Mitotoxizität von Antibiotika

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exMarkus83

Da hier ja viele Antibiotika-Kritiker versammelt sind (ich selbst eingeschlossen), würde ich gerne zur Hypothese, dass Antibiotika die Mitochondrien (ggfs. irreversibel) schädigen, etwas belastbare Fakten zusammentragen.

Ich denke es gibt durchaus Fälle, in denen Antibiotika unumgänglich sind. Bei einem Zeckenbiß mit anschließendem Erythema migrans wird wohl niemand eine AB-Gabe in Frage stellen. Es kann also jeden treffen.

Vermutlich herrschen unter den Wirkstoffgruppen auch erhebliche Unterschiede bezüglich der Toxizität gegenüber Mitochondrien.

Vor allem würde mich interessieren, auf welche Veröffentlichungen sich die "Hardcore"-AB Kritiker stützen, oder ob das eher als Privatmeinung klassifizert werden muss.

Ich stelle mal einen ersten Link in den Raum:

Collins und sein Team konnten jetzt zeigen, dass die bakteriziden Antibiotika Ciprofloxacin, Ampicillin und Kanamycin bei Säugetierzellen in therapeutischen Dosen eine mitochondriale Dysfunktion sowie die ROS-Freisetzung induzieren. Der Effekt zeigte sich sowohl bei Mäusen in vivo als auch bei menschlichen Zellen in vitro.

Die Gabe des Antioxidans N-Acetylcystein milderte die schädliche Wirkung der Antibiotika ab. Gänzlich vermeiden ließ sich der Schaden durch den Einsatz eines bakteriostatischen Wirkstoffs wie Tetracyclin anstelle eines bakteriziden. In weiteren Studien wollen die Forscher jetzt herausfinden, mit welchen Strategien sich der oxidative Stress unter Antibiotika am besten reduzieren beziehungsweise verhindern lässt.

Pharmazeutische Zeitung online: Oxidativer Stress: Antibiotika schaden Mitochondrien

Der komplette Originalartikel, auf welchen sich die PZ bezieht: Bactericidal Antibiotics Induce Mitochondrial Dysfunction and Oxidative Damage in Mammalian Cells
 
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Widely Used Antibiotics Affect Mitochondria

Two years ago, study coauthor Johan Auwerx, an energy metabolism researcher at the École Polytechnique Fédérale in Lausanne, Switzerland, and his colleagues observed that the tetracycline class of antibiotics, which target mitochondrial translation, led to an imbalance between mitochondrial and nuclear protein translation in both worms and mammalian cell lines. Expanding on this observation, the researchers have now shown that even low concentrations of tetracyclines can inhibit mitochondrial function and lead to changes in both mitochondrial and nuclear protein expression. Across four commonly used human cell lines, as little as 1 microgram of the drug per milliliter resulted in a decrease in cellular respiration, signaling impaired mitochondrial activity. Treatment with amoxicillin, an antibiotic that does not target protein synthesis in the mitochondria, did not lead to these effects. Further, genome-wide expression data showed global repression of mitochondrial protein synthesis in the presence of the tetracycline doxycycline.

Übersetzung des fettgedruckten Textes:
bereits niedrige Konzentrationen von Tetracyclinen können die Mitochondrienfunktion hemmen und führen zu Veränderungen sowohl der mitochondrialen als auch der Kernproteinexpression.

Innerhalb vier gebräuchlichen humanen Zelllinien führte schon 1 Mikrogramm pro Milliliter des Medikaments zu einer Abnahme der Zellatmung.
 
Da hier ja viele Antibiotika-Kritiker versammelt sind (ich selbst eingeschlossen), würde ich gerne zur Hypothese, dass Antibiotika die Mitochondrien (ggfs. irreversibel) schädigen, etwas belastbare Fakten zusammentragen.

Hallo exMarkus,

mir erscheint in diesem Zusammenhang wichtig, wie die Mitochondrien evolutionär entstanden sind. Aufgrund ihrer Struktur und Funktion ähneln sie jenen der Bakterien. Daraus schließen die Wissenschaftler, daß der Ursprung der Mitochondrien eine Symbiose mit Bakterien war. Wenn also Antibiotika gegen Bakterien eingesetzt werden, greifen sie leider auch die artverwandten Strukturen der Mitochondrien an. Hierzu einige Links:
Das Mitochondrium wird durch eine fatale Verwechselung durch ein Antibiotikum geschädigt.
Antibiotika dienen dem Abtöten von Bakterien. Der Grund für eine Schädigung der wichtigen menschlichen Mitochondrien ist die Ähnlichkeit des Mitochondriums mit einem Bakterium. Das Antibiotikum bekämpft bestimmte Strukturen in den Bakterien. Diese Strukturen finden wir zum Teil auch in den lebenswichtigen Mitochondrien. Schädigungen können dann nicht ausgeschlossen werden.
Mitochondrien sind aus Bakterien entstanden
Evolutionstheoretisch wurden Bakterien (Prokaryonten) in andere Prokaryonten aufgenommen und sind mit diesen eine Symbiose eingegangen. Es entstanden Eukaryonten, die sich durch Zellorganellen und einen Zellkern auszeichnen. Diesen Sachverhalt beschreibt die so genannte Endosymbiontenhypothese.
Mitochondrien – Antibiotika als Killer mitochondrialer Strukturen? | Dr. med. Alexander Michalzik
Herkunft der Mitochochindrien und Plastiden - schulnote.de

