Alkoholismus im Wandel der Zeiten

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Liebe Leser.

Seit der Mensch Alkohol kennt gibt es auch Probleme damit.
Ich habe einen tollen Vortrag von Prof. Dr. Lothar Schmidt im Netz gefunden, wo er spannend darüber erzählt, wie man in verschiedenen Epochen zum Thema Alkoholismus stand:

www.haus-niedersachsen.de/info/vortrag_3.php#oben

Auszüge daraus:

Salomo schreibt vor rund 3000 Jahren:
„Wo ist Weh? Wo ist Leid? Wo ist Zank? Wo ist Klagen? Wo sind Wunden ohne jeden Grund? Wo sind trübe Augen? Wo man lange beim Wein sitzt und kommt, auszsaufen, was eingeschenkt ist.“ In einem Papyrus aus der Ramessidenzeit heißt es: „Du verläßt die Bücher und gehst von Kneipe zu Kneipe. Der Biergeruch allabendlich verscheucht die Menschen (von dir).“

Während der Tschou-Dynastie vor rund 2000 Jahren kam es in China zum Alkoholverbot. Die Prohibition wurde z. T. mit harter Strenge durchgeführt, indem ein Überwachungsapparat im ganzen Land aufgebaut wurde und der Kaiser sich von den zuständigen Provinzgouverneuren regelmäßig über die Einhaltung des Verbotes berichten ließ.

Obwohl es in Deutschland seit dem 15. Jahrhundert Vereinigungen gegen unmäßiges Trinken gab und bereits Kaiser Friedrich III. den ersten Orden der Mäßigkeit gründete, begann eine intensive Forschung des Alkoholismus erst während der letzten 50 Jahre. Obwohl bereits 1778 ein junger Arzt aus London Trunksucht als Krankheit beschrieb, bedurfte es erst des Urteils des Bundessozialgerichtes vom 18.06.1968, Alkoholismus im Sinne der RVO anzuerkennen und damit versicherungsrechtliche Voraussetzungen für eine Behandlung zu schaffen.

Liebe Grüsse, Sine
 
Hallo Sine,

bis zum Ende des Mittelalters differenzierte man in Mitteleuropa sehr stark zwischen den beiden Arten alkoholischer Getränke, also zwischen Wein (weinartigen Getränken) und Bier.

Bier wurde lange Zeit nicht als alkoholisches Getränk sondern als Nahrungsmittel betrachtet. Dementsprechend war das Brauen außerhalb der Klöster (analog zum Kochen) an die Haushalte und zwar an die Frauen angebunden. Bier wurde, in allen Schichten, bereits zum Frühstück getrunken. Das änderte sich erst mit dem Verlauf der Stadtentwicklungen und mit dem Entstehen von "professionellen" Braubetrieben, also im Grunde ab dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit.
Nun dürfen wir uns das "Frühstücksbier" des ;) des Mittelalters nicht als Vollbiere vorstellen.
Das werden größtenteils Dünnbiere mit vielleicht 1,5 % Alkohol gewesen sein.

Anders verhielt es sich in unserem Raum mit dem Wein. Hier wurde, in den benediktinischen Klöstern ist es belegt, früh eine Regulierung verfolgt. So gab es den grundsätzlichen Rat an die Brüder, vom Wein ganz zu lassen, wer aber schwach sei (und das sind wir Menschen ja alle ;) ) durfte einen Quarter, also einen Viertelliter am Tag trinken.
Von den gehobenen Adelshöfen wird berichtet, dass Wein gegenüber Bier bevorzugt und auch in rauen Mengen getrunken wurde. In unserem Kulturkreis wurde Wein gerne mit Wasser verdünnt und gelegentlich mit Honig gesüßt!

