Klinikkonzerne - pervertiertes System

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Paula3

Deutsches Ärzteblatt: Fresenius-Chef fordert 15 Prozent Rendite von seinen Krankenhusern
14. Juli 2014
Der Vorstandsvorsitzende des börsennotierten Gesundheitskonzerns Fresenius, Ulf Schneider, verlangt von seinen Krankenhäusern 15 Prozent Gewinn. „Wir haben dutzendfach gezeigt, dass man ein Krankenhaus in diese Gewinnregion bringen kann“, sagte Schneider dem Nachrichten-Magazin Der Spiegel. Er sehe keinen Grund, wieso ein Krankenhaus Verluste machen sollte. Das Fallpauschalensystem erlaube es jedem Klinikbetreiber, einen Gewinn zu erwirtschaften, wenn er sich an den Bedürfnissen der Region orientiert, gute Qualität liefert und effizient arbeitet, so Schneider

Die zu Fresenius gehörende Klinikkette Helios hat Anfang des Jahres mehr als 40 Krankenhäuser des Rhön-Konzerns übernommen und ist nun mit 110 Häusern der größte Klinikbetreiber in Deutschland.

Schneider räumt ein, „dass die ersten Jahre nach einer Übernahme oft schmerzhaft sind, weil die notwendigen Veränderungen auch dazu führen, dass sich einzelne Mitarbeiter schlechterstellen“. Schneider reagierte auch auf die Kritik seines Konzernbetriebsratsvorsitzenden, der dem Management eine „Gutsherrenmentalität“ attestierte, das zu einem „System der Angst und des Kuschens“ in den Krankenhäusern geführt habe.

Schneider sagte: „Ja, wir fordern unsere Mitarbeiter, aber wir schauen auch, dass die Arbeit zu bewältigen ist.“ Es sei nicht im Interesse der Konzernleitung, „den Bogen zu überspannen“. „Wir achten einerseits auf Effizienz, behalten andererseits aber auch genau im Auge, was leistbar ist und was nicht. Bei uns wird niemand überfordert.“


oder auch dies:
Deutsches Ärzteblatt: 117. Deutscher rztetag: Qualittsinstitut, Facharzttermine und europische Normung in der Diskussion
27. Mai 2014

Beim 117. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf diskutierten die 250 Delegierten unter dem Tagesordnungspunkt I Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik unter anderem über die von der Bundesregierung angekündigte Qualitätsinitiative und das in diesem Kontext geplante Institut für Qualität....

Das Wort „Qualität“ tauche 30mal im Koalitionsvertrag auf, meinte Wulf Dietrich, Landesärztekammer Bayern … der Begriff Qualität [sei] zu problematisieren. Vor allem die Outcome-Qualität sei schwierig zu messen. „Darüber wissen wir fast gar nichts. Das ist es aber, was den Patienten interessiert“. ....

Outcome – das bedeutet, was bei einer Sache rauskommt. Das heißt, die Akteure im Gesundheitssystem kennen die Qualität ihrer eigenen Messungen von Behandlungsergebnissen nicht, also ob die Behandlungen tatsächlich die Ergebnisse bringen, von dem man glaubt, daß sie sie bringen und wie man das exakt feststellt. Und das betrifft nur die schulmedizinischen Maßnahmen, nicht mal die vielen anderen Verfahren.

das sagt auch dieser Artikel:

Deutsches Ärzteblatt: Experten mahnen bessere Versorgungsforschung an
13. Juni 2012
Problematisch sei insbesondere der fehlende Datenfluss, erklärte Matthias W. Beckmann vom Fachausschuss Versorgungsmaßnahmen und –forschung der deutschen Krebshilfe. Zum Beispiel gebe es beim Mammakarzinom zwölf verschiedene Systeme, die Daten erheben, die jedoch nicht miteinander kompatibel seien. „Es gibt keine Versorgungsforschung zum Mammakarzinom, weil jeder sein eigenes System hat“, so der Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen. Im System gebe es zu viele Partikularinteressen.
 
