Gedichte des hu ti , Gold
Aus gegebenem Anlaß
Dädalus und Ikarus
Es steht da in Kreta ein Labyrith,
wo keiner, der drin ist, den Ausgang mehr find't.
Nur Dädalus wußte als einziger Mann,
wie man aus dem Wirrwarr herauskommen kann.
Er war's, der beim Bauen den Taktstock geführt,
im Auftrag von Minos, der damals regiert.
Sohn Ikarus, ja der war auch mit dabei.
Sie waren gefangen, sie lebten nicht frei.
Es seufzten die beiden schon lang um ihr Glück.
Sie wollten so gern in die Heimat zurück.
Und wie's keinen Weg gab zu Wasser und Land,
da nahm der Vater den Sohn bei der Hand
und sagte, du kannst uns, du Minos, du Schuft,
dann fliegen wir beiden halt durch die Luft.
Denn wie man das macht und sich Flügel baut,
das hab ich den Vögeln längst abgeschaut.
Er band viele Federn mit Leinen aus Flachs
und klebte die Flügel zusammen mit Wachs.
Die schnallten sie sich an die Arme an
und ehe die lange Reise begann,
mahnte der Vater, bleib schön hinter mir
und flieg nicht allein, das rate ich Dir.
Einen Kuß noch und ab ging die Post übers Meer,
der Vater voraus und der Sohn hinterher.
Ganz hoch über Delos ging es dahin.
Hirten und Fischer sahen sie zieh'n
und staunten den beiden hinterdrein.
Sie meinten, das könnten nur Götter sein!
Das Wetter war prächtig. Die Sonne, sie schien.
Da wurde der kleine Ikarus kühn,
begann das Spiel mit dem Wind, der ihn trug
vergaß seinen Vater und lenkte den Flug
so nah an die heiße Sonne heran,
daß schließlich das Wachs in den Flügeln zerrann.
Die Federn landeten drunten im Meer.
Der Ikarus strampelte wild hin und her.
Doch fand er nicht Halt und fiel wie ein Stein
vom Himmel herab in das Wasser hinein.
Der Vater suchte verzweifelt den Sohn.
Gleich als er die Federn sah, wußte er schon,
tot war der Bub! Er stöhnte laut:
Oh hätt' ich doch nie diese Flügel gebaut!
Dann trug er den Leichnam an's sichere Land
und baute ein Grab hoch über dem Strand.
Ti hu