Bier im Mittelalter
Die Geschichte vom Bier - Einst war das Brauen Frauensache
mpg-trier.de/d7/read/frauen_ma.pdf
Allgemein

die dunkle zeit - das mittelalter - ernaehrung im mittelalter
Wein und Weinbau im Mittelalter
Petra Balzer: Wein im islam. Mittelalter

Herzliche Grüße von
Leòn
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank Leòn, das ist sehr interessant!
Ich habe dazu auch noch einmal etwas gefunden:

Vergeblicher Kampf gegen den Alkohol
Bereits im Mittelalter wurde Alkohol auch zunehmend zum Problem. Da der Stoff in großen Mengen verfügbar war, wurden Leibeigene und Tagelöhner mit Alkohol bezahlt. Diese Praxis war auch im beginnenden Industriezeitalter noch üblich und führte zum so genannten Elendsalkoholismus. Seit 1750 versuchten die Regierungen Englands und der amerikanischen Kolonien erfolglos, dem übermäßigen Alkoholkonsum Herr zu werden.

In den USA wollte man dieses Problem zwischen 1919 und 1933 durch ein Alkoholverbot, die so genannte Prohibition, lösen. Doch es blieb beim dem Versuch. Der blühende Schwarzmarkt unterwanderte die Gesetze, wodurch dem Staat erhebliche Steuergelder verloren gingen. Trotz des Verbots gab es während der gesamten Phase der Prohibition Kneipen, "Speakeasy" genannt, die Alkohol ausschenkten. Zudem stieg die Kriminalität enorm an. Der illegale Alkoholschmuggel wurde überwiegend von der amerikanischen Mafia kontrolliert. Eine der berühmtesten Figuren dieser Zeit, die sich mit dem Alkoholgeschäft eine goldene Nase verdienten, war der legendäre Gangsterboss Al Capone.

Quelle:www.planet-wissen.de/pw/Artikel

Liebe Grüsse, Sine
 
Hallo Sine,

ja, im frühen und hohen Mittelalter, also bis ca. zum 13. Jahrhundert, spielte Geld in unseren Breiten keine Rolle ;):

Die früh- und zum Teil die hochmittelalterliche Wirtschaft kennt im Vergleich zum Römischen Reich kaum Geld. Statt "Geldwirtschaft", die mit entwickeltem Städtewesen einhergeht, herrscht "Naturalwirtschaft", die mit selbstgenügsamen Höfen und Weilern verbunden ist.
Basiswissen Strukturen des Mittelalters

Hörige und Leibeigene wurden ja ohnehin nicht entlohnt sondern "versorgt". Das heißt, sie bekamen Unterkunft, Kleidung und Verpflegung gestellt.

Für "freie" Knechte gab es auch nur naturale Entlohnung. Mir ist eine Liste von einem Klosterverwalter (Prior) aus dem Rheinland bekannt, aus der hervor geht, wieviel den nicht im Kloster lebenden Knechten pro Woche zugeteilt werden durfte. Da waren Brot, Fisch und Bier mit dabei!



Herzliche Grüße von
Leòn
 
Hallo Sine,

ich habe auch noch etwas gefunden. Und zwar gab es eine Artikelserie im Ärzteblatt.

Leider konnte ich im Archiv nur einen Artikel finden.

Zusammenfassung
Schon in der Antike spielten alkoholische Getränke als Genuss- beziehungsweise Lebensmittel eine Rolle. Darüber hinaus erschienen sie manchen Ärzten – insbesondere in destillierter Form – als wertvolle Lebenselixiere, Arznei- und Stärkungsmittel. Die volkstümliche Wertschätzung des Alkohols hat hier eine ihrer historischen Wurzeln. Obwohl Ärzte zu allen Zeiten vor unmäßigem Alkoholtrinken warnten, wurde der „Alkoholismus“ erst ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert von der naturwissenschaftlich-biologischen Medizin als eine eigene Krankheitseinheit begriffen, wobei die Therapie maßgeblich an der Rassen- und Sozialhygiene ausgerichtet war. Die entsprechende Stigmatisierung der Alkoholiker wurde von der Medizin inzwischen überwunden, das Alkoholproblem jedoch besteht unvermindert fort.

Hier steht der ganze Artikel:
Deutsches Ärzteblatt: Archiv "Serie - Alkoholismus: Das Alkoholproblem in der Medizingeschichte" (27.07.2001)

Herzliche Grüße von
Leòn
 
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