Chaosforschung

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Hallo, miteinander :)

Man verzeihe mir, dass ich einen Einstieg in das Thema bei "Planet Wissen" ausleihe. So gut kann ich es nicht erklären!

Mit dem Begriff "Chaos" ("Kluft", "Abgrund" oder "klaffende Leere") bezeichneten die alten Griechen den Zustand, der herrschte, bevor die Welt entstand: Unordnung und Durcheinander, aus dem sich dann geordnete Strukturen bildeten.
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Mit der Chaosforschung verbindet sich vor allem die "Chaostheorie".
Im Jahr 1979 hielt der amerikanische Meteorologe Edward Lorenz auf einem Kongress in Washington einen Vortrag mit dem Titel: "Does the flap of a butterfly's wing in Brazil set off a tornado in Texas?" Übersetzt: Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Wirbelsturm in Texas verursachen? Lorenz berichtete darin von einer Entdeckung, die er schon 1963 gemacht hatte. Damals berechnete er Wetterdaten mit seinem Computer, wobei er die Daten auf drei Stellen nach dem Komma rundete. Er überprüfte die Ergebnisse, indem er einen Teil der Berechnung mit Werten wiederholte, die er zwischendurch notiert hatte. Wegen Rundungsfehlern wären leichte Abweichungen zu erwarten gewesen, doch das Ergebnis war überraschend: Die beiden Wetter-Szenarien, die sich am Ende ergaben, waren völlig verschieden. Der Unterschied von einem Hundertstel Prozent - das entsprach etwa einem leichten zusätzlichen Windhauch - hatte sich in kurzer Zeit so aufgeschaukelt, dass er die gesamte Vorhersage komplett durcheinander brachte.

Dass winzige Veränderungen der Anfangsbedingungen bei manchen Systemen die Ergebnisse in einem ungeahnten Ausmaß verändern können, hatten vor Lorenz auch schon andere beobachtet. .......... Solche Berechnungen können mit ihrer Unzahl von Parametern gigantische Ausmaße annehmen - deshalb zogen Mathematiker und Physiker mangels leistungsfähiger Computer anfangs einfache Näherungsmodelle vor. Erst mit der Verbreitung moderner Computertechnologie kam auch die Chaostheorie in Mode.

Ist mein Schreibtisch ein chaotisches System?

Chaotische Systeme
Außer beim Wetter lässt sich Chaos auch bei ganz anderen Systemen beobachten. Zum Beispiel beim Pendel, einem der beliebtesten Objekte der Mathematiker. Seine Bewegung lässt sich noch exakt berechnen und zuverlässig vorhersagen. Völlig chaotisch wird die Bewegung jedoch beim so genannten Rottschen Pendel. Es besteht aus einem Querstab, an dem zwei Schenkel angebracht sind. Einer von den beiden ist beweglich, der andere starr. Sobald das Pendel angestoßen wird, werden seine Bewegungen unberechenbar. Es verhält sich scheinbar zufällig, obwohl es natürlich nach wie vor exakt den physikalischen Gesetzen folgt. Selbst wenn man versuchen würde, den Zustand des Pendels sehr genau zu erfassen, wäre allenfalls eine Vorhersage einiger weniger Pendelschwingungen möglich.

Wassertropfen und Herzschlag
Die besondere Herausforderung für Chaosforscher besteht darin, eine Ordnung in der scheinbaren Unordnung zu entdecken. Zum Beispiel bei einem tropfenden Wasserhahn: Ist er nur wenig geöffnet, tropft er regelmäßig. Wird er weiter geöffnet, kommt irgendwann eine Stelle, an der das System chaotisch tropft. Die einzelnen Tropfen durchdringen sich, fallen ineinander, behindern sich gegenseitig. Um solche dynamischen Systeme besser beschreiben zu können, führte Henri Poincaré eine bestimmte Art von Diagrammen ein: die so genannten Phasenräume - eine abstrakte Darstellung des Raums aller Möglichkeiten. Bei den Tropfen trägt man zum Beispiel die Zeitdifferenzen von jeweils drei aufeinander folgenden Tropfen ein - was sich zeigt, ist keineswegs ein "Chaos", sondern ein ganz charakteristisches Muster. Mit derselben Methode lässt sich auch feststellen, wie gesund das Herz ist. Es schlägt nie wirklich regelmäßig, denn jede Körperfunktion wie Bewegung, Atmung oder Verdauung beeinflusst den Herzrhythmus. Trotzdem kann man mit Hilfe dieser Phasenräume feststellen, ob hinter dem Chaos eine verborgene Ordnung steckt - dann ist das Herz gesund -, oder ob Herzrhythmusstörungen auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten.

Fraktale
Bei chaotischen Systemen kann niemals das Verhalten des gesamten Systems genau berechnet werden - aber es finden sich immer wiederkehrende Muster. Eines der bekanntesten Muster ist das so genannte "Apfelmännchen", das auf den polnischen Mathematiker Benoit Mandelbrot zurückgeht. Es ist das Bild einer mathematischen Funktion, die für eng benachbarte Punkte sehr unterschiedliche Lösungen ergibt. Diese Lösungen werden dann farbig dargestellt. Faszinierend an dieser Funktion sind nicht nur die bunten Muster, sondern auch ihr Verhalten, wenn man einzelne Abschnitte vergrößert: Immer wieder tauchen neue Verästelungen auf. Die Funktion ist aber auch selbstähnlich, das heißt: Es treten zwar neue Formen auf, aber es finden sich auch immer wieder dieselben Muster. Immer wieder erscheint zum Beispiel an irgendeiner Stelle das ursprüngliche Apfelmännchen.
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Schmetterlingsjagd
Der "Schmetterlingseffekt", genauer gesagt der Lorenz-Effekt, ist übrigens mittlerweile bewiesen. Die von Lorenz verwendeten Differenzialgleichungen verhalten sich in der Tat chaotisch. Trotzdem kann bis heute niemand einen einzelnen Schmetterling für einen Wirbelsturm in Texas verantwortlich machen. Erstens weiß niemand, welcher Schmetterling zur falschen Zeit mit den Flügeln geschlagen hat, und zweitens spielt das Verhalten aller anderen beweglichen Wesen auch eine Rolle. Die Jagd auf Schmetterlinge wäre daher eine denkbar schlechte Maßnahme, um Wirbelstürme zu vermeiden.

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Herzliche Grüße von
Leòn
 
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