Suggestionen = Vorschläge

Suggestionen ist ein Werkzeug

Wenn die römischen Legionäre den Ochsen, die ihre Karren zogen, Heu gaben, dann suggerierten sie es ihnen.

Das bedeutet ganz praktisch: sie hielten es ihnen nicht über den Kopf sondern sie gaben es ihnen von unten her zu fressen.
Als Ich-kann-Schule-Lehrer bin ich nicht damit einverstanden, dass wir uns von Leuten, die nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, unsere Worte, mit denen wir sagen können, was wir zu sagen haben, einseitig oder auch noch einseitig negativ zuschlechtdefinieren lassen, und dann schauen wir selbst auch nicht mehr hin sondern übernehmen gängige Denkvorgaben und eliminieren Worte aus unserem Denkwortschatz statt sie uns genauer anzuschauen und sie wieder verstehen und gebrauchen zu lernen.

Natürlich kann man mit Suggestion jede Menge Blödsinn treiben - aber auch das Gegenteil.

Suggestion und vor allem "AUTOSUGGESTION ist ein Werkzeug, das wir schon bei der Geburt besitzen, und diesem Werkzeug oder, besser gesagt dieser Kraft wohnt eine unerhörte und unberechenbare Macht inne, die – je nach ihrer Anwendung – sehr gute oder sehr schlechte Wirkungen hervorbringt. Die Kenntnis dieser Kraft kann jedem von uns nützen, doch geradezu unentbehrlich ist das Wissen um sie für Ärzte, Richter, Anwälte und Erzieher junger Menschen." (É.COUÉ)

Man kann sehr hell sein im Umgang mit einem Werkzeug - oder auch das Gegenteil. Es macht aber keinen Sinn, den Hammer aus der Werkzeugliste zu streichen, wenn man sich damit auf den Daumen geklopft hat.

Freundlich grüßt

Franz Jopsef Neffe
 
Hallo Oregano,

Du schreibst:
"Also sollen wir Gedichte lesen und ihren Inhalt verinnerlichen und erreichen damit, Denk- und Verhaltensmuster, unter denen wir leiden, los zu werden?

Das scheint mir zu einfach gestrickt . . .

Aber das scheint nicht für jeden der Weg zu sein."

Ich weiß nicht, was wer "soll". Aber manchmal könnten wir vielleicht.

Schau, zum Beispiel der Zweizeiler von Christa Reinig

"ein richtiges herz
kann gar nicht oft genug brechen"

begleitet mich seit Jahrzehnten. Ich habe "seinen Inhalt nicht verinnerlicht" - er hatte sofort Zugang zu mir. Keinerlei Arbeit - nicht was ich sollte, hätte sollen können. Der Zweizeiler lächelt mich an, auch durchaus streng.

Der Schmerz (das Brechen) bleibt. Aber ich muß mich nicht mehr über ihn beschweren. Nicht bei meiner eigenen Neurose, nicht bei Mama, bei einem Therapeuten, bei der unerwidert Geliebten. Der Schmerz sagt stattdessen: Dein Herz ist ein richtiges.

Alles im Nu, ohne Nachdenken (bei Bedarf immer wieder).

Sehr "einfach gestrickt", sicher. Wo doch nur das Komplizierte was dahermacht. Also wollte die Wirklichkeit gar nichts dahermachen?

Der Text de-suggeriert mich. Macht mich frei. (Frei auch von den "Ich-kann-Schule-Lehrern", oh Graus! Ich bin ja selbst in Gefahr, einer von denen zu werden. Mit einem Selbstverbesserungsprogramm. Schlimmstenfalls erfolgreich aber ohne Humor.

So kann ich die immer noch unerwidert Geliebte frohgemut weiterlieben. Und ihr danken, daß sie mein Herz zu einem richtigen hat werden lassen. (Vielleicht werde ich ja eines Tages ganz unwiderstehlich. Aber so sieht's eher nicht aus.) Jedenfalls brauch ich keinen VHS-Kurs ("Wie gewinne ich die tollste aller Frauen exklusiv für mich") belegen. Tja, dort würde ich sicher "Suggestionen" kriegen (wie toll ich schließlich selber sei und solchen Schmarrn) und "Vorschläge" en masse. (Sicher auch Tools, sicher auch den o.g. "Hammer".) Aber ohne fühl ich mich leichter.

Zumal der Zweizeiler aus einem Bändchen "Müßiggang ist aller Liebe Anfang" stammt. Tja, damit ist widerspruchsfrei geklärt, daß Liebe Laster ist. Und natürlich Laster Liebe, logo. Kein Tugendbold wird mir je was anderes einreden = suggerieren = vorschlagen.

Oder, schau mal, jetzt ein Mehrzeiler:


Ungeplant

Daß ich
viel zu alt bin
für dich
oder daß du
zu jung bist
für mich
das sind alles
gewichtige Argumente
die entscheidend wären
in den Lehrwerkstätten
in denen
die aufgeklärteren Menschen
sich ihre berechnete Zukunft
zurechtschneidern
streng nach Maß

Erich Fried natürlich. (Der hatte es auch nicht so mit der Positiven Denkerei.) Der Altersunterschied ist nur Aufhänger. Es geht um die Lehrwerkstätten. Errichtet wurden die von Mama und Papa. Die wollten nur mein Bestes, wenn auch vergeblich. Ausgerüstet, aufgerüstet von meinen Lehrern, speziell meinem sehr netten Ich-kann-Schule-Religionslehrer. Von vielen Tanten. Sogar schon von meinen Kindern, damit die sich nicht schämen müssen, meinetwegen. Jetzt sitz ich da und hab die Wahl. Ich kann versuchen, mich selber zurechtschneidern, s.o. (Mit Einklopfen superpositiver, vorgetesteter Aiffirmationen, nach PK oder wem auch immer.) - Oder ich kann ins Freie zu gehen und schauen, wie es da ist. Mit den Altersunterschieden und allen anderen unlösbaren Problemen. Mit der Liebe zum Beispiel, der nicht vorgetesteten.

Apropos Liebe, falls das mit der doch noch was würde: Das ginge natürlich erst, nachdem die Geliebte und ich die Prüfungen der Lehrwerkstätten bestanden hätten, summa cum laude, mit den Zeugnissen in den Händen - und umarmen (oder was auch immer) würden einander dann ja zwei vorgeteste Selbstverbessserungsprogramme. Nicht mehr wird dann schrief gehen.

Na, dann Gute Nacht.

Am I making any sense? fragen die Amis in so schwierigen Fällen.

Liebste Grüße
Windpferd
 
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