Mikroorganismen werden. So gelang es Wissenschaftlern, harmlose Mäusepocken in auch für Menschen tödliche Viren zu verwandeln.
