Indikan – Aussagen über die Darmflora
Der Indikanwert im Urin erlaubt eine einfache und zuverlässige Beurteilung einer Bakterien-Fehlbesiedlung des Darmes (Dysbiose), des Eiweissabbaus oder eines lokalen Sauerstoffdefizits in Herden von fäulnisdurchsetztem Gewebe. Mit Hilfe des Indikan-Nachweises im Urin können bei erhöhter Ausscheidung Dysfunktionen der Darmflora diagnostiziert werden.
Das Vorkommen von Indikan weist immer auf einen unvollständigen Abbau der Aminosäure Tryptophan durch Mikroorganismen im Dünn- oder Dickdarm hin, Tryptophan wird dabei in Indol, Skatol und Tryptamin gespalten. Beim Vorliegen einer fäulniserregenden Darmflora oder bei besonders tryptophanreicher Ernährung (z.B. bei regelmässig starkem Fleischverzehr) entsteht soviel Indol, dass es nicht mehr nur ausgeschieden, sondern auch vermehrt rückresorbiert wird und über den Pfortaderkreislauf in die Leber gelangt. Eine weitere Quelle von zu hohen Indikanspiegeln ist vermehrter Tryptophanabbau durch Mikroorganismen im Darm aufgrund von erhöhten Blutphenylalaninwerten (Phenylketonurie). Bei dieser Abbaustörung der Aminosäure Phenylalanin steht mehr Tryptophan dem Stoffwechsel der Darmbakterien zur Verfügung, weil erhöhte Phenylalaninspiegel die Tryptophanresorption hemmen.
In der Leber wird Indol durch natürliche Entgiftungsprozesse oxidiert, mit Schwefelsäure oder Glukuronsäure verestert und im Urin als Indikan (Kaliumsalz der Indoxyl-Schwefelsäure) ausgeschieden. Auch wenn dieser Entgiftungsprozess ausfällt, kommt es im Serum und im Harn zu einem pathologischen Anstieg von Indoxyl, das nach seiner Umwandlung zu Indikan quantitativ und qualitativ nachgewiesen werden kann.
Indol entsteht vor allem als Tryptophanabbauprodukt bei chronischen Darmentzündungen (verursacht durch Proteus oder Clostridien), ferner bei Mykosen (durch Pilze verursachte Erkrankungen, z.B. Candida-Befall), Obstipation (Verstopfung), drohendem und komplettem Ileus (Darmverschluss), in hochgradig desoxybiotischem Gewebe und in zerfallenden Tumoren, in Zahn- und Mandelherden und bei perniziöser Anämie. Auch bei Nierenversagen (Urämie) und bestimmten seltenen angeborenen Stoffwechselstörungen (z.B. Phenylketonurie) kann vermehrt Indikan im Urin nachgewiesen werden.
Eiweissfäulnisprodukte können als potentielle Karzinogene bzw. Kokarzinogene gelten. Deshalb kann der Indikannachweis auch als Verlaufsdiagnose bei Tumorerkrankungen einen Hinweis auf die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen geben, insbesondere was die Sauerstoffutilisation, die Ernährung des Kranken, den Stand der intestinalen Fehlbesiedlung und die Handhabung der Symbioselenkung betrifft.
Als normal gelten Indikanwerte bis 20 mg pro 24 Stunden-Urinmenge. Heutzutage wird die Indikanmenge meistens jedoch semi-quantitativ aus dem Spontanurin mit Hilfe des Obermayer-Reagens bestimmt. Normal ist eine Rosafärbung des Lösungsmittels (bis 20 mg Indikan/24h). Bei pathologisch erhöhtem Indikan verfärbt sich das Reagens bläulich und die Probe wird als schwach positiv, positiv oder stark positiv (tiefblaue Verfärbung) optisch bewertet.
Ein weiterer Hinweis auf gestörten Eiweiss-Stoffwechsel findet sich auch bei der sogenannten Pyrrolurie (siehe Broschüre „Kryptopyrrol-Test“), einem kombinierten Vitamin B6- und Zinkmangel. Personen mit starker Indikan-Ausscheidung haben fast immer auch zu hohe Kryptopyrrol-Werte im Urin, weil bei ihnen auch die Vitamin B6-Resorption im Darm ungenügend ist. Das Umgekehrte ist jedoch selten der Fall. Schlechter Eiweissabbau verlangt also in sehr vielen Fällen nach zusätzlicher Vitamin B6-Einnahme, nebst einer vorausgehenden (!) Korrektur der ungenügenden Darmmilieu-verhältnisse mittels sogenannter Probiotika (förderliche Bakterien mit gewissen Hilfsstoffen, z.B. Lactobacillen in Joghurts) oder evt. bestimmter Pflanzen-Tinkturen (Wermut, gelber Enzian, Bärlauch oder auch Kapuzinerkresse).