FEERsche Krankheit durch Quecksilber

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Anamnese: Bei einem 1 5/12 Jahre alten Jungen bestanden eine allgemeine Mürrischkeit, muskuläre Hypotonie, unspezifische abdominelle Symptome, livide schuppende Hand- und Fußrückenödeme sowie ein trockenes feinfleckiges Exanthem an Wangen, Rumpf und Extremitäten. Es zeigten sich intermittierend pathologische Gliadin-IgG/IgA-AK. Bei klinischem Verdacht auf eine Kuhmilchprotein-Unverträglichkeit klangen die Symptome unter milchfreier Ernährung stationär zunächst ab. Nach 1,5 Wochen im häuslichen Milieu entwickelten sich erneut diese dermatologischen sowie neurologischen Auffälligkeiten. Der Junge wurde uns zur weiteren Diagnostik verlegt. Wir sahen einen deutlich beeinträchtigten adynamen Jungen mit zusätzlich starker Hyperhidrosis und -salivation.

Diagnostik, Verlauf und Therapie: Die Laborbasisuntersuchungen sowie Untersuchungen hinsichtlich Muskel-, Autoimmun- sowie Stoffwechselerkrankungen waren unauffällig. Auch Echokardiografie, Sonografie Abdomen und Schilddrüse sowie das kraniale MRT zeigten keine pathologischen Befunde.
Bei der Ösophagogastroduodenoskopie beobachteten wir eine Korpusgastritis sowie eine ödematöse Duodenalschleimhaut mit lymphonodularer Hyperplasie wie sie bei Nahrungsmittelallergien vorkommt.
Eine Zöliakie wurde sicher ausgeschlossen. Erst die Bestimmung der Quecksilberkonzentration in Blut und Urin bestätigte unsere klinische Vermutung: die Quecksilberkonzentration war 5-fach erhöht. Als Quecksilberquelle fand sich ein zerbrochenes Fieberthermometer in einer Schale im Kinderzimmer des Jungen. Unter Therapie mit Metalcaptase kam es zur zunehmenden Besserung der Symptomatik mit neurologischer und motorischer Rekonvaleszenz.
Schlussfolgerung: Die FEERsche Krankheit oder kindliche Akrodynie ist selten geworden, trotzdem sollte man bei entsprechender klinischer Symptomatik daran denken. Die Therapie besteht in einer Quecksilberbindung und Ausscheidungsförderung mittels DMPS oder vorzugsweise Metalcaptase.
FEERsche Krankheit

Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2008. Wenn also damals schon gefragt wurde, ob die FEERsche Krankheit überhaupt noch existiert, dann dürfte das heute erst recht zu fragen sein.

Trotzdem: es gibt in vielen Haushalten immer noch Thermometer mit Quecksilber, und es gibt immer noch Mütter, die ihre Quecksilberbelastung an die Kinder weitergeben.

Grüsse,
Oregano
 
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