Hannes Kapuste

Hallo Oregano,

weißt du, ein Mann, der für seine (abweichenden) Überzeugungen sogar schon einen Gefängnis- (und wohl auch Psychiatrie-) Aufenthalt in Kauf genommen hat, vor dem hab ich wirklich den allergrößten Respekt!

Inzwischen hab ich auch eine umfangreiche Zusammenstellung weiterer Schriften Kapustes (was auf Deutsch übrigens "Kohl" heißt ;)) gefunden: Schriften von Dr. Hannes Kapuste.

LG,
Matthias
 
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Kapuste und sein Weg ins Gefängnis

Was dieser Kapuste schon alles mitgemacht hat, ist unglaublich: https://www.carlitos-amsel-vom-holu...ste/boesefolgeneinesbghfehlurteils/index.html.

Bis 1984 gab es für die Süchtigen noch eine legale Alternative in Form des Schmerzmittels Temgesic (Buprenorphin), das sie sich ohne große Umstände von Ärzten verschreiben lassen konnten, weil es, wie vorher schon Valoron (Tilidin), als partieller Opiatagonist mit der Zusicherung auf den Markt gebracht, dass es nicht in die Abhängigkeit führt, auch nicht als Betäubungsmittel klassifiziert worden war. Es gab allerdings nicht viele Ärzte, die Süchtige regelmäßig mit Temgesic behandelten.

Inzwischen war allen klar, dass Ärzte, die sich für Süchtige ernsthaft engagierten, von der Justiz rigoros verfolgt wurden – drei Kollegen hatten sich nach ihrer Verurteilung schon das Leben genommen. Die Süchtigen gingen deshalb dazu über, die ergatterten Privatrezepte zu kopieren oder zu fälschen. 1983 waren allein in München mehr als tausend Temgesic-Rezeptfälscher registriert. Apotheker sahen die Privatrezepte oft recht gern, die pro Patient 4-6mal pro Woche mehr als 30 DM in die Kasse brachten.

Als ich Anfang 1984 damit begann, die jetzt Temgesicsüchtigen mit absteigenden Dosen von Temgesic, hoch dosierten Vitaminen und besserer Ernährung wieder zu entziehen, informierte die Herstellerfirma Böhringer-Mannheim hinter meinem Rücken die Bayerische Landesärztekammer und die Regierung von Oberbayern über diese „unerlaubte Verwendung” ihres so erfolgreichen Mittels. Am 5. September entzog mir die Regierung dann nach kurzem Prozeß die Approbation mit sofortiger Wirkung, ohne einen anderen Arzt für meine rund hundert Patienten zu bestellen. Einen Monat später waren vier von ihnen tot, und bis Ende 1984 war Temgesic ein Betäubungsmittel.

Auf meine u.a. mit zwei Schriften belegte Berufung hin (Kapuste 1984, 1986) stellte der Bayerische Verwaltungs-gerichtshof (VGH) Ende Januar 1985 die aufschiebende Wirkung meines Widerspruchs gegen den Entzug meiner Approbation wieder her und gab mir damit die Möglichkeit, meine Patienten mit Methadon zu behandeln. Allerdings war diese Entscheidung, wie schon erwähnt, mit Auflagen verbunden, die konkret den Ausführungen des BGH entsprachen. Meine medizinisch klar begründeten Bedenken dagegen wurden strikt zurückgewiesen und das legale Problem durch die Anregung gelöst, bei den Gesundheitsbehörden eine Ausnahmegenehmigung zum Erwerb des nötigen Methadons zu erwirken.

Auf diese Weise kam ich im Februar 1985 dazu, meine theoretischen Bedenken gegen die Anwendung von Methadon nach der Einnahmekontrollvorschrift praktisch zu überprüfen. Als mir schon Ende 1985 anhand von mehreren Todesfällen unerbittlich klar geworden war, daß das so nicht länger zu verantworten war, überprüfte ich zunächst an den Feiertagen und Wochenenden die Alternative. Nach sehr guten Erfahrungen gab ich dann ab Ostern 1986 meinen Patienten ihren Tagesbedarf mit der Anweisung mit, das Methadon in drei oder vier Einzeldosen einzunehmen.

Weil vorauszusehen war, daß ich verhaftet werden könnte, begann ich parallel dazu über meine Rechtsanwälte mit den Behörden darüber zu verhandeln, meine Patienten an eine geeignete therapeutische Einrichtung in München zur Methadonbehandlung abzugeben. Als Reaktion darauf berief die Regierung von Oberbayern Anfang Juli eine „Kapuste-Konferenz” ohne uns, in der, „weil der VGH mir die Approbation nicht entziehen würde”, beschlossen wurde, Material gegen mich für die Staatsanwaltschaft zusammenzutragen.

Verhaftet wurde ich am 26. Juli 1986 mit einem Aufgebot von 30 Polizisten, vier Staatsanwälten und zwei Ärzten, wiederum ohne daß ein Arzt für die Weiterbehandlung meiner rund 400 Patienten bestellt worden war. Daß meine Schrift „Medizinische Differenzierung des Heroin-Suchtproblems” gerade von der Wiener Zeitschrift für Suchtforschung veröffentlicht worden war, interessierte die Akteure nicht, ebensowenig die dokumentierten Ergebnisse meiner Behandlung, die inzwischen im Vergleich zur vorherigen Behandlung nach der Einnahmekontrollvorschrift schon statistisch signifikant zeigten, daß seit der Mitgabe der Tagesration Methadon keine Todesfälle mehr vorgekommen waren. Nach meiner Verhaftung war für die anderen Ärzte das Methadon jetzt endgültig tabu.


Hier sieht man, wie wenig ein Menschenleben bei diesen in "Recht und Gesetz" verliebten Dummköpfen zählt.
 
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