Das Mitochondrium: Eine Art Bakterie?
Wissenschaftler haben dank verbesserter Forschungsmethoden starke Ähnlichkeiten zwischen Mitochondrien und Bakterien festgestellt. Es scheint so, als hätten sich die Vorfahren unserer heutigen Zellen zu der Zeit als das Leben auf der Erde entstand Bakterien einverleibt. Die Bakterien haben daraufhin den Gastgeber-Zellen ihr Atmungssystem zur Verfügung gestellt: Das Zellorganell war entstanden. ...
Wenn sich die Mitochondrien teilen und ihre DNA beschädigt ist, ist auch die DNA der neu entstehenden Mitochondrien beschädigt.
Mitochondrien und Ihre Aufgaben - Dr. Pierre Ricaud
Einblicke in die Nanowelt der Mitochondrien und die Organisation ihres Erbgutes
Einblicke in die Nanowelt der Mitochondrien und die Organisation ihres Erbgutes

Antibiotika: Langzeitschäden durch oxidative Schädigung von Mitochondrien
Deutsches Ärzteblatt: Antibiotika: Langzeitsch?den durch oxidative Sch?digung von Mitochondrien

Die Atmungskette
Atmungskette - Lexikon der Biologie

Der nachfolgende Link wurde bereits von Alibiorangerl unter CFS eingestellt, gehört m.E. aber auch hierher. Da die Mitochondrien die Hauptlieferanten für ATP sind, wird sich zwangsläufig chronische Müdigkeit einschleichen, wenn diese geschädigt sind.
Neue Erkenntnisse zum Chronischen Erschöpfungssyndrom - Spektrum der Wissenschaft

Ich denke es gibt durchaus Fälle, in denen Antibiotika unumgänglich sind. Bei einem Zeckenbiß mit anschließendem Erythema migrans wird wohl niemand eine AB-Gabe in Frage stellen. Es kann also jeden treffen.
Antibiotika können in manchen Situationen ein Segen sein, doch sie sollten tatsächlich nur bei genau beschriebenen und tatsächlich labormäßig erwiesenem Bedarf eingesetzt werden. Ihre negative Wirkung auf die Darmflora ist bekannt ebenso wie die Folgen, wenn diese zerstört wird. Grundsätzlich sollte nach jeder AB-Behandlung eine Darmsanierung durchgeführt werden, was leider nicht üblich ist und von den Ärzten noch nicht einmal erwähnt wird. Dies ist keine Privatmeinung sondern gut belegt. Ein kleiner Exkurs zu Bakterien:

Atlas der Bakterien auf unserer Haut Erstellt 20.11.2009
Auf der Haut eines Menschen leben bis zu mehrere Hundertausend Bakterien - pro Quadratzentimeter. Ein Forscherteam aus den USA legt nun erstmals eine Landkarte der Bakterien vor - mit überraschenden Erkenntnissen. Von Jasmin Michels

https://www.ksta.de/ratgeber/einzel...erien-auf-unserer-haut,15189524,12814096.html
Vermutlich herrschen unter den Wirkstoffgruppen auch erhebliche Unterschiede bezüglich der Toxizität gegenüber Mitochondrien.
Hier werden die verschiedenen Antibiotika aufgelistet
Schaut man sich diesen Mechanismus bezüglich der Bakterienzellen an:
Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien - DocCheck Pictures
findet man Parallelen zu ähnlichen Angriffspunkten bei Mitochondrien. Versteht man die ähnliche Funktionsweise und Aufbau von Mitochondrien und Bakterien, kommt man zwangsläufig dahin, daß Antibiotika als auf alles wirkend, auch die Mitochondrien und nicht nur die Bakterien schädigen können.
Mitochondrien
Mitochondrium
Mitochondrium
ScheffelgymnasiumÂ* Skript Biologie
Nachhilfe Online: Das Mitochondrium

Vor allem würde mich interessieren, auf welche Veröffentlichungen sich die "Hardcore"-AB Kritiker stützen, oder ob das eher als Privatmeinung klassifizert werden muss.
Der folgende Artikel geht u.a. auf die Schäden ein, die bestimmte Medikamente an Mitochondrien verursachen können, bietet aber auch mögliche Behandlungen an, um die Auswirkungen zu vermeiden bzw. zu vermindern. Paracetamol wird hier besonders betrachtet, wichtig weil dies ein Medikament ist, das sehr häufig verschrieben und von sehr vielen Menschen eingenommen wird, die sich der Gefahren gar nicht bewußt sind. Dazu gehört auch Ibuprofen. Benannt werden desweiteren Medikamente, die wegen ihrer Schädlichkeit für Mitochondrien wieder vom Markt genommen wurden. Wer diese mal eingenommen hat, könnte hier eine Ursache für Mitochondrienschäden finden (u.a. Antidiabetika: Phenformin, Biguanid, Troglitazon, Rosiglitazon; Tolcapon gegen Parkinson; Cerivastatin als CSE-Hemmer, Cholesterinsenker). Weitere Medikamente mit ähnlicher Wirkung sind noch auf dem Markt, insbesondere Cholesterinsenker u.a.
https://www.mikronaehrstoff.de/pdf/Groe_Mitotox_von Arzneimitteln_MMP_2012.pdf

Hier geht es zwar vorrangig um die Toxizität von Antibiotika auf die Mitochondrien, doch ist dies nicht die einzige Medikamentengruppe, die großen Schaden anrichten kann. Will man die Ursache einer Mitochondrienschädigung herausfinden, muß man alle anderen möglichen Ursachen ebenfalls in Betracht ziehen.

Gruß,
Clematis
 
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