Nicht nur Klinik-Konzerne haben zweifelhafte Verträge und Qualitätsbegriffe. Das gilt ebenso für einzelne Krankenhäuser.
Die sind ja schon länger dazu verpflichtet, Qualitätsberichte zu erstellen und über viele Faktoren Buch zu führen. Trotzdem scheint das nicht wirklich dazu beizutragen, daß Kliniken anhand dieser Daten tatsächlich beurteilt werden können, weil viele Daten und Aufzeichnungen verschleiern und beschönigen.

...
Die deutschen Krankenhäuser müssen seit dem Jahr 2005 Qualitätsberichte erstellen. Sie wurden bislang vom AQUA-Institut geprüft, einem Forschungsinstitut im Auftrag der Bundesregierung, und von insgesamt 17 Prüfstellen auf Landesebene. All das soll sicherstellen, dass die deutschen Krankenhäuser gewisse Qualitätsstandards nicht unterschreiten. Und es soll die Patienten über das Niveau ihrer Kliniken informieren.
...
Die Qualitätsberichte sind unbrauchbar

Das Ergebnis ist ernüchternd: Die Qualitätsberichte sind weitgehend unbrauchbar. Sie sind unverständlich, verschleiern schlechte Krankenhausqualität und haben keine Konsequenzen.
Dabei treiben die Krankenhäuser enormen Aufwand, um die Qualität ihrer Arbeit zu messen. Nach jeder Operation füllen Pfleger, Ärzte oder Dokumentationsassistenten einen Qualitätsbogen aus – zum Unwillen vieler Angestellter. „Meine Schwestern dokumentieren sich zu Tode“, sagt zum Beispiel Jürgen Grüger, Chefarzt für Innere Medizin am Heilig Geist Hospital Bensheim. „Die verbringen mehr Zeit bei der Dokumentation als am Bett.“
Zusätzlich beschäftigt jedes Krankenhaus mindestens einen Qualitätsbeauftragten, der für die Berichte zuständig ist. 2014 meldeten die Krankenhäuser mehr als 3,2 Millionen Vorgänge. Es werden 416 Qualitätsindikatoren gemessen, von der Anwesenheit eines Kinderarztes bei einer Frühgeburt bis zur richtigen Indikation von TAVI.
...
Erstens: Die Qualitätsberichte sind selbst für Experten kaum lesbar – und für Laien komplett unverständlich ...
Zweitens: Die Krankenhäuser bewerten sich selbst – und verschweigen häufig Fehler ...
Drittens: Die Krankenhäuser tricksen – und man lässt sie ...
Viertens: Die Berichte sind bereits veraltet, wenn sie veröffentlicht werden ...
Fünftens: Nicht einmal die Klinikleitungen nehmen die Berichte ernst ...
Sechstens: Schlechte Qualität wird nicht sanktioniert .
....
https://correctiv.org/recherchen/stories/2016/03/21/wie-krankenhaeuser-ihre-qualitaet-verschleiern/

Das macht mit vielen anderen Gründen wenig Lust, überhaupt an einen Krankenhausaufenthalt zu denken :mad:...

Grüsse,
Oregano
 
Hi,

bislang wandern deutsche Ärzte hauptsächlich ins Ausland aus, u.a. nach England, weil sie den ganzen bürokratischen Papierkrieg satt haben und wieder mehr Zeit ihren Patienten widmen wollen.

Diese Überlegungen werden Krankenhausärzten nun wohl auch in den Sinn kommen. Dorthin auswandern, wo sie keine 80-Stunden-Woche, nicht zwei oder drei Schichten an einem Stück arbeiten müssen. Dem Pflegepersonal geht es nicht besser.

Völlig übermüdete Menschen machen dann zwangsläufig Fehler, weil sie nicht mehr klar denken können und das baden die Patienten aus.

Hoch lebe der Kapitalismus im Sozialbereich, mit TISA/TTIP gleich um die Ecke! :ironie:

Gruß,
Clematis
 
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