Studiengebühren und Elite (-Unis)

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Auf den ersten Blick klingt es ganz logisch:
Die Studenten habe ein halbwegs lockeres Leben, studieren auf Staatskosten und habe später einen guten Job - "die sollen endlich zahlen dafür!" könnte man so erstmal befürworten.
500 Euro pro Semester klingt auch halbwegs bezahlbar, sollen sie halt nebenbei arbeiten.
Selbst bei dieser Argumentation wird vernachlässigt, dass manche Familien bereits jetzt völlig von der Hochschulbildung ausgeschlossen sind.
Ungeachtet von Verfassungsbeschwerde und Klagen, sowie zahlreichen Protesten wird schon fleissig kassiert. Wenn man sich selber finanzieren muss und deshalb länger als die Regelstudienzeit benötigt, kann man mit über 1000 € pro Semester rechnen.

Pünktlich zur Debatte der Studiengebühren startete vor ein paar Jahren der Wirbel um die "Elite-Unis" in Deutschland. Erinnert irgendwie an die USA finde ich...

Hier kann man lesen, was passiert, wenn das Bildungssystem privatisiert wird und nach markttypischen Aspketen funktioniert:
Auf die teuren Privatuniversitäten schafften es gerade einmal drei Prozent der Studienanfänger aus den armen Schichten. Vom Nachwuchs aus reichen Familien gehe dagegen jeder fünfte dorthin, ergab die Studie weiter
Quelle: Klassenbildung - Michael Hartmann

Elite bedeutet aber gerade nicht, dass alle die gleiche Chance haben; gemeint ist damit vielmehr eine dauerhafte Absonderung einer kleinen Gruppe vom Rest, von der Masse, eine Absonderung, die nicht ausschließlich, ja nicht einmal überwiegend auf Leistung zurückzuführen ist, sondern in hohem Maße auf Herkunft und die damit verknüpfte Einbindung in Macht- und Herrschaftsstrukturen (Hartmann 2002, 2004).
Quelle: NachDenkSeiten - Die kritische Website » Michael Hartmann: Die Exzellenzinitiative – ein Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik

Text über Studiengebühren von Hartmann:
jetzt.de - Geist gegen Geld

Wer hinter den Studiengebühren (auch) steht:
Das Centrum für Hochschulentwicklung wurde am 1. Mai 1994 in Gütersloh von der Bertelsmann-Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) als gemeinnützige GmbH gegründet.
Das CHE befürwortet eigener Aussage nach auch „sozialverträglich gestaltete“ Studiengebühren, sofern diese direkt der Verbesserung der Lehre zu Gute kommen.
Quelle, beide: Centrum für Hochschulentwicklung - Wikipedia
 
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Studiengebühren und Eliteunis

Das mit den Studiengebühren geht wohl hier auch schon ganz nach amerikanischem "Vorbild". Michael Moore greift dieses Thema auch in seinem Film "Sicko" auf. Er erklärt, dass der Durchschnittsamerikaner "dank" der Studiengeühren bereits seid seinem Schulabschluss verschuldet ist. Das hat für den Staat "natürlich" nur Vorteile: Leute die Schulden haben, müssen um jeden Preis arbeiten, egal zu welchen Bedingungen, und so auch die schlimmsten Jobs annehmen. Außerdem sind Leute mit hohen Schulden, irgendwie aufgrund des ständigen Drucks und der Angst, insgesamt auch unterwürfiger und so wieder leichter manipulierbar… So erklärt es zumindest Moore in seinem Film, soweit ich mich erinnern kann.

Viele Grüße
Sabine
 
Studiengebühren und Eliteunis

Allein der Begriff "Eliteuni" gibt zu denken.

Dann die Einführung von teilweise horrenden Studiengebühren ... .

Wer soll denn da wohl vom Studieren abgehalten werden?

:idee: Viele Grüße von
Leòn
 
Studiengebühren und Eliteunis

Hier noch ein Interview des Elitesoziologen Hartmann:

Wir haben über 100 Milliardäre, so viele wie Großbritannien, Frankreich und Italien zusammen. Die Reichen leben in einer anderen Welt. Es hat sich eine kleine Schicht von Personen herausgebildet, die immer weniger mit dem Rest der Gesellschaft zu tun hat, sie auch kaum mehr wahrnimmt. Utz Claassen, der Vorstandschef von EnBW, der das Unternehmen gerade verlassen hat, er ist 44, und er bekommt für die vier Jahre, die er bei EnBW gearbeitet hat, bis zu seinem Rentenalter ein Übergangsgeld von 400.000 Euro jährlich, danach als Pension dieselbe Summe bis zum Tode.[...]

Und in vielleicht 20 Jahren - wenn die Bevölkerung sich nicht wehrt - werden wir Elite-Universitäten und Elite-Schulen haben. Es werden daraus dann enge, lebenslange Netzwerke entstehen, die Elite wird dann noch homogener als bisher, sie wird sich noch besser abschotten, sie wird ihre Interessen noch besser durchsetzen können. Es wird dann, von Kindesbeinen an, soziale Trennungen, zwei Welten geben. Der Trend ist eindeutig: hin zu mehr Ungerechtigkeit.[...]

Die wirkliche Elite, also die Elite, die gesamtgesellschaftliche Entwicklungen beeinflussen kann, das sind rund 4000 Personen: Es sind die wichtigsten Minister im Bundeskabinett, große Familienunternehmer, die Vorstände großer Unternehmen, hohe Beamte in der Berliner Ministerialbürokratie, die Richter an den hohen Gerichten, die über Steuerrecht oder Studiengebühren entscheiden können.

Eliteforscher Hartmann: 'Zum Manager wird man geboren' - Wirtschaft - stern.de
 
Studiengebühren und Eliteunis

Warum sich nichts ändern wird:

Von den 6,5 Billionen Euro Gesamtvermögen der Deutschen, die die Autoren geschätzt haben, geht der größte Teil mit 4,5 Billionen auf Grund- und Immobilienbesitz, wird also in der Regel vererbt. Berücksichtigt man, dass das reichste 1 Prozent 20 Prozent des gesamten Vermögens besitzt, dagegen die untersten 70 Prozent weniger als 10 Prozent haben, dann geht es weder um Neid noch um die größere Leistung, sondern für die meisten Menschen um das Glück oder Pech, in eine Schicht hineingeboren zu werden – und es geht um eine Gesellschaft, die es begünstigt, dass Vermögen (und Macht) ohne Leistung erworben oder auch mit Leistung kaum je erlangt werden können. Der Spruch, dass sich Leistung lohnen müsse, sieht eben von "unten" ganz anders aus als von "oben".
Quelle: TP: Haves and Have-Nots

80 000 Deutsche besitzen schon mal 20 Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland (macht 1,3 Billionen) und
56 Millionen besitzen weniger als 10 Prozent des gesamten Vermögens.
Tja und dann gibt es diejenigen, die dazwischen sind.
Die nennt man dann wohl gehobener Mittelstand und untere Oberschicht, oder so...
Jedenfalls überraschen diese Verhältnisse finde ich.

Hier ist die Studie (pdf): https://www.diw.de/documents/publikationen/73/74780/07-45-1.pdf
 
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