Großdemo in Lissabon

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oli

Heutzutage wird doch eigentlich über alles berichtet: Überschwemmung in Bangladesh, Aufstände in Birma, die Unterhose von Britney Spears usw.

Doch vor ein paar Tagen gab es anscheinend ein Großereignis in Lissabon, über welches keines unserer "freien" und "unabhängigen" Medien berichtete:

In Lissabon demonstrierten gestern 200 000 Menschen gegen die EU-Verträge. Es handelte sich um die größte Demo seit 20 Jahren. Selbst linke deutsche Medien ignorieren das Erignis. Gehen solche "Kleinigkeiten" nicht mal mehr bei den Agenturen über den Ticker?
Während die Bonzen am gestrigen Abend in Lissabon zum EU-Gipfel eintrafen protestierten nach Polizeiangaben mehr als 150 000 Menschen für eine sozialere EU. Die Aufrufende Gewerkschaft CGPT sprach von 200 000 Teilnehmern.
Diese nicht ganz unbedeutende Demo wird aber größtenteils totgeschwiegen. Selbst portugiesische Medien verstecken die Info teils unter irreführenden Überschriften [...]
Das in Deutschland selbst in der "linken" Presse nichts davon zu lesen ist legt den Verdacht nahe, das selbst die Agenturen solch "unerfreuliche" Nachrichten nicht verbreiten. Oder interessiert sowas möglicherweise gar niemanden?

Quelle: de.indymedia.org | Großdemo in Lissabon - und niemand berichtet

Merkwürdig finde ich, wird doch über jeden Orientalen, der einen Koran und einen Internetanschluss besitzt und mal mit den falschen Brüdern Tee getrunken hat, berichtet, als hätte man den CIA-Verbündeten Bin Laden persönlich gefasst.

Die Frage ist, warum über so etwas nicht berichtet wird. Sind etwa die Medieninhaber (Springer, Bertelsmann u.a.) nicht derselben Meinung wie die Demonstraten und lassen sich diese nicht als "Terroristen", Spinner oder harmlos darstellen ?

Weitere Infos:
Politblog.net » 200.000 Tausend demonstrierten gegen EU-"Verfassung"
forum.tagesschau.de/showthread.php?p=683545

Vergleicht man einmal das öffentliche Getöse um eine minimale Modifikation des Hartz IV-Gesetzes durch die SPD mit der Berichterstattung um die Inhalte des EU-Reformvertrags oder über die europäischen Flexicurity-Konzepte, so kann einem Angst und Bange werden um die demokratische Kultur in Deutschland und in ganz Europa.
Die europäische Ebene wird mehr und mehr zum Synoym für die Aushebelung nationaler öffentlicher und damit demokratischer Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse.
Quelle: Die Einigung auf den Reformvertrag wird in Lissabon von massiven Protesten der Bevölkerung gegen das Konzept einer Flexicurity begleitet
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Großdemo in Lissabonn

Hallo Oli,

dass die Medien mehr lenken oder durch Geld gelenkt werden, statt objektiv zu informieren, wissen wir aus vielen Bereichen. Die Gesundheit ist ein markantes Beispiel dafür. Dass eine Großdemo nicht erwähnt wird, ist aber eine neue Dimension. Ich hatte auch keine Zeile darüber gelesen. Das ist ein weiteres Zeichen für den Verfall der Demokratie. Globalisierung wird auf allen Ebenen durchgepeitscht.

Danke für deine Aufmerksamkeit, Horaz
 
Dem schließe ich mich an!

200.000! Das ist allerdings eine Großdemo! Eine Zahl, die europaweit nicht so schnell erreicht wird!

Herzliche Grüße von
Leòn
 
EU-Verfassungsreform

Unter dem weiter oben von Oli genannten Link kann man u.a. auch einige weitere sehr interessante Hintergrundinformationen zu den "Machenschaften" zur EU-Verfassung und zu deren Zielen bekommen, über die hier in den "offiziellen Medien" natürlich kaum bis gar nicht berichtet wird:
Immer mehr zentrale politische Themen werden hinter verschlossenen Türen in Brüssel verhandelt und fließen letztendlich über die europäische Ebene in die nationale Gesetzgebung ein. Nach wie vor erarbeiten technokratische Beamte unter dem bestimmenden Einfluss der in Brüssel ansässigen Lobbyisten Verträge, abgeschirmt von der Öffentlichkeit und ohne jegliche öffentliche Diskussion.
Das nachfolgende Zitat von Jean Claude Juncker, Ministerpräsident von Luxemburg, beschreibt treffend nach welchen Prinzipien unsere Regierungsvertreter in Brüssel handeln:

Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.
Das Nein bei den Referenten in Frankreich und den Niederlanden zum EU-Verfassungsvertrag setzte dieser von Juncker beschriebenen Vorgehensweise von Kommission und Europäischem Rat einen schweren Schlag versetzt. Die Franzosen und Holländer haben sehr wohl begriffen, was da beschlossen werden sollte und sie stellten sehr wohl einen Zusammenhang her zwischen den Entscheidungen, die von den Vertretern ihrer nationalen Regierung in Brüssel getroffen werden, und zwischen Gesetzesänderungen, die aus Brüssel kommen. Auch bei uns wir immer mehr Menschen klar, dass der Unmut gegen die Brüsseler Bürokraten eigentlich in viel stärkerem Maße gegen die eigene Regierung zu richten ist. Selbst wenn politische Entscheidungsträger hierzulande ihre Hände immer wieder in Unschuld zu waschen versuchen und auf Brüssel verweisen, wenn unpopuläre Entscheidungen anstehen gegen die angeblich nichts mehr unternommen werden könne, wird für immer mehr Menschen der Zusammenhang etwa zwischen der Lissabon-Strategie aus dem Jahr 2000, und den hierzulande getroffenen (“Reform”-) Entscheidungen klar.
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=2708#more-2708
Für die Bürger der Europäischen Union wird eine Fortentwicklung der GASP mit weiteren Einschränkungen der Freiheit einhergehen. Zudem wird sich eine demokratische Kontrolle auf Brüsseler Ebene schwierig gestalten, nachdem dem EU-Parlament nur eine Informationspflicht zugestanden wird. Es steht darüber hinaus zu befürchten, dass militärische Aufrüstung über Einsparungen in anderen Politikbereichen, etwa im Sozialbereich oder dem Bildungsbereich, finanziert werden, für die eine derartige Verpflichtung zum Aus- und Weiterbau in den Verträgen nicht vorgesehen ist. Damit wird der Militarisierung ein weitaus höherer Stellenwert eingeräumt als der Sozial- und der Bildungspolitik. Problematisch zu sehen ist, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik keine Entscheidungskompetenzen besitzt.
Die Abgrenzung von Territorien und die gewaltsame Aneignung von Ressourcen ist so alt wie die Welt, wie viele Reiche sind schon daran zugrunde gegangen. Die Geschichte wiederholt sich immer wieder, doch die Staatsvertreter ziehen keine Lehren daraus. Wenn die Vertreter der Regierungen der Europäischen Union wahrhaftig eine Union anstreben, die nicht nur nach innen Frieden garantiert, sondern sich auch einer friedlichen Außenpolitik verpflichtet fühlt, müssen die Ziele eines friedlichen Europas Konfliktvermeidung und aktive Friedensförderung sein, von einem „Europäischen Institut für Friedensforschung“ ist jedoch nicht die Rede. Wie eng ethische Werte in Zusammenhang mit Frieden und Wohlergehen stehen, ist heute in Vergessenheit geraten. Der ehemalige französische Präsident und spätere Präsident des Europäischen Parlaments, Robert Schuman, der zusammen mit Jean Monnet als Gründervater der Europäischen Union gilt, sagte 1948: „Die ethischen Werte des Einzelnen, der Familie und des Staates sind die wahre Quelle und zugleich Garantie des Friedens und des Wohlergehens. Mehr als jedes andere politische System bedürfen die Demokratien einer solchen Leitordnung der Freiheit.“ Die Leitordnung der Europäischen Union sind heute freie Märkte, freier Waren- und Dienstleistungsverkehr, durch diese Ausrichtung und die Sicherung der Ressourcen auf anderen Kontinenten, ist anscheinend eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Europäischen Gemeinschaft notwendig geworden.
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=2570#more-2570
GASP : Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik

Weitere Artikel auf dieser Site zur EU-Verfassungsreform: https://www.nachdenkseiten.de/?s=eu-verfassung&Submit.x=44&Submit.y=17

Viele Grüße
Sabine
 
Ganz im Gegensatz zu dem, was man auf obigen Hintergrundinfo-Webseiten über die Konsequenzen und Inhalte der EU-Verfassungsreform liest, steht heute z.B. dieses "Gesülze" bei Welt.de:
Es war ein feierlicher Moment, als die Staats- und Regierungschefs in Lissabon den EU-Reformvertrag unterzeichneten. Wenn das Werk in Kraft tritt, ändert es unter anderem die Art, wie Entscheidungen getroffen werden, und schafft ein neues wichtiges Amt. WELT ONLINE erklärt die wichtigsten Inhalte des Vertrags...
Quelle: Was der Reformvertrag von Lissabon bedeutet - Nachrichten Politik - WELT ONLINE
Aber zum Glück, haben doch schon einige Leute auch hier kapiert, dass diese ganzen Massenmedien, zwar unisono immer das gleiche, jedoch nur nicht die Wahrheit berichten! (S. dazu die Kommentare am Ende des Artikels), z.B.:

Am Grabe der Demokratie meint:
13.12.2007, 18:20 Uhr
Der Schießbefehl gegen Aufständische, die Wiedereinführung der Todesstrafe im Kriegsfall (Deutschland ist de facto im Krieg) - diese Wahrheiten aus dem Vertag sind nicht in den Festreden enthalten. Die Legitimation zum endgültigen Abbau jeglicher Sozialstaatlichkeit - auch im Vertrag festgeschrieben - wird leider nie in den brav berichtenden Medien erwähnt.

Heute Abend um 20 Uhr wird in Politblog-Radio auf politblog.net ein Interview mit Karl Albrecht Schachtschneider, Professor für Öffentliches Recht an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg gesendet. Er ist einer der vehementesten Kritiker und war mit vielen seiner Verfassungsklagen bisher erfolgreich. Auch gegen den EU-Reformvertrag wird er klagen und er wünscht sich eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung. Das wird dann unsere Aufgabe sein: Aufklären, Mobilisieren, Demonstrieren.

Viele Grüße
Sabine
 
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